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Die Diplomatensöhne Noel und Julius sind im Elite- Internat von St. Ebury nicht nur Zimmergenossen, sondern verlieben sich auch beide in die schöne Fall. Wie der introvertierte Bücherwurm und Gewichtestemmer Noel damit umgeht, dass er gegen den beliebten, gutaussehenden Julius den Kürzeren zieht, erzählt Colin McAdam in seinem neuen Buch. Ein Roman, der die Jugendsprache verliebter Teenager, die nur an das eine denken, in ein literarisches Sprachkunstwerk verwandelt (im Deutschen meisterhaft wiedergegeben von Eike Schönfeld) und zugleich das Ende der Jugend beschreibt: In St. Ebury ermittelt…mehr

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Produktbeschreibung
Die Diplomatensöhne Noel und Julius sind im Elite- Internat von St. Ebury nicht nur Zimmergenossen, sondern verlieben sich auch beide in die schöne Fall.
Wie der introvertierte Bücherwurm und Gewichtestemmer Noel damit umgeht,
dass er gegen den beliebten, gutaussehenden Julius den Kürzeren zieht,
erzählt Colin McAdam in seinem neuen Buch. Ein Roman, der die Jugendsprache
verliebter Teenager, die nur an das eine denken, in ein literarisches Sprachkunstwerk
verwandelt (im Deutschen meisterhaft wiedergegeben von Eike
Schönfeld) und zugleich das Ende der Jugend beschreibt: In St. Ebury ermittelt
die Polizei in einem Kriminalfall, der die Schüler aus ihrer unbeschwerten
Jugend reißt und Erwachsene aus ihnen macht.
Hier schreibt ein Autor, der Lebenserfahrung reflektiert und mit hohem literarischen
Vermögen verarbeitet.
Autorenporträt
Colin McAdam, 1971 geboren, ist in Hongkong, Dänemark, England und Kanada aufgewachsen. Er hat in Cambridge sowie in Kanada Literatur der Renaissance studiert. Sein ebenfalls im Verlag Klaus Wagenbach erschienenes Debüt "Ein großes Ding" hat international Furore gemacht.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.12.2010

