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Mit Ranunkeln und Wiesenklee besucht Marie das Grab ihrer Großmutter. Dort liegt mehr begraben als die streitbare Apollonia: Liebe, Hass, Armut, Krieg und der wilde Westerwald. Je mehr Marie in die Welt ihrer Großmutter eintaucht, umso deutlicher kehrt auch die Erinnerung an ihre eigene Jugend zurück.
Mit unbändiger Fabulierlust, kraftvoll und atmosphärisch dicht erzählt Annegret Held die Geschichte ihrer Großmutter, die zugleich auch die Geschichte eines ganzen Dorfes im vergangenen Jahrhundert ist.

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Produktbeschreibung
Mit Ranunkeln und Wiesenklee besucht Marie das Grab ihrer Großmutter. Dort liegt mehr begraben als die streitbare Apollonia: Liebe, Hass, Armut, Krieg und der wilde Westerwald. Je mehr Marie in die Welt ihrer Großmutter eintaucht, umso deutlicher kehrt auch die Erinnerung an ihre eigene Jugend zurück.

Mit unbändiger Fabulierlust, kraftvoll und atmosphärisch dicht erzählt Annegret Held die Geschichte ihrer Großmutter, die zugleich auch die Geschichte eines ganzen Dorfes im vergangenen Jahrhundert ist.
Autorenporträt
Annegret Held, geb. 1962 in Pottum im Westerwald, besuchte die Polizeischule in Wiesbaden. Darauf folgten drei Jahre Streifendienst in Darmstadt. Sie studierte Ethnologie und Kunstgeschichte in Heidelberg. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin mit ihrer Tochter in Frankfurt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Christoph Schröder blickt mit Hochachtung auf das Mammutprojekt, das Annegret Held mit "Apollonia" begonnen hat. Sie will die Geschichte des fiktiven Ortes Scholmerbach in einer Trilogie bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Im vorliegenden ersten Band geht es auf verschiedenen Zeitebenen um die Geschichte der Erzählerin Marie und ihrer Großmutter Apollonia, die durch eine unglückliche Liebe ihr Leben verscherzt sah. Schröder kann sich allerdings nicht so recht entschieden, ob ihm der naive Grundton gefällt, der dem Roman zwar eine Leichtigkeit gebe, aber historischen Ereignissen, etwa der Zeit des Nationalsozialismus, eine unangenehm "putzige" Note verleihe.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.03.2013

