Marktplatzangebote
13 Angebote ab € 2,50 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Durch die Stille einer sommerlichen Vollmondnacht wandern ein Mann und eine Frau. Sie durchqueren eine vom Tag immer noch heiße spanische Salzwüste, von Granada nach Murcia. Der Mann, Homero, ein Händler, treibt einen Packesel vor sich her und will in Murcia günstige Geschäfte machen, die Frau, Marianna, eine schöne Hure, will dort ihren Beruf aufgeben und einen braven Mann finden. Homero gibt den Philosophen, Marianna läßt ihr Gehirn lieber ruhen und ihren Körper sprechen; gern macht sie ihm, mitten in der Wüste, die Ziege. Vor allem aber unterhalten sich Homero und Marianna über den Raub…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Durch die Stille einer sommerlichen Vollmondnacht wandern ein Mann und eine Frau. Sie durchqueren eine vom Tag immer noch heiße spanische Salzwüste, von Granada nach Murcia. Der Mann, Homero, ein Händler, treibt einen Packesel vor sich her und will in Murcia günstige Geschäfte machen, die Frau, Marianna, eine schöne Hure, will dort ihren Beruf aufgeben und einen braven Mann finden. Homero gibt den Philosophen, Marianna läßt ihr Gehirn lieber ruhen und ihren Körper sprechen; gern macht sie ihm, mitten in der Wüste, die Ziege. Vor allem aber unterhalten sich Homero und Marianna über den Raub eines Goldschatzes, der dem einflußreichen Zirkel von Granada gehört hatte. Wo ist er? Trägt ihn der Packesel? Fallen sie deswegen möglicherweise unter die Räuber? Oder wer kommt da auf zwei Pferden? Noch ist es die Zeit des Banditenwesens, doch die Zeit läuft weiter, während die Welt sich wiederholt: Der Goldesel verschwindet in der Wüste, seine Begleiter gehen auf eine weite Reise, die in derGegenwart ankommt, als alte Geschichte von Liebe und Abenteuer.
Autorenporträt
Luigi Malerba (eigentlich Luigi Bonardi) wurde am 11. November 1927 in Berceto bei Parma geboren. Er gehörte zu den Gründern der Gruppe 63, schrieb Theaterstücke, Drehbücher, Erzählungen und Romane. Der phantasievolle Geschichtenerzähler, der zu den wichtigsten zeitgenössischen Autoren Italiens zählt, lebte in Rom und Orvieto. 2008 verstarb Luigi Malerba.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.11.2003

Das Böse siegt immer
Luigi Malerba reitet einsam durch die Nacht / Von Dirk Schümer

Spanien im glühendheißen Juli 1876; eine gottverlassene Einöde zwischen Murcia und Granada; ein mondsüchtiger Hausierer und eine mannstolle Dienstmagd wandern durch eine Vollmondnacht, treffen auf einen Mönch in schwarzer Kutte und werden am Ende von Räubern überfallen; Eheschwüre, Flüche, blutiger Schluß. Im neunzehnten Jahrhundert hätte man aus diesen Zutaten ein Opernlibretto gefertigt. Genau so eine Räuberpistole mit den Klischees des wilden, unsicheren, von Zigeunern, Banditen und Wiedergängern bevölkerten Spanien haben Verdi und Cammarano unter dem Namen "Trovatore" in die Welt gesetzt. Ist es da ein Wunder, daß der italienische Geschichtenerzähler Luigi Malerba nicht widerstehen konnte, als ihm bei einem Aufenthalt an der Universität von Murcia das blutrünstige Sujet förmlich auf dem Teller serviert wurde?

In der Gaststätte "La Paloma Blanca", die mit ihrem verrosteten Schild inzwischen "La Paloma de Hierro", also eiserne Taube, heißt, bekommt der Autor vom Wirt die unvergessene Mördergeschichte vom nächtlichen Zug durch die salzige Sierra aufgetischt, und er wäre nicht ein Erzhistorienerzähler und barocker Mythenschmied, hätte er sich dieses Libretto entgehen lassen. Schon die Titelwahl bezeugt, daß der Autor hier mit den Versatzstücken von Moritat, Verschwörungsroman und früher Kriminalgeschichte spielt: "Der geheime Zirkel von Granada". Das könnte ein Zeitungsroman von Eugene Sue oder Jules Verne sein, aber es ist ein postmodernistischer Plauderroman aus dem dritten Jahrtausend.

Beim Geheimzirkel von Granada handelt es sich um eine Freimaurergesellschaft, die mit Mafiamethoden und Wucher das Gemeinwesen in die Hände bekommt, sich an Witwen, Waisen und Jungfrauen vergeht und Granada terrorisiert. Wir erfahren von diesen finsteren und perversen "Geronten" allerdings nur durch die Erzählung der durch die Nacht wandernden Magd Mariana Lopez, die bei einigen der geheimen Ausschweifungen arg malträtiert wurde - und das, obwohl der jungen Dame sonst keine sexuelle Spielart zu fremd und kein Liebhaber zu ungestüm sein kann.

Ihr Wandergefährte, der Hausierer Homero Luis Molina, hat gleichfalls seine Erfahrung mit dem Geheimzirkel. Denn wahrscheinlich ist er der Mörder, der ein paar Tage vorher dem Wärter der Geheimzirkelkasse die Gurgel durchschnitten hat und seither mit dreißig Kilo Goldmünzen flüchtig ist. Zumindest hat er seinem armen Eselchen obskure Ware aufgebunden, an die er niemanden heranläßt, und ist sogar zu gehetzt, um in stiller Nacht auf die eindeutigen Avancen seiner Reisegenossin einzugehen. Daß diesen beiden noch ein geheimnisvoller Mönch über den Weg laufen mußte, gebieten die Gesetze des schauerromantischen Genres.

