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Als im 19. Jahrhundert die Ausgrabungen des versunkenen Pompeji wissenschaftlichen Charakter annahmen, waren auch die Brüder Fausto und Felice Niccolini zur Stelle: Mit der gerade erst aufkommenden Farblithografie dokumentierten sie in über 400 Tafeln die Ruinen von Pompeji, die Gebäude, Fresken und Statuen, aber auch ganz gewöhnliche Alltagsgegenstände, die in nur 24 Stunden vom katastrophalen Ausbruch des Vesuvs begraben und über 1.600 Jahre lang unter einem Aschemantel konserviert worden war.
Fausto und Felice Niccolini hatten sich zum Ziel gesetzt, erstmals umfassend alle Aspekte des
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Produktbeschreibung
Als im 19. Jahrhundert die Ausgrabungen des versunkenen Pompeji wissenschaftlichen Charakter annahmen, waren auch die Brüder Fausto und Felice Niccolini zur Stelle: Mit der gerade erst aufkommenden Farblithografie dokumentierten sie in über 400 Tafeln die Ruinen von Pompeji, die Gebäude, Fresken und Statuen, aber auch ganz gewöhnliche Alltagsgegenstände, die in nur 24 Stunden vom katastrophalen Ausbruch des Vesuvs begraben und über 1.600 Jahre lang unter einem Aschemantel konserviert worden war.

Fausto und Felice Niccolini hatten sich zum Ziel gesetzt, erstmals umfassend alle Aspekte des Lebens in dieser antiken Stadt in Bildern zu dokumentieren. So entstanden Le case ed i monumenti di Pompei, die zwischen 1854 und 1896 mit über 400 Farblithografien in Neapel veröffentlicht wurden. Detaillierte Beschreibungen vermitteln dem Betrachter einen umfassenden Eindruck Pompejis: In ihrem modernen Konzept konzentrieren sich die Brüder Niccolini nicht nur auf Veduten und Pläne der Stadt und der öffentlichen Gebäude, sondern vor allem auf die Wohnbauten, für die ein ganzheitliches Interesse besteht: ihre Ausmalung und die dort gefundenen Kunstwerke und Gegenstände des täglichen Gebrauchs werden erstmals in ihrem Kontext dargestellt. Dazu kommen "animierte" Darstellungen des antiken Alltagslebens in Tavernen, Werkstätten und Läden, auf öffentlichen Plätzen, in Tempeln, Theatern und Thermen.

Zwei einleitende Essays führen uns die historischen Voraussetzungen und die Protagonisten der Ausgrabungsgeschichte vor Augen. Welche Wirkung die pompejanische Kunst und die unvergesslichen Gipsabdrücke menschlicher Überreste auf Werke der bildenden Kunst hatten, zeigen etwa Arbeiten von Robert Adam, Anton Raphael Mengs, Angelika Kaufmann, Jean-Auguste-Dominique Ingres, Lawrence Alma-Tadema, Pablo Picasso, Giorgio de Chirico bis hin zu Duane Hanson und George Segal.

Die Tafeln zeigen weit über 1.000 Fundstücke, die hier erstmalig umfassend benannt und lokalisiert werden und diese Ausgabe zu einem Referenzwerk für die Pompeji-Forschung machen.
Autorenporträt
Sebastian Schütze war wissenschaftlicher Assistent an der Bibliotheca Hertziana (Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte) in Rom. Er ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates des Istituto Italiano per gli Studi Filosofici in Neapel und Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. In den Jahren 2003¿2009 lehrte er als Bader Chair in Southern Baroque Art an der Queen¿s University in Kingston. Seit 2009 hat er einen Lehrstuhl für Neuere Kunstgeschichte an der Universität Wien inne.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.11.2016

