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Im vierten und letzten Buch, mit dem die Edition des "Convivio" abgeschlossen ist, interpretiert Dante sein Gedicht "Le dolci rime d'amor ch' i' solia" und erörtert die komplexe Frage der wahren Edelkeit. In diesem Rahmen diskutiert er den Umfang der kaiserlicher Macht und die Bedeutung des Römischen Reiches sowie das Verhältnis von Philosophie und Politik bzw. von philosophischer und politischer Kompetenz.
Die Bewertung des Römischen Reiches und die Erörterung der Autorität des Aristoteles für die Philosophie und das menschliche Denken schlechthin implizieren eine Stellungnahme zur
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Produktbeschreibung
Im vierten und letzten Buch, mit dem die Edition des "Convivio" abgeschlossen ist, interpretiert Dante sein Gedicht "Le dolci rime d'amor ch' i' solia" und erörtert die komplexe Frage der wahren Edelkeit. In diesem Rahmen diskutiert er den Umfang der kaiserlicher Macht und die Bedeutung des Römischen Reiches sowie das Verhältnis von Philosophie und Politik bzw. von philosophischer und politischer Kompetenz.

Die Bewertung des Römischen Reiches und die Erörterung der Autorität des Aristoteles für die Philosophie und das menschliche Denken schlechthin implizieren eine Stellungnahme zur Beziehung zwischen christlicher und antik-heidnischer Weltauffassung.
Autorenporträt
Dante AlighieriDante Alighieri wird 1265 in Florenz geboren. Er erhält seine Ausbildung bei dem berühmten Rhetoriklehrer Brunetto Latini. Im Anschluß widmet er sich dem Studium philosophischer und politischer Schriften antiker und zeitgenössischer Autoren.1292/93 schreibt Dante die Vita Nuova, eines der bedeutendsten Gedichtzyklen der europäischen Literatur. Ab 1295 nimmt Dante aktiv am politischen Leben Teil und begibt sich in Opposition zur Politik von Papst Bonifatius VIII. 1302 wird er staatsfeindlicher Umtriebe bezichtigt, aus Florenz verbannt und schließlich zum Tode verurteilt. Es beginnt die Zeit eines langen Exils - Dante wird den Rest seins Lebens ein politischer Flüchtling sein. In den ersten Jahren des Exils, das er an verschiedenen italienischen Höfen verbringt, entstehen die Schriften De vulgari eloquentia und Convivio. In De vulgari eloquentia begründet Dante die Priorität der Volkssprache vor der lateinischen Gelehrtensprache und fordert eine italienische Hochsprac

he - mit Erfolg: das altflorentinische wurde zur Grundlagen des heutigen Italienisch. Das Convivio ist Dantes philosophische Kommentierung eigener Canzonen. Auf 15 Bände angelegt, soll es einen Überblick über das gesamte Wissen der damaligen Zeit geben. Beide Schriften bleiben unvollendet. 1313 verfaßt er die Monarchia, eine Darstellung seiner politischen Philosophie, in der er die Notwendigkeit eines überstaatlichen Heiligen Römischen Reiches sowie die völligen Trennung zwischen Kirche und Staat begründet. In den letzten Lebensjahren schreibt er die kosmologische Abhandlung Quaestio de aqua et terra. Kurz vor seinem Tod vollendet er die Divina Commedia, ein episches Meisterwerk, das in mehr als 25 Sprachen übersetzt wird. Dante stirbt 1321 in Ravenna.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2004

Korrektur der Welt
Mit vollen Tellern: Dantes Gastmahl / Von Kurt Flasch

Am 10. März des Jahres 1302 verurteilte die Stadt Florenz Dante zum Tod. Das Urteil fiel in Abwesenheit des Angeklagten; Dante hatte nach dem Sieg der papstfreundlichen Partei der Schwarzen Guelfen die Stadt verlassen. Er hat die geliebte und gehaßte Heimatstadt, die "schönste und angesehenste Tochter Roms", nie wieder gesehen. Nach dem Verlust seiner sozialen Stellung und seines Vermögens blieb er für den Rest seines Lebens ein mittelloser Emigrant. Dieses Schicksal blieb die Wunde seines Lebens, und er hat von sich gesagt, er sei heimatlos und arm durch fast ganz Italien gezogen und habe wider Willen diese Schicksalswunde vorgezeigt. Dieses Geschick, zusammen mit dem Schmerz über den Tod Beatrices, haben die Lebensauffassung Dantes geprägt; es hat ihn der Philosophie in die Arme getrieben. Er hat Trost gesucht und gefunden; das Buch des Boethius vom Trost der Philosophie und die philosophischen Schriften Ciceros haben ihm den Weg gezeigt.

