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Giorgio Vasari, Maler, Architekt und Schriftsteller, beschreibt sein eigenes Leben als Erfolgsmodell eines Renaissancekünstlers. Neu übersetzt und kommentiert. Mit dem heutigen Standort der Kunstwerke.

Produktbeschreibung
Giorgio Vasari, Maler, Architekt und Schriftsteller, beschreibt sein eigenes Leben als Erfolgsmodell eines Renaissancekünstlers. Neu übersetzt und kommentiert. Mit dem heutigen Standort der Kunstwerke.
Autorenporträt
Giorgio Vasari wurde 1511 in Arezzo geboren und starb 1574 in Florenz. Zu seinen Hauptwerken zählen zahlreiche Portraits der Medici, der Bau der Uffizien und eben die Lebensläufe der berühmtesten Künstler.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.08.2005

Schöne stumme Bosheit
Kunst und Karriere: Giorgio Vasari über Tizian und sich selbst
Macht man sich daran, die neu erschienene Autobiografie eines Renaissancekünstlers zu lesen, liegt die Latte der Erwartungen hoch. Schließlich hat schon Benvenuto Cellini den Bestseller des Genres verfasst - einen abenteuerlichen Lebensroman, gesättigt von Gewalt und Intrige, Glück und tiefem Fall. Und, natürlich, von Kunst.
Von ihr, der Kunst, hat auch Giorgio Vasari einiges zu erzählen, wenn er am Schluss seiner Künstlerbiografien das eigene Leben und Schaffen resümiert. Wer allerdings von einem Maler und Architekten, der sich unter dem despotischen Herzog Cosimo I. von Florenz seinen Weg in die inneren Zirkel der Macht zu bahnen verstand, ähnlich glänzend unterhalten zu werden glaubt wie vom enfant terrible Cellini, sieht sich unweigerlich enttäuscht. Über weite Strecken meint man einen Karriereleitfaden vor sich zu haben, dessen Titel auch „Wie bringe ich es zum Hofkünstler?” lauten könnte und der, so scheint es, in stummer Abgrenzung gegen das Skandalbuch des Rivalen geschrieben wurde.
Als weiterer Band der neuen deutschen Vasari-Edition ist seine literarische Selbstauslegung von 1568 jetzt bei Wagenbach als schön illustriertes Taschenbuch erschienen, von Claudia Lorini leserfreundlich übersetzt und von Sabine Feser um einen höchst informativen Anhang ergänzt.
Die eigene Laufbahn, das lässt der Autor auf jeder Seite durchscheinen, hat sich konsequent vollzogen, und ihre Gipfelmarken sind nicht etwa Geschenke der launischen Fortuna, sondern der Lohn wohl bedachter Lebensplanung. Nachteilige Umstände weiß schon der angehende Maler dank Talent, Fleiß und fortgesetzter Entbehrung in Chancen zu verwandeln. Zumindest will er seine Leser das glauben machen. Doch wer von seinen Zeitgenossen mit einem guten Gedächtnis gesegnet war, wird manche Retuschen bemerkt haben, mit denen Vasari Tatsachen verfälschte, um in seiner Selbstbeschreibung ein nachträglich konstruiertes Künstlerideal triumphieren zu lassen. Etwa dann, wenn er den vergötterten Michelangelo unter seine Lehrmeister zählt. In Wirklichkeit war Vasari so wenig Schüler Michelangelos, wie sein wirklicher Lehrer bei ihm Erwähnung findet: der Bildhauer Baccio Bandinelli, der dem Autor inzwischen zum verhassten Konkurrenten um die herzogliche Gunst geworden ist und den er deshalb schnöde übergeht.
Fresken in 100 Tagen
Früh lernt der Aretiner, dass unbedingte Bereitschaft zur sozialen Anpassung sein wertvollstes Kapital darstellt. Es erschließt ihm nach und nach jenes immense Beziehungsnetz, das am Ende Künstler und Intellektuelle, Funktionäre und Kleriker umspannt und das dem Leser immer wieder eindrucksvoll vor Augen tritt: Name dropping gehört zu den Schlüsselstrategien schon dieses Autobiografen.
