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Er kommt aus dem Büro, möchte nur eine Pause machen, auf einer Bank sein Sandwich essen und mit dem Blackberry spielen. Doch ihm ist keine Ruhe vergönnt. Der Angestellte wird gestört durch einen Fremden - einen Seemann, der eine Geschichte zu erzählen hat... "Die Ballade von Seemann und Albatros" ist eine moderne Version der berühmten Ballade "The Rime of the Ancient Mariner" von S. T. Coleridge (1798) - doch bei Nick Hayes führt die fantastische Schiffsreise in eine Umweltkatastrophe: Nachdem der Seemann achtlos einen Albatros abgeschossen hat, gerät das Schiff in den nordpazifischen…mehr

Produktbeschreibung
Er kommt aus dem Büro, möchte nur eine Pause machen, auf einer Bank sein Sandwich essen und mit dem Blackberry spielen. Doch ihm ist keine Ruhe vergönnt. Der Angestellte wird gestört durch einen Fremden - einen Seemann, der eine Geschichte zu erzählen hat... "Die Ballade von Seemann und Albatros" ist eine moderne Version der berühmten Ballade "The Rime of the Ancient Mariner" von S. T. Coleridge (1798) - doch bei Nick Hayes führt die fantastische Schiffsreise in eine Umweltkatastrophe: Nachdem der Seemann achtlos einen Albatros abgeschossen hat, gerät das Schiff in den nordpazifischen Müllwirbel; rachsüchtig verwandelt sich das Meer in ein Konfetti aus Plastik, Schraubverschlüssen, Styropor und Nylonnetzen. "Du hast den Albatros getötet / und so das Meer empört, / das unserer ganzen Mannschaft / grausame Rache schwört!", entrüstet sich die Crew. Ein schäumendes Meer, giftiger Schlick und geisterhafte Erscheinungen: Der Seemann begreift, was der übertriebene menschliche Konsum angerichtet hat. Geläutert kehrt er zurück an Land, er will die Menschen aufrütteln. Wem wird der Großstadtmensch auf der Parkbank seine Aufmerksamkeit schenken: dem Seemann oder seinem Blackberry? Eins steht fest: Dem Leser wird "Die Ballade von Seemann und Albatros" für immer im Gedächtnis bleiben. Unheimlich, rhythmisch, klug und von moralischer Kraft ist dieses kunstvoll gestaltete Buch, das eines der brisantesten Themen unserer Zeit aufgreift und überdies beweist, dass innere Werte und äußere Schönheit durchaus im Einklang sein können.
Autorenporträt
Nick Hayes, 1982 geboren und aufgewachsen in West Berkshire, studierte Literaturwissenschaft an der Cambridge University. Er ist Autor und Illustrator, zeichnet politische Cartoons für den "Guardian" und war Gründungsmitglied der Zeitschrift "Meat Magazine". Er wurde mit zwei Guardian Media-Preisen ausgezeichnet. "Die Ballade von Seemann und Albatros" ist sein erstes Buch. Nick Hayes lebt in London. Henning Ahrens, 1964 in Peine geboren, studierte Anglistik, Geschichte und Kunstgeschichte in Göttingen, London und Kiel. Promotion über John Cowper Powys. Er ist Übersetzer (u. a. von DBC Pierre, Jonathan Safran Foer, Hanif Kureishi) und Verfasser von Lyrik und Romanen. Sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Für mare übertrug er u. a. Fergus Flemings "Barrow's Boys" ins Deutsche.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.06.2012

Das Leiden der Matrosen
Nick Hayes erzählt die Ballade vom alten Seemann neu

Man stelle sich vor, dass ein deutsches Nationalgedicht, eines, das jeder zumindest dem Namen nach kennt - nehmen wir Schillers "Glocke", Fontanes "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland" oder Goethes "Erlkönig" -, als Comic umgesetzt wird. Diese Vorstellung ist heute gar nicht mehr abwegig: Dantes "Inferno" und Goethes "Faust" sind ja gerade erst im letzten Jahr zu Comics geworden. Aber nicht umsonst wurden sie dabei modernisiert und vor allem ihrer Verse entkleidet, denn was könnte schwerer und vor allem unglaubwürdiger sein, als Dialoge in Reimen zu führen. Einen Autor wie Goethe hat das nicht gestört, aber wer wollte sich mit ihm vergleichen? Und schlimmer noch: sich in anderen Augen diesem Vergleich aussetzen?

