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Zivilisation ist nicht nachhaltig und wird es niemals sein. Derrick Jensen, Umweltaktivist, ökologisch orientierter Philosoph und radikaler Denker, legt ein lange überfälliges Manifest vor wider eine pervertierte Gesellschaft, die sich durch ihren schamlosen Umgang mit der Umwelt selbst zerstört: Radikal gedacht, brillant argumentiert, von beunruhigender Präzision.
Jensen zeigt mit bezwingender Logik, weshalb unsere Zivilisation absolut und grundsätzlich unvereinbar ist mit ökologischer Nachhaltigkeit. Unsere auf Gewalt aufbauende Gesellschaft stellt - so die provokante These - eine
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Produktbeschreibung
Zivilisation ist nicht nachhaltig und wird es niemals sein. Derrick Jensen, Umweltaktivist, ökologisch orientierter Philosoph und radikaler Denker, legt ein lange überfälliges Manifest vor wider eine pervertierte Gesellschaft, die sich durch ihren schamlosen Umgang mit der Umwelt selbst zerstört: Radikal gedacht, brillant argumentiert, von beunruhigender Präzision.
Jensen zeigt mit bezwingender Logik, weshalb unsere Zivilisation absolut und grundsätzlich unvereinbar ist mit ökologischer Nachhaltigkeit. Unsere auf Gewalt aufbauende Gesellschaft stellt - so die provokante These - eine Sackgasse dar, wenn nicht gar ein sich selbst zerstörendes System. In radikaler Fortsetzung dieser Gedanken macht Jensen deutlich, dass unsere Welt letztlich nur durch die Zerstörung der industriellen Zivilisation gerettet werden kann. Ein provokantes, ein wachrüttelndes , ein absolut notwendiges Buch für eine Zeit, in der den dringlich ökologischen Herausforderungen zu oft mit wenig mehr als Schönheitsreparaturen begegnet wird.
Autorenporträt
Derrick Jensen ist Aktivist, Autor, Farmer, Bienenzüchter, Lehrer und Philosoph. Er hat einen Abschluss in kreativem Schreiben sowie in Physik und unterrichtet u.a. an der Eastern Washington University. Derrick Jensen lebt in Nordkalifornien.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.04.2009

Sehnsucht nach dem Ende der Welt
Der Anarcho-Primitivist Derrick Jensen und sein Manifest für die Zerstörung der Zivilisation
Wollen wir uns wirklich darauf einlassen? Wollen wir hören, warum die Zivilisation an sich, die gesamte Errungenschaft der Menschheitsgeschichte, nicht nur untergehen wird, sondern untergehen muss? Diesmal geht es nicht um Veränderung oder um Wandel. Die Zivilisation an sich ist das Problem. Sie ist eine Struktur, die die Macht der wenigen über die vielen zementiert, sie versklavt die Menschen, sie zerstört die Natur, sie ist an sich und unausweichlich gewalttätig. Sie muss zerstört werden.
Denn allein die Erde, die Natur und ihr Wohlergehen sind von Bedeutung, erklärt Derrick Jensen, amerikanischer Schriftsteller, Umweltaktivist und Anarcho-Primitivist.
Sein mehr als 1000 Seiten umfassender Aufruf zur notwendigen Zerstörung der Zivilisation ist nun in zwei Bänden auf Deutsch erschienen, wobei es scheint, als ob der Lektor selbst nicht genau wusste, wo er sie einordnen sollte. Das zumindest erklärt vielleicht die merkwürdig zweigleisige Titelwahl. Der erste Band, „Endgame”, bleibt unübersetzt; der zweite nennt sich „Öko-Manifest” statt „Endgame II: Resistance”. Widerstand schließt das eine ans andere. Es handelt sich um eine Mischung aus persönlichen Eindrücken und Erlebnissen und Prämissen, deren Logik sich, um es wohlwollend auszudrücken, eher aus der Gesamtschau ergibt als aus einer konsequent eingehaltenen Argumentationskette. Dies ist „stream of consciousness”, übertragen auf Sachliteratur. Überall findet Jensen Belege für seine Theorie: in den Wanderungen der Lachse, in indianischen Lehren, bei Stadttheoretikern und Präsidenten, in Wirtschaftsmedien: „Jedes Jahr richten der Ölkonzern Shell und die Wirtschaftszeitung The Economist einen ,internationalen Schreibwettbewerb zur Förderung des Zukunftsdenkens’ aus ... Das diesjährige Thema: ,Brauchen wir die Natur?’ Erinnern wir uns an die erste Propagandaregel. Wer die Fragen kontrolliert, kontrolliert auch die Antworten.”
