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»Als ich ein Kind war, wohnten wir ganz nahe an der alten Grenze zwischen Deutschland und Deutschland. Mein Bruder und ich hatten einen Lieblingsplatz, gar nicht weit entfernt von zu Hause. Das war der Generalsblick « Geteiltes Deutschland, Berliner Mauer, Montagsdemos, Wende und Wiedervereinigung: All dies ist Geschichte. Warum können wir das Ende der deutschen Teilung und den gemeinsamen Neubeginn feiern? Was war das überhaupt für ein Land, die DDR? Dieser Sachcomic macht ein Stück deutscher Geschichte wieder lebendig. Claire Lenkova, in Sachsen und Bayern aufgewachsen, erinnert sich, wie es…mehr

Produktbeschreibung
»Als ich ein Kind war, wohnten wir ganz nahe an der alten Grenze zwischen Deutschland und Deutschland. Mein Bruder und ich hatten einen Lieblingsplatz, gar nicht weit entfernt von zu Hause. Das war der Generalsblick «
Geteiltes Deutschland, Berliner Mauer, Montagsdemos, Wende und Wiedervereinigung: All dies ist Geschichte. Warum können wir das Ende der deutschen Teilung und den gemeinsamen Neubeginn feiern? Was war das überhaupt für ein Land, die DDR?
Dieser Sachcomic macht ein Stück deutscher Geschichte wieder lebendig. Claire Lenkova, in Sachsen und Bayern aufgewachsen, erinnert sich, wie es war als Kind in der DDR - eine sehr persönliche Geschichte, in der sie auf Augenhöhe mit den jungen Lesern mit lakonischem Witz und genauer Beobachtungsgabe erzählt, warum es zur Teilung kam, wie es war, das Leben in der DDR, und wie ganz langsam die Grenzen zwischen Ost und West überwunden wurden. Diese »erlebte Geschichte«, eine klassische Graphic Novel, wird durch grafisch hervorgehobene Sachinformationen ergänzt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.10.2009

Schnäppchenjäger, Stasi-Spitzel

Zwanzig Jahre nach dem Fall der Mauer ist das einst geteilte Deutschland auch das Thema einiger Jugendbücher. Dass es nicht leicht ist, sich dieser Vergangeheit zu stellen, wird in jedem der Bücher deutlich. Und auch, dass es sehr viele Wege dorthin gibt.

Zum Mauerfall-Jubiläum ist auch eine ganze Reihe von Kinder- und Jugendbüchern erschienen. Wie erklären sie das Gestern, und wozu dient ihnen diese Deutung im Hier und Jetzt? Denn mit der Historie kann man, wie sich schon Nietzsche erboste, einerseits vortrefflich das Geschehene als das faktisch Gegebene legitimieren, andererseits mit ihr nach Aufklärung über sich selbst forschen. Welchen Blick zurück werfen die Neuerscheinungen auf die Wende und den sozialistischen Alltag?

Claire Lenkovas großartiger Comic "Grenzgebiete" berichtet von den unschönen Seiten des DDR-Alltags. Die Geschichte von der eigentlich ganz normalen Familie, die dann Ende der achtziger Jahren in den Westen ging, fungiert als abschreckendes Beispiel für jegliche aufkeimende Ostalgie. Sie blendet in das öffentliche Gedächtnis die fehlenden Stimmen von ausgereisten Dissidenten ein: Wie erlebten sie die DDR und die Wende? Wer sich wie die religiös engagierten Eltern der kindlichen Helden nicht staatsfromm verhielt, wurde, so führt es das Buch vor, ausgegrenzt; Karriere, private Bindungen und Familienglück wurden unbarmherzig zerstört. Die heute gern erinnerte Unterstützung durch das sozialistische Kollektiv hatte eben auch ihre hässlichen Seiten: Unter Freunden und Nachbarn befanden sich Stasi-Informanten; als die Familie in die Bundesrepublik ausreiste, bereicherten sich andere habgierig an deren Besitz.

Lenkova spart aber auch nicht mit Kritik, wenn es um das neue Leben im Westen geht. Selbst die Wende bringt keine Besserung: Schnäppchenjäger, Stasi-Spitzel und Handlager der Diktatur holen sie wieder ein.

Im Stil eines Fotoalbums friert Lenkova schlaglichtartig Licht- und Schattenseiten im Leben der Familie ein. Die bildlichen Erinnerungsbruchstücke werden zum besseren Verständnis mit Informationen zu Politik und Gesellschaft ergänzt. Durch gekippte Bildachsen, extreme Auf- und Untersichten oder Detailaufnahmen verfremdet sie den Alltag, vermittelt Angst, Einsamkeit und Ohnmacht. Lenkova findet eine expressive Bildsprache für die Schwierigkeit, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Ort der Rückschau ist symbolträchtig das ehemalige Grenzgebiet zwischen Ost und West. In der Form zweier Leporelloalben sind vor dem Leser Fundstücke prähistorischer Versteinerungen aufgefaltet und assoziativ mit der Geschichte des wiedervereinigten Landes verwoben. Eine einst lebendige Debatte über die Vergangenheit und die Zukunft des Landes ist völlig erstarrt: Man muss sich ins Niemandsland begeben, um sedimentierte Erinnerung freizusetzen.

