Marktplatzangebote
8 Angebote ab € 3,70 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Erstmals auf deutsch: das frühe literarische Meisterwerk von Luchino Visconti Luchino Visconti, der große italienische Regisseur, wurde durch Filme wie Der Leopard und Der Tod in Venedig weltberühmt. Erst vor wenigen Jahren haben seine Erben nun dieses großartige, als Epos angelegte frühe Romanfragment freigegeben. Voller Sinnlichkeit und mit großer atmosphärischer Dichte beschreibt Visconti das Erwachsenwerden eines vierzehnjährigen Jungen.

Produktbeschreibung
Erstmals auf deutsch: das frühe literarische Meisterwerk von Luchino Visconti Luchino Visconti, der große italienische Regisseur, wurde durch Filme wie Der Leopard und Der Tod in Venedig weltberühmt. Erst vor wenigen Jahren haben seine Erben nun dieses großartige, als Epos angelegte frühe Romanfragment freigegeben. Voller Sinnlichkeit und mit großer atmosphärischer Dichte beschreibt Visconti das Erwachsenwerden eines vierzehnjährigen Jungen.
Autorenporträt
Graf Don Luchino Visconti di Morone, geboren am 2.11.1906 in Mailand, wuchs seiner aristokratischen Herkunft entsprechend in privilegierten Verhältnissen auf. Schon als junger Mann verkehrte er mit Künstlern wie Toscanini, Puccini und DAnnunzio. Um jedoch seinen ersten Film, Ossessione (1942) zu realisieren, mußte er Familienschmuck verkaufen. Sein frühes Interesse an Musik, Literatur und Theater und sein eigenes künstlerisches Genie kamen in seinen Filmen zur ganzen Entfaltung. Zu den berühmtesten Werken gehören: Rocco und seine Brüder (1960), Der Leopard (1963), Tod in Venedig (1971), Gewalt und Leidenschaft (1969). Visconti starb am 17. März 1976 in Rom.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.11.2006

