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Ein historischer, ein phantastischer und ein sozialkritischer Roman, ein Vampirroman und große Literatur, spannend und verstörend zugleich - das ist Wolfsrudel. Und eine eindringliche Studie über Gewalt in der Geschichte und Gewalt in Jugendbanden - in den Niederlanden ein vieldiskutierter Bestseller.Irgendwann im 19. Jahrhundert in der Walachei: Angewidert vom ärmlichen Dorfleben schließt sich Ion dem »Wolfsrudel« an: einer Bande jugendlicher Räuber, die auf einer verlassenen Klosterinsel Unterschlupf findet. In der Klosterkirche stoßen die Jungen auf ein altes Fürstengrab und plündern es. Es…mehr

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Produktbeschreibung
Ein historischer, ein phantastischer und ein sozialkritischer Roman, ein Vampirroman und große Literatur, spannend und verstörend zugleich - das ist Wolfsrudel. Und eine eindringliche Studie über Gewalt in der Geschichte und Gewalt in Jugendbanden - in den Niederlanden ein vieldiskutierter Bestseller.Irgendwann im 19. Jahrhundert in der Walachei: Angewidert vom ärmlichen Dorfleben schließt sich Ion dem »Wolfsrudel« an: einer Bande jugendlicher Räuber, die auf einer verlassenen Klosterinsel Unterschlupf findet. In der Klosterkirche stoßen die Jungen auf ein altes Fürstengrab und plündern es. Es ist das Grab von Vlad Tepes, auch Dracula genannt. Über der Aufteilung der Beute kommt es zum Streit. Das Wolfsrudel teilt sich in zwei Banden, die sich von nun an bis aufs Messer bekämpfen. Zu der einen Bande, die von Lupu, dem brutalen »Wolf«, geführt wird, gesellt sich ein alter Einsiedler. Er wird ihr Ratgeber und manipuliert sie bald schon nach seinen Wünschen. Auch die Bande von Vulpe, dem schlauen "Fuchs", hat einen solchen Ratgeber, einen alten Schäfer. Nach und nach erfahren wir, dass der Schäfer und der Einsiedler keine anderen sind als die Wiedergänger des blutrünstigen Vlad Tepes und seines gerissenen Bruders Radu, die schon im 15. Jahrhundert in den brutalen Auseinandersetzungen zwischen Ungarn und Türken auf dem Balkan Gegenspieler waren. Sie haben um die Seelen der Jungen gewettet.Ion ist entsetzt über den immer erbitterter geführten Kampf zwischen seinen alten Freunden. Er versucht, im Strudel der Gewalt nicht unterzugehen. Erschrocken spürt er auch in sich selbst die Lust am Bösen aufkeimen. Die einzige, die ihn vielleicht noch retten kann, ist die geheimnisvolle Mara...
Autorenporträt
Floortje Zwigtman, geb. 1974, ist eines der großen jungen Talente der niederländischen Jugendliteratur. Floortje Zwigtman arbeitete einige Jahre als Lehrerin und ist heute als freie Schriftstellerin und Lektorin tätig.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.10.2006