Das Thema der Heimatlosigkeit greift auch Petra Kasch in ihrem Roman "Bye-bye, Berlin" auf, dessen Handlung im Jahr 1995 spielt. Die dreizehnjährige Nadja bleibt bei ihrem Vater, als dieser die Chance ausschlägt, zusammen mit seiner Frau ein neues berufliches Umfeld in Hamburg zu finden. Zu DDR-Zeiten noch ein hochgeschätzter Fotograf, stößt er mit einer wendekritischen Ausstellung auf keinen Widerhall; künstlerisch ausgebrannt, greift er zur Flasche. Kasch beschreibt einfühlsam, aber auch sehr beklemmend, wie Nadja und ihr Vater damit überfordert sind, die Folgen der Wende zu verarbeiten. Die emotionale Erstarrung des Vaters löst sich erst, als Nadja für ihn eine öffentliche Ausstellung zusammenstellt, er wieder Interesse und Anerkennung seiner Erinnerungen und Empfindungen erfährt. Am Ende werden Vater und Tochter nach Hamburg ziehen, wo er mit einer neuen Kamera fotografieren wird. Ein Wermutstropfen für den Leser ist der symbolisch grobgestrickte Romanschluss, der die Schuld an der Misere den kapitalistischen Verhältnissen zuschiebt.

Auch die in Berlin lebende amerikanische Autorin Holly-Jane Rahlens erzählt in "Mauerblümchen" eine ungewöhnliche Geschichte über Heimatlosigkeit und die Wende. Sie wählt ein klassisches, wenn auch triviales Handlungsmuster: Ein jugendliches Liebespaar aus West und Ost liegt sich nach Irrungen und Wirrungen endlich in den Armen, und das will uns sagen: Die Wiedervereinigung wird noch ins Lot kommen (wir befinden uns in den unmittelbaren Wendewirren des Jahres 1989). Rahlens' Liebesgeschichte überzeugt mit ihrem leichtfüßigen, manchmal witzigen Ton; sie schafft mit ihrer Ich-Erzählerin, der jüdischen Amerikanerin Molly, eine Figur, die als Fremde noch ganz unverstellt die Kuriositäten und Härten des sozialistischen Alltags beobachten kann, und sie vermittelt dem Leser davon sinnlich-intensive Eindrücke.

Nachdem Molly schon beschlossen hat, nach New York zurückzukehren, weil sie im Westteil Berlins überhaupt keinen Anschluss findet - es ergeht ihr als "Mauerblümchen" im Westen wie Lenkovas Figuren -, kommt alles anders. Auf der Fahrt zum Geburtshaus ihrer verstorbenen Mutter in Ost-Berlin lernt sie Mick, einen jungen Ostdeutschen, kennen, der ihre stereotype Wahrnehmung von Menschen aus der DDR doch sehr in Frage stellt. Sie verliebt sich in ihn - und es sieht fast so aus, als wäre es von Dauer.

HEIDI STROBEL.

Claire Lenkova: "Grenzgebiete". Eine Kindheit zwischen Ost und West. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2009. 47 S., geb., 14,90 [Euro]. Ab 10 J.

Petra Kasch: "Bye-bye, Berlin". Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2009. 252 S., geb., 12,95 [Euro]. Ab 12 J.

Holly-Jane Rahlens: "Mauerblümchen". Rowohlt Verlag, Reinbek 2009. 160 S., br., 12,95 [Euro]. Ab 13 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.11.2009