Die europäischste Stadt
Farblithografien des 19. Jahrhunderts zeigen das zerstörte Pompeji
Natürlich wusste man um die Mitte des 19. Jahrhunderts längst, dass es eine versunkene, vom Vulkan ausgelöschte Stadt Pompeji gab. Am 24. August 79 nach Christus war der Vesuv ausgebrochen; er hatte an die 18 Stunden gewütet. Danach war eine ganze römische Kulturregion vernichtet und ausgelöscht. Plinius der Jüngere etwa hat die Nachricht vom tragischen Tod seines Onkels Plinius des Älteren, der dort umgekommen war, in zwei Briefen an den Historiker Tacitus vermeldet.
Doch weit über 1500 Jahre lang lagen Pompeji, Herculaneum, Stabile und Opiontis unter einer bis zu 25 Meter dicken Schicht aus vulkanischer Asche begraben – und waren tatsächlich fast vergessen. Besiedelt wurde das Gebiet nach dem Inferno allenfalls sporadisch, hier und da fanden Grabungen nach Wertgegenständen, Schmuck, und Marmorstatuen an den zugänglichen Stellen statt. Und was man vom Ende des 16. Jahrhunderts an dort fand – Inschriften, Tafeln, Münzen – interessierte damals noch niemanden so recht.
In der Mitte des 18. Jahrhunderts ging man unter den Königen Karl III. und Ferdinand IV. gründlicher zu Werke, reklamierte die gefundenen Schätze allerdings nur für sich selber. Ja, Besuchern war es nicht einmal gestattet, Fundstücke zu zeichnen. Herausgelöste Wandmalereien wurden jedoch in ein eigens errichtetes Museum nach Portici überführt. Bekannt war Pompeji also, aber nicht erschlossen. Das änderte erst ein durch ganz Europa schallender Protest Johann Joachim Winkelmanns, der nach seinen Besuchen 1758 und 1762 über die mangelnde Kompetenz der Ausgräber klagte. Die europäische Öffentlichkeit blickte nun auf Pompeji. Doch benötigte es noch einige politische Umwälzungen und fast einhundert Jahre, bis die zerstörte Stadt wissenschaftlich gründlich erschlossen wurde.
Mitte des 19. Jahrhunderts galt Pompeji nun als die „lebendige Antike“, als der Abdruck eines „authentischen Lebens“, das zwar im Nu ausgelöscht, aber 18 Jahrhunderte lang wie nur angehalten wirkte, konserviert worden war und das es nun wieder zu entdecken galt. Diesen Eindruck vermittelten nicht nur an die Gipsabdrücke von menschlichen Überreste, jene Silhouetten der Vergangenheit, die wirkten, als wären sie gerade erst vom Tod überrascht worden. Das lag vor allem an den unversehrt erhaltenen Stücken der Gebrauchskunst, an den farbenprächtigen Mosaiken und Verzierungen, der Architektur und den Haus-Dekorationen. Nicht einzelne Stücke wollten nun wiederentdeckt werden, es war die Stadt als solche, ihr Alltag, ihre banale Ästhetik bis hin zu erotischen Abbildungen und Graffiti. Forschungsreisende wie Wilhelm Zahn fertigen vom Beginn des 19. Jahrhunderts an Skizzen der Interieurs an, die dem bürgerlichen Zeitalter als Geschmacksmuster dienten und nachgeahmt, sogar nachgebaut wurden.
Eines der einflussreichsten Werke dieses Pompeji-Kults wurden die mehr als 400 Farblithografien, welche die Brüder Fausto und Felice Niccolini in den Bänden „Le case ed i monumenti di Pompei“ nach und nach auslieferten. Begonnen 1854, als die Farblithografie ein relativ neues Bildmedium war, schloss man das aufwendige Projekt erst 1896 zu der Zeit einer da schon lebhaften Fotografenszene ab.
Dennoch blieben die detailversessenen Niccolini-Tafeln die allererste Forschungs-Referenz für die gesamte Pompeji-Archäologie. Denn sie beschränkten sich nicht auf die akribisch genauen Abbildungen der Veduten, Stadtpläne und öffentlichen Gebäude, sondern umfassten vor allem auch die Wohnbauten mit ihren Interieurs, die Ausmalungen, die dort gefundenen Kunstwerke und Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Die Helme aus den Gladiatoren-Baracken wurden ebenso dokumentiert wie die schwebenden Kentauren und Mänaden an den Wänden einer Diomedes-Villa, Details von Mosaikbordüren und Ornamentbänder ebenso wie Grundrisse; es entstanden Porträts der Gipsabdrücke der Opfer wie Abbildungen der Skulpturen und Alltagsgegenstände und Werkzeuge. Aber auch imaginierte Szenen vom profanen und rituellen Leben auf Plätzen, in Tempeln, Läden und Arenen. Sogar die in den Putz geritzten Graffiti verlangten nach Abbildung.
Diese Niccolini-Tafeln sind nun in einem Monumentalband wiederaufgelegt worden. Begleitet werden sie von einleitenden Essays, welche die Ausgrabungsgeschichte und ihre historischen Protagonisten vorstellen. Es wird außerdem dargelegt, welche Wirkung die pompejanische Kunst und die Gipsabdrücke menschlicher Überreste auf Werke der bildenden Kunst bis heute haben: Jean-Auguste-Dominique Ingres nahm Motive ebenso auf wie Pablo Picasso, Giorgio de Chirico, Duane Hanson und George Segal. Damit behaupten sich – wie Valentin Sockel schreibt – die „Case e Monumente“ als ein „eindrucksvolles Denkmal für eine Zeit des künstlerischen wie des wissenschaftlichen Umbruchs im Umgang mit den Ruinen vom Pompeji.“
BERND GRAFF
      
