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Ein Geliebtenleben: voller Boulevardsätze und Ehemännersentenzen.
Bleibtreu ist die gefühls- und sprachgenau beschriebene Erfahrung einer Frau auf dem Weg in die Geliebtenexistenz. Sie arbeitet bei einer großen Produktionsfirma fürs Fernsehen und weiß mit ihren sechsunddreißig Jahren genügend über sich Bescheid, um den Roman über das aussichtslos scheinende Leben als Geliebte zu schreiben. Er hat gerade geheiratet, als sie geboren wurde; er ist immer noch verheiratet und mit seinen philosophischen Büchern bekannt geworden. In seinen Aufzeichnungen zum geplanten 'Näheprojekt' nennt er sie…mehr

Produktbeschreibung
Ein Geliebtenleben: voller Boulevardsätze und Ehemännersentenzen.

Bleibtreu ist die gefühls- und sprachgenau beschriebene Erfahrung einer Frau auf dem Weg in die Geliebtenexistenz. Sie arbeitet bei einer großen Produktionsfirma fürs Fernsehen und weiß mit ihren sechsunddreißig Jahren genügend über sich Bescheid, um den Roman über das aussichtslos scheinende Leben als Geliebte zu schreiben. Er hat gerade geheiratet, als sie geboren wurde; er ist immer noch verheiratet und mit seinen philosophischen Büchern bekannt geworden. In seinen Aufzeichnungen zum geplanten 'Näheprojekt' nennt er sie entweder A für Antonia oder DJD für Das junge Ding. Antonia Armbruster und Christian Bleibtreu sind im Umgang miteinander ein schonungsloses Paar. Er sagt alles, was er muss - sie schreibt alles, was sie kann: mit wütendem Witz und sarkastischem Furor, voller Sprachkraft und Worterfindungsreichtum. Bleibtreu ist die mitnehmende Möglichkeitserkundung der Liebe, die Antonia Armbruster in allen Spielarten und Ritualen an sich sowie den Freundinnen und Kolleginnen erlebt. Antonias Christianliebe und Christians Antonialiebe ist so leidvoll wie berührend komisch - zwei von der Liebe Befallene, heimgesucht von der erzwungenen Heimlichkeit: Hotelzimmerewigkeiten beim Warten auf ihn in fremden Städten, Telefonate zwischen Hoffnungs- und Verzweiflungston beim grotesken Heimlichkeitsgetue - vor allem aber Rach- und Eifersucht auf Bettvergangenheiten und Ehegegenwart, die von Christian wie von allen Ehemännern als "Daheimläuftnichtsmehr-Arie" besungen wird.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.10.2003

