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Ernst Jünger - ein verbindlicher Interpret des zwanzigsten Jahrhunderts? Wenn auch sein langes Leben und die politische Neuorientierung nach dem osteuropäischen Umbruch diese Auffassung förderten: beweisen muß sie sich am Gehalt der Texte. Die Literaturgeschichte findet insbesondere in Jüngers um 1930 entstandenem Werk ein Reservoir seiner späteren politischen und philosophischen Positionen. Dreh- und Angelpunkt für diese Zeit ist die eminent komplexe Schrift 'Das Abenteuerliche Herz. Aufzeichnungen bei Tag und Nacht'. Sie erschien 1929 und wurde von Jünger für die zweite Auflage 1938 stark…mehr

Produktbeschreibung
Ernst Jünger - ein verbindlicher Interpret des zwanzigsten Jahrhunderts? Wenn auch sein langes Leben und die politische Neuorientierung nach dem osteuropäischen Umbruch diese Auffassung förderten: beweisen muß sie sich am Gehalt der Texte. Die Literaturgeschichte findet insbesondere in Jüngers um 1930 entstandenem Werk ein Reservoir seiner späteren politischen und philosophischen Positionen. Dreh- und Angelpunkt für diese Zeit ist die eminent komplexe Schrift 'Das Abenteuerliche Herz. Aufzeichnungen bei Tag und Nacht'. Sie erschien 1929 und wurde von Jünger für die zweite Auflage 1938 stark bearbeitet. Dieses Werk war seine erste genuin literarische, das heißt von der Kriegsfixation befreite, Leistung und ist der aus Träumen und Betrachtungen zusammengesetzte Versuch einer philosophischen Standortbestimmung. Biographisch steht der Band am Übergang Jüngers vom Sprachrohr einer "Konservativen Revolution" zur reinen, von der Politik abgekehrten Dichterexistenz.

Die Studie analysiert und deutet Jüngers Text in seiner kulturgeschichtlichen Vernetzung. Neben der formalen und rhetorischen Struktur wird das Gefüge der darin postulierten Welt-Anschauung studiert und mit seinen disparaten Bezügen zu Platon, der Romantik und Nietzsche, zu George, Simmel, Spengler, Brecht und Carl Schmitt zusammengeführt. Am Kreuzungspunkt all dessen stehen paradoxe existentielle Programme wie das ins "Herz" verlagerte "Abenteuer", wie die zu allem und nichts entschlossene "erlesene Schar" von isolierten Denkern, welche als Nachhall der Kriegs-Stoßtrupps durch den Text geistert, oder das moderne Erkennen in der Gestalt des "stereoskopischen Blicks". Es gilt, die Genese dieser zwiespältigen Konzepte aus der sedimentierten Kriegs- und Todeserfahrung von Jüngers In Stahlgewittern und seiner politischen Kampfpublizistik der zwanziger Jahre nachzuvollziehen. Darüber hinaus geht es um die Bestimmung der pessimistischen Visionen und der Bewältigungsstrategien, die der Text antizipatorisch bereits im Hinblick auf kommende Erschütterungen wie den zweiten Krieg entwickelt: etwa hinsichtlich des Umgangs mit dem den Einzelnen total vereinnahmenden Schmerz oder mit der Ty rannei. Auszüge aus dem Arbeiter (1932), der Textsammlung Blätter und Steine (1934) sowie aus der Zweitfassung des Abenteuerlichen Herzes (1938) werden hierfür vergleichend hinzugezogen. Im Ergebnis entsteht ein Grundriß von Jüngers Denkbewegungen im Bannkreis der nationalsozialistischen Machtübernahme.

Zum Autor/Herausgeber: Norbert Staub, geboren 1963, hat in Zürich Germanistik und Geschichte studiert. Er ist seit 1993 Assistent für Neuere deutsche Literatur bei Professor Peter von Matt an der Universität Zürich. Daneben Rezensent für Literaturwissenschaft, deutsche und Schweizer Literatur bei verschiedenen Schweizer Zeitungen.

Zielgruppe: Literaturwissenschaftler, Kulturwissenschaftler, Historiker, Politologen und Philosophen
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

In einer Kurzrezension zeigt sich der Rezensent mit dem Kürzel „wl“ recht erleichtert, dass nach langer Zeit nun ein sachlicher Umgang mit dem Werk Ernst Jüngers möglich ist. Dies sieht er auch in der vorliegenden Dissertation bestätigt. Zwar ist der Rezensent von dem Ergebnis dieser Untersuchung keineswegs überrascht. Dennoch gefällt ihm, dass Staub anhand von Jüngers Text „Das abenteuerliche Herz“ von 1929 aufzeigt, wie dieser dort „im Begriff ist, seinen politisch-atavistischen Konservatismus auf Grund der historischen Entwicklung zu einem kulturellen umzucodieren“. Dies bedeutet für den Rezensenten, dass die Ästhetik für Jünger gewissermaßen ein Schutz vor „faschistoiden Ressentiments und damit dem Dritten Reich“ war. Diese These sieht er hier von Staub sehr deutlich untermauert.

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