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Die Justiz wird häufig als Black Box, als undurchschaubares System wahrgenommen. Viele Entscheidungsprozesse sind nicht nachvollziehbar. Der Rechtsstaat ist keine Selbstverständlichkeit. Die grundgesetzlich garantierte richterliche Unabhängigkeit ist immer von innen und außen bedroht. Eine demokratische und transparente Selbstverwaltung der Justiz existiert in Deutschland nicht. Der ehemalige Richter Christoph Strecker berichtet aus der Black Box über seine Erfahrungen und über die richterliche Lebenswelt in einem System von Hierarchie und Karriere. Er bemängelt, dass es in der Justiz weniger…mehr

Produktbeschreibung
Die Justiz wird häufig als Black Box, als undurchschaubares System wahrgenommen. Viele Entscheidungsprozesse sind nicht nachvollziehbar. Der Rechtsstaat ist keine Selbstverständlichkeit. Die grundgesetzlich garantierte richterliche Unabhängigkeit ist immer von innen und außen bedroht. Eine demokratische und transparente Selbstverwaltung der Justiz existiert in Deutschland nicht. Der ehemalige Richter Christoph Strecker berichtet aus der Black Box über seine Erfahrungen und über die richterliche Lebenswelt in einem System von Hierarchie und Karriere. Er bemängelt, dass es in der Justiz weniger auf Gerechtigkeit und menschenfreundliche Verfahren ankommt als auf die effiziente Erledigung von 'Fällen'. Dazu gehört auch, dass in der Richterschaft die Vorstellung weit verbreitet ist, Rechtsprechung habe nichts mit Politik zu tun. So führt das Desinteresse an den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu einer permanenten Bestätigung der bestehenden Machtverhältnisse. Gegenüber den inneren und äußeren Anpassungszwängen plädiert der Autor für einen 'aufrechten Gang' in der Justiz, für einen rücksichtsvollen Umgang mit den Menschen vor Gericht und für eine bewusste Orientierung an den Menschenrechten. Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sollten sich als Teil der Zivilgesellschaft begreifen und sich für die Rechte derer einsetzen, die auf den Schutz des Rechts angewiesen sind.
Autorenporträt
Christoph Strecker, geboren 1937, studierte Germanistik, Romanistik, Ethnologie, Soziologie und Rechtswissenschaft in Marburg, Berlin und Heidelberg. Er war von 1968 bis 1970 als Rechtsanwalt in Heidelberg tätig und von 1971 bis 2002 Richter am Amts-, Land- und Oberlandesgericht in Stuttgart (von 1977 bis 2002 als Familienrichter). Seit seiner Pensionierung arbeitet Strecker als Mediator für Trennungs- und Scheidungskonflikte. Zu dieser Thematik hat er den Ratgeber ¿Versöhnliche Scheidung¿ verfasst, der inzwischen in der fünften Auflage erschienen ist. Christoph Strecker ist Mitbegründer des ¿Richter-Ratschlags¿, der ¿Neuen Richtervereinigung¿, der Vereinigung ¿Europäische Richter für Demokratie und Grundrechte (MEDEL)¿ und der Zeitschrift ¿Betrifft JUSTIZ¿, in der er zahlreiche Aufsätze veröffentlicht hat.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.09.2015

Was die Robe
verbirgt
Ein „Nestbeschmutzer“
über das Innenleben der Justiz
Richter gehören zu den Privilegierten dieser Republik. Sie sind abgesichert wie kein anderer Berufszweig – auf Lebenszeit berufen, unabsetzbar, unabhängig, keiner Weisung unterworfen. Ihre Qualifikation wird justizintern ermittelt. Ob einer befangen ist, entscheiden Kollegen, was im Beratungszimmer geschieht, bleibt geheim. Eine geschlossene Gesellschaft.
  Was hinter den Kulissen passiert, kann seriös nur einer erzählen, der dazugehört. Christoph Strecker, von dessen neuestem Buch hier die Rede sein soll, gehört zu den Rebellen, die 1985 eine selbstkritische Zeitschrift (Betrifft: Justiz) gründeten – ein Blatt, das den Menschen unter der Robe sichtbar machte. Der Autor kennt das Recht aus vielen Perspektiven: als Anwalt, als Richter (1971-2002) und als Mediator. In seinem Buch beleuchtet er seine schillernden Erfahrungen mit Justitia. Unter Kollegen gehört er nach wie vor zu der kleinen Minderheit, die auf den schönen Schein verzichtet – und souverän über Ängste, Nöte und Zwänge redet, die der Rechts- und Wahrheitsfindung bisweilen im Wege stehen. Ihn treibt eine Sorge um: „Ich habe die Justiz von innen erlebt und mich um die Nähe zu den Menschen bemüht, die sich von ihr bedroht fühlen und auf sie hoffen.“
  Strecker ist, wenn es ums Eingemachte geht, nicht zimperlich. Er spricht aus, was alle Angehörigen der Zunft wissen, aber ungern öffentlich sagen: „Ein System von Hierarchie und Karriere ist voller Gefahren für die von den Gerichten erwartete Unabhängigkeit.“ Es gelte immer wieder, „sich die hieraus resultierenden Anpassungszwänge und Versuchungen bewusst zu machen und ihnen zu widerstehen.“
  So werden zum Beispiel Richter hierzu-lande benotet wie Schulbuben. Der Vorsitzende des Spruchkörpers, der das Zeugnis inspiriert, soll vergessen, dass der – als Richter gleichberechtigte – Notenempfänger in der Beratung gegen ihn gestimmt hat. Und im Idealfall darf der „Beisitzer“, wenn er dem Vorsitzenden widerspricht, keine Sekunde an dessen zweite Funktion denken – an die des Notengebers.
  Strecker hat den Ruf des Nestbeschmutzers nie gescheut. Die Begriffe, mit denen er operiert, verraten eine klare, kompromisslose Linie. Er meditiert über „die Rolle des Richters zwischen Autorität und Anbiederung“, über „die Schere im Kopf“ und über „die Lehren der Vergangenheit“. So gesehen, ist er ein Nachfahre des Rechtsphilosophen Arthur Kaufmann, der den Schlüsselbegriff auf den Punkt gebracht hat: „Die Unabhängigkeit des Richters wächst in dem Maße, wie er sich seiner Abhängigkeiten bewusst wird.“
ROLF LAMPRECHT
Rolf Lamprecht schreibt über Rechtspolitik. Zuletzt erschien vom ihm „Ich gehe bis nach Karlsruhe – eine Geschichte des Bundesverfassungsgerichts“, DVA 2011.
  
  
Christoph Strecker,
Justiz von unten – Berichte, Kritik und Denkanstöße aus der Black Box, von Loeper Literaturverlag 2015, 218 Seiten, kartoniert: 19,90 Euro, gebunden 29,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rolf Lamprecht bespricht dieses Buch des langjährigen Richters Christoph Strecker leider nur sehr kurz, dabei hat er es offensichtlich mit großem Interesse gelesen. Da die Richterschaft eine zwar eine privilegierte und unabhängige, aber auch absolut geschlossene Gesellschaft sei, dringe kaum etwas aus dem Innenleben dieses Berufsstands nach außen. Strecker macht da eine Ausnahme, freut sich der Rezensent, der in dem Buch über die Zwänge des Berufs gelesen hat, über Ängste und Nöte, aber auch über Anpassung und Anbiederung, Hierarchien und Karrierismus.

© Perlentaucher Medien GmbH