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Zschokke liest Proust. Ein hoch komischer und intelligenter Kampf mit 5000 Seiten Weltliteratur und mit sich selbst.Wie kann man sich selbst Schriftsteller nennen, aber eines der ganz großen Werke der Weltliteratur nicht gelesen haben?! Wird man nur mitleidig belächelt, wenn man gestehen muss, die »Suche nach der verlorenen Zeit« nicht zu kennen?Matthias Zschokke stellt sich diesem Mammutunternehmen: Wild entschlossen, voller Neugier und diszipliniert will er dem Geheimnis dieses Werkes auf die Spur kommen. Schnell werden Zweifel wach. Vielleicht liegt es nur an der deutschen Übersetzung? -…mehr

Produktbeschreibung
Zschokke liest Proust. Ein hoch komischer und intelligenter Kampf mit 5000 Seiten Weltliteratur und mit sich selbst.Wie kann man sich selbst Schriftsteller nennen, aber eines der ganz großen Werke der Weltliteratur nicht gelesen haben?! Wird man nur mitleidig belächelt, wenn man gestehen muss, die »Suche nach der verlorenen Zeit« nicht zu kennen?Matthias Zschokke stellt sich diesem Mammutunternehmen: Wild entschlossen, voller Neugier und diszipliniert will er dem Geheimnis dieses Werkes auf die Spur kommen. Schnell werden Zweifel wach. Vielleicht liegt es nur an der deutschen Übersetzung? - Und das französische Original würde jeden Leser sofort in einen Rausch versetzen? Zschokke müht sich redlich, sich dem Werk gewachsen zu erweisen, aber er liest eben wie ein Autor, der sich um jedes Detail Gedanken macht. Immer ist er bereit, die Ursachen für Missmut und Unverständnis erst einmal bei sich selbst zu suchen. Beistand und Hilfe findet er etwa bei einem berühmten Proustübersetzer (und -kenner), dem er unverdrossen Fragen stellt, wenn er etwas unlogisch oder verlogen findet. Dessen Erklärungen machen den Autor zuweilen dankbar staunen, aber zugleich lädt er ihm doch immer wieder seine Klagen auf. »Der fünfte Band hat mir mit seinem hysterischen Gezicke in Endlosschleife den letzten Rest gegeben.« Trotzdem: Durchhalten ist Pflicht! Ein wunderbar amüsantes Lesevergnügen.
Autorenporträt
Matthias Zschokke, geb. 1954 in Bern, aufgewachsen in Aargau und Bern, lebt seit 1979 als Schriftsteller und Filmemacher in Berlin. 1982 debütierte er mit dem Roman »Max«, für den er den Robert-Walser-Preis erhielt. Zschokke veröffentlichte zahlreiche Romane, Theaterstücke und Spielfilme. Er wurde mit renommierten Preisen gewürdigt, darunter der Gerhart-Hauptmann-Preis, der Solothurner Literaturpreis und der Prix Femina étranger für den Roman »Maurice mit Huhn«. Für seinen Roman »Der Mann mit den zwei Augen« wurde Matthias Zschokke mit dem Eidgenössischen Literaturpreis 2012 ausgezeichnet und 2014 mit dem Großen Literaturpreis der Stadt und des Kantons Bern.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.11.2017

