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Glanz und Elend Preußens lassen sich besonders sinnfällig an dem Gebäude des Preußischen Landtags erzählen. Dort, wo heute das Abgeordnetenhaus von Berlin tagt, kamen von 1899 bis zum Ende der Hohenzollernmonarchie 1918 die Parlamentarier des preußischen Königreichs zusammen; dort trafen sich die Arbeiter- und Soldatenräte während der Novemberrevolution; dort wurde die KPD gegründet. In der Weimarer Republik war der Preußische Landtag der Ort des demokratischen und republikanischen Preußen, bis die Nationalsozialisten an die Macht kamen und daraus das "Haus der Flieger" und den zeitweiligen…mehr

Produktbeschreibung
Glanz und Elend Preußens lassen sich besonders sinnfällig an dem Gebäude des Preußischen Landtags erzählen. Dort, wo heute das Abgeordnetenhaus von Berlin tagt, kamen von 1899 bis zum Ende der Hohenzollernmonarchie 1918 die Parlamentarier des preußischen Königreichs zusammen; dort trafen sich die Arbeiter- und Soldatenräte während der Novemberrevolution; dort wurde die KPD gegründet. In der Weimarer Republik war der Preußische Landtag der Ort des demokratischen und republikanischen Preußen, bis die Nationalsozialisten an die Macht kamen und daraus das "Haus der Flieger" und den zeitweiligen Sitz des berüchtigten Volksgerichtshofes machten. Siegfried Heimann gibt einen umfassenden Überblick über die wechselvolle politische Geschichte des Preußischen Landtags bis zur Auflösung Preußens im Jahr 1947 und schildert die kontroversen Debatten, die in diesem Haus geführt wurden.
Autorenporträt
Siegfried Heimann, geboren 1939; aufgewachsen in Görlitz/DDR, ist Historiker und Politikwissenschaftler. Nach dem Abitur 1957 ging er in die Bundesrepublik. Er studierte Geschichte, Germanistik und Philosophie in Münster, Berlin und London. Er war Privatdozent am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin; 1997-2009 Gastprofessor an der Berliner Dependance des amerikanischen Dartmouth-College in Hanover/New Hempshire; Mitherausgeber der Zeitschrift "WerkstattGeschichte" sowie Mitglied der Historischen Kommission der SPD und Vorsitzender der Historischen Kommission der SPD Berlin. Er verfasste zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte der Weimarer Republik, der Parteien nach 1945 und zur Berliner Nachkriegsgeschichte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.01.2012

Enger Blick, wenig Farbe
Die Geschichte des Preußischen Landtags von 1899 bis 1947

Der Preußische Landtag in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße, heute Niederkirchnerstraße, gehörte zusammen mit dem "Herrenhaus", dessen Mitglieder der König berief, zu den beiden zentralen Institutionen des Parlamentarismus in Preußen. Im Gegensatz zu den Regelungen im Deutschen Reich, das seit 1871 allen Männern von 25 Jahren an das allgemeine, gleiche und geheime Wahlrecht garantierte, bestimmte in Preußen seit 1849 das Dreiklassenwahlrecht die Zusammensetzung des Landtags. Das Zensuswahlrecht war vom Steueraufkommen abhängig, schützte nicht die geheime Stimmabgabe und benachteiligte die dritte Stufe der drei Steuerklassen so stark, dass die SPD im Jahr 1908 nur sieben und nicht über 100 der 443 Abgeordnetensitze einnehmen konnte, obwohl sie fast ein Viertel der abgegebenen Stimmen gewonnen hatte.

Die Vorgeschichte - der Weg von der Reformzeit in Preußen zu Beginn des 19. Jahrhunderts über die Revolution von 1848/49 bis zur 1871 erfolgten Gründung des Deutschen Reiches - wird im ersten Abschnitt knapp skizziert. Es schließen sich neunzehn Kapitel an, von denen vier das Kaiserreich behandeln, den Ersten Weltkrieg und die Revolution von 1918/19, dreizehn die Weimarer Republik und zwei, wiederum eher knapp gehaltene, die nationalsozialistische Diktatur und die "Auflösung" des Staates durch den Beschluss der alliierten Besatzungsmächte am 25. Februar 1947.

Die Darstellung folgt dennoch nicht konsequent einer chronologischen Ordnung. Jeder ihrer Abschnitte steht vielmehr unter einem einzigen Thema - wie "Parteiensystem und Parteien", "Die ,Frauenfrage'" oder "Antisemitismus". Daraus ergibt sich, dass der Leser die Zeit zwischen der ersten demokratisch gewählten preußischen Regierung (1919) und dem Staatsstreich vom 20. Juli 1932 (der Amtsenthebung der Regierung durch die Notverordnung "betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet des Landes Preußen") dreizehn mal durchschreitet. Nach einem Drittel des Buches hat er also das Jahr 1933 bereits zum ersten Mal erreicht.

