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Henning Rischbieters Erinnerungen reichen über fast acht Jahrzehnte zurück und decken somit einen Großteil des vergangenen Jahrhunderts ab - des Jahrhunderts der Extreme. Der leidenschaftliche Theaterkritiker erzählt lakonisch und pointiert und lässt seine Leser teilhaben an der Geschichte des bundesdeutschen Theaterlebens und seiner Protagonisten. Als Mitbegründer und Herausgeber der renommierten Zeitschrift Theater heute hat er die Aufführungspraxis tätig begleitet und mitgeprägt. »Kein Unverzichtbarer im Theater heute«, so Ivan Nagel, »hätte es ohne Rischbieter und sein 'Theater heute'…mehr

Produktbeschreibung
Henning Rischbieters Erinnerungen reichen über fast acht Jahrzehnte zurück und decken somit einen Großteil des vergangenen Jahrhunderts ab - des Jahrhunderts der Extreme. Der leidenschaftliche Theaterkritiker erzählt lakonisch und pointiert und lässt seine Leser teilhaben an der Geschichte des bundesdeutschen Theaterlebens und seiner Protagonisten. Als Mitbegründer und Herausgeber der renommierten Zeitschrift Theater heute hat er die Aufführungspraxis tätig begleitet und mitgeprägt. »Kein Unverzichtbarer im Theater heute«, so Ivan Nagel, »hätte es ohne Rischbieter und sein 'Theater heute' geschafft«.Henning Rischbieters Erinnerungen reichen über fast acht Jahrzehnte zurück und decken somit einen Großteil des vergangenen Jahrhunderts ab - des Jahrhunderts der Extreme. Der leidenschaftliche Theaterkritiker erzählt lakonisch und pointiert und lässt seine Leser teilhaben an der Geschichte des bundesdeutschen Theaterlebens und seiner Protagonisten. Als Mitbegründer und Herausgeber derrenommierten Zeitschrift Theater heutehat er die Aufführungspraxis tätig begleitet und mitgeprägt. 'Kein Unverzichtbarer im Theater heute', so Ivan Nagel, 'hätte es ohne Rischbieter und sein 'Theater heute' geschafft'.
Autorenporträt
Rischbieter, HenningHenning Rischbieter (1927; 2013) - Dt. Theaterkritiker
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2010