Begrabt mein Handy im Kulturkanal
Vom Geliebtendasein im Medienzeitalter: Martina Zöllners Romandebüt „Bleibtreu”
Früher ging DER MANN zum Zigarettenautomaten, heute besteigt er sein Mountainbike und trimmt zur nächsten Telefonzelle. Von dort ruft er seine Geliebte an, aber nur kurz, denn zu Hause erwartet ihn DIE FRAU zurück. Sie ist die Herrin der ISDN-Telefonanlage und auch aller mobilen Apparate. Über deren Speicherfunktion ist sie ihm auf die Schliche gekommen. Sie weiß, mit wem Christian Bleibtreu seit Jahren heimlich telefoniert und „telefoniert” und wer den gefeierten Autor der „Kritik der Harmlosigkeit” – mit Anfang 60 ist der ehemalige Adorno-Schüler schon etwas angeheideggert – auf seinen Vortragsreisen begleitet: Antonia Armbruster, Mitte 30, Germanistin und Fernsehfrau im Ressort „Non Fiction, Produktionsgruppe Kultur”. Sie ist Teilhaberin eines neuen Buchprojekts des renommierten Leidensapologeten, einer wahren „Lichtgestalt des deutschen Geisteslebens”. Es soll „Das Näheprojekt” heißen.
Unter diesem Arbeitstitel setzen sich Antonia und Christian ihren extremen Liebeserfahrungen auch als einem sprachlichen Härtetest aus, auf alle räumlichen Entfernungen hin, unter permanentem Abschiednehmen. Gleich auf den ersten Seiten von Martina Zöllners Romans bringt die Stimme der Ich-Erzählerin das Dilemma der illegitimen Liebe, der auch ein dem Geliebten geschenktes „heimliches” Handy keine Erlösung bringt, lapidar zum Ausdruck: „Als ich geboren wurde, hat er geheiratet. Heute ist er immer noch verheiratet, und immer noch mit derselben Frau. Unsere Situation ist aussichtslos. Wir lieben uns, wie sich noch nie zwei Menschen geliebt haben.” Der Mann heißt Bleibtreu. Die Frage: Wem?
Am Ende, nach Jahren unablässigen Telefonierens, Verabredens und Reisens, kommt die Stimme zu der Erkenntnis: „Es war alles viel schlimmer, und es war alles viel schöner.” Was in dieser einfachen, komplizierten und scheinbar ausweglosen Geschichte zwischen den Kapitelüberschriften „Anfangen” und „Aufhören” ausgebreitet ist, gerät zum fulminanten Romandebüt. Und dies im zweifachen Sinne. Denn das Debüt teilt die Autorin - im Hauptberuf Fernsehredakteurin eines Kulturkanals - mit ihrer fiktiven Erzählerin, was offenbar daran liegt, dass beide Virtuosinnen im Aufzeichnen und Schneiden von Bildern und Tönen sind. Im „Näheprojekt” mit Christian führt Antonia auf dem Laptop lückenlos Protokoll über ihre Telefonate und Rendezvous. Daraus soll einmal ein Roman entstehen. Ihrer besten Freundin und auch Christian liest sie im zweiten Teil daraus vor, zumal in kritischen Situationen, nach Eifersuchtsszenen und quälenden Diskussionen.
Als Antonias Roman zu Ende geschrieben ist, packt sie das Manuskript in einen Umschlag, adressiert es an Christian und wirft es in den nächsten Briefkasten. Dann ist auch der Roman namens „Bleibtreu” zu Ende. Davor lag allerdings noch eine Abtreibung, ein sogenannter „Schwangerschaftsabbruch”, wie er schmerzlicher und demütigender selten geschildert wurde, auch wenn Christian „dabei” und doch nicht dabei war. Und so wird es auch mit dieser Geschichte ganz so sein, wie die Freundin einmal – „feierlich, als spreche sie ein Tischgebet” – zu Antonia sagte: „Eines Tages wirst du wissen, dass das die schönste Zeit in deinem Leben war. Wenn er tot ist, wirst du es wissen, erst dann.”
Obgleich Martina Zöllners Roman in der Medienwelt und auf den Tagungswelten des geschäftigen Geistes und der Wissenschaften spielt, ist er auf angenehm spielerische Weise frei von den schmachtenden und schrillen Tönen des modischen Genres. Schon die Namen der Protagonisten bürgen für einen erfrischend parodistischen Zugang zur „Medienprärie” mitsamt ihren beschleunigten „Navigationssystemen” auch im Emotionalen und im Sexuellen. (So dezent wie hier, als feiner Unterschied zwischen „telefonieren” und „telefonieren”, fand auch der Telefonsex selten seinen Ausdruck.)
Wie zwischen Tonstudio und Schneidetisch erzählt, in einem flotten Thomas-Bernhard Ton, der zu wunderbar schrägen Wortkaskaden und Boulevard-Suaden ausholt und auch rhythmisch gut durchgehalten ist, zaubert Zöllner aus ihrem Laptop berückend polyphone Klang- und Geräuschteppiche hervor, wie man sie aus Filmen von Robert Altman kennt. Dass der Roman daneben auch Schwächen und Längen hat, vor allem in der Behandlung seines Nebenpersonals, davon muss hier nicht ausfürhlich die Rede sein, da die Autorin so frank und frei war, kritische Bemerkungen zu ihrem Roman durch seine implizit-expliziten „Testleser” gleich mit beizusteuern.
VOLKER BREIDECKER
MARTINA ZÖLLNER: Bleibtreu. Roman. DuMont Verlag, Köln 2003. 374 Seiten, 19,90 Euro.
„Als ich geboren wurde, hat er geheiratet. Heute ist er immer noch verheiratet, und immer noch mit derselben Frau. Unsere Situation ist aussichtslos. Wir lieben uns, wie sich noch nie zwei Menschen geliebt haben.”
Foto: Regina Schmeken
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.11.2003

Die Liebe in der Leitung
Martina Zöllners Roman gibt der Eifersucht ein modernes Gewand

Professor und Dichter haben sich nie so recht vertragen wollen: von der Gelehrtensatire bis zu "Professor Unrat" hat die Trockenheit des wissenschaftlich engagierten Lehrers nichts als den Spott des sinnenfreudigen Poeten herausgefordert. Sogar David Lodge, der schließlich selbst eine Entwicklung vom Professor zum Schriftsteller durchmachte, erzählt in seinen frühen Romanen "Changing Places" und "Small World" bestenfalls mit nachsichtigem Humor von der Wichtigtuerei der Kollegen, die auf Tagungen herumtollen.

