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Wer zur falschen Zeit den Falschen liebt ... Mit der Wucht einer griechischen Tragödie erzählt Alain Claude Sulzer einen großen Roman über Liebe und Verrat und die Unausweichlichkeit des Schicksals.
Es ist die Uhr am Handgelenk seines Vaters, die ihn aus unerfindlichen Gründen plötzlich interessiert. Siebzehn Jahre lang hatte das Foto, auf dem der Vater sie trägt, wenig beachtet im Regal in seinem Zimmer gestanden. Gekannt hatte er seinen Erzeuger nicht, die Mutter hatte ungern von ihm erzählt. Doch jetzt, mit siebzehn, erwacht seine Neugier. Es ist das Bild eines professionellen…mehr

Produktbeschreibung
Wer zur falschen Zeit den Falschen liebt ... Mit der Wucht einer griechischen Tragödie erzählt Alain Claude Sulzer einen großen Roman über Liebe und Verrat und die Unausweichlichkeit des Schicksals.
Es ist die Uhr am Handgelenk seines Vaters, die ihn aus unerfindlichen Gründen plötzlich interessiert. Siebzehn Jahre lang hatte das Foto, auf dem der Vater sie trägt, wenig beachtet im Regal in seinem Zimmer gestanden. Gekannt hatte er seinen Erzeuger nicht, die Mutter hatte ungern von ihm erzählt. Doch jetzt, mit siebzehn, erwacht seine Neugier. Es ist das Bild eines professionellen Fotografen, die Uhr aber steht auf Viertel nach sieben. Welcher Berufsfotograf macht zu solch einer Zeit Bilder? Der Erzähler beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen. Auf der Rückseite des Porträts findet er eine Pariser Adresse - und stellt mit Erstaunen fest, dass der Fotograf sein mysteriöser Patenonkel ist, der sich seit der Taufe nie mehr gemeldet hat. Ohne die Mutter oder den Stiefvater in seine Pläne einzuweihen, hebt er all sein Geld ab, hinterlässt einen knappen Abschiedsbrief und reist nach Paris. Dort gerät er auf die Spur der wahren Geschichte seines Vaters. Einer Geschichte, die den Boden unter seinen Füßen zum Wanken bringt.
Mit großer Dezenz und dennoch mit der Wucht einer griechischen Tragödie entfaltet Alain Claude Sulzer in seinem Roman die Geschichte eines Mannes, der an sich selbst und an den Zeitumständen, in denen er lebt, scheitert. Die Geschichte eines Mannes, der erkennen muss, dass die Heirat mit seiner Frau, die ihm selbst lange wie die Rettung schien, ein Fehler war. Und dass er sie betrügen und hintergehen muss, um die wahre Liebe seines Lebens zu leben.
Autorenporträt
Sulzer, Alain ClaudeAlain Claude Sulzer, 1953 geboren, lebt als freier Schriftsteller in Basel, Berlin und im Elsass. Er hat zahlreiche Romane veröffentlicht, darunter die Bestseller »Zur falschen Zeit« und »Aus den Fugen«. Seine Bücher sind in alle wichtigen Sprachen übersetzt. Für sein Werk erhielt er zahlreiche Preise, u.a. den Prix Médicis étranger, den Hermann-Hesse-Preis und den Kulturpreis der Stadt Basel.
Rezensionen
Die Uhr weiß die Zeit, und die Uhr weist den Weg. Die Uhr ist eine Omega Seamaster, und in dem neuen Roman von Alain Claude Sulzer stellt sie das geheime Zentrum dar. Sie fungiert als Dingsymbol, als erotischer Fetisch, als Wünschelrute - und führt tief hinein in eine Geschichte voller Vergeblichkeiten, aber auch von kurzem, heftigem Liebesglück: Die Uhr, der Erdenrest, welcher dem Ich-Erzähler von seinem Vater blieb. Der trug sie am Handgelenk, bevor und auch während er aus dem Leben schied, kurz nach der Geburt seines Sohnes, mit 24 Jahren, als die Wogen über ihm zusammenzuschlagen drohten. Denn er "hatte sich in die falsche Richtung begeben, als er den richtigen Weg einschlug", wie Alain Claude Sulzer das Daseinsparadox eines Mannes zusammenfasst, der in den schwulenfeindlichen Fünfzigerjahren am versuchten Doppelleben scheitert, innerlich zerrieben von dem Wunsch, einerseits dem Gebot seines Eros zu folgen und andererseits den Erfordernissen einer normalbürgerlichen Existenz zu genügen.