Grabenkämpfe, Rotweinatem
Die Erinnerungen des Theaterkritikers Henning Rischbieter
Der Takt dieser Erinnerungen ist die Totenrede. Henning Rischbieter hat zahlreiche davon gehalten, für gute Freunde, bekannte Theatermacher, den Verleger Erhard Friedrich, mit dem er in Hannover 1960 die Fachzeitschrift Theater heute gegründet hatte. Nicht ohne Lakonie, als ließe sich die Angst damit verwedeln, setzt Rischbieter in der Rückschau auf sein engagiertes Leben für das Theater, das er als Mosaik aus vielen Kurzporträts anderer erzählt, den Satz ans Ende vieler Kapitel: „Ich hielt ihm die Totenrede.”
Trotzdem ist „Schreiben, Knappwurst, abends Gäste”, Rischbieters Nachsinnen über sechs Jahrzehnte Theater- und acht Jahrzehnte Lebensgeschichte, erstaunlich abschiedsfrei, weil unbeleckt von Sentimentalität. In dem nüchternen, hellsichtigen Sprachstil, der poetischer wie intellektueller Formulierungszierde – wie schon in seinen Kritiken und theaterwissenschaftlichen Arbeiten – eher misstraut, stellt sich Rischbieter frontal zur Zeit. Das selbstgerechte Gejammer, dass früher alles besser war, das so viele seiner Weggenossen in späten Jahren angestimmt haben, ist ihm völlig fremd. Sein Wille, den Dingen aus ihrer Zeit heraus gerecht zu werden, macht Rischbieters Perspektive auf das Theater der Nachkriegsjahre wie auf sein eigenes Leben so zugänglich. Sein selbstironischer Blick hält das Maß der Eitelkeit, das Autobiographien leicht ungenießbar macht, zudem in sympathischen Bahnen.
Freundlich im Sinne Brechts
Rischbieters Biographie hat einen klassischen Wendepunkt, der auch diese Erinnerungen teilt. In den letzten Kriegstagen als Kindersoldat in Hitlers Volkssturm verliert er seinen linken Arm. Er rationalisiert sich diesen Verlust zur Buße für sein Mitläufertum in der Hitler-Jugend, seine innere Anteilslosigkeit und äußere Lethargie im Angesicht der Brutalität und Ungerechtigkeit des NS-Regimes im Alltag: „Ich hatte darüber hinweggesehen. Dafür hatte ich nun mit dem Verlust des linken Arms angemessen bezahlt. Diese Rechnung brachte mich ins Reine, Freie, machte mich offen für das Leben nach diesem verfluchten Krieg.”
In knappen Abschnitten beschreibt Rischbieter seine Jugend bis zu diesem Punkt und entwirft dabei ein sehr dichtes Bild komplizierter deutscher Kleinbürgerlichkeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Seine Schwierigkeit, zwischen sozialdemokratischer Emanzipation und gefährdetem Wohlstand im Elternhaus sowie Ressentiments und preußischer Zuchtordnung in der Gesellschaft ein selbstbestimmtes Denken zu entwickeln, liefert das Hauptthema für die Betrachtung seiner Jugend, die vom sechsten Lebensjahr an unterm Hakenkreuz stattzufinden hatte. Auch hier erzählt Rischbieter sein Leben bereits im Spiegel anderer Biographien – der Familie, der Freunde, der Lehrer –, ein irgendwie distanzierter Beobachter seiner selbst, was vielleicht die natürliche Denkbewegung eines berufsmäßigen Kritikers ist.
Wobei es den Typ des Kritikers, den Rischbieter verkörperte, heute so kaum mehr gibt. Sein aufrechtes Selbstverständnis als Linker und Sozialdemokrat, wenn auch in spöttelnd-kritischer Loyalität zur SPD, seine Nähe zu Regisseuren und Schauspielern, mit denen gezecht und gefeiert wurde, sein durchaus patriarchaler Gestus in einer von Männern dominierten Bildungselite und der damit einhergehende abschätzige Ton gegenüber Frauen, der als Einziges in diesen Erinnerungen wirklich stört, sind Wesenszüge einer Epoche,in der Kulturkampf noch mit Rotweinatem, Klassikerzitaten und akademischen Grabenkämpfen geführt wurde.
Aber diese Zeit, die mit der Wende im Politischen und dem Aufkommen einer neuen Künstlergeneration in den Neunzigern endgültig auslief, hatte eben auch das Faszinierende einer Neuordnung und die Vehemenz von Gegensätzen, die sich im Recht wähnten. Das von Rischbieter dominierte Magazin Theater heute war in diesen Jahren, in denen sich das Theater wie die Gesellschaft von Enge und Gehorsam befreiten, eine bedeutende Plattform künstlerischer Auseinandersetzungen, er selbst eine der wichtigsten Stimmen bei der diskursiven Qualitätskontrolle.
Dennoch geht es in dieser Autobiographie nicht vertieft um diese Debatten, um den Zustand des Theaters und seine ästhetische Weiterbildung, nicht um Rischbieters Macht und seinen Einfluss auf Karrieren. In der fragmentartigen Beschreibung von Menschen und Orten, die ihm viel bedeutet haben, entwickelt Rischbieter vielmehr seine Kriterien für eine glückliche Lebensführung als Intellektueller. Und das Resümee ist dann doch erstaunlich für einen Mann, der sein Leben lang um das gute Theater gestritten hat: „Ich wollte und will freundlich sein, im Brechtschen Sinne.” TILL BRIEGLEB
HENNING RISCHBIETER: Schreiben, Knappwurst, abends Gäste. Zu Klampen Verlag, Springe 2009. 270 Seiten, 19,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Henning Rischbieters Erinnerungen schätzt Till Briegleb wegen ihres unsentimentalen Tons und des unprätentiösen Stils. Der Theaterkritiker und Mitbegründer von "Theater heute" legt so gar nichts Eitles oder Selbstgerechtes an den Tag und erzählt von seinem Leben vor allem in Begegnungen mit anderen, was der Rezensent sehr sympathisch findet. Überhaupt, so einen "Typ des Kritikers" gibt es heute gar nicht mehr, sinniert der Rezensent in Hinblick auf die standhaft sozialdemokratische Haltung des Kritikers, dessen intellektuelles Leben sich im Kreis von Schauspielern und Regisseuren und in durchaus "patriarchalem Gestus" abspielte. Die daraus resultierende "abschätzige" Haltung gegenüber Frauen allerdings ist etwas, was Briegleb in diesen Memoiren negativ aufgefallen ist, wenn er sie auch nicht dem Autor allein in die Schuhe schieben will, sondern sie als typisch für "von Männern dominierte Bildungselite" der Zeit einordnet.

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