Neuerdings aber hat der Professor in der Literatur Karriere gemacht. Er ist zum großen Liebhaber geworden. Nicht nur die männlichen Autoren, von Philip Roth bis Schwanitz, sehen sich von der Autorität einer wissenschaftlichen Existenz angezogen, die tragisch werden kann, wenn sie nur einmal menschlichen Schwächen erliegt. Auch die Autorinnen erkennen mittlerweile in der alten Spottfigur das bewundernswerte Ideal der Männlichkeit, das trotz aller Seriosität den Frauen gern zu Füßen liegt.

Der gelehrte Liebhaber der Frauenromane ist bejahrt, in der Liebe nicht allzu erfahren und unbeholfen, wenn die Situation problematisch wird, doch verfügt er über die Rede und bannt deshalb ein großes Publikum. Die Geliebte bewundert ihn, wenn er auftritt, in einer Weise, wie man es nur von Damen des 19. Jahrhunderts erwartet hätte: "Christian las. Es war Routine. Eine Masche. Virtuosität. Trotzdem glaubwürdig. Es war erlebt von ihm, jedesmal, das zog die Leute an." Die Leidenschaft zwischen Christian, dem sechzigjährigen Philosophen auf Vortragsreise, und Antonia, der Mittdreißigerin, gibt den Stoff zu Martina Zöllners Erstlingswerk. Zweimal schon hat sich solch eine halbtragische Professorenliebe ausgerechnet in Stuttgart angesiedelt. Auch A. L. Kennedys Roman "Gleißendes Glück" spielt zum großen Teil in dieser prosaischen Stadt; in Zöllners Roman "Bleibtreu" pendelt die Liebe zwischen Stuttgart und München, zwischen Killesberg und Harlaching.

Die metropolitane Distanz zwischen den Liebenden allerdings hat in Zöllners Roman eine erzähltechnische Funktion. Die Begierde erfüllt sich fast ausschließlich im Medium der Sprache, im Reden und Streiten der Partner miteinander. Die Geliebte als Zuhörerin beim Vortrag des verehrten Gelehrten ist nur eine der Konstellationen, in denen sich diese Liebe realisiert. Das Rededuell über die Ehefrau, die Eifersucht der Geliebten auf deren angestammte Rechte, macht den größten Teil dieser zerredeten Liebe aus, es kostet Tage und Nächte und füllt Seiten. Damit hat die Autorin ein neues Sujet für die Literatur entdeckt. Außer der räumlichen Distanz, die durch die berufliche Tätigkeit der beiden Protagonisten bedingt ist, übernimmt auch die Ehefrau die Funktion, das Paar zu trennen, so daß es seine Kommunikation auf die Rede konzentrieren muß.

Freilich kommt es, wenngleich selten, zu der inzwischen offenbar üblichen Schilderung pornographischer Szenen. Man erfährt dabei etwa, daß ein Professor sich davor fürchtet, daß intellektuelle Frauen beim Zungenkuß den Mund zu weit aufsperren. Man erlebt die Paarung auch einmal im winterlichen München auf einem Trimm-dich-Pfad auf einer verschneiten Bank. Diese wenigen Szenen aber sind nichts als eine Hommage an den Zeitgeschmack, der es nun einmal genau wissen will.