Um ans Ziel seiner Wünsche zu gelangen, nämlich Maler, Architekt und Kunstintendant am Florentiner Hof zu werden, führt der Weg über das Rom der Päpste. Hier geht der sonst so vorsichtige Vasari sogar Risiken ein, um sich einen Namen zu machen: Dem Kardinal Farnese sagt er zu, in der unglaublich kurzen Zeit von 100 Tagen den Audienzsaal der päpstlichen Kanzlei zu freskieren. Der Bericht über die „Sala dei cento giorni” verrät freilich nicht nur Stolz über einen gebrochenen Rekord, sondern auch Bedauern über die malerischen Konzessionen, zu denen er sich notgedrungen bereitfinden musste - ein rarer Moment des Innehaltens in einer Erzählung, die Selbstkritik sonst nur als literarischen Gestus, als indirektes Eigenlob kennt.
Gilt Vasari heute vor allem als Biograf und Vater der Kunstgeschichte, so beschwört er selbst unverdrossen das enorme Pensum, das er im Lauf von Jahrzehnten als Maler bewältigt hat. Zwar berichtet er von Unterhaltungen im römischen Farnese-Kreis, die ihn einst dazu anregten, aus seinen Studien zur Künstlergeschichte das Riesenwerk der Viten zu machen. Als Vermächtnis gilt ihm allerdings jener Zyklus von Wand- und Deckenbildern im Florentiner Palazzo Vecchio, der zur Verherrlichung des Brotherrn Cosimo die erstaunlichsten Mittel der Schönfärberei in Anschlag bringt.
Ausgerechnet diesem schwerfälligen Apparat bildlicher Argumentation, so wenig attraktiv man die Malerei finden mag, widmet Vasari die ausführlichste Beschreibung des ganzen Buchs. Nicht nur als malerischer Parforce-Akt ist er ihm besonderer Erinnerung wert. Er gerät ihm auch zum Exempel einer Kunst, die ihre Legitimation weder aus der bloßen Präsenz der Bilder noch aus dem Rang des Adressaten bezieht, sondern aus ihrer Nähe zum disegno.
Damit ist die oberste Instanz allen Kunstschaffens auf den Begriff gebracht: der gedankliche Entwurf, der seinen ersten Niederschlag in der Zeichnung finden muss, bevor er sich in das Endprodukt des Gemäldes umsetzen kann. Dass ein zwar angesehenes, aber so sehr in materieller Wirklichkeit verhaftetes Metier wie die Architektur dem luftigen Ideenreich des disegno ferner stehe als die Malerei, davon war Vasari im Einklang mit der Kunsttheorie seiner Zeit zutiefst überzeugt. Dem eigenen architektonischen Œuvre werden denn auch nur einige dürre Sätze zugebilligt. Selbst ein Ausnahmewerk wie die Uffizien, Anfang aller staatlichen Verwaltungsarchitektur, verdankt seine Erwähnung allein dem Stolz auf die gemeisterte technische Herausforderung, nicht etwa auf den innovativen Entwurf.
Zwangloser über Kollegen
Nimmt Vasari, wenn das eigene Leben zur Debatte steht, zuweilen auch den Zeigefinger zu Hilfe, um dem Leser den höheren Sinn der Erzählung präsent zu halten, so gelingt ihm im Blick auf Kollegen oft die zwanglosere, mitunter gar elegante Vermittlung seiner Botschaft. Die Vita Tizians etwa ist ein konkurrenzlos schönes Beispiel für Vasaris Kunst des versteckten Tadels. Zugleich mit der Autobiographie und auf demselben editorischen Niveau hat Wagenbach diesen Text jetzt ebenfalls auf Deutsch herausgebracht.
Für uns zählt Tizian unbestritten unter die Großen seiner Zeit. Für Vasari ist das längst nicht ausgemacht. Als Florentiner begegnet er allem, was aus Venedig kommt, zunächst einmal mit Misstrauen, und folglich kann man die Venezianer, die sich einen Platz auf seinem Olymp der Kunst sichern konnten, fast an einer Hand abzählen. Immerhin, Vasari ist in Venedig gewesen, und er kennt Tizians Werk. Er findet sogar Worte dafür, die nach Anerkennung aussehen - wenn auch oft nur auf den ersten Blick.
