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Der in sich hoch differente Protestantismus ist, ob gern gesehen oder nicht - vielleicht einfach übersehen -, weltweit ein wichtiger Kultur- und Sozialfaktor geblieben. Ihn untersucht, unter Konzentration auf Deutschland und die USA, der vorliegende Sammelband. Sein Approach ist ein hauptsächlich kultur- und sozialwissenschaftlicher, ohne auf theologische Kompetenz zu verzichten. Einige AutorInnen beziehen sogar reflektiert-konfessionelle Positionen, die freilich auch bei ihnen mit radikaler Ideologiekritik korrespondieren. Vorwort - Einleitung - C. Köhle-Hezinger: Nachchristlicher…mehr

Produktbeschreibung
Der in sich hoch differente Protestantismus ist, ob gern gesehen oder nicht - vielleicht einfach übersehen -, weltweit ein wichtiger Kultur- und Sozialfaktor geblieben. Ihn untersucht, unter Konzentration auf Deutschland und die USA, der vorliegende Sammelband. Sein Approach ist ein hauptsächlich kultur- und sozialwissenschaftlicher, ohne auf theologische Kompetenz zu verzichten. Einige AutorInnen beziehen sogar reflektiert-konfessionelle Positionen, die freilich auch bei ihnen mit radikaler Ideologiekritik korrespondieren.
Vorwort - Einleitung - C. Köhle-Hezinger: Nachchristlicher Protestantismus - Protestantischer Katholizismus. Zur Kultur konfessioneller Übergänge - H. J. Goertz: Die Reformation oder: Von der Priesterkultur zur Laienkultur - I. Deutscher Protestantismus in Geschichte und Gegenwart - H.-M. Gutmann: Das harmonisierte Gemeinwesen. Über die Ambivalenz eines protestantischen Ideals - W. Jaeschke: Hegels Begriff des Protestantismus - U. Puschner: Deutschchristentum.Eine völkisch-christliche Weltanschauungsreligion - M. Weinrich: Karl Barths Kampf gegen die religiöse Versuchung des Nationalsozialismus. Von der bescheidenen Kompromißlosigkeit der Theologie - M. Haspel: Kirche im Sozialismus - Protestantismus in der DDR - H. Kuhlmann: Ist der Protestantismus zukunftsfähig? - II. Protestantische Bibel- und Religionswissenschaft - M. Leutzsch: Wie protestantisch ist das Neue Testament? - V. Krech: Wie protestantisch war die ältere Religionswissenschaft? - D. Schellong: Der "Geist" des Kapitalismus und der Protestantismus. Eine Max-Weber-Kritik - III. US-amerikanischer Früh- und Spätprotestantismus - U. Brunotte: 'New Israel' in der Neuen Welt und der Ursprung der 'Indianer'. Zur millenaristischen Ethnographie des frühen amerikanischen Puritanismus - F. Unger: US-Linksprotestantismus im 20. Jahrhundert
Autorenporträt
Richard Faber ist Professor für Soziologie (der Literatur) an der FU Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.11.2003

Der entwichene Gott
Ein Sammelband über das Phänomen Protestantismus
Die Annäherung an das vielgestaltige Phänomen des Protestantismus bedarf der Askese. Wer ohne materiale und methodische Beschränkung auszieht, den Protestantismus kennen zu lernen, muss sich geradezu zwangsläufig in der Fülle von Material und Deutungsperspektiven verirren. Einen unfreiwilligen Beleg dafür liefert ein Band mit dreizehn inhaltlich wie qualitativ höchst heterogenen Beiträgen einer Ringvorlesung über den Protestantismus an der FU Berlin.
Eine Orientierung geben vor allem die souveränen Ausführungen des Bochumer Philosophen Walter Jaeschke über Hegels Begriff des Protestantismus. Er zeigt dessen dreifache Gestalt auf: Protestantismus als humanistische Bildungsreligion, als geschichtsphilosophischen Epochenbegriff der (zu überwindenden) Moderne, und schließlich als Begriff einer umfassenden politischen Praxis der sittlichen individuellen Lebensführung. Hegel bündelt so die unterschiedlichen Stränge der Protestantismusdebatte seit der Aufklärung und stellt sie auf den Boden des historischen Denkens.
Den protestantischen Wurzeln der Religionswissenschaft geht auch der Heidelberger Religionssoziologe Volkhard Krech nach. Es sind vor allem zwei durchaus widersprüchliche Momente, die hier wirksam werden. Zum einen ist es die vom religionsgeschichtlichen Denken beförderte empirische und vergleichende Methode, zum anderen die von protestantischer Individualitätsemphase befeuerte Konzentration auf die religiöse Erfahrung, deren Tiefenstruktur die Religionsphänomenologie durch Einklammerung der empirischen Wirklichkeit erkunden wollte. Bemerkenswert ist auch die Folgerung Krechs, diese doppelte Struktur werde in der Religion des Protestantismus synthetisiert, bereite aber der religionswissenschaftlichen Forschung auch heute noch, dem eigenen Verständnis nach längst vom Protestantismus emanzipiert, erhebliche Schwierigkeiten.
Es ist diese Aufmerksamkeit für die methodischen Probleme, die die Beiträge Jaeschkes und Krechs heraushebt, nicht zuletzt, weil sie zeigen, dass die Protestantismusdebatten dieses Instrumentarium im kritischen Selbstinteresse entwickelten. Manchen der Beiträge, vor allem aber der willkürlich erscheinenden Zusammenstellung dieses Bandes wäre etwas davon zu wünschen.
Hegel schrieb 1810, der Protestantismus bestehe „nicht so sehr in einer besonderen Konfession als im Geiste des Nachdenken und höherer, vernünftiger Bildung”. Dieses protestantischen Selbstbewusstsein bedarf fast 200 Jahre später wohl selbst der Historisierung. Einem Band über den Protestantismus allerdings würde etwas Reminiszenz an den entwichenen protestantischen Geist nicht schaden.
FRIEDEMANN VOIGT
RICHARD FABER, GESINE PALMER (Hrsg.): Der Protestantismus. Ideologie, Konfession oder Kultur? Königshausen & Neumann, Würzburg 2003. 288 Seiten, 29,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Äußerst unzufrieden fegt Friedemann Voigt diesen Sammelband vom Tisch, den er als Symptom von fehlender "materialer und methodischer Beschränkung" betrachtet. Am besten seien die Beitrage von Walter Jaeschke über Hegels begrifflichen Zugriff auf den Protestantismus und von Volkhard Krech über die "protestantischen Wurzeln der Religionswissenschaft", und zwar, weil beide um Fragen der Methodik kreisen, die sich auch die Herausgeber hätten stellen sollen. Etwas mehr geistige Askese bitte, fordert der Rezensent.

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