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In der Nacht zum 13. August 1961 begann jene Aktion, die zu den einschneidendsten Ereignissen der deutschen Nachkriegsgeschichte gehört. Wenige Tage zuvor hatte der Kreml dafür grünes Licht gegeben: SED-"Kampfgruppen der Arbeiterklasse", Volkspolizei und Einheiten der Nationalen Volksarmee riegelten die Sektorengrenze zwischen Ost- und West-Berlin mit Stacheldraht ab. Wenig später wurde aus dem Stacheldrahtverhau die Mauer, die Teilung der Nation im wahrsten Sinne des Wortes zementiert. Der Mauerbau war der Höhepunkt der Berlinkrise, die der sowjetische Führer Nikita Chruschtschow im Herbst…mehr

Produktbeschreibung
In der Nacht zum 13. August 1961 begann jene Aktion, die zu den einschneidendsten Ereignissen der deutschen Nachkriegsgeschichte gehört. Wenige Tage zuvor hatte der Kreml dafür grünes Licht gegeben: SED-"Kampfgruppen der Arbeiterklasse", Volkspolizei und Einheiten der Nationalen Volksarmee riegelten die Sektorengrenze zwischen Ost- und West-Berlin mit Stacheldraht ab. Wenig später wurde aus dem Stacheldrahtverhau die Mauer, die Teilung der Nation im wahrsten Sinne des Wortes zementiert. Der Mauerbau war der Höhepunkt der Berlinkrise, die der sowjetische Führer Nikita Chruschtschow im Herbst 1958 mit einem Ultimatum an die Westmächte ausgelöst hatte und die bis 1963 andauerte. Sie war eine der gefährlichsten Krisen des Kalten Krieges und im Rückblick nach Einschätzung des damaligen stellvertretenden US-Verteidigungsministers Paul Nitze gefährlicher als die Kubakrise 1962. Auf der Grundlage bislang nicht zugänglicher amerikanischer, britischer und deutscher Akten untersucht der Autor diese zentrale Phase des Ost-West-Konfliktes - mit neuen, zum Teil völlig überraschenden und aus deutscher Sicht zumeist deprimierenden Erkenntnissen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.08.2001

Schutzwall gegen die Freiheit
ROLF STEINIGER: Der Mauerbau. Die Westmächte und Adenauer in der Berlinkrise 1958 – 1963, Olzog Verlag, München 2001. 400 Seiten, 36 Mark.
War die Berlin-Krise, die am 13.August 1961 im Bau der Mauer mündete , gefährlicher als die Kubakrise? Der Historiker Rolf Steininger hat die diplomatischen Verwicklungen, die offiziellen Positionen der vier Mächte und die Taktik der Bundesregierung unter dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer zur Berlinkrise untersucht. Mit Hilfe bislang unbekannter Akten aus amerikanischen, englischen und deutschen Archiven erläutert er, wie sich die Siegermächte in der Krise verhielten. „Alle vier waren sich einig: Die Deutschen durften keinen Finger am Atomknopf haben. Sie waren sich auch einig, dass Deutschland in zwei Staaten geteilt und an eine Widervereinigung in absehbarer Zeit nicht zu denken war.”
Steininger merkt an, dass die Sowjets (bei ihnen „verwundert das nicht”), aber auch die Briten (bei ihnen „verwundert es wohl auch nicht, ist aber aus heutiger Sicht ein Skandal”) überhaupt keine Wiedervereinigung wollten.
Der Westen betrachtete den Mauerbau 1961 als „Niederlage des Ostens”: Während die Sowjets anfangs West-Berlin von der DDR abriegeln wollten, werde nun die DDR von West-Berlin abgeriegelt. John F. Kennedy merkte an, die Mauer sei in jedem Fall besser als ein Krieg. Amerikaner und Briten wollten im Anschluss an den Bau der Mauer mit der UdSSR über die „neuen Realitäten” verhandeln und die Deutschen zu massiven Zugeständnissen zwingen. Mit Hilfe von Charles de Gaulle konnte Adenauer Verhandlungen auf Kosten der Deutschen verhindern. Im Laufe der folgenden Monate stellte sich heraus, dass der Mauerbau Höhepunkt und Ende der Berlinkrise war. Steininger zitiert Kennedy: „Es wäre doch idiotisch, wenn wir wegen eines Vertrages mit der Gefahr eines Atomkrieges konfrontiert sind – wo wir doch alle wissen, dass Deutschland wahrscheinlich nie mehr wiedervereinigt wird.” (Foto: SZ-Archiv)
CATHRIN
KAHLWEIT
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.2001

