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Welche Ziele verfolgte die DDR mit ihrer Außenpolitik gegenüber dem Westen, und welchen Zwängen unterlag sie dabei? Wie groß waren die Handlungsspielräume gegenüber der sowjetischen Hegemonialmacht? Weshalb gab es so viele abenteuerliche Verrenkungen und geheimdiplomatische Ränkespiele? Die DDR-Außenbeziehungen gehörten bislang zu den Stiefkindern der historiographischen Forschung. Erstmals wurden auf einem Kolloquium 1999 in Paris die transnationalen Westbeziehungen der DDR systematisch untersucht. Im Ergebnis dessen entstanden auf der Grundlage neuester Analyseergebnisse Studien zur…mehr

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Produktbeschreibung
Welche Ziele verfolgte die DDR mit ihrer Außenpolitik gegenüber dem Westen, und welchen Zwängen unterlag sie dabei? Wie groß waren die Handlungsspielräume gegenüber der sowjetischen Hegemonialmacht? Weshalb gab es so viele abenteuerliche Verrenkungen und geheimdiplomatische Ränkespiele?
Die DDR-Außenbeziehungen gehörten bislang zu den Stiefkindern der historiographischen Forschung. Erstmals wurden auf einem Kolloquium 1999 in Paris die transnationalen Westbeziehungen der DDR systematisch untersucht. Im Ergebnis dessen entstanden auf der Grundlage neuester Analyseergebnisse Studien zur DDR-Außenpolitik gegenüber den USA und zahlreichen westeuropäischen Staaten, darunter Frankreich, Großbritannien, Italien, Dänemark, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz und dem Vatikan.
Autorenporträt
Jahrgang 1966, Historiker, 1996-2002 DAAD-Lektor am Institut d'Allemand d'Asnieres der Universität Paris III (Sorbonne Nouvelle), 2002-2009 Forscher am DHI Paris, 2005-2010 Professor für Deutschlandstudien an der Université Jean-Monnet-Saint-Étienne, seit 2010 Professor für Deutschlandstudien an der Université de Lorraine, Metz.

Christian F. Ostermann, Direktor des »History and Public Policy Program« am Wilson Center, Washington, ist u. a. verantwortlich für das »Cold War International History Project«. Weitere Schwerpunkte sind die Außenpolitik der Vereinigten Staaten und Deutschlands. Der Historiker ist Autor zahlreicher Artikel und Herausgeber diverser Dokumenteneditionen.

Studium der Geschichte, Germanistik und Politologie in Kiel und Marburg/Lahn, Professor für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin und Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam, Forschungsschwerpunkte: Politische Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts, Diktaturforschung, Geschichte der Geschichtskultur, aktuelle Veröffentlichungen: Zeitgeschichte schreiben. Von der Verständigung über die Vergangenheit in der Gegenwart (Göttingen 2014), Erich Honecker. Das Leben davor, 1912 - 1945 (München 2016).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.06.2001

Über die tönernen Füße hinweggesehen
Die westlichen Demokratien und die DDR

Ulrich Pfeil (Herausgeber): Die DDR und der Westen. Transnationale Beziehungen 1949-1989. Christoph Links Verlag, Berlin 2001. 360 Seiten, 39,80 Mark.

Die Geschichte der DDR war immer auch der verzweifelt-bemühte Versuch, sich als souveräner Staat zu präsentieren und gestaltend eine eigene Außenpolitik zu treiben. Das gelang stets nur unvollkommen und endete schließlich in einem staatspolitischen Fiasko. Die Gründe für dieses Scheitern werden in dem vorliegenden Sammelband untersucht, der vornehmlich die Politik der DDR gegenüber den westlichen Demokratien ins Visier nimmt. In einem ersten Teil werden weitgehend chronologisch die "östlichen Abhängigkeiten und westlichen Herausforderungen" beschrieben. Gerhard Wettig beschreibt die strikte Unterordnung der kommunistischen Führer und Kader gegenüber der Sowjetunion nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Allerdings war auch die Sowjetunion auf die Hilfe der sowjetisch besetzten Zone angewiesen, so daß man von einer gewissen wechselseitigen Abhängigkeit sprechen kann.