Das Sekret des Ich
Lektüre und Leben, ein Verächter und ein Kenner: Diese beiden Bücher über Marcel Proust lohnen die Doppellektüre
Manchmal steckt in zwei Büchern, die sich auf den ersten Blick spinnefeind zu sein scheinen, eine lohnende Doppellektüre. Hier hat das eine ein bekennender Proust-Verächter geschrieben, das andere ein leidenschaftlicher Proust-Bewunderer.
Der Schweizer Schriftsteller Matthias Zschokke schildert in „Ein Sommer mit Proust“, wie sein Versuch, die eigene Aversion gegen diesen Autor durch die vollständige Lektüre seines Hauptwerks „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ auf die Probe zu stellen, ihn trotz gelegentlicher Anflüge von Begeisterung nur immer tiefer in die Abneigung hineintrieb: „je länger ich lese, desto unangenehmer sticht mir das Parfum in die Nase, mit dem dieser Scharwenzler seine Sätze einnebelt. … Sein Odeur dringt dermaßen penetrant durch sämtliche Zeilen hindurch, egal welchen Band egal auf welcher Seite ich aufschlage: Nach dem zweiten Halbsatz beginnt mich inzwischen ein Brechreiz zu würgen. So ergeht es wohl Alkoholkranken, wenn ein Tropfen Ethanol in ihr Blut gelangt? Ein Tropfen Proust in mein System, und mir bricht der Schweiß aus und ich beginne nach Luft zu schnappen. Was war das wohl bloß für ein bestialisches Sekret, das in seinen Drüsen produziert wurde und mit dem er seine Sätze besprühte?“
Der Schweizer Literaturkritiker Andreas Isenschmid könnte an dieser Stelle weiterhelfen. Er hat sich vor einigen Jahren in dem Essay „Ansichten eines stubenhockerischen Proustianers“ zu seiner Proust-Obsession bekannt und nun in dem reich bebilderten biografischen Essay „Marcel Proust“ den Scharnierstellen nachgespürt, an denen bei diesem Autor das Leben und das Schreiben, das empirische Ich und das „Ich“ jenes Marcel, der als Erzähler der „Suche nach der verlorenen Zeit“ auftritt, ineinandergreifen.
Das ist eine heikle Aufgabe. Zwar hat Marcel Proust in diesem großen Romanwerk mit der Gesellschaft seiner Epoche und ihren Wissensbeständen seinen eigenen Lebensstoff in ein Kunstwerk transformiert, aber er hat zugleich eine strenge Grenzlinie zwischen dem empirischen Ich eines Autors und dem Ich gezogen, das in dem Text, den es aus sich herausspinnt, anwesend ist.
„Die ,Recherche’ ist in ihren tiefsten Schichten ein fortwährendes Gespräch mit der Mutter“, schreibt Andreas Isenschmid neben die 1870 entstandene Porträtfotografie von Jeanne Proust, der Mutter des Autors. Das klingt nach Verlängerung des Lebens in die Literatur. Aber das Gespräch fand unter den Bedingungen statt, die von der Kunst gesetzt waren. Sehr schön zeigt Isenschmid, dass die berühmten Kindheitsschilderungen der „Recherche“ und vor allem das Haus im „Combray“ des Romans aus Verfahren der Collage entstanden sind, mit denen Proust die Erinnerungen an sein Geburtshaus in Auteuil nach Illiers verlegt hat, das heute „Illiers-Combray“ heißt. Dort, im Herkunftsort des Vaters, im Haus des Onkels, befindet sich heute ein Proust–Museum, in dem die Besucher die Treppe wiederzufinden glauben, die im Roman an manchen Abenden das Kind Marcel von seiner Mutter trennt, die unten mit Gästen diniert.
Es ist kein geringfügiges Detail, dass für Proust das Sommerhaus seines Großonkels mütterlicherseits, Louis Weil, Zentrum der Kindheitserinnerungen war. Dieses Haus in Auteuil existierte längst nicht mehr, als er seinen Roman schrieb, und es stand in einer ganz anderen Welt als das Haus im kleinbürgerlichen, katholischen Illiers. Es stand in der Welt des assimilierten jüdischen Bürgertums, dem seine Mutter entstammte, in der Welt der Lektüre, der Causerien und Salons.
Kurz, es war, aus der Sicht des gesamten Romans, die Keimzelle jener Welt, die vor allem den Brechreiz des Proust-Verächters Zschokke erregt. Er schreibt an Freunde, an den Proust-Spezialisten Luzius Keller, um in seiner scheiternden Lektüre Beistand zu erhalten. Aber es hilft nichts, ihm ist und bleibt dieser Autor zuwider, vor allem aus zwei Motiven. Das erste könnte man republikanisch nennen. Aus ihm speist sich der Protest gegen den Snobismus: „Ich ertrage die gesellschaftlich affirmative Haltung des Erzählers nicht, seinen blinden Glauben an die alteingesessenen Hierarchien. Das Ich ist geradezu besessen von der Sehnsucht aufzusteigen und dazuzugehören.“
Das zweite könnte man protestantisch nennen, es speist den Protest gegen alles Kanonische, gegen das „gnadenlose“ Bildungsbürgertum im allgemeinen und die Proust-Kenner im besonderen. Ein solcher ist Andreas Isenschmid zweifellos. Eben darum ist es reizvoll, sich Zschokke als Leser von Isenschmids Essay vorzustellen. Zschokke ist genervt von Prousts Camouflage der Homosexualität, nicht aus moralischen Gründen, sondern weil zu seinem Protestantismus die Forderung nach Aufrichtigkeit gehört und er es nicht erträgt, wenn in der „Recherche“ der Erzähler „mit seinem Stricher, genannt ,Albertine’ in Endlosschleife hysterisch herumzickt“.
Dazu hätte Isenschmid einiges zu sagen. In seinem Essay treiben der böse Blick und das bestialische Serum der Analyse die Salon-Passagen hervor, und der tödliche Absturz des geliebten Chauffeurs, Sekretärs und Piloten Alfred Agostinelli setzt wie der Tod der Mutter in Proust ungeheure ästhetische Energien frei. Am Ende stirbt der Autor über seinem unabschließbaren Werk. Bekehrt hätte die Isenschmid-Lektüre Zschokke gewiss nicht. Aber vielleicht hätte sie entfacht, was seinem eigenen Essay fehlt, der letzte Furor, die Kunst der hemmungslosen, ihrem Gegenstand gewachsenen Tirade.
LOTHAR MÜLLER
Andreas Isenschmid: Marcel Proust. Deutscher Kunstverlag, Berlin 2017. 96 Seiten, 22 Euro.
Matthias Zschokke: Ein Sommer mit Proust. Wallstein Verlag, Göttingen 2017. 94 Seiten, 12,90 Euro. E-Book 9,99 Euro.
„Ich ertrage die
gesellschaftlich affirmative
Haltung des Erzählers nicht …“
„Sehnsucht aufzusteigen und dazuzugehören“: Marcel Proust um 1905 in Evian.
Foto: Deutscher Kunstverlag
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.2018

