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Zwischen Gedenken und Stadtmarketing. Über die Rolle von Erinnerungsorten für Bewohner und Besucher.Urteile über Städte von Bewohnern und Touristen sind stark durch Ereignisse in der Vergangenheit, durch Bauten und Bürger, durch Erzählungen und mediale Repräsentationen geprägt. Oft enthalten solche Stadtbiografien auch Schattenseiten. Einige Ortsnamen sind gar zu ikonographischen Verdichtungen einer grausamen Geschichte geworden. Im Mittelpunkt dieses Buches stehen die verschiedenen Ansätze, mit solchen politisch und gesellschaftlich als schmerzhaft oder auch peinlich empfundenen Belastungen…mehr

Produktbeschreibung
Zwischen Gedenken und Stadtmarketing. Über die Rolle von Erinnerungsorten für Bewohner und Besucher.Urteile über Städte von Bewohnern und Touristen sind stark durch Ereignisse in der Vergangenheit, durch Bauten und Bürger, durch Erzählungen und mediale Repräsentationen geprägt. Oft enthalten solche Stadtbiografien auch Schattenseiten. Einige Ortsnamen sind gar zu ikonographischen Verdichtungen einer grausamen Geschichte geworden. Im Mittelpunkt dieses Buches stehen die verschiedenen Ansätze, mit solchen politisch und gesellschaftlich als schmerzhaft oder auch peinlich empfundenen Belastungen von Städten umzugehen. Wer prägt Stadtimages mit welcher Intention? Für welche Arten des Umgangs mit der Geschichte entscheiden sie sich - das Ausblenden, die Umdeutung, die kritische Auseinandersetzung oder die aktive Nutzung im Sinne eines »heritage tourism«? Welche weiteren Faktoren, wie zum Beispiel kulturelle Paradigmenwechsel oder touristische Trends, beeinflussen das Image eines Ortes oder verändern es?
Autorenporträt
Stefanie Eisenhuth, geb. 1977, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Leiterin des Bereichs Öffentlichkeitsarbeit am ZZF sowie Lehrbeauftragte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie erhielt für ihre Forschungen den International Research Award der HU Berlin.Veröffentlichungen u. a.: Schattenorte. Stadtimages und Vergangenheitslasten (Mithg., 2017).

Martin Sabrow, geb. 1954, emeritierter Professor für Neueste und Zeitgeschichte an der Humboldt Universität Berlin sowie von 2004 bis 2021 Direktor des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam.Veröffentlichungen u. a.: Zeitgeschichte schreiben. Von der Verständigung über die Vergangenheit in der Gegenwart, Göttingen 2014; Erich Honecker. Das Leben davor. 1912-1914. München 2016; (zus. mit Matthias Berg, Olaf Blaschke, Jens Thiel und Krijn Thijs); Die versammelte Zunft. Historikerverband und Historikertage 1893-2000. Zwei Bände, Göttingen 2018; Der Rathenaumord und die deutsche Gegenrevolution (2022); Träger des Golo-Mann-Preises für Geschichtsschreibung.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.11.2017

Böser
Ballast
Wie „Schattenorte“ mit ihrer
Vergangenheit umgehen
Manche Schatten lasten schwer. Etwa auf der Stadt Bautzen. Wer denkt da schon zuerst an die schöne Kulturlandschaft der Oberlausitz, die Tradition der Sorben oder das mittelalterliche Pfingstspektakulum? Den meisten Menschen kommt zuerst die Assoziation „Stasi-Knast“, DDR-Unrecht und manchen noch das Stichwort „Gelbes Elend“ in den Sinn. Solche Schattenorte gibt es viele in Deutschland, sie sind verbunden mit Schandtaten des NS-Staates oder des DDR-Regimes. Wie die Städte damit im Lauf der Jahrzehnte umgingen, wie sie mit dem Schatten zu leben lernten oder ihn gar gewinnbringend für sich einsetzten, davon handelt ein jüngst erschienener Sammelband, herausgegeben von Stefanie Eisenhuth und Martin Sabrow.
Dass die Aufsätze sehr erhellend sind – dieses Sprachbild mag einmal durchgehen –, liegt daran, dass sie von echten Kennern geschrieben wurden, die meisten der Autoren sind in Institutionen oder Initiativen „vor Ort“ tätig. Der Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam, Sabrow, legt im Vorwort den Definitionsrahmen fest. Im Unterschied zum „dunklen, bösen“ Ort sind Schattenorte solche, in denen es „neben der Finsternis auch das Licht gibt und neben dem Zivilisationsbruch auch die Zivilisationskontinuität“. Und so geht es dann zum Beispiel um Nürnberg, Wolfsburg, Potsdam, um den Obersalzberg und natürlich um Berlin. Erkennbar wird immer wieder ein Muster: Am Anfang steht das Ausblenden, das Wegsehen, das Wegdefinieren. Warum? „Schattenorte verkörpern exakt das Gegenteil von dem, was den Menschen vor Ort als Heimat gilt: Vertrautheit, sichere Herkunftsgewissheit, Geborgenheit, heile Welt“, schreibt die Historikerin Silke Klewin. Die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit folgt oft erst Jahrzehnte später und selten kommt sie von offizieller Seite. Ganz oft ist es dem bürgerschaftlichen Engagement zu verdanken, dass es – gegen starke Widerstände – zur Errichtung einer Gedenkstätte oder eines Dokumentationszentrums kommt. Und erst in jüngster Zeit kommen findige Kommunalwerbestrategen darauf, das dunkle Erbe auch symbolpolitisch zu vermarkten.
In Bautzen hatten zunächst der NS-Terrorapparat die beiden Gefängnisse (eins bekannt als „Gelbes Elend“) genutzt, später die sowjetischen Besatzer ein Speziallager eingerichtet und danach die Stasi hier ein Hochsicherheitsgefängnis für „Staatsverbrecher“ betrieben. Der Umgang mit diesem Erbe war und ist schwierig, die 1993 eingerichtete Gedenkstätte fand erst Jahre später Akzeptanz in der Bevölkerung.
Ein Buch nicht nur für Stadtmarketing-Direktoren, sondern auch für alle, die sich am „Dark Tourism“ beteiligen. Der Band zeigt, wie schwierig es ist, an das „Böse“ am authentischen Ort angemessen zu erinnern.
ROBERT PROBST
Stefanie Eisenhuth,
Martin Sabrow (Hg.):
Schattenorte. Stadtimages und Vergangenheitslasten. Wallstein-Verlag
Göttingen 2017, 184 Seiten, 24,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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»Dass die Aufsätze sehr erhellend sind (...), liegt daran, dass sie von echten Kennern geschrieben wurden« (Robert Probst, Süddeutsche Zeitung, 13.11.2017)