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Barcelona 1963: Der amerikanische Regisseur Samuel Bronston dreht den Film "Circus World". Mit von der Partie Claudia Cardinale, Rita Hayworth und John Wayne sowie, als Produktionsassistenten, sprich Brötchenholer und Requisitenbeschaffer, die beiden jungen Spanier Gabriel und Teddy. An einem Tag, für den aufwendige Außenaufnahmen angesetzt sind - insbesondere die Versenkung eines Schiffes im Hafen von Barcelona -, ist John Wayne urplötzlich verschwunden. Gegen das Versprechen des Regisseurs Bronston, sie als Belohnung für das Auffinden Waynes nach Hollywood mitzunehmen, machen sich die beiden…mehr

Produktbeschreibung
Barcelona 1963: Der amerikanische Regisseur Samuel Bronston dreht den Film "Circus World". Mit von der Partie Claudia Cardinale, Rita Hayworth und John Wayne sowie, als Produktionsassistenten, sprich Brötchenholer und Requisitenbeschaffer, die beiden jungen Spanier Gabriel und Teddy. An einem Tag, für den aufwendige Außenaufnahmen angesetzt sind - insbesondere die Versenkung eines Schiffes im Hafen von Barcelona -, ist John Wayne urplötzlich verschwunden. Gegen das Versprechen des Regisseurs Bronston, sie als Belohnung für das Auffinden Waynes nach Hollywood mitzunehmen, machen sich die beiden jugendlichen Helden auf die Suche nach dem alternden Star. Doch als mindestens so aufregend wie die Jagd nach John Wayne erweist sich die Entdeckung der Stadt Barcelona ...
Ein Traum vom Kino, der in die "wirkliche Welt" führt. Eine liebevolle Hommage an Hollywoods Großproduktionen längst verflossener Zeiten. Ein Roman über John Wayne. Eine "education sentimentale" im Spanien der langsam zu Ende gehenden Franco-Ära. All das und noch viel mehr ist dieses wunderbar leichte und streckenweise umwerfend komische Buch über das uralte Thema von Sein und Schein: Mi'ana führt lächelnd vor, dass beide zusammengehören wie Europa und Amerika.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.07.2001

Die Mühe, John Wayne zu sein
Juan Miñanas spanischer Stadtwestern · Von Friedmar Apel

"Wir finden einen Haufen Antworten auf alle möglichen Fragen, nur auf die wirklich wichtigen nicht." Zwei davon lauten: War Marion Michael Morrison alias John Wayne wirklich ein Schauspieler, oder spielte er immer nur sich selbst? Und hat sich die Mühe gelohnt, ein Leben lang John Wayne zu sein? Solchen Fragen stellt sich Gabriel, der Erzähler von Juan Miñanas spanischem Stadtwestern, auf harmlos anmutende Weise. Die Erinnerungen des Cineasten, der die Begeisterung für Hollywoods Filme mit ihren Mythen und Anekdoten mühelos mit der Lektüre der Cahiers du Cinema vereinbaren kann, gewinnen daran ihre Gestalt als bewegte Bilder.

Zwei Erfahrungsdaten sind diesem Text eingeschrieben. 1998, im Alter von fünfundfünfzig, besucht Gabriel Monument Valley, Arizona, "die meistgefilmte Landschaft der Erde". Für den Filmkritiker Joseph McBride verkörpert sie "die Ästhetik des Nutzlosen", für die Navajos ist sie immer noch heiliges Land, aus dem die Welt entstanden ist. Dem Erzähler aber wird in der Wüste abschließend deutlich, daß auch das Nutzlose und Unerklärliche "Bestandteil der wirklichen Welt" ist. Im Jahr 1963 befindet sich der Jurastudent dagegen in seiner und Juan Miñanas Heimatstadt Barcelona. Dort assistiert er bei der Produktion des Hollywood-Schinkens "Circus World" mit John Wayne und Claudia Cardinale in den Hauptrollen, der als ein Wunder an Anachronismus und schlechtem Geschmack in die Filmgeschichte eingehen sollte. Die New York Times schrieb seinerzeit, nach der Vorführung fühle man sich, als habe man zwei Stunden lang einen Elefanten auf dem Schoß gehabt.

