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Die Gene bestimmen unser Leben. Noch nie wurde die Geschichte der Chromosomen und ihrer Entdeckung so verständlich und unterhaltsam erzählt.

Produktbeschreibung
Die Gene bestimmen unser Leben. Noch nie wurde die Geschichte der Chromosomen und ihrer Entdeckung so verständlich und unterhaltsam erzählt.
Autorenporträt
David Bainbridge hat seine Evolution als Teenager in den frühen 1980er-Jahren in den Savannen von Essex durchlebt. An der University of Cambridge hat er dann Zoologie und Veterinärmedizin studiert und unterrichtet heute dort Klinische Anatomie der Nutztiere am St. Catharine's College. Forschungsaufenthalte führten ihn an das Institute of Zoology der Zoological Society of London am Regent's Park, das Royal Veterinary College der University of London sowie die Universitäten Cornell, Sydney und Oxford. Er hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher verfasst. Er lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern, die unaufhaltsam der Pubertät zustreben, in Suffolk.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.05.2005

Verletzte im Gewühle
Bevor Amor anlegt, soll er sich selbst begreifen. Aber was nützt Wissen in Liebesdingen? Ein Streifzug durch neue Bücher über Biologie und Leidenschaft der Geschlechter
Auch in diesem Frühling ist die Liebe genauso wunderbar wie eh und je - und genauso kompliziert und schmerzlich. Auch die moderne Entkoppelung von Sex und Gefühl macht die Sache kaum leichter, erlaubt sie doch neue Beziehungsvarianten in verunsichernder Vielfalt. Plumpes Ratgebertum indes ist in der einschlägigen Sachliteratur verpönt. Weil Liebe schon immer mit Erkenntnis zu tun hat, soll sich Amor erst einmal selbst begreifen - um dann umso selbstsicherer auf den Anderen zielen zu können. So vielfältig, wie Beziehungen heute gelebt werden, so unterschiedlich sind die aktuellen Versuche von der Genetik bis zur Philosophie, das Wesen von Liebe, Sex und Partnerschaft zu ergründen. Gemeinsam ist ihnen Versprechen, dass man durch Wissen auch praktisch besser mit Liebesdingen klarkommt.
„Warum wir lieben” will die Anthropologin Helen Fisher durch die „Chemie der Leidenschaft” erhellen, jene körpereigenen Drogen, die Liebessymptome vom ersten Herzklopfen bis zur Trennung begleiten. Mit biologisch begründeter Liberalität beschreibt Fisher den Tumult der Empfindungen. Den einen zu begehren, während man den anderen liebt, ist biochemisch gesehen normal. Ideal ist es nicht, schon wegen der auto-gedopten Verlustängste des Partners. Spätestens hier fragt sich, was diesem denn das Wissen nützt, dass ein erhöhter Dopaminspiegel das Feuer seiner Eifersucht speist. Nun, die Autorin fühlt sich dadurch immerhin „besser informiert” und „aus Gründen, die ich nicht erklären kann, auch sicherer”.
Einer, der etwas von Fisher gelernt hat, ist Christian Schuldt. „Der moderne Mensch kann wieder mehr Gefühl wagen”, eben weil er weiß, dass Liebe nur der „soziale Code” eines Instinkts ist. Der moderne Mensch muss sich nicht wie weiland der dumme Werther aus Liebesleid umbringen, sondern kann „Gefühl und Kalkül, Leidenschaft und Laisse-faire” zum neuen Code der „pragmatischen Liebe” verknüpfen. Aus Niklas Luhmanns „Liebe als Passion” hat Schuldt die Verwechslung von Literatur und Leben übernommen, ansonsten ist „Der Code des Herzens” kaum einer in Luhmanns Sinn, sondern eher ein Schleppnetz für all die Paarungsmoden und -gemeinplätze zwischen Sex-Chat und Evolutionsbiologie. Wären die soziologischen, biologischen und populärdarwinistischen Argumente in diesem Buch nicht einfach nur beziehungslos aneinander gereiht, sie müssten sich gegenseitig totschlagen.
