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Friederike Wißmann lässt die große Tradition von Bach bis Stockhausen lebendig werden. Volkslied, Schlager und Tanzmusik finden ebenso Berücksichtigung wie Nationalhymnen, Fußballgesänge, deutsche Filmmusik in Hollywood oder Punk, Rock und Techno. Die renommierte Musikwissenschaftlerin legt eine große Mentalitätsgeschichte der Deutschen und ihrer Musik vor. Sie widmet sich nicht nur Werken und Lebenswegen deutscher Komponisten und Musiker, sondern erzählt die Geschichte vom bürgerlichen Konzert über den Wandel der musikalischen Formen bis zur Bedeutung deutscher Musikvereine, von der…mehr

Produktbeschreibung
Friederike Wißmann lässt die große Tradition von Bach bis Stockhausen lebendig werden. Volkslied, Schlager und Tanzmusik finden ebenso Berücksichtigung wie Nationalhymnen, Fußballgesänge, deutsche Filmmusik in Hollywood oder Punk, Rock und Techno. Die renommierte Musikwissenschaftlerin legt eine große Mentalitätsgeschichte der Deutschen und ihrer Musik vor. Sie widmet sich nicht nur Werken und Lebenswegen deutscher Komponisten und Musiker, sondern erzählt die Geschichte vom bürgerlichen Konzert über den Wandel der musikalischen Formen bis zur Bedeutung deutscher Musikvereine, von der Entstehung der Orchester über den Instrumentenbau bis zur Geschichte des Musiktheaters, vom größten Heavy-Metal-Festival Wacken über die TV-Castingshows bis hin zu den Kuriositäten des deutschen Schlagers.
Ob himmlisch oder käuflich, ob widerständig oder diktiert, ob gesellig, hymnisch oder komisch - Friederike Wißmann entwirft ein einzigartiges, facettenreiches und kluges Panorama des deutschen Klangs.
Autorenporträt
Wißmann, Friederike
Friederike Wißmann, 1973 in Münster geboren, vertritt den Lehrstuhl für Historische Musikwissenschaft an der Universität Bonn. Bis Frühjahr 2015 war sie Professorin am Konservatorium Wien sowie von 2011 bis 2013 an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Dem Studium der Musikwissenschaft und der Literaturwissenschaft in Berlin folgten 2002 die Promotion zu "Faust im Musiktheater des 20. Jahrhunderts" und 2009 die Habilitation zu Händels Opern. Von 2002 bis 2010 war sie Assistentin an der Technischen Universität Berlin und von 1998 bis 2002 Mitarbeiterin der Hanns-Eisler-Gesamtausgabe. Sie forscht zu den Themen Musik und Literatur, Musik des 20. und 21. Jahrhunderts, Musiktheater und Künstevergleich. Zu Hanns Eisler schrieb sie ein hochgelobtes Buch, das ein breites Echo fand.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2015

Wie machen das die Dresdner Geiger nur?
Friederike Wißmann behandelt die Frage, was deutsche Musik sei - und leistet sich einige starke Behauptungen

Wie an einer Weinbrandbohne im November wärmt sich der Bildungsbürger in Zeiten globaler Massenkultur an der Behauptung Thomas Manns, das deutsche Kunstlied sei ein "Wunder" gewesen, "etwas völlig Einmaliges und Unvergleichliches". Auch Friederike Wißmann steigt in ihr Buch "Deutsche Musik" gleich mit Thomas Manns Rede über "Deutschland und die Deutschen" vom 29. Mai 1945 in der Library of Congress in Washington ein, allerdings ohne die Partei des Redners zu ergreifen. Ihr geht es um die Bedingungen eines verantwortungsvollen Redens über deutsche Musik. Gibt es die überhaupt? Oder sollte man besser nur von "Musik in Deutschland" sprechen? Statt jetzt streitfaul auf die Seite der Dekonstruktivisten zu desertieren, schreibt Wißmann erfrischend: "Sollte ,deutsche Musik' ein Konstrukt sein, so ist sie trotzdem vorhanden, und zwar im Bewusstsein ihrer Hörer und Musiker."

Man könnte ihr Vorgehen, etwas altmodisch, "Ideengeschichte" nennen oder Erforschung von "Elitementalitäten". Wißmann spricht von einer "Praxis des Hörens", spart aber die Praxis des Schreibens nicht aus. Mit dem Tschechen Vladimír Karbusický erinnert sie daran, dass die deutsche Musikwissenschaft von Theodor W. Adorno bis Hans Heinrich Eggebrecht die gesamte Geschichte aus nationalzentrischer Perspektive betrachtet habe: "Adornos Kritik an europäischen Komponisten wie Jean Sibelius, Igor Strawinsky oder auch Charles Gounod entpuppt sich als kaschierte Diskriminierung und deutsche Überheblichkeit." Doch dieser Befund schreckt sie ebenso wenig wie die Delegitimierung deutscher Traditionsbestände nach 1945. Sie will "das Deutsche" trotzdem zum Thema machen. In der wissenschaftlichen "Flucht aus der deutschen Identität" erblickt sie mit dem Kunsthistoriker Peter Bürger eine "Verweigerungshaltung als Folge des Traumas, das sich quasi rückschlägig als deutsches Charakteristikum benennen lässt". Für ihr Buch ist das eine produktive Ausgangsposition auf gut informiertem Theorieniveau.