Malerba hat aus dem Stoff wenig gemacht. Statt die Komik und die Grellheit seiner Ingredienzien auszuleuchten, statt die Story bis zum Irrwitz zu überfrachten und in die Machinationen der Geheimzirkel und Räuberbanden einzutauchen, bestreitet er sein Buch mit endlosen, meist repetitiven und daher längst nicht immer unterhaltsamen Dialogen seiner Wandersleut'. Gerne hätten wir in diesem Rahmen von Zigeunerverfluchung, von maskieren Duellanten und vertauschten Neugeborenen erfahren, und Homero Luis mutiert auch immerhin im Vollmondlicht beinahe zum Werwolf. Dann entschließt er sich doch noch zu einem tierisch direkten Geschlechtsakt mit Mariana, und das vor den Augen des kommentierenden Mönchs. Doch praller und sinnlicher wird dadurch die Geschichte nicht. Am Ende plätschert das Gespräch über Gold, Metaphysik und Sex nur mehr zusammenhanglos vor sich hin, so daß jeder Leser freudig die Ankunft der Meuchelmörder begrüßen dürfte, die für einen ultimativen Höhepunkt und zugleich für einen zünftigen Abschluß der kruden Geschichte sorgen.

Malerba, der etwa in seinem finsteren Byzanzroman "Das griechische Feuer" so gekonnt mit historischen Klischees und Szenerien spielt und seit den "Nachdenklichen Hühnern" zu Recht als Meister des philosophischen Dialogs gilt, läßt hier seiner Plauderlaune allzu freien Lauf. Dabei erhalten wir Einblick in manche Sexualphantasie des inzwischen Sechsundsiebzigjährigen, und wenn es gar zu seicht wird, beschwört er mit Gewinsel, Wiehern, Bellen und drohenden Wegzeichen in der Wüste eine arg gekünstelte Sphäre des Unheimlichen herauf. Und vor allem: Das spätfeudale Granada, die schreckenerregende Wüste, die skurrilen Landleute - sie kriegen sowenig Kontur und sinnliche Greifbarkeit wie die Protagonisten einer Schaueroper. Freilich mit dem Unterschied, daß letztere herzzerreißende Arien zu singen haben, wo Malerbas Personen - etwa mit dem Messer im Bauch oder angesichts von verbrannten Leichen - nur zu umständlichen und bestenfalls unfreiwillig komischen Dialogen anheben.

Wenn schon fast alle tot sind, kommt wie ein fahler Donnerschlag die Pointe, auf die hin der Roman erzählt ist. Aber auch sie ist weder spannend noch überraschend, noch philosophisch genug, als daß man sie hier verschweigen müßte. Homero Luis entkommt den Banditen mit einem Messer zwischen den Rippen, und er landet nach hundert Jahren in der Gegenwart, wo man in der Gastwirtschaft einen Krankenwagen für ihn ruft. Aber es ist zu spät, er hat sich aus seiner unerhörten Geschichte nicht vollends bis zum Heute schleppen können. Das bleibt dann erzählerische Spielerei, wie sie typisch ist für die gelehrte und ironische Literatur des Italiens von Calvino, Eco, Manganelli, zu der mit seinen Glanzstücken auch Malerba gehört.

Ahnherr solchen aus dem Plot laufenden Erzählens ist Jorge Luis Borges, dem ja auch Eco im "Namen der Rose" als blindem Bibliothekar ein Denkmal gesetzt hat. Doch im Unterschied zum großen Argentinier beschränken sich seine italienischen Nachfolger nicht immer weise in Form und Inhalt, sondern walzen manchen dramaturgischen Einfall allzu arg aus. Daran kranken Calvinos Tarock- und Winternächte-Romane ebenso wie die letzte überfrachtete Mittelalterstory Ecos. Und auch Malerbas spanischem Schauerstückchen, das vielleicht für eine kurze Erzählung getaugt hätte, ist das Artifizielle und Bemühte leider in so mancher Zeile anzumerken. In seinem Nachwort liefert Malerba selbst die Erklärung, warum diese Historie zweier Wanderer nie so recht vom Fleck kommt: weil "es den Worten schwerfällt, mit den immer unsicheren Tatsachen der Realität Schritt zu halten".

Luigi Malerba: "Der geheime Zirkel von Granada". Roman. Aus dem Italienischen übersetzt von Iris Schnebel-Kaschnitz. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2003. 192 S., geb., 22,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Der mit "rtr" zeichnende Rezensent zeigt sich amüsiert. Luigi Malerba lässt in diesem Roman seinen Protagonisten sich nach einer Messerstecherei verletzt in ein Gasthaus schleppen, wobei ein ganzes Jahrhundert vergeht. So wandelt sich die Räuberpistole in einen "hintersinnigen Roman über das Vergehen der Zeit," wie der Rezensent feststellt. Durch den Kunstgriff, einen "Zeugen" für die Ereignisse zu Wort kommen zu lassen und somit für Authentizität zu sorgen, rücke sich der Autor in die Nähe von Cervantes, der ebenfalls eine solche Quelle angab, um dann um so ungezwungener drauflos fabulieren zu können.

© Perlentaucher Medien GmbH