Geh doch nach drüben!
Graphische Erzählungen über Erinnerungen an das geteilte Land
Wie kein anderes ist das unscheinbare Wort „drüben” geeignet, etwas über das schwierige Verhältnis auszusagen, in dem die beiden deutschen Staaten zueinander standen. „Geh doch nach drüben!” – das war bis in die Achtziger die hilflos-aggressive Floskel, mit der Ältere die Kritik von Jüngeren an politischen und sozialen Missständen in der BRD abzuwehren versuchten. Und das „Drüben” der DDR-Bürger war ein paradoxes Ineinander von verheißungsvoller Nähe und unendlicher Ferne. Wer sich, trotz aller damit verbundenen Gefahren und Pressionen, eines Tages entschloss, zum Klassenfeind „abzuhauen” oder „rüberzumachen”, der wechselte nicht nur über eine Grenze, sondern in eine andere Welt.
So passt es durchaus, dass das Album „Da war mal was …” von Flix im Untertitel „Erinnerungen an hier und drüben” heißt. Insgesamt 25 Leute hat der Comic-Zeichner befragt, 16 von ihnen sind unter Honecker aufgewachsen, neun unter Schmidt und Kohl. Es geht darum, was Kinder und Jugendliche von der deutschen Teilung mitbekamen, und entsprechend überwiegt bei diesen auf jeweils drei Seiten geschilderten Erlebnissen und Phantasien das Kurios-Anekdotische. Gelegentlich werden aber auch die brutalen und unheimlichen Seiten der SED-Diktatur offenbar, etwa wenn zwei kleine Jungen auf offener Straße von einem ihnen unbekannten Mann, offenbar einem IM, dafür gelobt werden, wie schön sie Agent spielen. In graphischer Hinsicht bietet „Da war mal was …” vor allem in der zweiten Hälfte einige hübsche Einfälle: Panels sind wie die Karten eines Memory-Spieles gestaltet, und eine Aufklappseite zeigt den Checkpoint Charlie in seiner ganzen Schauerlichkeit.
In „Grenzgebiete” von Claire Lenkova rekapituliert eine Halbwüchsige, die in Bayern lebt, dem kleinen Bruder die Vergangenheit ihrer Familie im realen Sozialismus. Die autobiographischen Wurzeln sind offenkundig; zugleich handelt es sich aber um einen Sachcomic, der das zeitgeschichtliche Interesse junger Leser wecken will. Dieser doppelte Ansatz dürfte pädagogischen Überlegungen geschuldet sein; sehr glücklich ist er aber nicht. Der Wille, alles DDR-Relevante – vom Trabant über das Plumpsklo bis zur Stasi – wenigstens kurz zu erwähnen, mindert mit der Stringenz des Erzählten dessen Kraft, den Leser zu fesseln. Auch wäre es besser gewesen, die schulbuchartigen Blocktexte, die zusätzliche Informationen zu den angeschnittenen Themen enthalten, in einem Anhang unterzubringen. Am Fuße der Seiten, wo sie nun stehen, stören sie empfindlich deren guten visuellen Gesamteindruck.
Stark ist dagegen das in Schwarz-Weiß gehaltene Graphic-Novel-Debüt des 27-jährigen Simon Schwartz. In „Drüben!” wechseln sich zwei Handlungsstränge ab: einerseits die Kindheitseindrücke des Ich-Erzählers in West-Berlin und der DDR, andererseits die Geschichte seiner Eltern, deren immer heftigere politische Erstickungsanfälle schließlich zu einem Ausreiseantrag in die BRD führen.
Das zentrale Motiv des Bandes ist das Überschreiten von Grenzen – in wörtlicher wie in übertragener Hinsicht. Einmal zeigt Schwartz, wie sich sein Vater für den Besuch bei den linientreuen Eltern herrichtet: Der Dreitagebart wird entfernt, die wuscheligen Haare werden gekämmt, bieder-seriöse Klamotten angelegt. Dann sitzt er in der Plattenbauwohnung und erntet auf seine Fragen zur Ausbürgerung Wolf Biermanns vielsagende Blicke, erbittertes Schweigen. Das ist nur eine kleine Szene. Eines aber macht sie schlagend deutlich: die langsame Erosion einer Unrechtsordnung, die, als sie schließlich nicht mehr von außen gestützt wurde, sofort zusammenbrach.
CHRISTOPH HAAS
FLIX: Da war mal was . . . Erinnerungen an hier und drüben. Carlsen Verlag, Hamburg 2009. 96 Seiten, 14,90 Euro.
CLAIRE LENKOVA: Grenzgebiete. Eine Kindheit zwischen West und Ost. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2009. 48 Seiten, 14,90 Euro.
SIMON SCHWARTZ: Drüben! Avant-Verlag, Berlin 2009. 111 Seiten, 14,95 Euro.
Unterwegs nach „drüben”, am Grenzübergang zur DDR auf dem Weg zu den Großeltern Abb.: Avant-Verlag
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eindrücklich führt dieser Comic vor Augen, so die Rezensentin Heidi Strobel, wie erdrückend es war, in der DDR zu leben, wenn man die Ideologie des Staates nicht teilte. Vorgeführt werde dies an einer ganz normalen Familie. Den brutalen Druck des sozialen Kollektivs, Stasi-Spitzel natürlich inklusive, erfahren die Eltern der kindlichen Helden. Ende der Achtziger gehen sie in den Westen, der sich dann allerdings ebenfalls als problematisch genug erweist. Stilistisch an ein "Familienalbum" angelehnt, erzählt Claire Lenkova diese Geschichte, verstehe es dabei aber, lobt die davon sehr angetane Rezensentin, neben dem Alltag auch "Angst, Einsamkeit und Ohnmacht" zu vermitteln.

© Perlentaucher Medien GmbH