Die Uhr weiß die Zeit, und die Zeit ist Viertel nach sieben. Lange hat der Ich-Erzähler dies gar nicht wahrgenommen. Aber eines Tages - und damit beginnt der Roman - schaut er plötzlich genau hin, vertieft sich in das Porträt seines Vaters, das in seinem Jungenschlafzimmer hängt. Dabei stellt er fest, dass dieser Mann, der ihm so ähnlich sieht und den er doch nie kennengelernt hat, offenbar um Viertel nach sieben abgelichtet wurde für diese Atelieraufnahme. Das ist ein Zeitpunkt, zu dem ein professioneller Fotograf gar nicht arbeitet, handle es sich nun um Viertel nach sieben morgens oder abends. Einmal auf diese Seltsamkeit aufmerksam geworden, beginnt für den jugendlichen Helden eine Spurensuche, an deren Ende er so viel über die Konstellation seiner Geburt erfährt, dass er das Zusammenwohnen mit Mutter und Stiefvater aufkündigt und sein eigenes Leben beginnt, von dem wir als Leser dann aber nur noch Kursorisches erfahren - das einzige Monitum in dieser sonst makellosen Erzählkonstruktion, auf das noch zurückzukommen sein wird.

Jawohl, es ist eine Geschichte vom Erwachsenwerden, die der Schweizer Sulzer uns hier erzählt, die Geschichte einer doppelten Initiation, und sie wird mit jener erstaunlichen Behutsamkeit und Delikatesse vorgebracht, die wir von diesem Autor gewohnt sind, der nun schon seit einigen Jahren durch seine Tätigkeit als Juror beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt auch optisch-akustisch vielen Literaturliebhabern via Fernsehen ein Begriff ist. Vor allem aber darf Alain Claude Sulzer, der im vergangenen Jahr in Karlsruhe mit dem Hermann-Hesse-Preis ausgezeichnet wurde, als einer der stilsichersten, subtilsten und gleichzeitig eigenwilligsten Prosaautoren der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur gelten. Erinnern wir nur an seine beiden Vorgänger-Romane "Ein perfekter Kellner" und "Privatstunden", dann werden wir gewahr, dass man es hier mit einem Kenner auch der verschwiegenen Bezirke im weiten Land der Seele zu tun hat. Diese Bezirke erschließt er dem Leser stets so delikat, dass diejenigen, die sie bewohnen, doch ihr Geheimnis bewahren und so eine Aura entfalten können, die Sulzers Bücher zu wahren Schatzhäusern einer ebenso taktvollen wie tiefschürfenden Gefühlskultur machen.

Die Uhr weist den Weg, und der Weg führt den Sohn nach Paris, wo André, der Mann, der seinen Vater Emil einst fotografierte, noch lebt, als er sich Mitte der Siebzigerjahre auf die Reise in die familiäre Vergangenheit begibt. Dieser André, mit dem Emil eine kurze Affäre hatte, zeigt einerseits die Alternative zu dessen "falscher Richtung" auf, eine Alternative, die es auch um 1950 schon gab und die dieser glücklichere, leichtlebigere Mann einschlug, indem er sich in der Großstadt Paris in einer Art schwuler Bohème einzurichten vermochte. Doch vor allem gibt André wertvolle Hinweise, die dazu führen, dass der Ich-Erzähler nun Stück für Stück die Geschichte seines Vaters rekonstruieren kann, von den Klinikaufenthalten zwecks sexueller Umerziehung bis zum eingebildeten Verliebtsein in Veronika, seine zukünftige Frau, die er bei einem seiner Klinkaufenthalte kennenlernt. Schnell, fast überstürzt, heiraten die beiden, mit Volldampf wirft sich Emil auf seinen Beruf als Lehrer, der ihm durchaus zusagt. Aber die Schule ist kein Schonraum und schützt jedenfalls vor den Unwägbarkeiten des Lebens nicht, denn ausgerechnet hier muss Emil einem anderen Referendar, Sebastian mit Namen, begegnen. Und Sebastian wird sein Schicksal, wird der Mann, mit dem er schließlich nach einem kurzen Rausch des Glücks seinem Leben ein Ende bereitet.