Keine Gnade
Aber wir sollen ja auch gar nicht überzeugt werden. „Endgame”, schreibt Jensen, richte sich nicht an Zaungucker, an diejenigen, die ungerührt und unentschieden danebenstehen, sondern an solche, „die bereits wissen, wie schrecklich Zivilisation ist, und die etwas dagegen unternehmen wollen”. Jedoch legt Jensen, nur um die Sache klarzustellen, in 20 Prämissen dar, warum diese Zivilisation nicht überleben darf. Zivilisation, lautet die erste und wichtigste seiner Prämissen, „ist nicht nachhaltig und kann es niemals sein. Dies gilt insbesondere für die industrielle Zivilisation”. Oder sechs: „Die Zivilisation ist unumkehrbar. Diese Kultur wird sich nicht freiwillig zu einer vernünftigen und nachhaltigen Lebensweise bekehren ...” Dreizehn: „Die Herrschenden regieren durch Zwang. Und je eher wir uns von der Illusion freimachen, dies sei nicht der Fall, desto eher können wir zumindest anfangen, vernünftige Entscheidungen zu treffen, ob, wann und wie wir Widerstand leisten.” Oder siebzehn: „Es ist ein Fehler, unsere Entscheidungen davon abhängig zu machen, ob die daraus erwachsenen Handlungen die Masse der Amerikaner oder die Menschen, die sich aus allem heraushalten wollen, in Angst versetzen oder nicht.”
Dies ist ein Aufruf an alle Gläubigen, nach ihrem Glauben zu handeln und radikaler und militanter zu werden. Pazifismus funktioniert nicht. Denn die industrielle Weltwirtschaft, „unsere Zivilisation”, erzeugt einen unersättliche, unendliche Nachfrage, sie vergiftet unsere Körper, sie verschmutzt die Natur und führt zur Herrschaft derjenigen, die ihre Gier und ihren Machttrieb am heftigsten und rücksichtslosesten ausleben. Ihre Entwürdigung der Welt muss aufgehalten werden, die Revolution gegen die Mächtigen, die globalen Unternehmen muss stattfinden.
Vor ein paar Monaten noch hätte Jensens Anklage der Gier und der Macht banal und extrem geklungen. Angesichts der wirtschaftlichen Erschütterungen, die unsere „industrielle Zivilisation” gerade durchlebt, hat die Gesellschaft, für eine begrenzte Zeit zumindest, für solche Positionen eine gewisse Sympathie entwickelt. Jensens Hang zur apokalyptischen Überhöhung spiegelt inzwischen zumindest in Teilen die allgemeine Verunsicherung über den Weg, den diese von Wirtschaft und Kapital regierte Kultur zuletzt eingeschlagen hat.
Aber Jensen geht viel weiter. Mit seiner Ideologie gehört er zu jener kleinen Gruppe der Anarcho-Primitivisten unter den Umweltaktivisten. Und für diese Gruppe hat sich die Menschheit von der Natur abgewendet, als sie den Schritt vom Jäger und Sammler zum Ackerbauern machte. Damals sei aus einer egalitären, im Einklang mit der Natur existierenden Gesellschaft jene hierarchische, durch Zwang und Gewalt bestimmte Kultur geworden, die nun die Erde bedrohe. Er definiere, schreibt Jensen an anderer Stelle, Zivilisation als einen Lebensstil, der durch das Wachstum der Städte charakterisiert werde; und eine Stadt sei nichts anderes als eine Ansammlung von Menschen, die so groß ist, dass sie den Import von Ressourcen notwendig macht. Das wiederum habe zwei Folgen: Dieses Leben kann nie nachhaltig sein und muss zwangsläufig auf Gewalt basieren, weil Handel allein nicht ausreicht, um den Zufuhr dieser Ressourcen zu garantieren.