Aber was Dante daraus gemacht hat, war etwas völlig Neues; er hat in einer ungeheuren Anstrengung den Verlust kompensiert und zuerst eine neue philosophische Literaturgattung und dann die "Divina Commedia" geschaffen. Wenige Jahre nach seiner Vertreibung konzipierte er die erste große volkssprachliche Einführung in die Philosophie. Er nannte das Werk "Convivio", Gastmahl, wahrscheinlich nicht in Anlehnung an Platons gleichnamiges Kunstwerk, sondern in Anspielung auf das Gastmahl, das freigiebige Fürsten zu geben pflegten. Er, der Arme, der Emigrant, gibt sich fürstlich-großzügig und lädt alle ein zum Tisch der Philosophie. Er zitierte Aristoteles, der seine Metaphysik mit dem Satz begonnen hatte: "Alle Menschen verlangen von Natur aus nach Wissen." Aber Dante gab in diesem berühmten Satz dem Wort "alle" einen neuen, universalen Sinn: Nicht nur die Studierten, die Universitätsleute und Kleriker, sondern auch Hofleute und Kaufmänner, Laien und Frauen sollten mit Hilfe der Philosophie ein neues Selbstbewußtsein fassen. Sie sollten im Sinne der antiken Philosophie ihr Leben selbst gestalten; sie sollten lernen, die Bestimmung des Menschen zum Glück selbständig zu realisieren. Deswegen schrieb er italienisch, nicht mehr lateinisch. Er sprach zu den Nichtstudierten von Philosophie, aber nicht rein "objektiv", wie die Universitätsgelehrten, sondern er sprach dabei von sich selbst, von seinem doppelten Unglück und von seiner Bekehrung - weg von der Liebeslyrik, hin zur Philosophie.

Er gab seiner Darstellung der Wahrheit eine eigenwillige Form: Er kommentierte seine früheren Gedichte. Kommentare zu verfassen, das war eine anerkannte literarische Form; sich selbst zu kommentieren, das galt als Anmaßung. Dante hatte zwar Philosophie studiert, in den Ordenshochschulen von Florenz und an der Universität von Bologna, vielleicht auch in Paris, aber er war kein Professor, er hatte kein Amt, er war keine Autorität. Er mußte sich an Höfen und in Städten sein Publikum erst schaffen. Deshalb entwarf er das Projekt seines "Convivio": Das einleitende Buch erklärt seinen Plan und wirbt für das Ungewöhnliche seiner Schriftstellerei, die übrigen Bücher kommentieren ein eigenes früheres Liebesgedicht Dantes. Insgesamt sollten es vierzehn Bücher werden: eine subjektiv gewendete und individuell anwendbare Enzyklopädie des philosophischen Wissens. Astronomie und Ethik, Physik, Metaphysik und Politik fließen in ihr zusammen.

Das Projekt blieb unvollendet. Es war zu groß und zu originell; nur vier der geplanten Bücher liegen vor. Hat er begriffen, daß ein Buch für Laien sich noch viel weiter von den scholastischen Kommentarformen entfernen mußte? Mußte er es für Frauen und Laien nicht noch "subjektiver", freier und anschaulicher schreiben? Vermutlich entschloß er sich deswegen zur "Göttlichen Komödie". Er selbst hat erklärt, sie sei als philosophischer Text zu lesen, sie hatte in seinen Augen einen ähnlichen Inhalt wie sein "Gastmahl". Daher bildet die Lektüre des "Convivio" eine Hinführung zu Dantes poetischem Hauptwerk. Diese Schriften erläutern sich gegenseitig. Sie beruhen auf einer originellen, charakteristisch dantesken Konzeption von Philosophie, auf dem Vorrang der ethisch-politischen Philosophie vor der rein theoretischen.

Dante hat sich philosophisch an Aristoteles orientiert - wie seine Lehrer in Bologna, wie Albert und Thomas von Aquino. Im Unterschied zu diesen Aristoteleserklärern war für Dante nicht die Metaphysik, sondern die Ethik-Politik die Königin aller Wissenschaften, der Inbegriff von Philosophie. Die Philosophie, das war vor allem Wissen vom Glück, von der Vollendung des einzelnen und der Gemeinschaften. Die Philosophie, sagte er, habe die Aufgabe, die wahren Lebensauffassungen von den falschen zu trennen; daher wurde sie Kritik. Sie korrigiert die gewohnheitsmäßig verkehrten Welt- und Lebenskonzepte; sie besteht auf der Notwendigkeit von Korrektur und Umkehr. Dieses Reformprojekt entwickelt Dante zum erstenmal in seinem "Gastmahl".

Soeben ist der vierte und letzte Band der zweisprachigen Ausgabe des "Convivio" bei Meiner erschienen. Das Erscheinen in dieser berühmten philosophischen Reihe bedeutet die Anerkennung Dantes als Philosophen auch in Deutschland. Das "Convivio" liegt nun vollständig vor, informativ eingeleitet, neu übersetzt und sorgfältig kommentiert. Wer sich mit diesem Werk beschäftigen will, sollte zuerst die Einleitungen der Herausgeber zu Band 1 und Band 4 lesen; sie geben die wichtigsten geschichtlichen Hinweise. Die Kommentierung geht auf einzelne Schwierigkeiten ein. Sie stellt den Zusammenhang der einzelnen Schriften Dantes her und beweist die Unentbehrlichkeit des "Convivio" für das Verständmis der "Commedia". Sie weist die Quellen des Philosophen Dante nach und achtet auf die selbständige Sicht, in der Dante die autoritativen Texte gelesen hat. Mit originellem Nachdruck arbeitet sie die Struktur der Texte und Argumente heraus.