Gegen den alten Meister
Matthias Zschokke stellt sein Proust-Lesebuch vor

Wer Marcel Prousts Opus magnum "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" noch nicht gelesen hat, der hat Großes vor sich. Der 1954 in Bern geborene und in Berlin lebende Autor Matthias Zschokke hat dieses Leseerlebnis bis in seine frühen Sechziger aufgeschoben. Aus dem Erlebnis ist ein Buch entstanden, das "Ein Sommer mit Proust" heißt. Es ist ein Leseerfahrungsroman, doch eigentlich ist es ein einziger Verriss und der Versuch, ein Denkmal einzustürzen, das wird am Sonntag im Frankfurter Haus am Dom deutlich.

Dabei gehe es ihm gar nicht so sehr um den Schriftsteller selbst, sondern viel mehr um die vielen "Proustianer", die sich doch bloß mit dem Glanz des Namens schmückten, ohne je die Ausdauer besessen zu haben, das ganze Werk zu lesen, meint Zschokke. Sein erstes Erlebnis mit einem solchen Fan habe er mit Mitte zwanzig gehabt, sagt der Autor. Ein Kritiker gab ihm damals mit auf den Weg, dass er kein Schriftsteller sein könne, wenn er Proust nicht gelesen habe. Vierzig Jahre später hat Zschokke nun ein Buch über die "Suche nach der verlorenen Zeit" geschrieben, auf die Idee zu diesem Bericht übrigens von seiner französischen Verlegerin gebracht, wie er erzählt.

Wie Zschokkes vorangegangene Bücher "Mein lieber Niels" und "Die strengen Frauen von Rosa Salva" besteht "Ein Sommer mit Proust" aus E-Mails, die Zschokke an Freunde und Bekannte gesendet hat. Aus seinem Buch zitierend, stellt er in einer Mail an einen Freund fest, dass er sich schon am ersten der sieben Teile von "Die Suche nach der verlorenen Zeit" verfressen habe, und bemerkt weiter, Prousts gesellschaftliche Haltung kritisierend, dass der Franzose "an die da oben zu glauben scheint wie an einen Gott".

Dem kurzen Lesevortrag stellt Zschokke eine Rede voran, die zwischen Rechtfertigung der eigenen kritischen Position gegenüber Proust und ironisierender Polemik schwankt. Zschokke zieht Matthias Claudius' Abend-Gedicht heran: "Der Mond ist aufgegangen," heißt es da in der ersten Strophe. Schreibe Proust über den Mond, so wolle dieser nie wieder aufgehen, weil das Aufgehen bei dem Franzosen doch viel schöner sei, meint der Schweizer Zschokke und merkt an: "Proust versiegelt die Wirklichkeit, wie er sie vorfindet." Der Franzose fange nirgends neu an und akzeptiere die Welt, wie sie sei.

Ist diese Kritik am alten Meister Proust berechtigt? Der Moderator der Veranstaltung, Martin Maria Schwarz von hr-2-Kultur, merkt an, dass man persönlichen Geschmack nicht mit literarischer Qualität verwechseln dürfe. Das weiß auch Zschokke und meint, dass selbst er Proust in seinem Buch loben müsse, in Nebensätzen allerdings.

NILS WESTERHAUS

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»eine vergnügliche Abrechnung mit einem Säulenheiligen der Literatur« (Hansruedi Kugler, St. Galler Tagblatt, Luzerner Zeitung, 16.08.2017) »ein kleines, gescheites und überraschend lustiges Büchlein« (Walter Klier, Wiener Zeitung, 26.11.2017) »Die gut 60 Seiten dieses schmalen Büchleins lesen sich locker-flockig und in einem Rutsch« (Ralph Krüger, belletristiktipps.de, 22.08.2017) »man folgt Zschokke gern, wie er, zunehmend ärgerlicher, durchs Proust-Gebirge wandert« (Ronald Meyer-Arlt, Hannoversche Allgemeine, 26.08.2017) »ein kleines, gescheites Buch und überraschend lustiges Büchlein« (Walter Klier, Wiener Zeitung, 25./26.11.17) »ein hoch amüsantes Lesestück über einen Lektüremarathon« (Christoph Schröder, Journal Frankfurt, Juli 2018)