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Mit dem Maler Franz Marc zieht dieses Buch in den Ersten Weltkrieg, der vor hundert Jahren Europa und die Welt ins Unheil stürzte. Der erste technisch-industrielle Krieg hinterließ Millionen Tote und war der schockierende Auftakt des 20. Jahrhunderts.
Franz Marc wurde Soldat: Aus dem "Blauen Reiter" wurde der Reiter in feldgrauer Uniform. Wie viele andere seiner Generation erhoffte sich Franz Marc vom Schlachtgeschehen einen "grausamen Durchgang" zu einer besseren Zukunft und einer neuen Gesellschaft. Doch die Bilder, die der Maler dann auf den Schlachtfeldern an der Westfront sehen musste, überstiegen alle seine Vorstellungen ...…mehr

Produktbeschreibung
Mit dem Maler Franz Marc zieht dieses Buch in den Ersten Weltkrieg, der vor hundert Jahren Europa und die Welt ins Unheil stürzte. Der erste technisch-industrielle Krieg hinterließ Millionen Tote und war der schockierende Auftakt des 20. Jahrhunderts.

Franz Marc wurde Soldat: Aus dem "Blauen Reiter" wurde der Reiter in feldgrauer Uniform. Wie viele andere seiner Generation erhoffte sich Franz Marc vom Schlachtgeschehen einen "grausamen Durchgang" zu einer besseren Zukunft und einer neuen Gesellschaft. Doch die Bilder, die der Maler dann auf den Schlachtfeldern an der Westfront sehen musste, überstiegen alle seine Vorstellungen ...
Autorenporträt
Reinhard Kleist, geboren 1970 in Hürth bei Köln, studierte Grafik und Design in Münster. Er lebt und arbeitet seit 1996 in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Comics, unter anderem bei den Verlagen Ehapa, Landpresse, Reprodukt, Edition 52 und Carlsen. Neben seinen Comicarbeiten schuf Reinhard Kleist Illustrationen für Bücher und Plattencover. Reinhard Kleist wurde für seine Comics bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter mit dem Max und Moritz-Preis für "Lovecraft" (Ehapa) und für "Cash - I see a darkness". Mit "Der Boxer" gewann er den Deutschen Jugendliteraturpreis. Vor der Biografie des jüdischen Boxers schuf Reinhard Kleist die Comic-Biografie "Castro" und brachte im Vorfeld dazu das Reisetagebuch "Havanna - eine kubanische Reise" heraus. Für "Der Traum von Olympia" erhielt er den Jahres-LUCHS 2015, den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2016 und den Gustav-Heinemann-Friedenspreis 2016. Seine jüngst erschienenen "Berliner Mythen" hat das Stadtmagazin zitty

vorab veröffentlicht. Zurzeit arbeitet Reinhard Kleist an einer Comic-Biographie über Nick Cave.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.06.2014

Sonderbar, diese Leinwand aus Militärzeltplanen!
Reinhard Osteroth begleitet den Maler Franz Marc in den Ersten Weltkrieg - Der Autor will zu viel und wagt zu wenig

"Meine Kunst kriegt hier zu fressen": Es war Max Beckmann, der diese Worte aus dem Felde schrieb. Aber auch andere Maler, die in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg sich und ihre Kunst aus den Konventionen gelöst hatten, waren von der Wucht der Ereignisse gebannt. "Ich bin eben ein Wirklichkeitsmensch", schrieb Otto Dix später, "deshalb ging ich in den Krieg." Und Franz Marc sah ihn als "Fegefeuer des alten, altgewordenen, sündigen Europas". Die in der Vorkriegszeit notierten programmatischen Sätze des Malers zeigen, dass Marc so oder so von einem großen Wandel träumte - und zwar durchaus in martialischem Ton: "In unserer Epoche des großen Kampfes um die neue Kunst streiten wir als ,Wilde', nicht Organisierte gegen eine alte, organisierte Macht. Die gefürchteten Waffen der ,Wilden' sind ihre Gedanken; sie töten besser als Stahl und brechen, was für unzerbrechlich galt."

Trügerische Hoffnungen in eine unabsehbare Katastrophe; ein für alle Nachkriegsgenerationen unerhörter Optimismus, der sich an den Erlebnissen des Leutnants Marc abnutzt; ein zunehmend zweifelnder Held, der den Krieg, von dem er sich etwas versprach, nicht einmal überlebt: Das ist eine attraktive literarische Konstellation, das sind starke Themen auch für ein erzählendes Jugendbuch.