Das Leben?
Ein Scheißdreck!
Annegret Held rekonstruiert
eine Dorfgeschichte
Wie weit ist es bis nach Langdehrenbach? Bis Wällershofen, Wennerode oder Ellingen? Rein geografisch bestimmt nicht weit; psychologisch betrachtet, war es allerdings in den dörflichen Maßstäben des frühen 20. Jahrhunderts eine Ungeheuerlichkeit, wenn die Männer von Langdehrenbach nach Scholmerbach kamen, um die schöne, unnahbare Apollonia und deren Schwestern zu freien. Sie kamen zudem vergeblich. Denn Apollonia, Tochter des arbeitsamen Gustav Dapprecht, blieb an Klemens Heinzmann hängen, dem Simpel und Schluri des Westerwalddorfes. Klemens: der mit dem Kopf in den Wolken, ohne Verantwortungsgefühl, aber mit einer schönen Singstimme und einer verhängnisvollen Neigung zum Schnaps.
  Annegret Held, 1962 in Pottum im Westerwald geboren, hat mit ihrem Roman „Apollonia“, der den Untertitel „Der Zimmerplatz“ trägt, ein Lebensprojekt begonnen: „Apollonia“ ist der erste Teil einer Trilogie, die nach und nach die Geschichte des (fiktiven) Ortes Scholmerbach und seiner Bewohner bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen will. Damit nähert sie sich Landschafts-Erzählprojekten der deutschsprachigen Gegenwart von Arnold Stadler über Andreas Maier bis hin zu Peter Kurzeck an, die es darauf anlegen, so Kurzeck in seinem „Vorabend“-Roman, „die ganze Gegend, die ganze Welt“ einzufangen.
  Annegret Held allerdings relativiert die Ambition ihres Projekts allein schon durch die freiwillige Beschränkung der Perspektive. Der Roman spielt sich auf drei Zeitebenen ab: Die erste ist die Gegenwart, in der die mittlerweile erwachsene Ich-Erzählerin Marie durch Scholmerbach streift, an Apollonias Grab Blumen niederlegt und die für die ästhetische Konstruktion des Romans nicht unwesentliche Selbstbeobachtung macht, dass auch ihre Sprache zurückfällt, sobald sie durch die Straßen der alten Heimat geht.
  Die zweite Ebene ist die der 16-jährigen Marie im Jahr 1977, die mit den Eltern und der bettlägerigen, kranken Apollonia in ihrem Scholmerbacher Geburtshaus lebt und in ihrem Notizbuch – auf der dritten Zeitebene – die Lebensgeschichte der Großmutter aus deren Erinnerungen und ihrer eigenen Imagination heraus niederschreibt. Diese nur scheinbar komplizierte Anordnung verschafft dem Roman eine nahezu uneingeschränkte Variabilität. Annegret Held kann vom Dorf erzählen, als sei es die Welt (allein schon die wunderbaren Kneipenszenen!), weil genau das im Horizont der Figuren der Fall ist. Sie weiß nicht mehr als ihre Charaktere, sie gibt nicht vor, klüger zu sein als sie, und behandelt sie sympathischerweise auch nicht von oben herab. Der Begriff des Dorfdepps kommt in einem solchen Bewusstsein nicht vor. Auf diese Weise dringt Held mit Leichtigkeit in die Tiefenschichten der Menschen vor. Sie beherrscht einen federnden, von Assoziationen getriebenen und doch leitmotivisch choreografierten Ton, der in seinen besten Momenten an Arnold Stadler erinnert. Allerdings geht Annegret Held dessen geradezu diabolische sexuelle Abgründigkeit gänzlich ab.
  „Apollonia“ verschreibt sich einem konsequent durchgehaltenen, radikal naiven Grundton. Der funktioniert prächtig, wenn er dazu dient, Biografien in ihrem hin und wieder grotesken Misslingen anschaulich zu machen: Apollonia ist eine tragische Heldin; eine starke Frau, der früh beigebracht wurde, dass Lachen lächerlich sei. Eine Frau, die an den Falschen geraten ist und die, gefragt, was ihr Leben gewesen sei, rückblickend immer nur eine Antwort geben konnte: „Ein Scheißdreck.“
  Held fängt die Atmosphäre des Dorfes in den unterschiedlichen Epochen ein; die Pubertät der 16-jährigen Marie ist geprägt von ihrer Verliebtheit in den amerikanischen Soldaten Jim, von Discobesuchen, jeder Menge Alkohol, Knutschereien und von den langen, dunklen Sommernächten, über denen der „Bloiteduft“, der Duft der Blüten, hängt – zeitlos und generationenübergreifend. Das Problem der Grundnaivität, wie Held sie praktiziert, kommt ansatzweise zum Vorschein, als der Nationalsozialismus sich auch in Scholmerbach breitmacht. Auch dann, wenn Menschen abtransportiert, jüdische Händler misshandelt werden und die gewachsene Struktur des Ortes erschüttert wird, hält die Erzählerin den unbedarften Blickwinkel konsequent durch. Das ist eine gewagte Gratwanderung, die nicht immer gelingt. Zuweilen löst sich das historische Material im rein Anekdotischen auf und erhält den etwas unangemessenen Anflug von Putzigkeit.
  Das Dorf ist die Welt und umgekehrt. Das gilt im Übrigen auch für das Jahr 1977, von dessen politischen Erschütterungen im Roman keine Rede ist. Den Nukleus des Romans bildet das Paar, Apollonia und Klemens. Um sie kreist Marie, ihnen gilt ihre Neugier und auch ihre Zuneigung. Und daraus zieht Annegret Held, nicht trotz, sondern wegen der freiwilligen Verengung der Perspektive, einen erstaunlichen Erkenntnisgewinn. „Apollonia“ ist der Beginn einer mentalen und historischen Landschaftsarchäologie, eine Heimatkunde, der nichts Provinzielles anhaftet.
CHRISTOPH SCHRÖDER
Annegret Held: Apollonia. Der Zimmerplatz. Roman. Eichborn Verlag, Köln 2012. 380 Seiten, 19,99 Euro.
Das Erzählprojekt versucht sich
an einer mentalen Archäologie
im Grundton der Naivität
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