Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 30,00 €
  • Broschiertes Buch

Zeitlebens produziert der Dramatiker Heiner Müller chiffrierte Texte über den Vater in der symbolischen Ordnung, die der nachgeborene Sohn umzustürzen versucht. Der Vater ist der Subtext, der die autobiographischen Konfliktfelder verbindet, die Müllers Schriften verfassen. Verrat, sein Leitthema, wird in dieser Untersuchung als Anagramm gelesen. Müllers Maskenspiele schreiben dem Wort ,Verrat, Spuren des Wortes ,Vater, ein. Latenter und manifester Text lassen sich den geschichtsphilosophischen, politischen und psychoanalytischen Diskursen zuordnen, die Müller beleiht. Auf der Figurenebene…mehr

Produktbeschreibung
Zeitlebens produziert der Dramatiker Heiner Müller chiffrierte Texte über den Vater in der symbolischen Ordnung, die der nachgeborene Sohn umzustürzen versucht. Der Vater ist der Subtext, der die autobiographischen Konfliktfelder verbindet, die Müllers Schriften verfassen. Verrat, sein Leitthema, wird in dieser Untersuchung als Anagramm gelesen. Müllers Maskenspiele schreiben dem Wort ,Verrat, Spuren des Wortes ,Vater, ein. Latenter und manifester Text lassen sich den geschichtsphilosophischen, politischen und psychoanalytischen Diskursen zuordnen, die Müller beleiht. Auf der Figurenebene weist er Verrätern die Rollen von Vätern und Söhnen zu, um den beiderseitigen Bruch eines Generationenvertrages anzuzeigen. Müllers Texte regenerieren Familienbande. Sein Drama gründet auf der Heimsuchung durch ein transgenerationelles Phantom, dem er den Namen des Verrats gibt. Zugleich verweisen alle Personifikationen des Verrats auf den Vater. Müller individualisiert eine sakral drapierte Sozialismusgeschichte. Zugleich versetzt er seine Selbstverschriftlichungen so kohärent mit historischen und mythopoetischen Korrespondenzen, daß die lebensgeschichtlichen Vorspiele zugleich verdeckt und monumentalisiert werden. Der vermeintliche Autor, dem von seinem Erzeuger lebenslänglich die umgeschulte Schreibhand geführt wird, kann sein Vatergespenst nicht verscheuchen, weil es seiner autobiographischen Konstruktion zufolge seine Schriften und sein Schreiben erzeugt hat. Grundsätzlich knüpft die Studie an literaturwissenschaftliche Diskurse an, die Texte mit einem Lektüremodell zu analysieren, das als Gedächtnis der Texte die Gesamtheit von deren Bezügen bestimmt. Müllers Nachschriften mit diesem Instrumentarium zu analysieren, rechtfertigt sich durch seine selektive Textophagie, die väterlichen Diktaten folgt. Die Abhängigkeit, aus der sich Müllers intertextuelle Strategien speisen, macht seine Textproduktion als Gedächtnishypertrophie im Namen des Vaters lesbar.
Autorenporträt
Hendrik Werner, Jahrgang 1966, studierte Deutsche Literaturwissenschaft, Politische Wissenschaft und Philosophie an der Universität Hannover. Seine durch die DFG geförderte, mit Auszeichnung beurteilte Dissertation entstand am Graduiertenkolleg "Theorie der Literatur und Kommunikation" der Universität Konstanz. Veröffentlichungen zu kulturwissenschaftlichen Themen, Mitarbeit an der Heiner-Müller-Bibliographie. Er arbeitet als Redakteur in Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Ziemlich interessant findet der Rezensent mit dem Kürzel kru Hendrik Werners Grundthese zum Werk Heiner Müllers, die davon ausgeht, dass Müller den "Verrat" immer wieder in seiner Arbeit reflektiert hat, den er als Junge zu NS-Zeiten an seinem Vater begangen hatte. Für diese These findet Werner nach Meinung des Rezensenten jedenfalls "zahlreiche überzeugende Belege" in den Arbeiten Heiner Müllers. Inhaltlich findet der Rezensent dieses Buch auf jeden Fall "recht ergiebig". Nur von der Sprache des Autoren, "einem hermetischen Jargon", ist der Rezensent etwas abgeschreckt und fragt sich, ob derlei rhetorische Eskapaden "der Wahrheitsfindung wirklich noch dienen".

© Perlentaucher Medien GmbH