Das eigentliche Medium der redefreudigen Liebe ist das Telefon mit seinen alten und neuen Möglichkeiten. Die Redeschlachten über Liebe und Eifersucht finden über das Handy statt oder in Telefonkabinen am Bahnhof, in der Stadt, mit und ohne Telefonkarte. Telefonkarten überhaupt sind das wichtigste Indiz der Liebe. Sie werden von der Ehefrau stets entdeckt. Die eigentliche Dramatik des Romans entsteht durch diese Spionage. Früher hatten Ehefrauen allerdings sinnlichere Details der Liebe aufzuspüren, das blonde Haar war noch der harmloseste Verräter. Die versteckte und doch entdeckte Telefonkarte führt zu weniger dramatischen Szenen. Sie hat kein sinnliches Flair und führt zu keiner Katastrophe. Zwar deutet sie auf den störenden Eindringling hin, doch läßt sich sein Verbrechen nicht dingfest machen.

Andererseits ermöglichen Telefonkarten und Handys eine andauernde Verbindung ohne körperliche Gegenwart. Eine Begegnung herzustellen ist daher der eigentliche Inhalt dieser Beziehung; ob es dazu kommt oder nicht, macht die Spannung aus, die den Roman trägt. Der Professor ist im ziemlich ereignislosen Sehnsuchtsraum der bewegliche Punkt, dem das weibliche Herz hinterherzukommen sucht. Er fährt von Vortrag zu Vortrag, die Geliebte telefoniert hinter ihm her, und manchmal folgt sie auch leibhaftig.

Das Telefon aber ist nicht nur das Medium in der Dreiecksgeschichte, es bestimmt die Sprache der Autorin selbst. Der Roman beginnt mit dem langen Monolog eines "Ich", dessen assoziative Mitteilungen, dessen saloppe Rede an den Tenor von Telefongesprächen erinnern, auch wenn nicht eigens gesagt wird, daß es sich um solche handle. Der Anfangsmonolog dauert so lang wie eben Telefonate heutzutage und geht erst nach ein paar Dutzend Seiten in die Erzählung über. Auch sie weicht nicht der Albernheit aus, die sich beim Telefonieren geübt hat. Mit absichtlich ungeschickten Komposita verballhornt der jugendliche Übermut jede sprachliche und sonstige Disziplin.

Genießerisch gießt denn auch Martina Zöllner ihren Spott über die Ordnungen der Sprache aus, wenn sie ihre Antonia in die "Geliebten-Totale" bringt, die "Kollegen-Totale" ins Visier nimmt, "Grillpfannenvormittage" und "Hotelbettmorgen" beschreibt oder den eifersüchtigen Liebhaber zum "Verhörfestivalveranstalter" werden läßt. Diesen Wort-Kentauren stehen dann wieder zum dürftigen Gerüst gestutzte Sprachgewächse gegenüber, wie DLD, was "das liebe Ding" heißt, oder GV, dessen Bedeutung zum deutschen Grundwortschatz gehört. Mit solch kleinen Respektlosigkeiten gegen die gute Erzählsitte verdient sich Martina Zöllner den Eintritt in die junge Literaturszene. Ihr Erstlingsroman ist, was er sein soll, eine gelungene Laufbahnschrift.

HANNELORE SCHLAFFER

Martina Zöllner: "Bleibtreu". Roman. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2003. 374 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Martina Zöllners Roman um die Fernsehfrau Antonia Armbruster, einer Art Carrie Bradshaw ("Sex and the City") des deutschen Medienbetriebs, die sich mit einem Buch an ihrem Geliebten, dem Philosophen Christian Bleibtreu, rächen will, hat Rezensentin Maike Albath nicht eben vom Hocker gerissen. Wie Zöllner ihre Heldin von den Wirrnissen ihres Gefühlslebens abwechselnd in der ersten und der dritten Person erzählen und sie die Liebe als Topos und den Schreibprozesses gleich mitreflektieren lässt, findet Albath doch reichlich bemüht. Für "noch bemühter" hält sie indes die Passagen, "in denen die Protagonistin über die Abgegriffenheit ihrer Lage nachdenkt und so tut, als sei der Kitschfaktor berechnend eingesetzt." Trotz einiger gelungener Passagen, etwa über die Provinzjugend in Speyer mit Lokalkolorit oder die Schilderungen des Elternhauses und der kleinbürgerlichen Verwandtschaft, steht für Albath fest: Mit Literatur hat dieser Roman nichts zu tun. Sie begründet ihr hartes Urteil mit der "Plappersucht", einer "allumfassenden Bagatellisierung", der "Augenzwinker-Pose" des Romans: "zu mehr als akademisch abgefederter Lifestyle-Prosa reicht es nicht".

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