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Diese einzigartige Dokumentation stellt Biographien und wissenschaftliche Profile von mehr als 300 Sprachforscherinnen und Sprachforschern vor, die im Nationalsozialismus aus rassistischen oder politischen Gründen verfolgt wurden. Bei vielen führte dies zur Emigration oder zum Leben im Untergrund, für einen Großteil der Betroffenen bedeutete es jedoch Tod im Konzentrationslager oder Suizid.Die Biographien spiegeln diese unterschiedlichen Konstellationen wider, denen sich die Verfolgten ausgesetzt sahen. In der Dokumentation sind so bekannte Namen wie Walter Benjamin, Leo Spitzer, Käte…mehr

Produktbeschreibung
Diese einzigartige Dokumentation stellt Biographien und wissenschaftliche Profile von mehr als 300 Sprachforscherinnen und Sprachforschern vor, die im Nationalsozialismus aus rassistischen oder politischen Gründen verfolgt wurden. Bei vielen führte dies zur Emigration oder zum Leben im Untergrund, für einen Großteil der Betroffenen bedeutete es jedoch Tod im Konzentrationslager oder Suizid.Die Biographien spiegeln diese unterschiedlichen Konstellationen wider, denen sich die Verfolgten ausgesetzt sahen. In der Dokumentation sind so bekannte Namen wie Walter Benjamin, Leo Spitzer, Käte Hamburger u. a. verzeichnet. Mit ihr soll aber auch denjenigen ein Denkmal gesetzt werden, die nicht aufgrund ihrer Prominenz schon an anderen Stellen dokumentiert sind. Darüber hinaus versteht sie sich auch als ein Beitrag zur Fachgeschichte, indem in Band 2 Auswertungen in verschiedene Richtungen vorgenommen werden, nach Immigrationsländern, nach fachlichen Disziplinen, mit Statistiken zur Professionalisierung der Sprachwissenschaft. Register und eine umfangreiche Forschungsbibliographie schließen das Werk ab. Die mitgelieferte CD soll zusätzlich die Weiterarbeit an dem aufbereiteten Material unterstützen und fördern. Somit präsentieren die beiden Bände ein zeitgeschichtliches Zeugnis und zugleich ein wichtiges Stück Wissensgeschichte.
Autorenporträt
Utz Maas ist Professor Emeritus für Allgemeine und germanische Sprachwissenschaft an der Universität Osnabrück und Honorarprofessor an der Universität Graz.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.09.2010