Die weite Ferne des Himmels
Erstmals auf Deutsch: „Angelo”, ein Romanfragment aus dem literarischen Nachlass des italienischen Filmregisseurs Luchino Visconti
Auch wenn man Luchino Visconti zu den bedeutendsten Regisseuren der Kinogeschichte zählen muss, ist seine filmische Ästhetik, diese besondere Mischung aus Realismus, Schönheitsobsession und Kitschgefährdung, durchaus nicht unumstritten. Die Art etwa, wie er in seinem vielgerühmten Opus „Tod in Venedig” mit einer Komposition Gustav Mahlers verfuhr, haben sensiblere Musikfreunde ihm allenfalls deshalb verziehen, weil dadurch, kurios genug, die Mahler-Renaissance im internationalen Konzertbetrieb befördert wurde. Zumal im Spätwerk des Conte Don Luchino Visconti di Morone mangelt es nicht an Szenen, die cineastische Geschmacksnerven strapazieren können.
Liest man das erst lange nach seinem Tod von den Erben freigegebene Romanfragment „Angelo” aus der Feder des jungen Visconti, erkennt man sogleich die Stellen, an denen die Neigung zum Schwülstigen sich Bahn bricht. Man erkennt aber auch eine große erzählerische Begabung, von der man gern weitere Kostproben genießen würde. Die sind indes nur spärlich verfügbar.
Zu Lebzeiten hat Visconti Essays und theoretische Abhandlungen veröffentlicht, unter anderem über die Beziehung zwischen Literatur und Film, er publizierte jedoch nur einen einzigen belletristischen Text, eine Erzählung, die 1942 im „Corriere Padano” erschien. Sein Nachlass enthielt in Typoskriptform lediglich besagten „Angelo” und ein neunseitiges Prosastück ohne Titel; einige literarische Versuche liegen außerdem handschriftlich vor. Ein Bildband über Mailand, für den er dem Verlag Einaudi Fotos und Texte liefern sollte, kam leider nie zustande.
Dass der „rote Graf”, wie er seiner adligen Herkunft und seiner linken Gesinnung wegen genannt wurde, neben seiner Affinität zum Kino auch ein lebhaftes Interesse an der Literatur hatte, kann kaum überraschen, basiert doch ein Großteil seiner Filme auf literarischen Vorlagen oder wurde von Persönlichkeiten der Literaturgeschichte inspiriert – ganz abgesehen davon, dass er sich als Theaterregisseur in ständigem Kontakt mit dem klassischen und zeitgenössischen Dramenrepertoire befand.
Es erstaunt auch nicht, dass seine Prosa-Experimente von der visuellen Detailbesessenheit und sinnlichen Bilderfülle geprägt sind, die sein filmisches Werk kennzeichnen. Der Einfluss des französischen Naturalismus ist unverkennbar, und der Bezug zur eigenen Biographie, den Visconti in seinen Filmen oft herstellte, taucht in den Texten ebenfalls auf. Im Fragment „Angelo”, entstanden zwischen 1930 und 1937, als der Autor schon einige Kurzfilme gedreht hatte, ist das autobiographische Element zwar stark verfremdet, aber nicht zu übersehen.
Der Titelheld befindet sich in der Pubertät, der Lebensphase des sexuellen und geistigen Erwachens, für die Visconti sich zeitlebens besonders interessierte. Und es regiert hier ein Motiv, das seinen kinematographischen Blick immer wieder beschäftigen sollte: Der französische Literaturwissenschaftler René de Ceccaty, der die Ausgabe mit einem informativen Nachwort versehen hat, nennt es die „perverse Schönheit” der Armut. Die Geschichte, offenkundig als längeres Epos angelegt, spielt in einer ärmlichen Vorstadtgegend von Piacenza in der Po-Ebene. Dorthin kehrt Angelo, ein empfindsamer Junge von vierzehn Jahren, nach einer zweimonatigen Typhuserkrankung zurück. Seine Mutter, mit der er in inniger Liebe verbunden ist, hat ihn aus dem Hospital abgeholt.
Die Eröffnungsszene mit der Ankunft der Pferdedroschke in der winterlichen Via delle Stalle, sämtliche Beschreibungen von Szenerien, Interieurs und atmosphärischen Valeurs verraten den Blick des späteren Filmkünstlers, und in der Tat hat der junge Mann aus aristokratischem Haus der Sphäre der armen Leute eine strenge Schönheit abgewonnen. Mit Sätzen wie diesem: „Das ist eine Straße, in der auch der Himmel weiter entfernt scheint und wo es leichter ist, seinen Widerschein mit stets neuer Verwunderung in dem Rinnsal wiederzufinden, das nach den sommerlichen Regenschauern in der Mitte der Straße rasch die Pflastersteine hinunterfließt.”
Als Angelo zu Hause eintrifft, stellt er fest, dass er das Zimmer, das er mit seinem älteren Bruder bewohnte, nun mit einem Untermieter teilen muss. Die irritierende körperliche Präsenz des Fremden, das unklare Verhältnis zwischen ihm und der Mutter werden aus der Perspektive des Jungen fühlbar, kommende Verwicklungen lassen sich erahnen. Diese Passagen (und viele andere) wirken überzeugender als Angelos Erinnerungen an erotisch aufgeladene Sommerspiele mit dem Bruder, deren Schilderung stark ins Groschenromanhafte lappt: „Ein dunkles Gefühl, wie die Vorahnung einer unbekannten Lust, erwachte in ihrer Haut, die von der Mittagsschwüle glühte.”
Wie in seinem filmischen Werk hat Luchino Visconti auch bei seinen schriftstellerischen Versuchen zwei Gesichter. Im Anhang zu „Angelo” sind die biographischen Fakten zusammengefasst, vor deren Hintergrund diese zwiespältige Künstlerexistenz sich entfalten konnte; das Nachwort berichtet über die handschriftlichen Ergänzungshefte zum Romanfragment und über weitere Entdeckungen im literarischem Nachlass Viscontis, der am 2. November 1906 geboren wurde und am 17. März 1976 starb. Ein Geburtstagsgeschenk für Cineasten und für Leser, nicht nur zum Hundertsten. KRISTINA MAIDT-ZINKE
LUCHINO VISCONTI: Angelo. Aus dem Italienischen von Marianne Schneider. Mit einem Nachwort von René de Ceccaty. SchirmerGraf Verlag, München 2006. 178 Seiten, 17,80 Euro.
Ein Engel, noch nicht eiskalt: Alain Delon in „Rocco und seine Brüder” (1960) von Luchino Visconti
Foto: Cinetext
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Kristina Maidt-Zinke scheint sich angesteckt zu haben an der Zwiegespaltenheit von Viscontis Leben und Werk. Eindeutig wird ihre Besprechung dieses Romanfragments jedenfalls erst im letzten Satz. Bevor sie uns diese Geschichte einer Adoleszenz nicht nur als Jubiläumsgeschenk zu Viscontis Hundertstem empfiehlt, stößt sie sich an schwülstigen Passagen, freut sich aber zugleich an der "strengen Schönheit", die Viscontis Beschreibungen der Armut abgewinnen und die ihr eine "große erzählerische Begabung" sowie den "Blick des späteren Filmkünstlers" offenbart. Wenig erstaunt hat sie Viscontis Griff zur Feder, sieht sie im "roten Grafen" doch vor allem den großen Illustrator literarischer Vorlagen. In seiner Prosa wiederum erkennt sie die "visuelle Detailbesessenheit" und die autobiografische Prägung, die auch Viscontis Filme kennzeichnen.

© Perlentaucher Medien GmbH