"Schnauzen im Schweinetrog"
Berlin 1961: Aus amerikanischen und britischen Geheimakten

Rolf Steininger: Der Mauerbau. Die Westmächte und Adenauer in der Berlin-Krise 1958-1963. Olzog Verlag, München 2001. 441 Seiten, 36,- Mark.

In Kürze jährt sich der 13. August 1961, der Beginn des Mauerbaus in Berlin, zum 40. Male. Dafür kommt die Studie des Innsbrucker Zeithistorikers gerade rechtzeitig. Der von Ulbricht geforderte und vom Warschauer Pakt gebilligte, offensichtlich von Chruschtschow vorgeschlagene Mauerbau machte die "Zone" - wie Adenauer bitter kommentierte - zu einem "großen Gefängnis". Die seit 1945 bestehende Teilung Deutschlands wurde im wörtlichen Sinne zementiert. Bei späteren Versuchen, die Mauer zu überwinden und in den freien Westen zu gelangen, wie das seit 1949 knapp 2,7 Millionen Bewohnern der DDR gelungen war, verloren nach Steiningers Angaben 255 Menschen ihr Leben.

Die Bundesregierung reagierte auf die Abriegelung des Ostsektors mit hilflosem Abwarten auf Gegenmaßnahmen der für Berlin zuständigen westlichen Bündnis- und Schutzmächte. Diese jedoch taten nichts. Deren Regierungen hatten längst mit Gewaltmaßnahmen zur Eindämmung des Flüchtlingsstroms gerechnet. Die Westmächte gingen davon aus, daß sich der Kreml mit der neuerlichen Absicherung seiner Kriegsbeute zufriedengeben würde. Sie waren bereit, mit dem Status quo in der Viersektorenstadt die "Friedensgrenze" zu akzeptieren.

Adenauers Entschluß, nicht sofort nach Berlin zu fliegen, ist oft kritisiert worden. Er glaubte, daß sein Erscheinen an der Sektorengrenze unkontrollierbare Reaktionen bis hin zu einem Aufstand in der Zone auslösen könnte. Nach seiner Einschätzung stand die "eigentliche Krise" in der von Chruschtschow seit November 1958 geschürten Krise erst noch bevor - wenn die Sowjets versuchen würden, die Westmächte aus Berlin zu verdrängen. Für diesen Fall befürchtete der Bundeskanzler einen Konflikt bis hin zu einem Nukleareinsatz. Mit dieser Möglichkeit hatte ihn Außenminister Dulles im Februar 1959 schockiert; Kennedy wiederholte sie im November 1961.

Der Friedensbeitrag, den Adenauer durch seine Zurückhaltung in der Berlin-Krise, die sich über vier Jahre hinziehen sollte, geleistet hat, ist 1991 von Hans-Peter Schwarz herausgearbeitet, aber kaum beachtet worden. Steininger nimmt dieses Ergebnis in den "Versuch einer Synthese" des Forschungsstands auf. Er ergänzt ihn durch minutiöse Nachzeichnung der Überlegungen und Entscheidungen in den Regierungszentralen in London und Washington entlang der Chronologie der dokumentarischen Überlieferung. Danach ist es dem Bundeskanzler gelungen, die Westmächte durch hartnäckiges Beharren auf der gemeinsamen Vertragsposition - Zusammenwirken zur Wiederherstellung der Einheit Deutschlands - daran zu hindern, sich auf einer von Chruschtschow geforderten Gipfelkonferenz auf eine neue Deutschland- und Berlin-Politik zu verständigen.

