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Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges will Klaus Rainer Röhl mit diesem Buch auch der deutschen Opfer gedenken, die das Hitler-Regime und seine äußeren Feinde dem eigenen Volk forderten.

Produktbeschreibung
Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges will Klaus Rainer Röhl mit diesem Buch auch der deutschen Opfer gedenken, die das Hitler-Regime und seine äußeren Feinde dem eigenen Volk forderten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.10.2002

Der Feind Amerikas
Klaus Rainer Röhls rechthaberische Marktschreierei

Klaus Rainer Röhl: Verbotene Trauer. Ende der deutschen Tabus. Universitas Verlag, München 2002. 238 Seiten, 19,90 [Euro].

Mit nackten Frauenkörpern und politischen Enthüllungen zweifelhafter Art kam Klaus Rainer Röhl in den sechziger Jahren zu Geld und linkem Ruhm. Damals schrieb er in der von ihm und seiner Frau Ulrike Meinhof begründeten Zeitschrift "konkret" gegen das "Rechtskartell": "Hinter den sich formierenden Terrorgruppen der Vertriebenenverbände, der NPD und der ,Aktion Widerstand' steht eine massive Minderheit unserer Bevölkerung. Unter der hauchdünnen Oberfläche der gegenwärtig regierenden sozial-liberalen Koalition entwickelt sich eine massive Tendenz nach rechts." So ähnlich dröhnt es aus der gleichen Zeitschrift bis heute.

Röhl hingegen hat seine frühere Weltsicht umgestülpt. Nunmehr klagt er über eine massive Bewegung von der entgegengesetzten Seite. Demnach entstand nach 1968 ein linkes "Gesinnungskartell, das die Meinungsführerschaft in Rundfunk und Fernsehen, Zeitungen, Zeitschriften und Buchverlagen errungen" hat und die deutsche Geschichte aus dem Blickwinkel der "Frankfurter Schule" zur Vorgeschichte des Holocaust umdeutete. Die deutsche Teilung erschien diesen linken "Tugendwächtern" als "Strafe für die Untaten Hitlers" akzeptabel. Er selbst habe in "konkret" solchen Unsinn "abgedruckt und in einer Auflage von über 150 000 verbreitet". Abgedruckt und verbreitet? Es glaube "außer einigen lernbehinderten Sandkasten-Generälen und Vertriebenen-Omas kein ernsthafter Mensch mehr an die Wiedervereinigung, weder SPD noch CDU", meinte Röhl noch 1972 ganz "konkret".

Den gehässig verspotteten "Vertriebenen-Omas" gilt heute sein aufrichtiges Mitgefühl. Heftig polemisiert er gegen die "Gutmenschen aller Parteien und Altersstufen von Rau bis Rosh" und deren "Versuch, die kollektive Erinnerung der Deutschen an das Grauen des Bombenkriegs, an die Vertreibung der Deutschen aus den Ostprovinzen, die Ermordung von über zwei Millionen ihrer Bewohner, die Greuel der massenhaften Vergewaltigung deutscher Mädchen und Frauen durch eine einseitige Geschichtsklitterung auszulöschen". Es müsse doch "nach 57 Jahren Schweigen wieder erlaubt sein, auch unserer Toten zu gedenken" und "die Erinnerung an die Todesmärsche und Vernichtungslager von 1945 wachzuhalten". Es sei Zeit für "die Aufhebung des Verbots zu trauern".

Ein solches Trauerverbot hat es freilich ebensowenig gegeben wie 1971 "Terrorgruppen der Vertriebenenverbände". Röhls agitatorische Maßlosigkeit hat die scharfe Gesinnungskehre des Autors ebenso überdauert wie die grobschlächtige Vision von dem Reich des Bösen. Unter der Überschrift "Amis raus aus Deutschland" empfahl er 1973 den Bundesbürgern, eine "ganz entschiedene Haltung von Gegnern und Feinden Amerikas einzunehmen". Nach dem Sieg des Vietcong über die Amerikaner sei es nun "Zeit für uns, ihnen klarzumachen, daß sie auch in Europa nichts zu suchen haben". Heute macht Röhl die Vereinigten Staaten für "die Umerziehung eines 80-Millionen-Volkes" verantwortlich, für ein seit 1945 betriebenes "gewaltiges und gewalttätiges Projekt", das er als "Charakterwäsche" bezeichnet, als eine den Deutschen bis in die dritte Generation eingeimpfte Suggestion von "nie vergehender Schuld".

Trotz solch steiler Thesen und der Wiederauflage von allerlei hergebrachten Verschwörungstheorien findet der im Untertitel des Buches angekündigte Tabubruch keineswegs statt. Die seitenlange Wiedergabe von Zeitzeugenberichten über die an Deutschen verübten Vertreibungsverbrechen sind für ein solches Vorhaben völlig ungeeignet. Die bei Röhl zitierte Überlieferung entstammt einer vor fünfzig Jahren unter Federführung Theodor Schieders erarbeiteten umfassenden Dokumentation der Vertreibung. Es ist bedrückend, auf welche Weise diese Leidensberichte der deutschen Vertreibungsopfer nun als billige Münze einer rechthaberischen Marktschreierei herhalten müssen.

JOCHEN STAADT

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Klaus Rainer Röhl, der in den sechziger Jahren mit seiner damaligen Ehefrau Ulrike Meinhof wesentlich die Zeitschrift "konkret" geprägt hatte, hat eine politische Kehrtwende vollzogen, berichtet Jochen Staadt. Beschwerte sich Röhl damals über die "Rechten", so klagt er heute und in seinem neuen Buch über die "Linken". Einst "gehässig verspotteten Vertriebenen-Omas" spende Röhl heute sein Mitgefühl, mit massiver Polemik gehe er gegen alle "Gutmenschen" von Johannes Rau bis Lea Rosh vor und behaupte, die Linken hätten den Deutschen ein "Trauerverbot" über das Gedenken der eigenen Opfer von Krieg und Vertreibung auferlegt. Weder sieht Staadt aber ein Trauerverbot, noch den im Untertitel angekündigten "Tabubruch" gegeben. Was dieser Band verdeutliche, seien vielmehr Röhls "agitatorische Maßlosigkeit" und seine "rechthaberische Marktschreierei", die ihn schon immer charakterisiert habe. Seine "steilen Thesen" und die Wiederauflage von althergebrachten Verschwörungstheorien bewirkten, schimpft der Rezensent, genau das Gegenteil von dem, was der Autor beabsichtige. Außerdem sei es "bedrückend", wie der Autor die Leidensgeschichte der Vertreibung für seine eigenen Ansichten missbrauche, ärgert sich der Rezensent.

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