Fausto und Felice Niccolini: Houses and Monuments of Pompeii. 28,5 x 39,5 cm, mehrsprachige Ausgabe: Deutsch, Englisch, Französisch. Taschen Verlag, Köln 2016. 648 Seiten, 150 Euro.
Die Niccolini-Tafeln blieben
die wichtigste Referenz für die
gesamte Pompeji-Archäologie
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.12.2016

Vorlagen für den Salon in antiker Manier
Aufgezeichnet aus Ruinen: Das große Tafelwerk der Brüder Niccolini über Pompeji in einer exzellenten Ausgabe

Weit über ein Jahrtausend lang waren sie unter einer dicken Schicht aus Asche und Bimsstein begraben: die beiden Pygmäen, die sich auf Stelzen und einem umgedrehten Korb verzweifelt nach Trauben recken, die sie nie erreichen; der geflügelte Knabe, der auf einem großen Löwen reitet, der ihm wiederum verliebte Blicke über die Schulter zuwirft; die Zentauren, Elefanten, Faune, Götter und Nymphen, der große Alexander gar, wie er den Perserkönig in die Flucht zwingt, Galeeren, die sich eine Seeschlacht liefern, und noch so viel mehr.

Als im achtzehnten Jahrhundert kurz hintereinander die beiden im Jahr 79 n. Chr. verschütteten Vesuvstädte Herculaneum und Pompeji entdeckt wurden, öffneten sich nach und nach Fenster in den kaum verstellten Alltag einer Kultur, die bis dahin nur sehr vermittelt auf uns gekommen war. Besonders im leichter zugänglichen Pompeji wurden nicht nur zahlreiche Statuen oder Wandbilder entdeckt, sondern auch Gebrauchsgegenstände wie Töpfe und Pfannen, Amphoren und Werkzeuge. Indem sich der Ruf dieser Stätte über Europa verbreitete, wurden auch systematischere Grabungen durchgeführt, um einen Überblick der Struktur Pompejis zu gewinnen. Und es wurden Techniken entwickelt, um fragile Relikte der Vergangenheit zu dokumentieren - die Körperformen der Menschen und Tiere, die während des Vulkanausbruchs umgekommen sind.

Bereits im achtzehnten Jahrhundert wurden Wandbilder aus den Mauern gesägt und in Museen gebracht, wo sie besichtigt und auch kopiert wurden. Das wachsende Interesse der Besucher schürte die Nachfrage nach Abbildungen der Kunstgegenstände wie der Architektur Pompejis, und als der zunächst eher restriktive Zugang dazu erleichtert wurde, entstand eine Anzahl monographischer Werke zu diesem Thema. Sie hatten auch eine ganz praktische Folge: Wer es sich leisten konnte, folgte etwa einem Hinweis von Wilhelm Zahn, dem Erfinder der Farblithographie, der in seinem pompejanischen Tafelwerk von 1829 Ornamente als Vorlage für Bauherren und Dekorateure seiner Zeit empfohlen hatte.

Das reichste und bedeutendste Tafelwerk dieser Art stammt von den italienischen Brüdern Fausto und Felice Niccolini: Sein Erscheinen in einzelnen Lieferungen nahm mehr als vierzig Jahre in Anspruch, über den Tod seiner Begründer hinaus (sie starben beide 1886), und wurde erst 1896 durch deren Neffen abgeschlossen. Schließlich umfasste es 548 Textseiten und 451 Tafeln, und weil es mit seinen prächtigen Farblithographien eher kostspielig war, erschien es auch nur in kleiner Auflage.

Jetzt sind die Tafeln neu aufgelegt worden, in einem vom Umschlag über den Innendeckel und das herrlich schwere Papier bis hin zu den leuchtenden Farben der Abbildungen exzellent gestalteten Band. Und auch weil die in Pompeji ausgegrabenen Häuserreste die Zeitläufte seither oft genug bitter büßen mussten, blättert man darin, liest sich fest und ahnt, dass die reale Stadt heute mit den idealen Ansichten des neunzehnten Jahrhunderts nicht immer mithalten kann.

spre

Fausto und Felice Niccolini: "The Houses and Monuments of Pompeji".

Taschen Verlag, Köln 2016. 648 S., Abb., geb., 150,- [Euro].

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"Ein Buch, in dem man über Stunden hinweg versinken kann."