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Die Hochzeit der deutschen Volksparteien war sicher zugleich die beste Zeit für die deutsche Gesellschaft im 20. Jahrhundert. Die Volkspartei, ein Produkt von historischen Lernprozessen und Ergebnis sozialer Veränderungen, integrierte unterschiedliche Schichten, Generationen, Kulturen - und sie pazifizierte den zuvor oft antagonistisch ausgetragenen Konflikt. Doch die Zeit der Volkspartei scheint sich dem Ende zuzuneigen: Ihre Fähigkeit zur gesellschaftlichen und politischen Integration schwindet, ihre Vermittlungsleistung zwischen Staat und Bürger mindert sich drastisch. Der Typus »Partei«…mehr

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Produktbeschreibung
Die Hochzeit der deutschen Volksparteien war sicher zugleich die beste Zeit für die deutsche Gesellschaft im 20. Jahrhundert. Die Volkspartei, ein Produkt von historischen Lernprozessen und Ergebnis sozialer Veränderungen, integrierte unterschiedliche Schichten, Generationen, Kulturen - und sie pazifizierte den zuvor oft antagonistisch ausgetragenen Konflikt. Doch die Zeit der Volkspartei scheint sich dem Ende zuzuneigen: Ihre Fähigkeit zur gesellschaftlichen und politischen Integration schwindet, ihre Vermittlungsleistung zwischen Staat und Bürger mindert sich drastisch. Der Typus »Partei« schlechthin verliert massiv an Zuspruch, wird zunehmend weniger als Medium der Teilhabe genutzt.Franz Walter beschreibt und analysiert den Auf- und Abstieg der Großparteien in Deutschland. Und er fragt nach Alternativen. Kann die Zivil- oder Bürgergesellschaft ersetzen, was den Parteien an Repräsentanz nicht mehr gelingt? Der bekannte Göttinger Parteienforscher schlägt einen weiten historischen Bogen, um in einem farbigen wissenschaftlichen Essay ein zentrales Problem der deutschen Politik zu diskutieren.
Autorenporträt
Walter, FranzFranz Walter (Prof. Dr. i.R.), geb. 1956, war von 2010-2017 Leiter des Instituts für Demokratieforschung in Göttingen. Seine Forschungsschwerpunkte sind Parteien und politische Kulturforschung. Er publiziert vor allem zur Geschichte und Entwicklung der deutschen Parteien, u.a. regelmäßig auf SPIEGEL ONLINE.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.02.2010