"Zur falschen Zeit", will sagen zu ungewöhnlicher Zeit, wird das verräterische Bild von Emil gemacht, das seinen Sohn auf die Spur setzt, nach den Geheimnissen des Vaters zu forschen, und "zur falschen Zeit", das heißt in einer Epoche, die den Homosexuellen wenig Entfaltungsmöglichkeiten bot, versucht Emil seinen Balanceakt zwischen Anpassung und Regelwidrigkeit. Keinesfalls "zur falschen Zeit" jedoch erscheint dieses Buch, das uns daran erinnert, wie schwierig es noch vor wenigen Jahrzehnten war, mit jener Liebe Erfüllung zu finden, "die ihren Namen nicht zu nennen wagt", wie Oscar Wilde einst seine eigene erotische Verfasstheit umschrieb. Das Drama der Schwulen, das sich nur in den fortgeschrittenen Zivilisationen des Westens in Wohlgefallen aufgelöst hat, ist in vielen anderen Gesellschaften eine Konstante geblieben: die Klippe, an der noch immer viele Lebensentwürfe scheitern und an der sich das wahre Ausmaß von Liberalität in einer Gemeinschaft bemisst.

Alain Claude Sulzer beschwört anschaulich anhand weniger Episoden das Lebensgefühl einer Epoche herauf, die - zumal in der ausdrucksgehemmten Schweiz - noch wenig Sinn hatte für das Ausagieren geheimer Wünsche, die von der Norm abweichen. Warum er allerdings seinen Ich-Erzähler, der zu seinem verstorbenen Vater ein fast erotisch symbiotisches Verhältnis besitzt und der bei seiner jugendlichen Parisfahrt eine Initiation in schwule Lebenswelten erfährt, die ihn offenbar nicht gleichgültig lässt, warum er also diesen so deutlich homosexuell disponierten Helden heterosexualisiert - das erschließt sich nicht. Das wirkt wie ein Zugeständnis an ein zumindest bei uns überholtes Selbstverleugnungsmodell, das auch dramaturgisch nicht überzeugt. Es nimmt der Figur die innere Wahrhaftigkeit und Plausibilität. Hier erfüllt sich denn auch das Titelmotto von der falschen Zeit ein drittes Mal. Und auf dieses dritte Mal hätte man gut und gern verzichten können.

Von Tilman Krause

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dieses Buch, seufzt der Rezensent Joseph Hanimann, ist nicht so gut, wie es sein könnte. Spannend ist es, zur Seite legen konnte er es nicht, aber trotzdem: Es gibt ein grundsätzliches Problem. Erzählt wird die Geschichte eines siebzehnjährigen Sohns, der der Geschichte seines Vaters - der nicht lange nach dem Krieg Selbstmord beging - auf die Spur kommt. Tastend, vorsichtig zunächst. Bis dann aber Sulzer einfach so ganz unsubtil zurückspringe in der Zeit und dem Leser damit einen gewaltigen Wissensvorsprung gegenüber der bis dahin verbindlichen Sohnes-Erzählperspektive verschafft. Von da an gehe es munter hin und her, eine Gegenwartsebene gibt es auch noch, vieles, ja, zu vieles, wird "angerissen", aber nicht weitergeführt. Unerfreulich außerdem der Umgang mit den Frauenfiguren. Und doch kann Hanimann das eine nicht leugnen: der Roman, der der eines Könners ist, "fesselt" ihn, ob er will oder nicht.

© Perlentaucher Medien GmbH
Ein leises und einfühlsames Buch über Liebe und Verrat in einer wunderschönen Sprache. Mittelbadische Presse 20120730
"Nach und nach erforscht der Sohn den Leidensweg seines Vaters, von dem Alain Claude Sulzer mit einer Zurückhaltung, Kraft und Feinfühligkeit erzählt, die, wie es scheint, ebenfalls aus einer anderen Zeit herrührt." Le Nouvel Observateur "Ein Buch, das mit jeder Seite süchtiger macht!" Wienerin