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Die Leinwand war Heinz Rühmanns Zuhause. Doch nach dem Ende des II. Weltkrieges entdeckte der beliebte Schauspieler den Hörfunk und produzierte einige Hörspiele. In dieser Sammlung glänzt Rühmann im Beckett-Klassiker "Warten auf Godot" in der Rolle des Estragon (1954) sowie in "Du kannst mir viel erzählen" von Christian Bock (1949), einem kleinen Spiel um Eifersucht und Missachtung. Außerdem enthält sie noch "Ein Engel namens Schmitt" von Just Scheu und Ernst Nebhut (1953) und "Abdallah und sein Esel" von Käthe Olshausen (1953).

Produktbeschreibung
Die Leinwand war Heinz Rühmanns Zuhause. Doch nach dem Ende des II. Weltkrieges entdeckte der beliebte Schauspieler den Hörfunk und produzierte einige Hörspiele. In dieser Sammlung glänzt Rühmann im Beckett-Klassiker "Warten auf Godot" in der Rolle des Estragon (1954) sowie in "Du kannst mir viel erzählen" von Christian Bock (1949), einem kleinen Spiel um Eifersucht und Missachtung. Außerdem enthält sie noch "Ein Engel namens Schmitt" von Just Scheu und Ernst Nebhut (1953) und "Abdallah und sein Esel" von Käthe Olshausen (1953).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.03.2005