Gleich nach dieser glänzenden Einleitung folgt allerdings die erste Enttäuschung: Ausgehend von Martin Luthers besonderer Nähe zur Musik, mäandert Wißmanns Text durch die Geschichte zu Felix Mendelssohn Bartholdy und Arnold Schönberg, ohne wirklich Begriffe zu bilden, an denen sich eine Kontinuität oder Diskontinuität im Verhältnis von Musik, Glaube und Deutschtum zeigen ließe. Das Referat geschichtlicher Fakten zerplatzt wie ein Farbbeutel. Im nächsten Kapitel werden dann sogar die faktischen Behauptungen immer kruder: Johannes Brahms habe die Werke Richard Wagners nicht geschätzt und sich "überhaupt nicht besonders für das Theater" interessiert. Ein ziemlicher Unsinn! Ob die Debatte um den Gegensatz zwischen Brahms und Anton Bruckner auf den Nord-Süd-Gegensatz und auf eine religiöse Opposition zurückzuführen sei, hält Wißmann für "zweifelhaft". Dabei gibt es seit langem eine Forschungsliteratur darüber, dass in der Wiener Brahms-Bruckner-Kampagne politische, konfessionelle und musikalische Fragen polemisch verschränkt worden sind. Brahms stand dabei für den Liberalismus, der philosemitisch ausgerichtet und von reichsdeutschen Protestanten geprägt war; Bruckner hingegen für den politischen Katholizismus österreichischer Provenienz und antisemitischer Stoßrichtung. Geführt wurde diese Kampagne von Journalisten, ohne dass sie mit den persönlichen Überzeugungen der Komponisten etwas zu tun gehabt haben muss.

Wißmann greift das Buch "Die deutsche Seele" von Thea Dorn und Richard Wagner an, weil dort "die Beschreibungen unpräzis" bleiben, wenn es um "das Herausragende des deutschen Klangs" gehe. Wird aber Wißmann selbst präziser, wenn sie vom deutschen Klang der Dresdner Staatskapelle schreibt? Er basiere auf einer "spezifischen Bogentechnik" der Streicher und sei "einzigartig". Mehr als eine Behauptung ist auch das nicht. Worin beruht die Einzigartigkeit? Was wären Vergleichskriterien mit anderen Orchesterklangbildern? Wodurch zeichnet sich die "Spezifik" der Bogentechnik aus? Die Musiker, die sie in Dresden von Generation zu Generation weitergeben, müssen doch wissen, wie sie es machen. Könnte man sie nicht mal fragen?

Immer mehr schiebt sich in diesem Buch das Impressionistische vor die Methode. Wißmann interessiert sich erfreulicherweise für vieles, auch für den deutschen Schlager, das Metalfestival in Wacken und den Punkrock. Aber wo bleiben die Leitbegriffe, wo die Kontraste des Vergleichs? Kann man über das Deutsche in der Musik schreiben, ohne die Perspektiven des Auslands zu erörtern? Wie haben uns Russen, Skandinavier, Franzosen, Engländer oder Amerikaner - auch musikalisch - beschrieben? Was fanden sie sympathisch, was abstoßend, was dominant, was nebensächlich an der deutschen Musik?

Abgesehen davon, dass solche Fragen kaum gestellt werden, ist es zunehmend ärgerlich zu bemerken, wie sehr dieses Buch aktuellen Forschungsständen hinterherhinkt. Da behauptet Wißmann, Friedrich II. habe sich vehement gegen die Vorstellung gewehrt, "dass es überhaupt deutsche Opernsänger geben könne". Dabei beschrieb Sabine Henze-Döhring vor drei Jahren ausführlich, wie sehr Preußens König die deutsche Sängerin Elisabeth Gertrud Schmehling schätzte und förderte. Wenn es dann schließlich bei Wißmann über Robert Schumanns Verehrung für Jean Paul heißt: "Er besuchte das Grab des Schriftstellers in Paris", wird es doch gar zu bunt. Jean Paul liegt in Bayreuth begraben, und in Paris ist Robert Schumann nie gewesen.

JAN BRACHMANN

Friederike Wißmann:

"Deutsche Musik".

Berlin Verlag, Berlin 2015. 511 S., geb., 29,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Chance vertan, meint Jan Brachmann nach der Lektüre von Friederike Wißmanns Studie über "Deutsche Musik" enttäuscht. Äußerst anregend findet er zunächst ihre Fragestellung und die kritische Analyse, der sie die deutsche Musikwissenschaft in ihrer "glänzenden Einleitung" unterzieht. Dann jedoch verliere das Buch seine Prägnanz und Stringenz, bleibe hinter dem aktuellen Forschungsstand zurück und gipfele schließlich in einer für den Rezensenten unentschuldbaren Reihe faktischer Fehler. "Das Referat geschichtlicher Fakten zerplatzt wie ein Farbbeutel", ächzt Brachmann.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ob himmlisch oder käuflich, ob widerständig oder diktiert, ob gesellig, hymnisch oder komisch - Friederike Wißmann entwirft ein einzigartiges, facettenreiches und kluges Panorama des deutschen Klangs.", rbb Radio Eins, Elissa Hiersemann, 28.03.2016