Der Journalist und studierte Historiker Reinhard Osteroth hat sich daran versucht. Und verhoben. Sein Buch "1914. Ein Maler zieht in den Krieg" verliert sich einerseits zwischen geschichtlichen, militärstrategischen und biographischen Details, bleibt in seiner Darstellung des Künstlers andererseits hinter den erzählerischen Möglichkeiten zurück: Osteroth schreibt, abgesehen von einem auf die letzte Lebensstunde des Malers vorgreifenden Prolog, streng chronologisch. Und er zitiert hauptsächlich aus der Feldpost Marcs an seine Frau Maria, bleibt also auf biographisch gesichertem Terrain - um den Preis der Eindringlichkeit seiner Schilderungen.

So muss der jugendliche Leser einem Helden, dessen Bekanntheit man nicht zwingend voraussetzen sollte, vom Basteltisch, an dem er als Fünfzehnjähriger über einem Holzschnitt sitzt, über den Militärdienst und das Kunststudium, durch ein erstes Atelier in Schwabing und nach dem Umzug aufs Land folgen, bevor ein erstes Mal ausführlich von seinen Werken die Rede ist, von seiner so fruchtbaren Freundschaft mit Wassily Kandinsky, von der Künstlergruppe "Der Blaue Reiter", von der Empörung, aber auch der Begeisterung, die ihren revolutionären Arbeiten entgegenschlug. Und dann? Kommt ein Kapitel, dass sich mit dem Schlieffen-Plan befasst, jener Angriffsvariante, nach der Deutschland Frankreich nicht an der gemeinsamen Grenze, sondern über die Niederlande, Belgien und Luxemburg angreifen sollte. Erst danach wird der Leser ein erstes Mal tiefer in die Kunst, die Farbkraft, die Symbolik Marcs hineingeführt. Ohne auch nur ein einziges seiner Bilder gezeigt zu bekommen. Nicht einmal das für das Buch zentrale Gemälde "Tierschicksale", das Osteroth erst als Waldbrand, dann als Weltenbrand beschreibt und das Paul Klee, nachdem es bei einem Lagerbrand Anfang 1917 zu einem Drittel vernichtet worden war, nach seiner Rückkehr aus dem Krieg restaurierte. Stattdessen zieren gut zwanzig ganzseitige Bilder des Comic-Zeichners Reinhard Kleist das Buch: farbintensive, gut komponierte Arbeiten, denen doch mitunter das Gewicht fehlt - so bei der in Lilatönen gehaltenen Darstellung des Attentats von Sarajevo, in dem ein fliegender Sonnenschirm und ein eher verwundert als entsetzt wirkender Soldat der Szene etwas ungewollt Leichtes geben.

Reinhard Osterroth bleibt in seinen Schilderungen akribisch an den Quellen, in diesem Fall vor allem an den Notizen und Briefen von Franz Marc. Er hangelt sich von Zitat zu Zitat, und fast jede einzelne Ausschmückung eines Ortes oder einer Situation wird durch einen entsprechenden Fund validiert. Exakt dadurch wirkt die Geschichte unbeweglich und farblos, es fällt dem Leser schwer, den Personen wirklich nahe zu kommen.

Dabei muss es ja gar keinen Verrat an den Quellen bedeuten, wenn der Autor freier mit ihnen umgeht. Der literarische Kunstgriff, einen Beobachter am Rande des Geschehens dazu zu erfinden, der von den großen Gestalten erzählt, sich seine eigenen Gedanken macht und zu seinen eigenen Urteilen kommt, ist nicht vermessen, nicht einmal sonderlich kühn. Es wäre ein Leichtes gewesen, einen einfachen Soldaten darüber staunen zu lassen, dass sich Leutnant Marc im Februar 1916 in eine Scheune in Lothringen zurückzieht, um "mit ,sonderbaren Empfindungen'" auf Militärzeltplanen zu malen: Linien, Kurven, Kreise, bewegte Formen, "neun große ,Gemälde' im Stile seines Freundes Kandinsky" - die doch nur die Geschützstellungen tarnen und verhindern sollen, dass sie auf aus zweitausend Metern Höhe aufgenommenen Fotografien auszumachen gewesen wären.