Deshalb ist der britische Cartoonist Nick Hayes nicht bloß ein Wagnis, sondern geradezu ein Himmelfahrtskommando eingegangen, als er sich daranmachte, mit Samuel Coleridges Ballade "The Rime of the Ancient Mariner" eines der bekanntesten Gedichte englischer Zunge nicht nur einfach als Comic umzusetzen und es dabei in die Gegenwart zu übertragen, sondern das auch noch gereimt zu tun. Hayes schrieb mehr als zweihundert Jahre nach der Erstveröffentlichung von Coleridges Riesenpoem ein im Umfang ähnlich gewaltiges Werk, das er frech "The Rime of the Modern Mariner" nannte. Witz kann man dem Dreißigjährigen nicht absprechen: "Ancient" ist im Englischen eben nicht nur "alt", sondern auch "altertümlich", und die Verwandlung in einen "modernen" Seemann gibt dem Titelhelden einen neuen Charakterzug. Auf Deutsch heißt das Buch recht banal "Die Ballade von Seemann und Albatros".

Der Seemann aus Hayes Gedicht lebt heute, aber sonst widerfährt ihm das Gleiche wie Coleridges Matrose. Beide erzählen einem zufälligen Zuhörer von ihrem traurigen Geschick: wie sie einen Albatros geschossen und dadurch das Unglück auf ihr Schiff herabbeschworen haben. Der Kniff von Hayes Modernisierung liegt nun darin, dass er das Geschehen zum Symbol skrupelloser Naturausbeutung macht. Die gedankenlose Tötung des Vogels wird diesmal nicht von einem höheren Geschick gerächt, sondern durch die gleichermaßen leichtfertige Verschmutzung der Meere, deren Müllmengen den Untergang des Schiffs verursachen. Diese Akzentverschiebung von individueller auf allgemeine Schuld macht aus dem Gedicht einen politischen Text.

Nun aber ist es an der Zeit, von zwei anderen Dingen zu sprechen: den Zeichnungen von Hayes und der Übersetzung ins Deutsche durch Henning Ahrens. Für den Großteil seiner schlanken Comicseiten hat der Zeichner einen blauen Farbton gewählt, der den maritimen Assoziationsraum noch verstärkt. Allein der vorletzte Teil der Ballade (anders als Coleridges "Ancient Mariner" hat die moderne Fortschreibung acht statt sieben Teile) ist nahezu ganz in Schwarzweiß gehalten, obwohl dort die hoffnungsvollsten Passagen erzählt werden. Dieser Kontrast ist ein höchst effektiver Kunstgriff.

Stilistisch hat Hayes am meisten von dem amerikanischen Comiczeichner Craig Thompson gelernt - die offenen, auf immer neue Weise ineinander verschachtelten Panels, die Liebe zu expressiven Posen und das generelle Pathos der Darstellung. Wie Thompson hat Hayes Freude daran, die Möglichkeiten von Seitenarchitektur und Abfolgedramaturgie auszuloten. Jedes Umblättern wird zur Überraschung. Und wie er den Text seines Gedichts mit den Bildern kombiniert, beweist großes Geschick - gerade auch dann, wenn Hayes ganze Seitensequenzen völlig wortlos inszeniert. Oder die Größe der Typographie variiert, bisweilen gar von Wort zu Wort.

In diesem Geschick aber liegt die größte Herausforderung für seinen Übersetzer. Nicht nur, dass ein Gedicht im Regelfall schwerer zu übersetzen ist als Prosa, Hansen hatte für den deutschen Text auch nur einen klar festgelegten Raum zur Verfügung, weil die Seitenarchitektur ja nicht einfach zu verändern ist. Und bisweilen war eben nur Platz für ein kurzes Wort vorgesehen, das aber im Original in großer Schrift herausgehoben ist, und leider kann man nur selten im Deutschen ein Äquivalent mit gleicher semantischer Bedeutung erwarten. Unter diesen Bedingungen hat Hansen beachtenswerte Arbeit geleistet: Die Seiten sehen stimmig aus.