Der Erzählung zufolge wäre dieses Meisterwerk beinahe nicht zustande gekommen, da der Hauptdarsteller unter Hinterlassung lediglich seines Cowboyhuts plötzlich verschwand. Während die Hollywood-Maschine im Hafen von Barcelona leer weiterläuft, soll der ortskundige Erzähler den abgängigen Haudegen suchen. Was er aber findet, ist der Stoff zu dem Roman und seine eigene Stadt mit ihrer und seiner Geschichte, was im nachhinein ganz andere Fragen aufwirft: "Warum erscheinen mir jene Jahre der touristischen Öffnung in der Erinnerung als die finsterste Zeit der Diktatur? Wieso vertrugen sich die Folgen des Bürgerkriegs, die Kriegsgerichtsverfahren, der klandestine Widerstand und die zensierte Presse derart mühelos mit den langen Touristensommern und den kecken Damenhüten in den Reportagen über unser großartiges Hotelangebot?" Aber auch die John Wayne-Fragen erweisen sich schließlich in raffinierter erzählerischer Verschränkung als solche nach dem Realitätsgehalt der Zeichen und dem Verhältnis von Wirklichkeit und Erinnerung. Im Nachlaß des verstorbenen Vaters, eines anarchistischen Kulturmilizionärs, findet Gabriel als Kind einen Stern mit den Initialen MC (Milicias de Cultura), der Knabe aber, der John Wayne spielt, trägt ihn als "Marshall von Colorado". Dieses Postens wird er von der Mutter enthoben, aber welche Art der geformten Erinnerung realer ist, die des Kinos oder die der berichteten historischen Fakten, bleibt unentschieden: "Man ging ins Kino, zahlte seinen Eintritt und wurde nie enttäuscht. Die Erinnerung an meinen Vater dagegen war längst nicht so gewiß." In welcher Wirklichkeit er gerade lebt, weiß Gabriel auch später manchmal nicht so genau.

Wie der Ich-Erzähler so verzichtet auch der Romanautor darauf, tiefgründig auf Beantwortung der Fragen zu drängen, sie lösen sich vielmehr am Ende in Luft und ein wenig Esoterik auf. Persönliche Geschichte spielt sich aber weit diesseits der letzten Dinge ab. Willi Zurbrüggen hat für die Übersetzung einen ironischen und angenehm flapsigen Tonfall gefunden, der die Verwunderung des deutschen Lesers über den humorvollen Umgang mit den Produkten der amerikanischen Trivialkultur wie gleichzeitig mit den dunklen Seiten der spanischen Vergangenheit steigern mag. Das einzig Provokative an diesem Buch ist so die heitere und friedfertige Art, mit der die Widersprüche der modernen Wirklichkeiten angenommen werden. Das Gewicht von historischen Dickhäutern lastet jedenfalls nicht auf dieser amüsanten Suche nach dem verlorenen Zeitdarsteller.

Juan Miñana: "Nachrichten aus der wirklichen Welt". Roman. Aus dem Spanischen übersetzt von Willi Zurbrüggen. Berlin Verlag, Berlin 2001. 220 S., geb., 36,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Ganz schön, aber wohl nicht wirklich bedeutend findet Rezensent Friedmar Apel dieses Buch. Was möglicherweise dem Umstand geschuldet ist, dass sein Autor "die Begeisterung für Hollywoods Filme mit ihren Mythen und Anekdoten" mühelos mit der Lektüre der Cahiers du Cinéma verbinden kann. Eine wichtige Frage, die das Buch bewegt, gibt der Rezensent an seine Leser weiter: "War Marion Michael Morrison alias John Wayne wirklich ein Schauspieler, oder spielte er immer nur sich selbst?" Diese Frage wird dann mit Blick auf Monument Valley verhandelt und auf die Bedingungen der Francistischen Diktatur, die sozusagen reale Kulisse für den Hollywood Film "Circus World" war. Zu Apels Freude erweisen sich dann auch die "John Wayne Fragen" schließlich "in raffinierter erzählerischer Verschränkung" als Fragen nach dem "Realitätsgehalt von Zeichen" und dem Verhältnis von Wirklichkeit und Erinnerung. Gefreut hat sich der Rezensent auch über den "ironischen und angenehm flapsigen Ton" der Übersetzung von Willi Zurbrüggen.

© Perlentaucher Medien GmbH"