Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 25,00 €
  • Audio CD mit DVD

Ein außergewöhnlicher Briefwechsel über eine Ménage à trois.Die Briefe zwischen Claire Goll, Yvan Goll und Paula Ludwig sind Zeugnisse leidenschaftlicher Liebe, weisen aber auch in Abgründe des Zweifels, der Eifersucht und der Verzweiflung. Zugleich spiegeln sie Leben und Wirken dreier Dichter, die sich in dieser Dreieckskonstellation wechselseitig beeinflussten. Nicht zuletzt rücken die Briefe und Aufzeichnungen immer wieder Fragen über menschliches Handeln in auswegslosen Situationen in den Blickpunkt des Lesers. Die Briefwechsel der Jahre 1917 - 1949 zwischen Claire und Yvan Goll sowie der…mehr

Produktbeschreibung
Ein außergewöhnlicher Briefwechsel über eine Ménage à trois.Die Briefe zwischen Claire Goll, Yvan Goll und Paula Ludwig sind Zeugnisse leidenschaftlicher Liebe, weisen aber auch in Abgründe des Zweifels, der Eifersucht und der Verzweiflung. Zugleich spiegeln sie Leben und Wirken dreier Dichter, die sich in dieser Dreieckskonstellation wechselseitig beeinflussten. Nicht zuletzt rücken die Briefe und Aufzeichnungen immer wieder Fragen über menschliches Handeln in auswegslosen Situationen in den Blickpunkt des Lesers. Die Briefwechsel der Jahre 1917 - 1949 zwischen Claire und Yvan Goll sowie der Jahre 1931-1940 zwischen Paula Ludwig und Yvan Goll wurden zusammengefasst, chronologisch angeordnet und mit einem textkritischen Apparat neu ediert. Ergänzt wird die Ausgabe mit der erstmaligen Veröffentlichung der Korrespondenz zwischen Claire Goll und Paula Ludwig von 1958-1966 sowie Claire Studers bisher unveröffentlichtem Zürcher Tagebuch von 1917. Claire Goll (1890-1977) wuchs in München auf. 1911 heiratete sie den Verleger Dr. Heinrich Studer. Nach ihrer Trennung lernte sie 1917 in Genf Yvan Goll kennen. Beide verkehrten im Kreis der Zürcher Dadaisten, gingen 1919 nach Paris und heirateten 1921. Breton, Joyce, Cocteau, Eluard und Dali aus der Pariser Avantgarde wurden ihre Freunde. 1939 flohen sie über Kuba in die USA, kehrten 1947 nach Paris zurück. Yvan Goll (1891-1950) gilt als deutsch-französischer Klassiker des 20. Jahrhunderts. Nach dem Studium in Straßburg, Freiburg und München lebte er von 1914-1919 im Schweizer Exil: in Genf, Lausanne, Zürich. 1919 zusammen mit Claire Studer wieder in Frankreich, wurde er einer der Wortführer des literarischen Surrealismus. Paula Ludwig (1900-1974), aufgewachsen in Vorarlberg, ging 1923 nach Berlin und lernte dort 1931 Yvan Goll kennen. Es entstand eine enge Partnerschaft mit gegenseitiger Beeinflussung ihrer Werke. Ab 1934 lebte sie in Ehrwald, Tirol, 1938-1940 in engem Kontakt zu Yvan Goll in Paris. 1940 floh sie von Lissabon aus nach Brasilien. Nach ihrer Rückkehr 1953 erfuhr sie von Golls Tod.
Autorenporträt
Claire Goll, geboren 1890 in Nürnberg, wuchs in München auf. 1911 heiratete sie den Verleger Dr. Heinrich Studer. Nach der Trennung beider siedelte sie 1917 in die Schweiz über. Im Kreis der Zürcher Dadaisten lernte sie Yvan Goll kennen, mit dem sie 1919 nach Paris ging und ihn 1921 heiratete. Yvan und Claire Goll verkehrten im Kreis der Pariser Avantgarde um Breton, Cocteau, Dali, Eluard, Joyce, Malraux, und Valéry. 1939 flohen beide über Kuba in die USA. Sie kehrten 1947 nach Paris zurück. Claire Goll starb 1977 in Paris.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.06.2013

Man muss impulsiv sein!