Dass eine naturwissenschaftliche Sicht der Geschlechter nicht notwendig gestrige Rollenbilder untermauern muss, zeigen die Biologen Jelto Drenth und David Bainbridge. Drenths „The Origin of the World”, eine umfassende Kultur- und Medizingeschichte über „Science and Fiction of the Vagina”, ist ebenso spannend, augenzwinkernd und selbstkritisch geschrieben wie Bainbridges „Das X in Sex. Wie ein Chromosom unser Leben bestimmt”. Vom Y-Chromosom bis zum Penis des Hyänenweibchens, das machen beide Bücher klar, ist Geschlechtlichkeit in der Natur eine viel zu vertrackte Sache, um daraus ein „natürliches” Liebesverhalten des Menschen abzuleiten. Ein „typisch” weibliches Verhalten knöpft sich Ulla Rhans „Fuck & Go” vor. „Warum Männer sich nicht binden wollen und Frauen daran schuld sind”, liegt für Rahn am nervigem Doppelspiel jener Frauen, die einerseits das fordernde tough girl, andererseits das Prinzesschen geben. Es ist die Zicke, der Rahn den ironischen Vergrößerungsspiegel vorhält. Das mag zu punktueller Einsicht führen, verdoppelt aber meist das Elend nur. Zumal der Titel in stilistischer Hinsicht kein Etikettenschwindel ist. Rhan schreibt wie mit einem knalligen Lippenstift, nach 200 Seiten schmerzen die Augen.
Erst nach geglückter Partnersuche treten jene Liebesambivalenzen auf, denen sich der Psychologe Wolfgang Schmidbauer in „Die Rache der Liebenden. Verletzte Gefühle und Wege aus der Hass-Falle” widmet. Zwar schreckt Schmidbauers dezent freudianisches Vokabular eher ab, doch man merkt schnell: Hier hat einer tief in den Menschen und seine Gefühlsabgründe hineingeleuchtet. Die Wege aus der Hass-Falle weist der Autor seriöserweise nicht, doch sein unvoreingenommener Blick auf Liebeswut und Trennungshass, auf die unvermeidliche Verwicklung jeder Liebe in Macht und Abhängigkeit ist auch diesseits der Pathologie aufschlussreich.
Selbstkenntnis steht auch im Zentrum des kultiviertesten neuen Liebesbuchs. In „Die Gründe der Liebe” erteilt der amerikanische Philosoph Harry G. Frankfurt zunächst aller zweckhaften Liebe, etwa der zur Nation und ihren Werten, eine Absage. Wahre Liebe, so Frankfurt, ist von äußeren Zielen frei. Sie hat ihren Zweck in sich, indem sie dem geliebten Menschen Wert verleiht und in der liebenden Sorge um ihn den Liebenden mit Sinn erfüllt. Ihre reinste Form ist eine nicht egoistische Selbstliebe, die sich ohne eitle Interessen bemüht, dem eigenen Leben Sinn zu geben. Was wohl wiederum nur heißen kann: Einen anderen Menschen zu lieben. Das ist letztlich nicht mehr als eine kantianisch aktualisierte Neuauflage des christlichen Urgebots der Nächstenliebe. Es ist aber auch nicht weniger, und in seinen klaren Argumenten hat Frankfurt eine lebensnahe Reflexionsbasis gelegt. Allerdings ist sein Liebesbegriff etwas blutleer. Aller erotischen Verliebtheit wird tieferer Wert abgesprochen - was die traditionsreiche Idee der charakterlichen Reifung in der Zweierbeziehung verkennt.
An sie appelliert Wolfgang Schmidbauer, und nur er und Frankfurt verzichten darauf, aus naturwissenschaftlichen Befunden über die Geschlechter Regeln auch für deren Liebesbeziehungen abzuleiten. Der Kurzschluss anderer Autoren, bei Problemen zwischen den Menschen auf die Dispositionen von Mann und Frau zu verweisen, zeigt noch etwas anderes: Die Befreiung von Liebe und Sex aus den Fesseln der Moral hat einem biologischen Imperativ Platz gemacht, den kaum interessiert, dass Beziehungen auch auf Freiheit und Verantwortung beruhen. Der zeitgenössische Glaube an die „unwiderstehliche Macht der Liebe”, die Lichtenberg in einem Brief von 1777 vernichtete, ersetzt also die Romantik durch die Biologie. Das lässt auch künftig wenig hoffen für Lichtenbergs Wunsch, dass Gedanken über die Liebe „weder an Mann noch Weib, sondern bloß an eine vernünftige Seele” gerichtet sein mögen.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit einer für Wilhelm Trapp erholsam "selbstkritischen" Distanz beschreibt David Bainbridge, wie die Geschlechtlichkeit das menschliche wie tierische Dasein prägt. Dabei werden auch Ungereimtheiten und Besonderheiten wie etwa der "Penis des Hyänenweibchens" nicht außen vor gelassen, wie der Rezensent lobend erwähnt, dem in seiner Sammelbesprechung von mehreren Büchern zum gleichen Thema vor allem der simplifizierende, weil biologistische Ansatz der meisten Autoren aufstößt. Bainbridges ebenso "spannendes" wie "augenzwinkerndes" Werk bildet da offenbar eine rühmliche Ausnahme. Hier wird zugegeben, dass die Geschlechtlichkeit in der Natur eine "viel zu vertrackte Sache" sei, um daraus Normen für das normale Liebesverhalten des Menschen abzuleiten.

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