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Produktdetails
  • Verlag: Anabas
  • 1999.
  • Seitenzahl: 64
  • Deutsch
  • Abmessung: 215mm
  • Gewicht: 162g
  • ISBN-13: 9783870383121
  • ISBN-10: 3870383127
  • Artikelnr.: 07918796
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.04.2000

Das hat was
Kurt Schwitters’ Doten und Taten
Wenn „Merz-Kunst” von der Verkürzung des Wortes „Kommerz” in einem der Collage-Bilder von Kurt Schwitters kommt, dann ist „Dote” eine Anekdote, die Schwitters’ Tun und Reden, seine die Pointe oft unterspielende Art der witzigen Verblüffung seiner Mitwelt bezeichnet. Die Literatur über Schwitters ist voll solcher „Doten” (Copyright für das Wort: Kurt Schwitters alias Baby Bitter; siehe den Schlüsselroman von Richard Friedenthal!), und zu unserer Belehrung & Unterhaltung hat sie, gepriesen sei die Merz & Dada-Forschung!, der Trierer Germanist Gerhard Schaub zusammengestellt: fünf Dutzend Exemplare jener Spezies, die Konrad Bayer einstens „Delikatessen des Geistes” genannt hat, nämlich Kalauer – oder doch kalauerähnliche Bonmots und Aktionen.
So ganz harmlos sind die Geschichten allerdings nicht immer; es mag ja noch angehen, wenn der Kunstkritiker Franz Servaes durch den Kakao gezogen wird zur Rache dafür, dass er die Materialbilder von Schwitters „zusammengeschustert” fand und daher dämlicherweise „Schuster” als richtige Berufsbezeichnung für Schwitters vorschlug; und sich Schwitters zusammen mit dem Architekten Hans Scharoun furchtbar qualmend im lichtlosen Fond einer Limousine vorzustellen, auf nächtlicher Fahrt durch Niedersachsen – das hat was. Aber dann intonierte einmal Ende der zwanziger Jahre Lew Trotzki zusammen mit Kurt Schwitters dessen „Ursonate”, dies pyramidale Lautgedicht (das Scherzo musste des großen Erfolges wegen wiederholt werden!); dann trat Schwitters am 1. Juli 1932 in die SPD ein, aber es war zu spät, es kam das Exil in Norwegen und England, es kam die Internierung als „Enemy Alien” auf der Isle of Man (in Gesellschaft des oben genannten Goethe-Biografen Friedenthal, übrigens) – und da konnte dann Schwitters nur noch tun, was ein armer Hund tun kann: steinerweichend und endlos bellen.
Vielleicht ist er doch das Wunderbarste, das Hannover je hervorgebracht hat; wäre er eine Frau, würde ich ihm voller Entzücken mit seinen Worten versichern: „Meine süsse Puppe. / Mir ist alles schnuppe, / Wenn ich meine Schnauze / Auf die Deine bautze. ”
JÖRG DREWS
GERHARD SCHAUB (Hrsg. ): Schwitters Anekdoten. Anabas-Verlag, Gießen 1999. 64 Seiten, 19,80 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Jörg Drews preist in einer kurzen Besprechung emphatisch die Forschungsbemühungen Gerhard Schaubs, der Schwitters Anekdoten zusammengestellt hat: Obwohl diese gern kalauernd daherkommen, sind sie beileibe nicht harmlos. Der Rezensent vermutet entzückt, der Autor gehöre zu dem "Wunderbarsten, was Hannover je hervorgebracht hat".

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