Paula Ludwig war die Geliebte, Claire die Ehefrau von Yvan Goll - jetzt erzählen Briefe und Aufzeichnungen von ihrem spannungsreichen Beziehungsdreieck.

Zwei Frauen lieben denselben Mann. Er ist expressionistischer Dichter, dann Wortführer des französischen Surrealismus. Beiden Frauen, der einen bis an sein Lebensende im Jahr 1950, schreibt er glühende Liebesbriefe, beschwört das Gemeinsame, beweint das Trennende, sucht Rat, gibt Rat und wünscht Korrektur in künstlerischen Fragen. Umgekehrt lektoriert er Gedichte seiner Briefpartnerinnen, da sie beide ebenfalls Dichterinnen sind. Die eine, Paula Ludwig, hat sogar eine Doppelbegabung: Über ihre Illustrationen der "Malaiischen Lieder" (Chansons Malaises) möchte ihr Verfasser am liebsten in Ohnmacht fallen, so sehr treffen sie seine Gedanken. In dem nun erstmals im Zusammenhang von Barbara Glauert-Hesse herausgegebenen und ausführlich kommentierten Briefwechsel zwischen dem elsässischen Schriftsteller Yvan Goll, seiner Ehefrau Claire sowie der langjährigen Geliebten Paula Ludwig geht es um hohe und niedere Minne, um Sublimierung und banale Liebesdienste, kurz: um selbstgemachte Reineclauden-Marmelade und den Umtausch falsch gemusterter Unterhosen.

Es beginnt im Jahr 1917 mit einem Brief, den Yvan an seine neueste Eroberung, Clara Aischmann, verheiratet Studer, nach Genf sendet und in dem sich gleich ein Imperativ findet, den man leitmotivisch über die weitere Korrespondenz legen kann. "Man muss impulsiv sein!" Yvan, der sich in seinen frühen Briefen an Claire noch Ivan schreibt und bald schon hermaphroditische Fabelnamen annimmt, gibt den schwärmerischen Ton vor. Manyana, Mandolinete, Deine Iwana nennt er sich. Die Namens- und Geschlechterverwirrung (Claire unterschreibt ihre Briefe mit "Dein Zouzou"), wirkt insofern schlüssig, als es selten um handfest Körperliches geht, dafür die meiste Zeit um sprachlich Verfeinertes und dichterisches Werben. Wenn es doch einmal geschlechtlich wird, fällt das Urteil eher ernüchternd aus - Leser von Claire Golls 1976 erschienener "Chronique scandaleuse" kennen ihre Klage über unbegabte Geschlechtspartner: "Er hat wirklich keine Nuancen der Zärtlichkeit. Dass man einen 1 Stunde lang ganz fein streicheln kann wie ein Kind ist ihm viel zu fern."

Offensichtlich lag Yvan Golls Kavaliershaftigkeit in anderen Gebieten. 1917 schreibt er an Claire, die zu diesem Zeitpunkt in Zürich studiert: "Kahnfahrt weiter: wir nahmen ein Sternenbad: Sterne droben bei Wolken, drunter im Seegrund, Sterne in Lausanne, Sterne in Frankreich. Wir selber Sterne, Menschensterne. Und ein Stern, fern, drüben in Zürich. Du mein hellster, einziger Stern, ohne den die anderen nimmer leuchten mögen." Kurz darauf präzisiert Goll sein ortloses Liebesideal: "Oh Du, wie ich Dich liebe! Nein, wie ich Dich lieben will! Es braucht ja wirklich keine Gegenwart dazu, es genügt das Bewusstsein, das wir voneinander haben." Doch auch Claire scheint Gefallen an dieser Geistesverbindung zu finden. In einem Tagebucheintrag aus dem Jahr ihrer Begegnung bekennt sie: "Ich bin immer von seinem Genie überzeugt. Ich sagte einmal: ,Vielleicht liebe ich nur deine Bedeutung', scherzhaft. Das ist jedoch sicher, dass ich ihn ohne die Begabung nicht lieben würde. Der Mensch I. genügt mir nicht."