Aber unter diesem Diktat der Form leidet der Text. Nicht inhaltlich, denn da nimmt sich Hansen einfach (und berechtigterweise) dieselbe Freiheit, die auch Hayes gegenüber Coleridge beansprucht: Er erzählt einfach in ganz neuen Versen. Wo Hayes reimt: "At first it spat and pattered down / In peppered punctuation /But then it grew / Into a sluice of dense precipitation / Though my body lay comatose / My ears and eyes awoke / To sense a stirring of the sea / And the dead men of the boat / Like bats they darted round the deck / In spectral animations / That moved as swift and silent . . . / As my own imagination", da hebt Hansen an: "Anfangs fielen nur Tropfen / Hier und da und dort / Dann platzten alle Wolken / Und es goss in einem fort. / Meine Seele entwand sich / Aus des Schlafes Griff, / Denn es tat sich etwas mit den / Toten auf dem Schiff. / Sie glichen Fledermäusen, / Zuckend und geisterhaft, / Schnell und still und wie bewegt / durch meine Gedankenkraft."

Coleridge, dessen "Ancient Mariner" im Anhang von Hayes Buch ebenso abgedruckt ist wie die klassische deutsche Übersetzung durch Ferdinand Freiligrath, verwandte mehr Sorgfalt auf den Endreim als sein moderner Nachdichter Hayes. Dass Hansen diesbezüglich auch lässig agiert (gleich zu Beginn des Buchs reimt er "Papiere" auf "geschieden", "Warm" auf "Kam", "Müll" auf "fiel"), kann man ihm also nicht zum Vorwurf machen. Wohl aber den Verzicht auf Rhythmus, den Hayes sehr genau beachtet hat.

Natürlich muss irgendwo der Preis für die optischen Anforderungen der Übersetzung gezahlt werden, aber bei einem Vorgänger wie Coleridge oder eben Freiligrath tut dieser Verzicht weh. Und dann gibt es ja auch noch die deutsche Version eines schlichten Vierzeilers aus dem "Ancient Mariner", die aber von der Berühmtesten aller Comic-Übersetzerinnen, Erika Fuchs, 1968 für eine Donald-Duck-Geschichte formuliert wurde: "Weh mir Frevler, dass ich schoss / Den Schicksalsvogel Albatros. / Dreimal wehe, dass ich traf. / Dafür trifft mich des Schicksals Straf!" Gegen solche Verse kommt man nicht an. Aller Einfallsreichtum der Zeichnungen kann die notgedrungenen Mängel des Textes in der deutschen Fassung nicht ausgleichen. Als Comic ist "Die Ballade von Seemann und Albatros" geglückt, als Poem gescheitert

ANDREAS PLATTHAUS

Nick Hayes: "Die Ballade von Seemann und Albatros".

Aus dem Englischen von Henning Ahrens. Mareverlag, Hamburg 2012. 352 S., Abb., geb., 28,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Andreas Platthaus trennt scharf zwischen Bild- und Textteil dieses Comics von Nick Hayes. So sehr ihm der Mut des Autors und Zeichners imponiert, ein so traditionsreiches Gedicht, wie Coleridges "Ballade vom alten Seemann" zu modernisieren und als Comic zu illustrieren, so wenig überzeugt ihn der Text in der deutschen Übersetzung. Laut Platthaus leidet die deutsche Version nämlich beträchtlich unter dem Diktat der Form, die ihm die originalen Panels auferlegen. Hayes' Umgang mit Seitenarchitektur und Dramaturgie der Bildfolge findet der Rezensent ja höchst geschickt, und auch als lässiger Nachdichter gefällt ihm der Autor. Im direkten Vergleich mit Coleridge (der mitabgedruckt zu bewundern ist) scheint es ihm im deutschen Text jedoch vor allem an einem zu mangeln: Rhythmus. Und den, findet Platthaus, kann nicht mal der Einfallsreichtum der Zeichnungen ersetzen. Es ist eben doch ein Gedicht.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Von überwältigender Schönheit."
The Times

"Großartig, unheimlich, zeitgemäß. Nick Hayes hat eine atemberaubende Bildersprache geschaffen für seine moderne Version von Coleridges Gedicht. ... Brillant, ziemlich brillant."
Robert Macfarlane