So kindisch ist es, Regeln zu befolgen und zu brechen
Die stille Perversion der Ausgrenzung: Colin McAdams mitreißender Internatsroman „Fall“ verzichtet auf die viktorianischen Klischees von Tweed und Dudelsack
Nichts ist so brutal wie die Jugendzeit. Das zerstörerische Potential, das sich in dieser Lebensphase entfaltet, richtet sich sowohl gegen sich selbst als auch gegen andere. Ein Internat ist der Ort, an dem derartige Kräfte kanalisiert, bestenfalls domestiziert werden sollen. An Texten, die davon erzählen, ist die Literaturgeschichte reich. Wer sich als Autor, zumal als junger, hier einreiht, sollte dem Strom der Adoleszenzerzählungen etwas hinzuzufügen haben.
Der 1971 geborene Colin McAdam hat den Versuch unternommen, den Internatsroman quasi als Anti-Internatsroman zu inszenieren. Das Ergebnis ist ein vielleicht nicht durch und durch gelungenes, aber hoch interessantes und über weite Strecken mitreißendes Buch. Sämtlichen Anschlüssen an eine gewisse Gemütlichkeit, die dem Genre paradoxerweise – schließlich geht es zumeist um die Darstellung von Leid und Repression – nicht selten anhaftet, erteilt McAdam gleich zu Beginn eine Absage: St. Ebury, Schauplatz der Handlung, ist zwar ein kanadisches Eliteinternat, und die Insassen sind größtenteils Söhne reicher Leute, und doch: „Es war keine Schule mit Dudelsack und Profs und Tweed. Sie war keine, wo man sprach, wie man nicht spricht. Sie war weder im schottischen Hochland noch in den Hügeln Neuenglands.“ Jegliche Nostalgie- und Idyllisierungstendenzen treibt McAdam seinem Sujet umgehend aus.
Derjenige, der da spricht, heißt Noel und ist eine der zwei wesentlichen Erzählstimmen, die den Roman tragen und die Geschehnisse einiger weniger Monate in St. Ebury zwölf Jahre später zu rekonstruieren versuchen. Noel ist 18 Jahre alt, Sohn eines nach Australien versetzten Diplomaten; ein zu Beginn noch schmächtiger Typ, der das Krafttraining als Kompensation für sich entdeckt. Noels hohe Intelligenz ist unverkennbar, sein unheimlicher Hang zur Gewalt offenbart sich erst nach und nach. Der zweite Erzähler ist Noels gleichaltriger Zimmergenosse Julius, Sohn des amerikanischen Botschafters in Kanada, gut aussehende Sportskanone – eine Figur, die als Klischee angelegt wird, um als solches dekonstruiert zu werden. Denn Julius ist nicht der altbekannte Sonnyboy, sondern ein Schwerverliebter und daran durchaus auch Leidender. Fallon, genannt Fall, Julius Freundin, heißt das Mädchen, das jeder sich wünscht: ungeheuer schön und klug, gewandt und spaßbereit.
Es ist Noels tiefe Leidenschaft für Fall, die die Dinge ins Rollen bringen wird. Doch die verstörende Dreiecksgeschichte steht nur paradigmatisch für die selbstverständliche Gewalt, von der der gesamte Roman grundiert wird. An der Oberfläche funktioniert das Internatsleben nach den konventionellen Mustern, kleinen Schülerscherzen wie mit Rasierschaum gefüllten Kopfkissen inklusive. Doch schnell muss man zu der Erkenntnis gelangen, dass die meisten dieser Jungs schlicht und einfach böse sind. Sie sind es nicht wegen verkorkster Familienverhältnisse oder aus einer Abwehrreaktion, sondern aus sich heraus. Sie sind wie eingesperrte Tiere, denen die Begriffe eines geregelten Miteinanders fremd sind: „Aber“, so schreibt Noel rückblickend, „diese ganzen Regeln (. . .) Wir waren so kindisch, sie zu befolgen, und kindisch, sie zu brechen. Es waren Regeln, die mich auf das Pochen des Bluts oder die animalischen Entscheidungen, die mein Leben tatsächlich leiteten, so schlecht vorbereitet hatten.“
Dem hochreflektierten Duktus Noels setzt Colin McAdam Julius’ rein auf den Augenblick fixierte Assoziationsfetzen entgegen. Das ist eine freiwillige Verarmung sprachlicher Mittel und das Problem des Romans, denn seine im Stakkatostil aneinandergereihten Erlebnis- und Beobachtungsmomente, zum Teil über zwanzig oder mehr Seiten, sind eher manieriert als anschaulich; zudem sind sie, im Gegensatz zu Noels sinistren Einlassungen, eine Einbahnstraße: Julius’ Liebe zu Fall und die Angst, sie zu verlieren, werden perspektivisch so radikal verengt, dass die Figur Fall selbst ungreifbar bleibt: kein Charakter, sondern ein Gefäß, in das Julius seine Sehnsüchte legt.
Dass es zu einer oder gleich mehreren Katastrophen kommen wird, steht fest. Kompositorisch geschickt ist es, wie McAdam darauf hinschreibt: Es gibt das Davor und das Danach; der Kern aber bleibt lange verborgen. Dreh- und Angelpunkt von „Fall“ ist Noel, eine Figur zwischen Selbstdistanz und dem Drang zur unverstellten Authentizität des Fühlens. „Ich habe“, so Noel, „oft gedacht, stille Menschen seien die interessantesten, nicht, weil sie nachdenkliche Antworten geben können, sondern weil die lautere Welt sie ganz allgemein in eine Art Perversion gedrängt hat.“ Die stille Perversion – sie ist in „Fall“ beängstigend gut eingefangen. CHRISTOPH SCHRÖDER
COLIN McADAM: Fall. Roman. Aus dem Englischen von Eike Schönfeld. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2010. 384 Seiten, 24,90 Euro.
Blick zurück: Zwölf Jahre danach versucht Noel im Roman, die verstörende Dreiecksgeschichte zwischen ihm, seinem Feund Julius und dem schönen Mädchen Fall im kanadischen Eliteinternat St. Ebury zu rekonstruieren. Foto: www.plainpicture.com
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nicht alles an diesem Internatsroman des 1971 geborenen Autor Colin McAdam findet Christoph Schröder gelungen, aber alles in allem hat er ihn mit Spannung und Anteilnahme gelesen. Der Roman erzählt eine Dreiecksgeschichte von den Internatsschülern Noel, Julius und dessen Freundin Fall. Sämtlichen Idyllisierungsgefahren der Internatswelt allerdings geht der Autor konsequent aus dem Weg, stellt Schröder sehr angetan fest. Ihren Sog entfaltet diese Geschichte aus der untergründigen Gewalt, die das ganze Buch bestimmt, erklärt er. Denn dass etwas Schlimmes passieren werde, sei von Anfang an klar, aber wie der Autor dies inszeniere und aus den wechselnden Perspektiven der Schüler erzähle, sei ausgesprochen geschickt, lobt der Rezensent. Während Noel sich allerdings als reflektierter und kluger Beobachter an diese zurückliegenden Ereignisse erinnert, präsentiert sich Julius als tief im Geschehen steckender distanzloser Erzähler. Dadurch erfährt nicht nur die Sprache eine gewisse Verarmung, bedauert Schröder. Auch das Objekt seiner Liebe, Fall, gewinnt keine wirklichen Konturen, moniert der Rezensent. Die "stille Perversion" allerdings, die der Roman im Mikrokosmos des Internatslebens nachzeichnet, findet er bemerkenswert gut dargestellt.

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