Claire Studer und Yvan Goll, beide jüdischer Herkunft, heiraten 1921 in Paris. Dort gründet Yvan mehrere surrealistische Blätter, in Berlin arbeitet er an Herwarth Waldens Zeitschrift "Der Sturm" und an Franz Pfemferts "Aktion" mit. Claire schreibt ebenfalls Gedichte, ist als Mode- und Filmrezensentin tätig und verbringt ansonsten viel Zeit in Heilbädern. 1931 lernt Yvan bei einer Reise nach Berlin die Tochter eines Sargtischlers kennen, "ziemlich holzschnitthafter Kopf, aber eine feine Seele". Paula Ludwig hat einen dreizehnjährigen Sohn - "unehelicher Sproß" -, der in einer Schulgemeinde am Meer lebt. "Sie ist Dienstmädchen gewesen", schreibt Yvan an Claire, "Modell in München, Souffleuse. Jetzt schreibt sie diese Gedichte an ihren Knaben. Und wie bescheiden arm!"

Wenig später folgen die ersten Briefe zwischen "Iwansfeuer" und "Glühpaula". Und Claire fragt sich sogleich: "Ißt Du gut, liebst Du viel?" Es beginnt eine Dreiecksgeschichte, die bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs dauert.

Zunächst: Zwei Frauen ringen um die Liebe eines einsamen Genies, das rastlos zwischen Frankreich und Deutschland umherzieht. Das Motiv vom wandernden Juden hat Yvan Goll in seinem späten Liedzyklus "Johann Ohneland" (Jean sans Terre) aufgegriffen. In seinen Briefen betont er, dass es seine Geistespartnerinnen sind, die dem Dichter für kurze Zeit die Illusion von Heimat verschaffen. Besonders bei Paula Ludwig, die seit 1934 in Tirol lebt, scheint Goll eine Form von Frieden zu finden. Man geht wandern, läuft Ski, kocht, arbeitet. Irgendwann hat Goll genug vom alpinen Idyll und kehrt nach Paris zurück, wo bereits die eifersüchtige Claire auf ihn wartet. Wie gelingt es Yvan Goll, immer wieder das Feuer der Leidenschaft zu entfachen?

Er schickt Liebeslyrik. Er schickt Komplimente. Er legt Edelweiß, Anemonen, Leberblümchen bei. Vor allem aber: Er nimmt seine Frauen als Künstlerinnen wahr: "Modelliere unserer Liebe Kind. Arbeite an den Locken der vollendeten Tochter Poesie. Sie wird genial werden, ein Wunderkind", schreibt er an Paula Ludwig. Er macht seine Geliebten (und es soll andere gegeben haben) zu Koautorinnen, entwickelt ganze Werkzyklen aus den Beziehungen zu ihnen, widmet diese hinterher der jeweiligen Muse. Kaum ist er bei der einen angekommen, schreibt er einen Brief an die andere. Er ist ganz offen, kann auf Verständnis rechnen. Claire wird bis an ihr Lebensende Yvans Genie über ihre eigenen Interessen stellen: "Leb wohl, Du, Sonnabend fahr ich heim. / Dich sieht mit traurigen Augen an / Dein ,Parforce gejagtes Reh'." Paula ist weniger zimperlich: "Es ist ein sonderbarer Drang in den Männern, immer auf die Massen wirken zu wollen, Massen erlösen zu wollen, während die Frau sich auf einen Menschen concentriert."

