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In der Informationsgesellschaft geht es nicht länger um die Auslegung von Texten, sondern um Eingriffe in den symbolischen Reproduktionsprozess von Gesellschaft. Nach der Sprache und der Schrift rücken Medien deshalb zunehmend ins Blickfeld theoretischen Interesses. Historisch und systematisch werden in diesem Band Positionen entfaltet, die für das Verständnis der Medien oder - allgemeiner - für die Medialität von Denken und Kommunizieren grundlegend sind. Der Autor Dr. Frank Hartmann ist Lektor am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien.

Produktbeschreibung
In der Informationsgesellschaft geht es nicht länger um die Auslegung von Texten, sondern um Eingriffe in den symbolischen Reproduktionsprozess von Gesellschaft. Nach der Sprache und der Schrift rücken Medien deshalb zunehmend ins Blickfeld theoretischen Interesses. Historisch und systematisch werden in diesem Band Positionen entfaltet, die für das Verständnis der Medien oder - allgemeiner - für die Medialität von Denken und Kommunizieren grundlegend sind. Der Autor Dr. Frank Hartmann ist Lektor am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien.
Autorenporträt
Frank Hartmann ist Professor für Geschichte und Theorie der Visuellen Kommunikation an der Fakultät Gestaltung, Bauhaus- Universität Weimar. Nach seiner Promotion am Institut für Philosophie an der Universität Wien und seiner Habilitation Medienphilosophie (2000) Lehre und Forschung an der Universität Wien sowie als Gastprofessor an der Donau- Universität Krems, der Universität Erfurt (2006), der Universität Salzburg (2007) und der USP - Universidade de São Paulo, Brasilien (2010). Aktueller Forschungsschwerpunkt: Ästhetik medialer Praktiken
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.05.2000

Jedermann ist medial veranlagt
Nur Heidegger nicht: Frank Hartmanns sprachlose Philosophie

"Medien" ist das Zauberwort. Alles, was mit Medien und speziell mit den "neuen Medien" zu tun hat, verspricht Gewinne. Das gilt für Aktien ebenso wie für Bücher. Frank Hartmann hat jetzt mit "Medienphilosophie" einen großschrittigen Durchgang durch die Philosophiegeschichte vorgelegt, den er als Vorbemerkung zu einer medienphilosophischen Theorie versteht. Der Autor, Lehrbeauftragter für Publizistik und Electronic Publishing, beginnt bei René Descartes. Dessen systematische Philosophie sei ohne den Buchdruck gar nicht vorstellbar, die gedruckten Bücher der formale Rahmen für die cartesianische Methode. Ebenso wären Immanuel Kants "Kritiken" ohne die entstehende Öffentlichkeit im späten achtzehnten Jahrhundert nie geschrieben worden. Ohne "Medien" und "Kommunikation", so Hartmann, ist Philosophie buchstäblich undenkbar.

Ob ein Denken jenseits von Sprache möglich ist, gehört zu den grundlegenden Fragen der Sprachphilosophie vom achtzehnten Jahrhundert bis heute. Hartmann bietet hier eine einfache Antwort: Ja, es ist. Schon Humboldt, Herder und Hamann hätten das Problem erkannt - der Romancier, Journalist und Sprachkritiker Fritz Mauthner habe dann zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts die Sprache als Erkenntnismedium in Frage gestellt. So unterschiedliche Denkansätze wie Charles S. Peirces Semiotik, Gotthold Freges Logik und Otto Neuraths Bildsprache interpretierte Hartmann als Versuche, die Vorherrschaft der alphanumerischen Sprache über das Denken zu überwinden.

Die ersten Philosophen im Medienzeitalter reagierten auf die Informationsmaschinen mit einem "Rückzuggefecht": Über Edmund Husserl führt der Weg zu Martin Heidegger, dem der Autor zwar zugesteht, er habe "der Sprache einige Aufmerksamkeit gewidmet", dem er allerdings auch einen "aristokratischen, jedenfalls elitären Blick auf die Entwicklungen der Moderne" attestiert. Das ist der Einsatzpunkt der "Medienphilosophie". Sie will jedenfalls nicht elitär sein. Ihre grundlegende Erkenntnis ist, dass nicht nur Sprache, sondern Medien generell Wirklichkeit konstruieren, dass es gar kein Außerhalb von Medialität mehr gibt.

Der Unterschied zwischen Realität und Repräsentation werde hinfällig, da der Mensch die Wirklichkeit gar nicht mehr als Wirklichkeit erfahre, sondern nur in ihrer Repräsentation. "Reale Virtualität" nennt Hartmann diese Konzeption. Ob es nun um das "Ende der Gutenberg-Galaxie", "The medium is the message" oder die "neuen, nicht-linearen Navigationsstrukturen" geht - was Hartmann als "Theoreme" der Medienphilosophie und ihre Meisterdenker Harold Innis, Marshal McLuhan und Vilém Flusser anführt, geht über Gemeinplätze kaum hinaus. Problematisch ist, dass Hartmann, der sich den Klassikern kritisch genähert hat, nun Aussagen wie das Postulat, man müsse "über Sprache projektiv hinausdenken", oder Flussers Rede vom "kosmischen Stil" unbefragt zitiert. Und manches, was der Autor als Medienphilosophie präsentiert, ist eher Medientheologie.

"Synthetisierende Theorien mit umfassendem Erklärungsanspruch, die zwischen zwei Buchdeckeln präsentiert werden, verlieren zunehmend an Glaubwürdigkeit", verkündet Frank Hartmann bereits in der Einleitung. Doch "Medienphilosophie" - erschienen in der akademischen UTB-Reihe - ist selbst eine Art Lehrbuch mit Zusammenfassungen jeweils am Kapitelende und mit Übersichtstafeln. Der Autor ergänzt seinen Text mit fünfundzwanzig schlecht reproduzierten und unkommentierten Abbildungen, die wohl kaum das "bildliche Philosophieren" lehren können, das er als Ausweg aus der Sprachbefangenheit sieht. Und so bietet "Medienphilosophie" - ein Buch, das außen als Lehrbuch daherkommt und innen das Ende der Lehrbücher verkündet - sich weniger als Seminarlektüre an als vielmehr als Small-Talk-Munition.

NINA DIEZEMANN

Frank Hartmann: "Medienphilosophie". WUV, Wien 2000. 343 S., br., 39,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hart ins Gericht geht Nina Diezemann mit diesem Buch: Als "Small-Talk-Munition" ganz brauchbar, bemerkt sie spitz, nachdem sie allerhand entsprechende Passagen aufgelistet hat. So ist sie recht erstaunt, dass Hartmann die Jahrhunderte alte Frage der Sprachphilosophie, ob ein Denken jenseits der Sprache möglich ist, mit einem klaren "Ja" beantwortet. Und dementsprechend werden die Beiträge verschiedener Philosophen auch von Hartmann interpretiert, stellt sie fest. Wenig aufschlussreich findet sie darüber hinaus die Ausführungen zu `Theoremen` der Medienphilosophie und Innis, McLuhan und Flusser ("Gemeinplätze"). Die schlechte Reproduktion der Abbildungen seien außerdem nicht gerade dazu geeignet, das `bildliche Philosophieren` zu lehren, wie Diezemann nicht ohne Ironie anmerkt.

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