Der Mensch, sagt Jensen, muss wieder verwildern, „un”-zivilisiert werden, die Gesellschaft muss entindustrialisiert, Arbeitsteilung, Spezialistentum und Großtechnologien müssen aufgeben werden, denn sie sind die Quelle aller Zivilisationsprobleme. In gewisser Weise muss der Mensch wieder zum Tier werden. Solche Thesen klingen auch mitten in der Wirtschaftskrise, mitten im Zweifel am Weiterbestand unseres Systems wahnhaft, seine Vergleiche überschreiten Tabugrenzen: beispielsweise, wenn Jensen von Zivilisation als „permanentem Holocaust” schreibt, der sich „anfühlen wird wie Ökonomie. Er wird sich anfühlen wie Fortschritt. Er wird sich anfühlen wie technologische Innovation”. Andererseits hat seine Botschaft, mantraartig wiederholt, eine ähnliche Wirkung wie eine Beichte. Man sieht kurzfristig klar. Denn es ist bekannt, dass die Nutznießer dieses rohstoff- und kapitalgetriebenen Wirtschaftssystems, und das sind nun einmal wir, die Bewohner der reichen Industriestaaten, die Folgen verdrängen, die dieses System für Natur und den größten Teil der Weltbevölkerung hat.
Zurück in die Wildnis
Doch in den Rufen nach Revolution und Verwilderung der Menschheit, den Anarcho-Primitivisten wie Derrick Jensen so inbrünstig von sich geben, steckt noch etwas anderes : die tiefe Sehnsucht nach der Wildnis. Eine Wildnis, wie sie vor allem im kulturellen Bewusstsein Amerikas existiert, eine Wildnis, die einen Garten Eden symbolisierte, in die der Mensch vielleicht noch einmal zurückkehren könnte; eine Wildnis, in die sich Henry Thoreau zurückzog, in die Seehütte seines Freundes Ralph Waldo Emerson. „Walden”, Thoreaus Beschreibung dieser Zeit, gehört zu den berühmtesten Werken der amerikanischen Romantik – kaum ein anderes Werk drückt das Verlangen nach dem einfachen Leben und nach Selbstbestimmtheit, nach Freiheit von der Gesellschaft und ihren Zwängen besser aus. Die Ablehnung der Stadt als Hort allen Übels, die so typisch ist für viele amerikanische Umweltaktivisten, gehört ebenso zu dieser romantisierten Vorstellung von Wildnis wie die (von der Wissenschaft bestrittene) Idee, dass die Jäger und Sammler tatsächlich eine egalitäre, nichthierarchische Gemeinschaft bildeten.
Klimakatastrophe, das Sterben der Meere, der Verlust der Artenvielfalt – die Wildnis als Garten Eden ist Jensens Gegenentwurf zur ökologischen und ökonomischen Apokalypse der Zivilisation. Handlungsanweisungen, wie sie abzuwenden sei, gibt er nicht. Die seien, schreibt er, längst bekannt. Seit vielen tausend Jahren. Man müsse sich nur richtig umsehen. So wie in diesem Manifest. Es ist keine Anweisung. Aber eine Anregung. PETRA STEINBERGER
DERRICK JENSEN: Endgame. Zivilisation als Problem. Pendo, München 2008, 544 Seiten, 22,90 Euro.
DERRICK JENSEN: Das Öko-Manifest. Wie nur 50 Menschen das System zu Fall bringen und unsere Welt retten können. Pendo 2009, 511 Seiten, 24,95 Euro.
Das Ende eines Traums: Menschen haben dem Aralsee das Wasser geraubt, nun vertreibt die Verlandung die Menschen. Foto: Francesco Zizola / NOOR / laif
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Nicht anfreunden kann sich Rezensentin Hilal Sezgin mit Derrick Jensens Buch "Endgame. Zivilisation als Problem". Wie sie berichtet, hält Jensen Zivilisation per definitionem für nicht nachhaltig und sieht für die Zukunft schwarz. Unsere industrielle Lebensweise, rekapituliert sie den Autor, gründe sich auf den Gebrauch permanenter Gewalt gegen die Natur und auch gegen Menschen. Sezgin fühlt sich ein wenig an Adorno und Horkheimers "Dialektik der Aufklärung" erinnert, mit dem feinen Unterschied, dass sie bei Jensen keine Dialektik findet. Sie wirft dem Autor Rechthaberei und Apodiktik vor. Zwar bescheinigt sie ihm durchaus Aufrichtigkeit und eine gewisse Radikalität. Aber wenn Jensen die Frage nach der Legitimität politischer Gewalt aufwirft und mit der Fantasie spielt, Staudämme zu sprengen, dann klingt das für Sezgin nach der "Radikalität und Aufrichtigkeit der Pubertät, obwohl Jensen schon über 40 ist".

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