So geht es hin und her, neun Jahre lang, bis der Krieg Yvan Goll die Entscheidung abnimmt. Man verliert sich auf der Flucht aus den Augen. Der Dichter vieler Frauen stirbt drei Jahre nach seiner Rückkehr an den Folgen einer Leukämie. Claire ist es, die 1958 Kontakt zu Paula Ludwig aufnimmt und diese zum Tausch der Briefe überredet - Sticheleien gegen die einstige Konkurrentin bleiben nicht aus, werden aber von Paula, die inzwischen verarmt und, wie sie schreibt, vereinsamt in Wetzlar lebt, nicht pariert.

Was enthält der Briefwechsel über die private Chronik hinaus? Am Beispiel des Juden Goll lässt sich zeigen, wie viele Opfer der Verfolgung damals über das Exil gedacht haben: "Die Emigrationsliteratur kommt nicht weit. Sie wird bald Asthma haben. Infolge Raum- und Käufermangels." Paula Ludwig erhält von Goll den Rat: "Ich erwäge, dass eine Dichterin wie du sich doch nicht völlig Deutschland versagen soll. Gerade Federn wie deine sind wichtig, um eine heimliche Minorität des unbeugsamen Geistes zu sammeln." 1934 will Goll sich nicht mit den "Erwerbs-Zweigs" und den "feuchten=Wangers" gemein machen. Sein Glaube an den guten Ausgang der Sache überwiegt die Furcht vor den waltenden Zuständen. Nur wenige Tage vor Hitlers Angriff auf Polen erhalten Yvan und Claire Goll eine Schiffspassage nach New York. 1940 flieht Paula Ludwig nach Brasilien. Sie wird die Liebe ihres Lebens nie wieder sehen. Ihr bleiben die Briefe, die Erinnerungen - und vielleicht das: "Im übrigen bin ich doch mit den besternten Unterhosen nicht zufrieden und sende sie dir zurück, damit du sie gegen einfarbige (gelb oder grau), zu etwas billigerem Preis eintauschst."

KATHARINA TEUTSCH

Claire Goll, Yvan Goll, Paula Ludwig: "Nur einmal noch werd ich dir untreu sein".

Briefwechsel und Aufzeichnungen 1917-1966.

Hrsg. und mit einem Nachwort von Barbara Glauert-Hesse. Wallstein Verlag, Göttingen 2013. 2 Bde., zs. 1500 S., 78,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Bei Joseph Hanimann haben die beiden Bände mit der Korrespondenz Ivan Golls mit seiner Frau Claire und seiner Geliebten Paula Ludwig als Dokument einer Liebe zu dritt sowie als zeitgeschichtliches Dokument über Leben und Lieben zwischen Erstem und Zweitem Weltkrieg schon einen Ehrenplatz im Regal. Hanimann staunt über den Mangel an hochstapelnder Sentimentalität in den Briefen und über die Leidenschaft und Entschlossenheit, mit der hier sprachlich scharf und präzise Treue und Freiheit gleichermaßen verteidigt werden. Zeitgeschichte weht den glücklichen Rezensenten vor allem aus dem umfangreichen Kommentarteil und der Bebilderung an.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Diese Briefe (...) sind so überirdisch menschlich und deswegen so schön zu lesen, manchmal schwer zu ertragen, dass man kaum davon lassen möchte« (Leander Haußmann, Süddeutsche Zeitung, 10.12.2013) »Den beiden Bänden dürfte ihr fester Platz in literarischen Fach- wie in Liebhaberbibliotheken gesichert sein.« (Joseph Hanimann, Süddeutsche Zeitung, 25.09.2013) »Hier kann man herrlich lesen: drei Sternsucher beim Springen.« (Volker Weidermann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 07.07.2013) »ein empfindsames Zeitdokument zwischen 1917 und 1950.« (Stefan Pieper, feuilletonscout.de, 05.01.2022)