Eine neue Zeit hat neue Methoden
Das Hörbuch: Heinz Rühmann in seiner Paraderolle als Schüler Pfeiffer mit drei „f”
Zehn Jahre nach dem Tod Heinz Rühmanns am 3. Oktober 1994 hat die Deutsche Grammophon eine fünfteilige Hörbuchreihe ediert. Sie besteht aus einer sehr gut gemachten Hörspielfassung der „Feuerzangenbowle” sowie aus vier Hörspielen der Jahre 1949 bis 1954, als Rühmann kein Glück beim Film hatte und auf Bühne und Tonstudio auswich: „Warten auf Godot” in der Inszenierung der Münchner Kammerspiele von 1954, „Abdallah und sein Esel” von Käthe Olshausen sowie die beiden heiter-melancholischen Stücke „Ein Engel namens Schmitt” und „Du kannst mir viel erzählen” von Christian Bock. Diese vier Stücke spielte Rühmann belanglos. Ihm war nur eine Rolle wirklich angemessen, und so sah und sieht ihn sein Publikum am liebsten: als Johannes Pfeiffer in der „Feuerzangenbowle”.
Die Hörspielfassung macht aus diesem Film von Heinrich Spoerl dank der einfühlsamen Erzählstimme von Friedhelm Ptok ein sehr interessantes Stück. Die Handlung vom Erwachsenen, der, weil er Privatunterricht bekam und daher keine Schülerstreiche kennt, sich als Schüler in ein Gymnasium einschleicht, ist einerseits komödiantisch seicht, besteht andererseits aus guten Parodien, im Hörspiel aber bekommt sie einen dokumentarischen Charakter. Der heitere Film wurde 1943 gedreht. Wie seltsam mutet das an, wie deutlich werden ohne die Bilder diese Stimmen! Während man die komischen Professoren und die „Jungens”, hört, stellen sich unwillkürlich Bilder ein: zerbombte Städte, verbranntes Land, sterbende Menschen.
Freilich nichts davon auf der Oberfläche, aber was spricht noch aus diesem Text, aus diesen Stimmen? Das Hörspiel geht lustig voran, beginnend mit dem Entschluss, den promovierten Literaten in die Welt des Schülerlebens einzuweihen und den folgenden dreisten Streichen. Nichts aus der Schulliteratur der Zweifler, die „unterm Rad” landeten, nichts aus der brutalen, düsteren Erziehungswelt, die ein Törleß durchlitt.
Gegen Ende der „Feuerzangenbowle” wird es kompliziert: Was wurde hier, im gedankenvollen Resümee, zwischen den Zeilen gesprochen? Oder haben wir es nur mit einem Nazi-Jux zu tun?
Wann ist eine pädagogische Methode richtig, wird gefragt. „Wenn der Lehrer ein Freund seiner Schüler ist und die Schüler vor ihm Respekt haben”, spricht ein junger Lehrer. Ersteres ist bei dem alten Professor der Fall, letzteres, so räumt er traurig ein, nicht. „Na, lieber Professor”, sagt der junge, „es wär' ja auch traurig, wenn eine neue Zeit nicht auch neue Methoden hätte.” - „Ja ja, ihr Jungen wollt immer alles besser machen. Und ihr macht es auch besser. Das weiß ich ganz genau.” Im Hintergrund erklingt ein Kinderchor. „Aber ich bin für die neuen Methoden zu alt”, sagt der Physikprofessor. Die Belehrung des jungen Lehrers fährt fort unter kräftig werdendem Kindergesang: „Junge Bäume, die wachsen wollen, muss man anbinden, dass sie schön gerade wachsen, nicht nach allen Seiten ausschlagen. Und genauso ist es mit den jungen Menschen. Disziplin muss das Band sein, das sie bindet, zu schönem geraden Wachstum.” Eine moderne Pädagogik, der herrlichen Jugend zugewandt: die nationalsozialistische Erziehung.
Dem jungen Lehrer wird vom alten Herrn beschieden, er habe das schön gesagt, aber fürchte er nicht, dass die jungen Bäume in den Himmel wüchsen? Nein, dafür sorge schon das Leben. „Hamse das auch schon jemerkt?” fragt der Alte. Wie soll man die launige Bemerkung im Jahr 1943 verstehen? Einige der jugendlichen Darsteller waren bereits gefallen, als der Film am 28. Januar 1944 in die Kinos kam, dem Tag, an dem die Belagerung Leningrads endete.
Im Physiksaal brüllt Heinz Rühmann, der falsche Schüler Pfeiffer, verkleidet als Professor Grey, genannt „Schnauz” (!): „Radium. Radium ist ein zweiwertiges Element, welches die Eigenschaft hat, im Dunkeln zu leuchten. Ackermann, gehnse mal ans Fenster, ziehnse de Vorhänge vor.” Zweiwertig? Die Vorhänge zuziehen? Der Drehort Berlin war schon bombardiert worden. Das parodistische Gebrüll erinnert an das des führendsten aller Schreihälse. „Er schreit sich die Kehle wund”, fährt Erzähler Ptok fort, „diktiert höchste Arreststrafen und droht, den Herrn Direktor zu holen.” Rühmann fällt stärker in den hitlerischen Propagandaton, als er die Bedeutung des deutschen Ackerbaus erklärt und Liebig den „Vater des Konstdöngers” nennt und erst recht, als er dem echten Schnauz gegenübersteht - jetzt brüllen zwei Führer: „Unvorschämter Lömmel!” - „Bohdenlohser Fröchling!” Ist das nur noch Lehrerparodie?
Andererseits war Rühmann selbst mit den Filmrollen zu Hitler in die Wolfsschanze gefahren, um den Film genehmigen zu lassen, nachdem er zunächst wegen Verunglimpfung der Lehrer verboten worden war. Göring war erheitert, Hitler gab den Film frei.
Im Finale erneut Zweideutigkeiten. Pfeiffer erinnert sich an den Anfang der Geschichte und kommt aus dem Einzelnen ins Allgemeine, Rühmann spricht die letzten Worte: „Wahr sind nur die Erinnerungen, die wir mit uns tragen, die Träume, die wir spinnen und die Sehnsüchte, die uns treiben. Damit wollen wir uns bescheiden.” Sind diese Worte an ein verlorenes Volk gerichtet?
In den vier Nachkriegshörspielen klingt Rühmann harmlos, er hebt sich nicht gegen die anderen Schauspieler ab, seine seiernde Stimme nervt gelegentlich. Aber in der „Feuerzangenbowle” könnte die Nachdenklichkeit stecken, zu welcher der beliebteste Schauspieler der Nazizeit und der Filmautor Spoerl zwei Jahre vor Schluss fanden. In einer Diktatur ist das nicht unerheblich. Aber erst das Hörspiel, das die lustigen Bilder des Films vorenthält, verdeutlicht uns das heute; es fragt sich, ob die Kinobesucher in den zerbombten Städten diese Zwischentöne hören konnten - und ob sie wirklich beabsichtigt waren.
MARTIN Z. SCHRÖDER
HEINZ RÜHMANN: Gesammelte Hörspiele. Deutsche Grammophon, 2004. 6 CDs, 36,00 Euro.
HEINRICH SPOERL: Die Feuerzangenbowle. Filmregie: Helmut Weiss, Hörspielregie: Peter Geyer und Florian Fickel. Sprecher: Friedhelm Ptok. Deutsche Grammophon, 2004. 2 CDs, 18,00 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Martin Z. Schröder bespricht die Hörbuchreihe mit Heinz Rühmann, die die Deutsche Grammophon zum 10-jährigen Todestag des Schauspielers herausgegeben hat. Die sechs CDs enthalten vier Hörspiele aus den Jahren zwischen 1949 und 1954 sowie die Hörspielfassung der "Feuerzangenbowle", berichtet der Rezensent. Während er die vier Hörspiele als "belanglos" und Heinz Rühmanns Stimme dabei als allzu "harmlos" bis nervig abqualifiziert, rühmt er die "Feuerzangenbowle" als vielleicht sogar dem 1943 gedrehten Film überlegen. Nicht zuletzt die "einfühlsame" Stimme von Friedhelm Ptok mache diese Komödie über einen Erwachsenen, der sich als Schüler ins Gymnasium einschleicht, zu einem "interessanten" Stück, so Schröder angetan. Er meint "Zwischentöne" zu hören, die über die Situation von Deutschland im Zweiten Weltkrieg nachdenken lassen. In dem Brüllduell, das sich der Schüler Pfeiffer mit dem Physikprofessor liefert, könnte Schröders Meinung nach sogar eine Hitler-Parodie verborgen sein. Die Hörbuchfassung, die die "lustigen Bilder des Films vorenthält", lässt die nachdenklichen und vielleicht kritischen Untertöne der "Feuerzangenbowle" deutlich werden, auch wenn der Rezensent sich nicht sicher ist, ob diese wirklich vom Filmemacher Heinrich Spoerl beabsichtigt waren.

© Perlentaucher Medien GmbH
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