Zwei aufschlussreiche Exkurse behandeln das Verhältnis Reich-Preußen und die Geschichte des Staatsrats. Diese Institution residierte zwar im Gebäude des in der Revolution aufgelösten "Herrenhauses", fungierte aber nun nicht mehr als eine Erste Kammer, sondern diente der Regierung als Beratungsorgan. Der Staatsrat verfasste Gutachten, nahm gelegentlich sein begrenztes Einspruchsrecht wahr und ergriff nur äußerst selten eigene Gesetzesinitiativen. Autor Siegfried Heimann orientiert sich eng an der geschichts- und politikwissenschaftlichen Forschung, folgt ihr intensiver als den Dokumenten und Quellen. Darstellung und Bewertung sind zum Großteil den Arbeiten von Helga Grebing, Peter Lösche, Arthur Rosenberg, Hans-Ulrich Wehler, Heinrich August Winkler und Sebastian Haffner verpflichtet.

Heimanns Hauptinteresse richtet sich auf die verfassungsrechtlichen, institutionen- und parteipolitischen Dimensionen der Geschichte. Aus den Bereichen der wirtschaftlichen, sozialen, medialen und kulturellen Themen werden zwei Betrugsaffären (die Barmat- und Sklarek-Affäre), die "Frauenfrage", Kirchenverträge und der Antisemitismus berücksichtigt. Ein hundertseitiger Anhang enthält die Mitglieder aller Institutionen bis hinunter zu den Fraktionen, listet gesondert alle weiblichen Abgeordneten auf, verzichtet jedoch auf eine Übersicht der Wahlergebnisse und Parteienentwicklungen. Das Buch erzählt die ereignisreiche Geschichte einer Epoche insgesamt zuverlässig, aber aus einem engen Blickwinkel. Es geht dem Autor nicht vorrangig um neue Erkenntnisse. Stereotype werden nicht gerade kritisch aufgenommen, sondern eher weitergegeben: "spartanischer Militärstaat König Friedrichs II.", Preußen in der Regierungszeit von Otto Braun als "republikanischer Musterstaat" respektive "Bollwerk der Demokratie".

Die Publikation bildet den Auftakt zu einer zweibändigen, vom Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses angeregten Gesamtdarstellung, die bis in unsere Gegenwart fortgeführt werden soll. Autor Heimann ist der Vorsitzende der Historischen Kommission der Berliner SPD und war früher Dozent am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität. Für den Nachfolgeband sei hier noch der Wunsch nach Perspektivenvielfalt angeschlossen, nach stärkerer Lebendigkeit und mehr "Farbe" - die handelnden Personen bleiben blass, die Parteien erstarren in Programmen, das Leben in den zwanziger Jahren pulsiert nicht und ist der Kultur und der Medien völlig entkleidet. Der Nachfolgeband sollte sich konsequent an der Chronologie orientieren und auf die Zerstückelung der historischen Zusammenhänge mit den dadurch notwendig werdenden Wiederholungen verzichten.

BERND SÖSEMANN

Siegfried Heimann: Der Preußische Landtag 1899-1947. Eine politische Geschichte. Ch. Links Verlag, Berlin 2011. 495 S., 39,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nach der Lektüre von Siegfried Heimanns Darstellung über die Geschichte des Preußischen Landtages von 1899 bis 1947 hat Rezensent Bernd Sösemann einige Verbesserungsvorschläge für den geplanten Nachfolgeband zu machen: "lebendiger" sollte dieser sein und bitte auch mehrere Perspektiven berücksichtigen. Denn hier hat der Kritiker zwar einiges über die Vorgeschichte, die "Frauenfrage" oder "das Parteiensystem und die Parteien" gelesen, aber er hätte sich durchaus gewünscht, dass Heimann sich mehr mit den Dokumenten und Quellen auseinandergesetzt hätte, als sich an der geschichts- und politikwissenschaftlichen Forschung der Arbeiten von Helga Grebing oder Sebastian Haffner zu orientieren. Darüber hinaus rät Sösemann zu einer chronologischen Ordnung der Darstellung, denn durch die Unterteilung in verschiedene Themenabschnitte müsse der Leser die Zeit zwischen der ersten demokratisch gewählten preußischen Regierung im Jahre 1919 und dem Staatsstreich von 1932 allein dreizehn mal durchqueren.

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