Ein einig Volk von Kunden
Franz Walter sieht schwarz für die Zukunft der Parteiendemokratie
Es gibt Parteienforscher in Deutschland, die Minuten nach Schließung der Wahllokale eloquent erklären können, warum alles so gekommen ist und wohin die politische Reise gehen wird. Nicht so Franz Walter. Der Göttinger Politologe publiziert zwar sehr viel (demnächst erscheint wieder ein Buch von ihm), nimmt sich allerdings für seine Überlegungen (etwas) Zeit und formuliert erst auf historisch abgesicherter Grundlage seine – oft erfrischend ungewöhnlichen – Analysen.
Jetzt hat er sich mit den längerfristigen Hintergründen des Niedergangs der Volksparteien beschäftigt. Das Buch ist essayistisch und verständlich geschrieben. Doch der schnelle Leser sollte sich vorsehen: Die Pointen erschließen sich nur beim genauen Lesen.
Politik im Sonderangebot
Im Grunde dreht sich das Buch um den zentralen Gedanken des Verfassungsrechtlers Ernst-Wolfgang Böckenförde, wonach der freiheitlich-säkulare (Parteien-) Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht garantieren kann. Zusammenhalt und Stabilität des Gemeinwesens beruhen vielmehr auf außerpolitischen Prämissen (wie moralischen Haltungen oder solidarischen Einstellungen), die sich politisch nicht produzieren lassen.
Genau da setzt Walter ein. Er fragt nach Gründen für die lange Zeit der Stabilität und findet sie in der dem Politischen vorgelagerten Basis, in den „sozial-moralischen Milieus”: Hier bilden sich gruppenspezifische Werthaltungen, werden gemeinschaftliche Erfahrungen gemacht und soziale Deutungsmuster lebensweltlich verankert. Diese Überlegungen stehen in der Tradition der Göttinger Parteienforschung, auf die sich Walter auch bezieht. Seit mehr als einer Dekade aber sei es zur „Entbindung” der Volksparteien von ihren Stamm-Milieus gekommen, teils aufgrund zunehmender Distanz, vornehmlich aber, weil diese Milieus kaum noch existent sind.
Allerdings, und das ist der Punkt, schreibt Walter weiterhin von Milieus – bloß handelt es sich jetzt um „sozio-kulturelle”. Entwickelt wurde dieser Segmentierungsansatz vom Heidelberger Sinus-Institut für Marktforschung, unter anderem zur Abgrenzung von Konsumenten-Zielgruppen (im seinem Buch „Baustelle Deutschland” von 2008 geht Walter ausführlich darauf ein).
Während der Parteienstaat früher stabil war, weil er auf dem intensiven Austausch zwischen den Volksparteien und ihren sozio-moralischen Trägergruppen basierte (zwischen der Union und katholischen Milieus, zwischen der SPD und Gewerkschaftsmilieus), entspricht nun die Beziehung der Volksparteien zu bestimmten sozio-kulturellen Milieus einem marketingstrategischen Zielgruppen-Verständnis, bei dem die Staatsbürger zu Kunden-Bürgern mutieren. Das Problem ist: „Der Bürger als Kunde muss sich nicht mehr aufgefordert fühlen, aktiv und selbstverantwortlich an den öffentlichen Angelegenheiten mitzuwirken. Er schaut sich lediglich in den Regalen des politischen Angebots um, wählt aus, was seine Konsumbedürfnisse rasch und preiswert befriedigt.”
Wenn aber aus der lebhaften, authentischen Kommunikation eine kalte Angebot-Nachfrage-Struktur geworden ist, wird es schwierig, notwendige Veränderungen zu vermitteln. Walter untersucht daher die historischen Bedingungen für erfolgreiche soziale Veränderungen: Nein, par-ordre-de-basta lässt sich kein Verständnis für Reformen oktroyieren. Nein, die allgegenwärtige Zauberformel „Bildung” wird nicht die Einsicht in die Notwendigkeit harter Einschnitte erzeugen, zumal gerade das Drittel, das in puncto Bildung zulegen müsste, meist negative Erfahrungen in diesem Bereich gemacht hat. Und nein, auch die vielbeschworene Zivilgesellschaft wird die verwaiste „Schnittstelle zwischen Partei und Sozialstruktur” nicht ausfüllen können, da sich hier nur die perfekt vernetzten, gut Gebildeten behaupten.
Dann lieber kungeln
Was aber dann? Walter fürchtet, dass die zunehmende Zahl von Kompromissen auf kleinstem Nenner den Steuerungsraum der Politik minimieren wird, worauf diese mit Intransparenz und informellen Absprachen reagiert, um das „Geschäft des management of complexity hinzubekommen”. Das wiederum könnte einen Hang zum autoritären Habitus steigern. Ein alternatives Integrationsmodell und einen Ersatz für die fehlenden sozio-moralischen Grundlagen sieht er allerdings nicht: „Wir werden weiter suchen müssen.” RAINER KÜHN
FRANZ WALTER: Im Herbst der Volksparteien? Eine kleine Geschichte von Aufstieg und Rückgang politischer Massenintegration. Transcript Verlag, Bielefeld 2009. 132 Seiten, 14,80 Euro.
Der Autor ist freier Journalist.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Das neue Buch "Im Herbst der Volksparteien?" des Göttinger Politologen Franz Walter empfiehlt Rainer Kühn vor allem Freunden der intensiven Textlektüre. Die historisch fundierten Analysen des Autors, die sich mit den Hintergründen des Niedergang der Volksparteien beschäftigen, findet der Rezensent "erfrischend" und "verständlich geschrieben", die Pointen erschließen sich aber nur bei genauem Lesen. Als Grund für den Untergang der Volksparteien sieht Walter das Schwinden des "Stamm-Milieus", wie Kühn berichtet. Das frühere "sozio-moralische Milieu" habe sich in ein "sozio-kulturelles Milieu" verwandelt, dessen Verhältnis zu den Volksparteien "einem marketingsstrategischen Ziegruppen-Verständnis" entspricht, bei dem die "Staatsbürger zu Kunden-Bürgern mutieren", so der Rezensent. Trotz der intensiven Untersuchung der historischen Bedingungen für soziale Veränderungen, sieht der Politologe noch keine Alternative, die fehlenden sozio-moralischen Grundlagen wie gemeinschaftliche Werthaltung und soziale Lebensumwelt zu ersetzen, wie Kühn feststellt.

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»Essayistisch und verständlich geschrieben. Doch der schnelle Leser sollte sich vorsehen: Die Pointen erschließen sich nur beim genauen Lesen.« Rainer Kühn, Süddeutsche Zeitung, 22.02.2010 »Die Zusammenhänge werden pointiert auf den Punkt gebracht. Das Werk besticht durch intellektuelle Schärfe, geistreichen Esprit und ist gepaart mit detaillierten Fachinformationen aus der empirischen Arbeit des Autors.« Ralf Jeremias, Neue Politische Literatur, 55 (2010) »Wie alle guten Bücher vermag auch 'Im Herbst der Volksparteien' eines anzuregen: das Selber- und Weiterdenken.« Rainer Kühn, Deutschlandfunk, 06.04.2009 »Franz Walter beschreibt und analysiert den Auf- und Abstieg der Großparteien in Deutschland. Und er fragt nach Alternativen. Kann die Zivil- oder Bürgergesellschaft ersetzen, was den Parteien an Repräsentanz nicht mehr gelingt? Der bekannte Göttinger Parteienforscher schlägt einen weiten historischen Bogen, um in einem farbigen wissenschaftlichen Essay ein zentrales Problem der deutschen Politik zu diskutieren.« Daniel Haufler, Süddeutsche Zeitung/NDR-Liste »Sachbücher des Monats«, 3 (2009) »Insgesamt ist Franz Walter mit 'Im Herbst der Volksparteien?' ein sehr lesenswertes Buch zum 'Aufstieg und Rückgang politischer Massenintegration' gelungen.« Volker Best, H-Soz-u-Kult, 03.11.2009 Besprochen in: Cicero, 6 (2009), Jürgen Busche www.forumgelb.de, 23.07.2009 Literaturen, 9 (2009), Kurt Darsow Mindener Tageblatt, 11.09.2009, Michael Rösener Berliner Zeitung, 14.09.2009, Lutz Lichtenberger Das Parlament, Nr. 39/40, 21./28.09.2009, Christoph Birnbaum HAZ, 08.12.2009, Karl-Ludwig Baader Forschungsjournal NSB, 23/1 (2010), Thymian Bussemer…mehr