Michael Lemke möchte infolge der fehlenden Handlungsspielräume der DDR in den fünfziger Jahren lieber von "Außenbeziehungen der DDR" sprechen als von Außenpolitik. Tatsächlich fand Ost-Berlin gegen die Hallstein-Doktrin kein wirksames Gegenmittel. Weil die Bundesrepublik auch wirtschaftlich stark war, brauchte sie noch nicht einmal ökonomische Druckmittel anzuwenden, um ihre Stellung als "Magnet" zu behaupten. Erst seit Mitte der sechziger Jahre und dann mit dem Regierungswechsel in Bonn 1969 kam es zu einer eigenständigeren Außenpolitik.

Aber auch nach der Anerkennung durch die westlichen Staaten in den frühen siebziger Jahren blieb die Außenpolitik der DDR profillos und geradezu reaktiv, wie Marianne Howarth zeigen kann. Aber angesichts von Mauer und der unverändert harten Reisebeschränkungen konnte dies wahrscheinlich gar nicht anders sein. Aus dem gleichen Grund wirkten die propagandistischen Versuche unglaubwürdig, sich durch eine intensive Imagekampagne als "Friedensstaat" im Sinne der "friedlichen Koexistenz" zu profilieren. Detlef Nakath zeichnet in seinem Beitrag nach, wie unverändert stark die Abhängigkeit der DDR vom "großen Bruder" Sowjetunion auch in den siebziger Jahren war. Außen- und deutschlandpolitisch war man "praktisch nicht handlungsfähig".

Die Machtübernahme Gorbatschows im März 1985 signalisierte schließlich den Anfang vom Ende, wie in dem Beitrag von Gerd-Rüdiger Stephan betont wird. Erich Honecker mochte sich zwar 1987 echauffieren, daß die DDR schon zur Sowjetunion gehalten habe, als man "dort noch in Bastschuhen" herumgelaufen sei. Aber weil sich die Sowjetführung auf ihren eigenen ökonomisch-politischen Überlebenskampf konzentrieren mußte, nahm sie auf die DDR keine Rücksicht mehr.

In einem zweiten Teil des Bandes geht es um bilaterale Beziehungen. Christian Ostermann untersucht das Verhältnis der DDR zu den Vereinigten Staaten. Bis Mitte der sechziger Jahre betrachteten die Vereinigten Staaten die DDR noch als eine "stalinistische" Macht. Washingtons Verhältnis zur DDR blieb auch in den Jahren der Entspannung von Vorsicht geprägt. Weil sich die Vereinigten Staaten von der grassierenden europäischen Annäherungseuphorie der frühen siebziger Jahre nicht anstecken ließen, blieben die Beziehungen unterkühlt. Als eine der letzten westlichen Mächte nahm Washington im September 1974 die diplomatischen Beziehungen zur DDR auf.

Henning Hoff analysiert die Beziehungen Ost-Berlins zu London. Großbritannien war in den fünfziger Jahren ein unerschütterlicher Verfechter der westdeutschen Sichtweise, wenn man wohl auch eine gewisse Flexibilität Bonns gerne gesehen hätte. In den sechziger Jahren kam es zu neuen Denkanstößen. Der Labour-Abgeordnete Richard Crossman vertrat beispielsweise die Meinung, die Rhetorik des Kalten Kriegs nutzte nur dem System Ulbricht. Man solle der DDR besser mit einer "killing with kindness"-Politik den Wind aus den Segeln nehmen. Solche Überlegungen veranlaßten wiederum den neuen Premierminister Harold Wilson, in Bonn dem Eindruck entgegenzuwirken, Großbritannien sei in der Frage der Anerkennung der DDR ein "unsicherer Kantonist".