Überlegen gewinnt Tizian eine Konkurrenz gegen Pordenone. Aber wer ist schon Pordenone? Eine Vita Vasaris hat er sich jedenfalls nicht verdient. Keiner malt Porträts wie Tizian. Aber eben nur Porträts, soll sich der Leser denken, nicht Historienbilder, die in Vasaris Gunst viel höher rangieren. Im Erfassen der Natur kommt niemand Tizian gleich. Aber die mühevolle Übung im Zeichnen antiker Werke, in Rom zumal, hat er gescheut. Was ist seine Naturnachahmung also wert?
Man kann ihn lieben lernen
Mit diesen Sticheleien nicht genug. Tizian, Vasari berichtet es treuherzig, weiß die Gunst des Kaisers zu erringen. Gewiss, Karl V. ist der mächtigste Mann der Epoche. Aber kann er es als Kunstkenner etwa mit dem Florentiner Herzog aufnehmen? Und schließlich - eine Beobachtung, wie sie in solcher Subtilität selbst einem Vasari selten gelingt: Tizians Bilder, besonders seine späteren, lassen ihren Gegenstand oft nur aus der Distanz klar erkennen. Von Nahem sieht man nichts als ein Durch- und Übereinander von Farbschichten und Pinselstrichen. Auch dieser Befund, so verlässlich er vielen Späteren Tizians Rang als Vorläufer der Moderne verbürgen wird, soll Zweifel säen. Denn muss man die Bereitschaft, das Malen als materiellen Prozess so unumwunden zur Schau zu stellen, nicht als Verstoß gegen die Gebote des disegno verstehen, als Verrat an den göttlichen Prinzipien der Kunst?
Stellt er stumme Fragen wie diese, gibt Vasari auf einmal nicht mehr den Gralshüter der strengen Lehre, sondern den gewieften Provokateur mit Hang zur Bosheit. Man kann ihn lieben lernen.
ANDREAS TÖNNESMANN
GIORGIO VASARI: Mein Leben. Übersetzt von Victoria Lorini, kommentiert von Sabine Feser, 192 Seiten, 13,90 Euro. GIORGIO VASARI: Das Leben des Tizian. Übersetzt von Victoria Lorini, kommentiert von Christina Irlenbusch. 144 Seiten, 12,90 Euro. Jeweils zahlreiche Farb- und Schwarzweiß-Abbildungen. Beide Bände im Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2005.
Vasari (links) und Tizian, wie sie sich selber malten - zu sehen in den Florentiner Uffizien und in der Berliner Gemäldegalerie
Abb. aus den besprochenen Bänden
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Eine "triumphale Wiederkehr" Giorgio Vasaris erblickt Rezensentin Elke Buhr in der Neuedition der Werke des italienischen Baumeisters, Malers und Schriftstellers (1511-1574). Ihr Dank gebührt dem Wagenbach Verlag und vor allem dem Herausgeber-Team um den Kunsthistoriker Alessandro Nova. Sie lobt die Neuübersetzung der Werke Vasaris, dessen Lebensbeschreibungen italienischer Künstler, berühmter Maler, Bildhauer, Architekten, zu den wichtigsten Quellen der Kunstgeschichte zählen, als "nah am original und doch gut lesbar". Zudem seien sie "ausführlich kommentiert". Das gilt auch für den jüngsten, nun vorliegenden Band, Vasaris Autobiographie "Mein Leben", auf den Buhr aber nicht näher eingeht. Sie hebt indes hervor, dass sich die "schlanken, eleganten Taschenbuchausgaben" nicht nur zum Quellen-Studium in der Bibliothek, sondern auch als "praktischen Begleiter" vor Ort anbieten. "Bewundernswert" findet sie, wie es den Herausgeber-Team sowohl hier als auch in jeder einzelnen Lebensbeschreibung gelingt, "aus Vasaris biografischen Erzählungen und seinen oft sehr bildhaften Werkbeschreibungen die zu Grunde legende Ästhetik herauszufiltern".

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