Und die anderen machten weiter
Die Verfolgung von Sprachwissenschaftlern im Nationalsozialismus ist jetzt erstmals umfassend dokumentiert
Nach und nach wird die Geschichte einzelner Wissenschaftsdisziplinen im Nationalsozialismus erforscht: die Geschichte der aus deutschen Universitäten Vertriebenen ebenso wie die der dort Gebliebenen. Die Gründe der Verfolgung waren meist rassistischer, seltener politischer oder weltanschaulicher Natur. Die NS-Beamten- und Rassengesetze von 1933-1935 verfügten nicht nur die Amtsenthebung von etwa 20 Prozent der beamteten Hochschullehrer und anderer Wissenschaftler, sondern verbauten auch Berufsanfängern den Weg. Bald kam die Bedrohung für Leib und Leben hinzu, so dass die meisten Betroffenen den Weg der Emigration wählten. Wer die nicht tat, landete, wenn er nicht „arisch“ verheiratet war, in einem Konzentrationslager. Die wichtigsten Emigrationsländer waren die USA, Großbritannien, Palästina, die Türkei, und, bis 1938, Italien.
Der Osnabrücker Sprachwissenschaftler Utz Maas hat die Geschichte seines Faches im Nationalsozialismus erforscht. Mit dem jetzt erschienenen Doppelband kommt ein Projekt zum Abschluss, das vor dreißig Jahren begonnen und ab 1996 in Teilen veröffentlicht wurde. Maas hat damit etwas geschaffen, für das sonst ganze Forschergruppen eingesetzt werden. Er hat etwa 700 Titel der Sekundärliteratur ausgewertet und synthetisiert, zahlreiche Zeitzeugen befragt und in allen einschlägigen Archiven recherchiert.
Maas spricht nicht von „Sprachwissenschaftlern“, sondern von „Sprachforschern“, um die Bandbreite der Beschäftigung mit Sprache zu erfassen. Diese reicht von der Allgemeinen und Vergleichenden Sprachwissenschaft über die Erfassung von Einzelsprachen bis hin zur empirischen Sprachforschung. Da bis zum Beginn der sechziger Jahre in den meisten Philologien Sprach- und Literaturgeschichte nicht getrennt waren, finden sich unter den „Sprachforschern” auch Gelehrte, die man dort nicht unbedingt vermuten würde: etwa Walter Benjamin, Arno Schirokauer oder Käte Hamburger. Maas hat insgesamt 310 Porträts verfasst, die im ersten Band enthalten sind und im zweiten in verschiedener Hinsicht (Immigrationsländer, fachliche Ausrichtung, Professionalisierung) ausgewertet werden. Diese Biogramme sind, je nach Bedeutung des Porträtierten, unterschiedlich lang. In Einzelfällen – Victor Klemperer, Werner Krauss, Elise Richter, Leo Spitzer, Karl Vossler – handelt es sich um kleine Abhandlungen.
Beiträge zur Emigrationsforschung müssen sich an dem von Werner Röder und Herbert A. Strauss herausgegebenen „International Biographical Dictionary of Central-European Emigrés 1933-1945“ (1983) messen lassen. Aber während dieses Sammelwerk sich auf bio-bibliographische Daten beschränkt und die wissenschaftliche oder sonstige Bedeutung der einzelnen Emigranten nicht erfasst, leistet Maas dies – seine Porträts sind daher auch für Allgemein- wie Wissenschaftshistoriker von Interesse.
Als Befund ergibt sich, dass die deutsche Wissenschaft durch die Amtsenthebungen nicht wirklich „enthauptet” wurde, sondern im Rahmen der völkisch-rassistischen Gleichschaltung „weitermachte”. Für die Aufnahmeländer bedeutete der Zuzug deutschsprachiger Wissenschaftler einen Gewinn. Jüngere Emigranten fanden jedoch vielfach erst in der Emigration und durch die Emigration die Forschungsthemen, zu denen sie Herausragendes publizierten. Wenn man bedenkt, dass die USA 125 „Sprachforscher” aufnahmen, Großbritannien 57, um nur die wichtigsten Aufnahmeländer zu nennen, dann handelt es sich um eine bedeutende Integrationsleistung – diese Akademikertraten ja zu den einheimischen in Konkurrenz.
Utz Maas hat ein beeindruckendes Handbuch verfasst, das auch weniger bekannten verfolgten Forschern ein Denkmal setzt; über die Hälfte der hier aufgenommenen Namen sind in der erwähnten Dokumentation von Röder und Strauss nicht enthalten. Dieses Nachschlagewerk – das auch auf einer beigefügten CD-ROM sowie über den Server der Universitätsbibliothek Osnabrück abrufbar ist – ist ein gehaltvoller Beitrag zur Wissenschafts- und Wissenschaftlergeschichte im Nationalsozialismus. FRANK-RUTGER HAUSMANN
UTZ MAAS: Verfolgung und Auswanderung deutschsprachiger Sprachforscher 1933-1945. Band 1: Dokumentation. Bibliographische Daten A-Z. Band 2: Auswertungen: Verfolgung, Auswanderung, Fachgeschichte, Konsequenzen. Stauffenburg Verlag, Tübingen 2010. Zusammen 1210 Seiten, 125 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Voll des Lobes für das in bemerkenswerter Einzelleistung geschaffene Nachschlagewerk des Sprachwissenschaftlers Utz Maas, setzt uns Frank-Rutger Hausmann die Vorteile des Doppelbandes auseinander: 700 Sekundärtitel hat der Autor ausgewertet, Zeitzeugen befragt und Archive durchkämmt, um sagenhafte 310 Porträts verfolgter beziehungsweise emigrierter Sprachforscher von Benjamin über Vossler bis zu bisher nicht erfassten Persönlichkeiten zusammenzustellen. Dass diese sich nicht auf bio-bibliografisches Daten beschränken, sondern die wissenschaftliche Bedeutung der jeweiligen Person herausarbeiten, hält Hausmann für wichtig. Mit dem Befund, dass die deutsche Wissenschaft durch die Verfolgung nicht "enthauptet" wurde und die Verfolgten eine enorme Integrationsleistung im Exil vollbrachten, freut sich der Rezensent, können so auch Allgemeinhistoriker etwas anfangen.

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