Räuberbanden
Siggi Seuss
Ein Abenteuerroman erzählt die Geschichte der Walachai
Träumt man oder wacht man? Im Roman Wolfsrudel werden wir mitgerissen von schrecklichen Ereignissen in zwei Welten, die der gegenwärtigen so fern nicht scheinen, obwohl die eine hundert Jahre, die andere sogar über ein halbes Jahrtausend zurückliegt.
Wie kann uns ein Jugendroman so vereinnahmen? Schließlich geht es nur um drei Bauernburschen, Ion, Alexandru, Vulpe, die das Leben in ihrem Dorf in der Walachei anödet und die sich deshalb der Räuberbande von Vulpes älterem Bruder Lupu anschließen. Sein „Wolfsrudel” raubt reiche Händler aus und schenkt einen Teil der Beute armen Bauern. Keine Toten, keine Verletzten – das ist oberstes Gebot. Bis zu diesem Zeitpunkt scheint sich die Geschichte auf dem Niveau eines spannenden Abenteuerromans zu bewegen.
Aber dann kommt ein zweiter Erzählstrang ins Spiel, der der Geschichte nicht nur eine andere Zeitebene hinzufügt, sondern sie aus der Welt eines gewöhnlichen Abenteuerromans hebt. Das Treiben der jugendlichen Räuberspiegelt sich in realen Ereignissen Mitte des 15. Jahrhunderts, als die Walacheiein Fürstentum war und zwischen den Mächten der Kreuzritterphalanx unddes osmanischen Reiches zerrieben wurde. Ort der Handlung in beiden Jahrhunderten: Kloster Snagov, wo die Gebeine des gefürchteten FürstenVlad Tepes, genannt Dracula und seines ungleichen Bruders Radu ruhen. Das Erstaunliche an diesem 500-Seiten-Roman mit Glossar, Landkarte und Geschichtsexkurs: Er trifft mit seinem Thema auch heutige Verhältnisse. Ohne jeden konkreten Bezug zur Gegenwart nähert man sich plötzlich denKräften, die jugendliche Bandenmitglieder zu Gewalttätern werden lässt.
Im Zentrum der Geschichte – die vom alten Ion kurz vor seinem Tod dem Sohn Vilcu erzählt wird – , steht der Machtkonflikt zwischen Vulpe und Lupu. Vulpe, der sich von seinem Bruder nicht respektiert fühlt, gründet mit Ion, Alexandru und einigen Abtrünnigen eine eigene Räuberbande. Bald gerät man – gefördert von einem ominösen Berater, einem Schafhirten – in einen Strudel der Gewalt. Mord, Totschlag und Folter sind nicht länger Tabus. Gruppenrituale und Feigheit erledigen den Rest. Einem zweiten Unbekannten, einem versöhnlichenEinsiedler, scheinen die Hände gebunden. Wie die beiden seltsamen Autoritäten mit der Welt des 15. Jahrhunderts in Verbindung stehen, offenbart sich sukzessive. Damals gab es einen grausamen Bruderzwist zwischen den walachischen Prinzen Vlad und Radu. Der blutrünstige Vlad regierte das Land mit unvorstellbarer Grausamkeit und wurde so zum Urvater aller Draculagestalten.
Den Spannungsbogen zwischen den Jahrhunderten festigt Floortje Zwigtman schließlich mit einer dritten Handlungsebene, auf der die Akteure als Marionetten in einem Spiel höherer Mächte erscheinen. Wie einst Gott und Mephistopheles im Faust, schließen Schafhirt und Einsiedler eine Wetteüber den Ausgang des Dramas, während sich die Betroffenen in der Illusion wiegen, sie seien Herren des Geschehens. Meisterhaft, wie die Autorin die Fäden zwischen den Ebenen und Elementen zusammenfügt und zusammenhält. Da vergisst man schnell den dramaturgischen Mangel, dass sichder alte Ion kaum Luft zum Atmen lässt, als er die Geschichte seines Lebensan einem Abend erzählt. Wir lesen tags, wir lesen nachts, begegnen Vampiren, der Geschichte der Walachei und der bitteren Wahrheit, dass das, was geschah, wieder geschehen wird. Nebenbei haben wir einen Abenteuerroman verschlungen. (ab 14 und Erwachsene)
SIGGI SEUSS
FLOORTJE ZWIGTMAN: Wolfsrudel. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf.Gerstenberg Verlag 2006. 512 Seiten, 15,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.12.2006

Und wenn du ihn einfach umbringst?
Bruderkrieg der Grabräuber: Der Tag, als Dracula zurückkehrte

Ist Ion Brebu ein Phantast, dessen Fabulierlust, vom Schnaps beflügelt, ins Unermeßliche reicht? Zu unglaublich erscheint, wovon er berichtet: von den feindlichen Brüdern Lupu und Vulpe Branistari, von denen der jüngere - Vulpe - einst sein Freund war. Und von den rivalisierenden Geschwistern Radu und Vlad Tepes, die sich vier Jahrhunderte zuvor bis auf den Tod um die Herrschaft in der Walachei stritten.

Es sind jedoch nicht allein die Bruderzwiste, die sich auf geheimnisvolle Weise in der Geschichte wiederholen, von denen Floortje Zwigtmans mehrfach preisgekrönter Roman "Wolfsrudel" erzählt, der drei Jahre nach seinem Erscheinen in den Niederlanden nun auch in deutscher Übersetzung zu haben ist. Vielmehr geht es um Verlocken und Erliegen, um die Faszination von Macht und Reichtum, um religiöse Verblendung und um Menschen, deren Habsucht sie zu Egoisten und deren Blindheit sie zu Narren macht.

Die Geister der walachischen Fürstensöhne werden wach, als die Räuberbande, der auch Ion Brebu angehört, im geheimnisumwobenen rumänischen Kloster Snagov auf der Suche nach dem sagenhaften Schatz des Vlad Tepes - auch als "Dracula" durch Geschichte und Literatur spukend - dessen Grab plündert. Das Teilen der Beute entzweit die Brüder Branistari, die einander in Selbstgefälligkeit und der Gier nach Allmacht in nichts nachstehen, nachhaltig, und auch ihre Gefolgsleute machen das Schisma mit. Aus Rivalität wird tödlicher Haß, rasch werden die abenteuerlustigen Kerle zu Mördern. Mit der ersten gewalttätigen Entgleisung geht dann auch bei Ion "im Herzen eine Tür auf, die besser geschlossen geblieben wäre".