Ulrich Pfeil widmet sich den Verbindungen zwischen Frankreich und der DDR. Nach der Gründung von Bundesrepublik und DDR versuchte Ost-Berlin zunächst die vorhandenen französischen Sorgen vor einer deutschen Revanchementalität zu instrumentalisieren. Trotz aller Beteuerungen, daß der östliche Teil Deutschlands der eigentliche Friedensstaat sei, ging Frankreich auf diese Avancen nicht ein; auch in der Öffentlichkeit blieb die Wahrnehmung der DDR auf das Umfeld der französischen KP beschränkt. Als Charles de Gaulle zusammen mit Konrad Adenauer auch noch den Elysee-Vertrag unterzeichnete und damit der angeblich "militaristischen" Bundesrepublik eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellte, stand die DDR ein weiteres Mal vor einem außenpolitischen Scherbenhaufen. Selbst als der von seinen europäischen Visionen enttäuschte de Gaulle eine "Politik der Nadelstiche" gegen das westliche Bündnis begann, brachte das für Ost-Berlin nur geringe Vorteile. Der französische Staatspräsident stellte 1965 klar: "Aber nein, ich werde Pankow nicht anerkennen. Wir haben die sowjetische Regierung in Moskau anerkannt, weil die Russen die Revolution von 1917 gemacht haben . . . Die Regierung von Pankow wurde vom Ausland gebildet. Sie bestünde keine Sekunde nach dem Abzug der Sowjets; übrigens wird sich das so auch abspielen. Das ist eine rein künstliche Regierung. Das ist eine russische Besatzungszone. Die Russen haben die Kommunisten dorthin geschickt, damit diese unter ihrer Kontrolle regieren. Das ist alles."

Die neue Ostpolitik unter Willy Brandt ließ dann jedoch die französischen Sorgen vor einem deutsch-deutschen Sonderweg wieder wachsen. Johannes Lill beschreibt die Beziehungen der DDR zu Italien. Obwohl in Italien eine starke kommunistische Partei den "Polit-Tourismus" ankurbelte, ließen sich die Genossen südlich der Alpen doch niemals so recht von den "Errungenschaften" des "Arbeiter-und-Bauern-Staates" überzeugen: Wahrscheinlich kam ihnen alles doch zu preußisch vor. So fällt das Urteil vernichtend aus: "Zu keiner Zeit war die DDR in der Lage, mehr als nur die Rolle eines Störfaktors der westdeutsch-italienischen Beziehungen einzunehmen."

Am Ende der Lektüre des gelungenen Sammelbandes stellen sich Fragen, die über die einzelnen Beiträge des Werkes hinausgehen. Wenn die Außenpolitik der DDR tatsächlich als dysfunktional eingeschätzt werden muß: Warum hatte dieses menschenverachtende System, das von Beginn an mit strukturellen Fehlern behaftet war, überhaupt so lange Bestand? Und warum erkannten die meisten, die sich bis 1989 journalistisch und wissenschaftlich mit der DDR beschäftigten, nicht die innere und äußere Fragilität? Nachher ist man immer schlauer - lautet die banale Antwort. Aber eine andere Erklärung erscheint mindestens ebenso berechtigt wie beunruhigend: Es waren wohl auch die "Verblendungszusammenhänge", die in der ideologisierten Zeit des Kalten Krieges für viele im Westen die DDR in einem so milden Licht erscheinen ließen, daß man die tönernen Füße der Außenpolitik nicht erkennen wollte, die diesen Kunststaat trugen.

JOACHIM SCHOLTYSECK

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Joachim Scholtyseck referiert gewissenhaft die einzelnen Kapitel des Buches, dass sich in seinem ersten Teil mit verschiedenen Aspekten der außenpolitischen Aktivitäten der DDR und in seinem zweiten Teil mit deren "bilateralen Beziehungen" beschäftigt. Dabei hält sich der Rezensent mit persönlichen Urteilen völlig zurück. Nur am Schluss, nachdem er das Buch bar jeden Enthusiasmuses als "gelungenen Sammelband" gelobt hat, bricht eine Frage aus ihm heraus: warum nämlich die DDR unter den im Buch beschriebenen Umständen und bei der Einschätzung als "dysfunktional" durch die anderen Staaten überhaupt so lange bestehen konnte. Diese Frage beantworte auch das vorliegende Buch nicht, und der Rezensent vermutet, dass die Lösung dieses historischen Rätsels ziemlich banal ist: dass nämlich man "nachher immer schlauer" sei.

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