Bei Osterath bleibt dieser Moment eine blasse Anekdote, ein ungehobener Schatz: Schließlich ist dies einer der letzten Momente, in denen Franz Marc überhaupt gemalt hat, ein Moment zudem, in dem sich nicht nur sein eigenes Schaffen mit dem Kandinskys kreuzt, sondern auch sein Soldat- mit seinem Künstlersein. Eine erzählende Randfigur hätte sich mit anderen darüber unterhalten oder selbst wagen können, den Leutnant darauf anzusprechen. Sie könnte, wenn das Buch auf die ideelle Konfrontation abzielen sollte, 1911 oder 1912 zufällig eine Ausstellung des Blauen Reiters gesehen haben und den Leutnant erst jetzt als den Künstler erkennen, der ihm damals aufgefallen war. Oder aus späterer Perspektive, nach dem Krieg, erzählen, vielleicht selbst als Kunststudent, der den Ideen des Malers und den Erfahrungen des Soldaten Marc nachgeht. Ein solches Buch müsste noch nicht einmal jenem Burschen die Stimme geben, in dessen Armen Franz Marc am 4. März 1916 verblutete, nachdem ihn in der Nähe Verduns Granatensplitter getroffen hatten - diese Perspektive wäre schon zu intim. Aber als Vertrauter dieses Burschen könnte der Erzähler doch einiges wiedergeben.

Für diese Art zu erzählen gibt es mit der "Deutschstunde" von Siegfried Lenz sogar ein prominentes Vorbild: Der Roman schildert ebenfalls die Kriegserfahrungen eines Malers. Gegen den nach Emil Nolde gezeichneten Maler Nansen wird 1943 ein Malverbot verhängt, das der örtliche Polizist überwachen soll. Dessen Sohn, ein Vertrauter des Künstlers, erzählt die Geschichte, die bei aller fragwürdigen Idealisierung der Figur und damit ihres Vorbilds (F.A.Z. vom 26. April) von der Strahlkraft Noldes lebt - obwohl oder gerade weil sich der Autor Freiheiten in der Darstellung nimmt.

Osteroth versagt sie sich. Und riskiert lieber, mit Sätzen wie "Im Oktober ist Marc guter Dinge, wenn man dem Brief an Maria glauben darf" seine Leser zu verlieren. Warum diese optionale Distanz selbst zu den Zeugnissen, auf die er sich bezieht? Wie viel bewegender wäre es doch, zu lesen, wie ein Erzähler an den Beschwichtigungen des Briefeschreibers zweifelt. Nachdem er Marcs Klage über den Leichengeruch hinter der Front und gleich darauf dessen Satz zitiert hat, er fühle sich so wohl, "wie wenn ich immer Soldat gewesen wäre", fragt Osteroth rhetorisch: "Steckte er die Eindrücke wirklich so weg, wie er bekundet? Oder sind solche Sätze Ausdruck einer Schutzreaktion? Hält er sich damit den Schrecken vom Leibe?" Wer statt Figuren zu konturieren die Deutungsverantwortung abgibt, hält sich zumindest seine jungen Leser vom Leibe.

FRIDTJOF KÜCHEMANN

Reinhard Osteroth: "1914. Ein Maler zieht in den Krieg".

Mit Bildern von Reinhard Kleist. Aladin Verlag, Hamburg 2014. 112 S., geb., 19,90 [Euro]. Ab 12 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Die Biografie über die letzten Jahre des expressionistischen Malers und obsessiven Farbforschers Franz Marc findet Benedikt Erenz "fabelhaft". Dem Rezensenten gefällt gut, wie Reinhard Osteroth die anfängliche Kriegsbegeisterung des Künstlers in den Blick nimmt und nachzeichnet, wie an der Front "aus dem Blauen ein 'grauer Reiter' wird". Beeindruckt ist Erenz von der für seinen Geschmack gekonnten Verquickung aus individueller Lebens- und deutscher Zeitgeschichte. Sowohl für jugendliche als auch für erwachsene Leser eigne sich diese Graphic Novel, von den Zeichnungen Reinhard Kleists werde sie "markant und kraftvoll illuminiert".

© Perlentaucher Medien GmbH