Zu spät begreifen die unbedarften Bauernburschen, daß ihre wie aus dem Nichts aufgetauchten klugen Ratgeber - den einen ist es ein Einsiedler, den anderen ein Schafhirte - nichts anderes sind als raffinierte Verführer, die als mordlustige und rachsüchtige Wiedergänger aus finsterer Zeit ihr blutiges Spiel von einst fortsetzen: mit den Jungen als Schachfiguren, mit Menschenseelen als Wetteinsatz.

Zwigtmans drastisches Bild vom Menschen, den sie als erbärmlich leicht zu manipulieren beschreibt, ihre Schilderung eines mühelos zu weckenden Potentials an Bösartigkeit erschreckt ebenso wie ihre nicht eben zimperliche Darstellung von Gewalt in allen nur denkbaren Formen: als demütigender Aufnahmeritus, als schiere Freude am Quälen, als Töten aus Gier oder aus selbsternannter Gnade, gar aus Lust am Morden. Ihrem Ränkespiel folgt man seltsam fasziniert und mit gebannter Spannung.

Die eigenwillige Verquickung von Verbürgtem und Erdachtem zeugt von beeindruckenden historischen Detailkenntnissen ebenso wie von einer wahrhaft blühenden Phantasie. Zwigtman schöpft aus Geschichtsbüchern und Mythen des heutigen Rumänien, bedient sich bei der Fantasy- und Abenteuerliteratur, aus Gruselromanen und alten Chroniken. In der Überfülle der Ideen, Anspielungen und Symbole sowie der nicht eben geringen Zahl an Erzählsträngen und -ebenen droht sich die Geschichte gelegentlich zu verlieren wie die jungen Burschen in den Geheimgängen der dunklen Klosteranlage. Kurz bevor sich die Autorin in Unglaubwürdigkeit verstrickt, findet sie doch wieder zurück.

Der komplexen Struktur des Romans kann nur der folgen, der eng und wachsam am Text bleibt. Dadurch geht Zwigtmans Absicht zwar unter, aus der historischen Distanz auch noch Aktualität herstellen zu wollen - die zum Krieg auf dem Balkan und der anhaltenden Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslimen. Aber genau das hätte wohl zu jener Überfrachtung geführt, an deren Rand sich Zwigtmans verwirrende, wenngleich höchst fesselnde Parallelgeschichten ohnehin bewegen. Sie werfen auch ohne aktuellen Bezug genug spannende, auch bange Fragen auf.

Sieht man immer die Gespenster, die man selbst ins Leben ruft? Stellt sich stets das Unheil ein, das man heraufbeschwört? Sind die Blutsauger unter uns? Ion Brebus Erzählung von schwächelnden Menschen als Spielball teuflischer Mächte jedenfalls möchte man nur zögerlich glauben. Beruhigender wäre es, er wäre eben doch nur ein alkoholisierter Aufschneider mit einem Hang zu wilden Geschichten.

ELENA GEUS

Floortje Zwigtman: "Wolfsrudel". Roman. Aus dem Niederländischen übersetzt von Rolf Erdorf. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2006. 512 S., geb., 15,90 [Euro]. Ab 14 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Elena Geus zeigt sich durchaus beunruhigt, wenngleich vollkommen gefesselt von diesem Jugendbuch über zwei Brüder und deren Gefolge, die sich beim Grabraub des legendären Dracula in der Walachei entzweien, wobei sie sich als "Spielbälle" finsterer Mächte der Vergangenheit entpuppen. Die originelle Mischung aus Historienroman, Fantasygeschichte und Gruselliteratur macht die Anziehungskraft dieser an Ideen überquellenden Geschichte aus, meint die Rezensentin, auch wenn sie ob der zum Teil recht brutalen Schilderungen etwas verschreckt wirkt. Die niederländische Autorin verknüpft unzählige Handlungsstränge, was mitunter verwirrend ist und die Leser müssen höllisch aufpassen, nicht den Faden zu verlieren, warnt sie. Den aktuellen Bezug, den die Autorin offensichtlich auch noch im Sinn hatte, erreicht allerdings nicht mehr ganz das Bewusstsein der Leser und das ist vielleicht ganz gut so, meint Geus, denn dann wäre dieser mit mehreren Preisen ausgezeichnete Jugendroman wohl wirklich an seiner Überfülle an Motiven und Bedeutungen in die Knie gegangen.

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