Die angelsächsischen Regierungen waren bereit, die DDR anzuerkennen und im weiteren Verlauf der Krise für den Zugang nach Berlin auch eine internationale Behörde - mit DDR-Beteiligung - zu akzeptieren. Spätere Überlegungen zielten auf eine Verselbständigung der Stadt bis hin zu dem utopischen Plan, das leidige Berlin-Problem durch die Aufgabe des Westteils der Stadt und einen Bevölkerungsaustausch, verbunden mit einem Gebietsaustausch mit Teilen der DDR, zu lösen. Den sowjetischen Pressionen gegenüber beharrte nur der französische Staatspräsident de Gaulle auf den alliierten Berlin-Rechten, ohne daß er deswegen etwa die Wiedervereinigung sonderlich befürwortet hätte. Seine klare Haltung erleichterte Adenauer, der von den angelsächsischen Mächten enttäuscht war, den Weg zum Freundschaftsvertrag mit Frankreich im Januar 1963.

Steininger belegt das "extrem schwierige" Ringen des Bundeskanzlers mit Kennedy und vor allem mit Macmillan, dem "besten Verbündeten Chruschtschows", der "nichts für die Deutschen und gar nichts für Adenauer und dessen Politik übrig" gehabt habe. Bezeichnend für Kennedys Verdruß über Adenauers Bremswirkung ist dessen drastische Formulierung, daß die Deutschen selbst einmal "ihre Schnauzen" in den "Schweinetrog" Berlin stecken sollten.

Die Konfrontation der Supermächte in Berlin am 27. Oktober 1961, als sich am Checkpoint Charlie amerikanische und sowjetische Panzer gegenüberstanden, ist nur deswegen nicht außer Kontrolle geraten, weil sich Kennedy und Chruschtschow insgeheim (über einen privaten Kanal) verständigten. Die Sowjetunion schuf durch ihr Vorgehen in Berlin Fakten, die Jahre später die Westmächte und schließlich auch die Bundesrepublik schrittweise akzeptierten.

Für seine dicht belegte Darstellung stützt sich Steininger auf die von ihm erschlossenen britischen und amerikanischen "Top secret"-Akten. Dazu wertet er die Dokumente zur Berlin-Krise aus, die in den Vereinigten Staaten inzwischen in acht Bänden ediert, in der Bundesrepublik aber kaum zur Kenntnis genommen worden sind. Dabei macht es dem Verfasser spürbare Freude, die eigenwillige (Zensur-)Praxis des State Department in der (Nicht-)Freigabe brisanter Akten zu ironisieren, um demgegenüber sein eigenes Entdeckergespür um so deutlicher herauszustreichen. Allerdings verspricht der Titel des Buches insofern zu viel, als die Berlin-Politik de Gaulles wie die Adenauers fast ausschließlich über den Umweg der britischen und amerikanischen Quellen erschlossen wird. Ob Steiningers Ergebnisse Bestand haben, wird sich zeigen, wenn eines Tages auch die heute noch verschlossenen Berlin-Dokumente in Bonn, Paris und Moskau zugänglich sein werden.

RUDOLF MORSEY

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rudolf Morsey lobt dieses Buch als "dicht belegte Darstellung", bei der sich der Autor auf bisher unausgewertete britische und amerikanische "Top secret"-Akten stützen konnte. Dabei wird besonders, so der Rezensent, die Rolle Adenauers zur Zeit des Mauerbaus erhellt. Adenauer, der für seine Zurückhaltung hinsichtlich des Mauerbaus viel Kritik einstecken musste, scheint hier nach Morseys Diagnose weitgehend entlastet zu werden, nicht zuletzt, weil er, Adenauer, mit einer noch größeren Krise gerechnet hatte: Der Verdrängung der West-Alliierten aus West-Berlin. Morsey gefällt an dem Band, dass die "Überlegungen und Entscheidungen in den Regierungszentralen in London und Washington" hier detailliert nachgelesen werden können und der Leser erfährt, wie konfliktreich das Verhältnis zwischen Adenauer und Kennedy gewesen ist. Allerdings räumt der Rezensent ein, dass diese Studie nur vorläufigen Bestand hat - solange nämlich, bis die bisher noch nicht zugänglichen Mauerbau-Dokumente in Bonn, Paris und Moskau ausgewertet werden können.

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