Das nun abgeschlossene vierbändige Werk ist einer Schweizer Forschergruppe zu verdanken, die Ruedi Imbach geleitet hat, der den berühmten Lehrstuhl für mittelalterliche Philosophie an der Sorbonne innehat. Die Arbeit dieser jüngeren Gelehrten, von denen ich nur Francis Cheneval (Zürich), Dominik Perler (jetzt Berlin) und Thomas Ricklin (jetzt München) nenne, ist von höchster Qualität. Sie besitzt wissenschaftlichen Eigenwert selbst gegenüber dem "Convivio"-Kommentar von Cesare Vasoli von 1989, dessen Werk zu den Klassikern zählt und von den Schweizern dankbar benutzt worden ist.

Dantes Verständnis der Philosophie als Kritik herrschender ethisch-politischer Wertungen kommt im soeben erschienen vierten Band deutlich zum Ausdruck. Er erörtert seinen Begriff von Adel und kritisiert die Begründung des Adels auf Blut und Verwandtschaft: Edel ist der Mensch nur durch eigene sittliche Praxis, nicht durch Familie oder Vermögen. Der Adel bildete für die italienische Moralistik vom dreizenten bis ins siebzehnte Jahrhundert ein vieldiskutiertes Problem; die Debatte wurde auch in Deutschland geführt, von Meister Eckhart bis Goethe. Dante spitzt das Individualitätsbewußtsein zu. Er verwirft die feudale Gewohnheit, den Menschen von seinem "Stammbaum" her zu denken; für ihn ist der Mensch das, was er durch geistig-willentliche Tätigkeit aus sich macht. Er aktualisiert die aristotelische Tradition der Lehre von der Glückseligkeit des Intellekts ("felicità mentale"); er verbindet sie mit dem Lob der Armut, das er aus antiken Philosophen schöpft und das ihn mit der franziskanischen Bewegung verbindet. Er kritisiert die übliche Definition des Adels, auch wenn diese sich auf Kaiser Friedrich II. berufen kann. Er nutzt die Gelegenheit der Adelsdefinition des Kaisers, die Aufgabe eines Kaisers klarzustellen: Er hat keine philosophische Autorität, er hat den universalen Frieden herzustellen. Es ist also erlaubt, ihm in philosophischen Fragen zu widersprechen. Um so stärker betont Dante die Notwendigkeit einer Universalmonarchie; er entwickelt zum ersten Mal die Kaiseridee, die er in seinem Traktat "Über die Monarchie" und in der "Commedia" entfalten wird. Interessanterweise fehlt hier noch die Polemik gegen die weltliche Macht des Papsttums und den Reichtum der Kirche.

Dante hat keine Zeile geschrieben, die nicht den Stempel seiner individuellen Denkart trüge. So auch im "Convivio". Um noch ein Beispiel zu nennen: Dante macht aus dem Heiden Cato eine Leitfigur ethisch-politischen Handelns. Er rechtfertigt dessen Freitod, entwickelt gleichzeitig eine Theorie individueller Verbindlichkeiten, der zufolge nicht jeder andere in dieser Situation ethisch verpflichtet war, mit Cato in den Tod zu gehen. Dantes Cato als heidnischer Heiliger - das ist einer der vielen Einfälle Dantes, die das "Convivio" zu einem kostbaren philosophischen Text machen.

Das Convivio liegt nun mit vier Bänden geschlossen vor. Zwei weitere Bände mit lateinischen Texten Dantes sind früher erschienen, darunter sein wichtiger Brief an Cangrande, in dem er die Intention seiner "Commedia" erklärt, zusammen mit der originellen Interpretation von Thomas Ricklin. Bleibt zu hoffen, daß die zwei fehlenden Werke - das über die Monarchie und das über die Sprache - in derselben wissenschaftlichen und verlegerischen Qualität bald folgen.

Dante Alighieri: "Das Gastmahl". Viertes Buch. Philosophische Werke 4/IV. Italienisch-deutsch. Übersetzt von Thomas Ricklin, eingeleitet und kommentiert von Ruedi Imbach in Zusammenarbeit mit Roland Béhar und Thomas Ricklin. Felix Meiner Verlag, Hamburg 2004. XCV, 320 S., geb., 98,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dante Alighieris "Gastmahl", entstanden bald nach seiner Vertreibung aus Florenz, ist nicht weniger als "die erste große volkssprachliche Einführung in die Philosophie". Umstürzend ist bereits die Konzeption, die davon ausgeht, dass "auch Hofleute und Kaufmänner, Laien und Frauen" aus den Erkenntnissen der Philosophie ein neues "Selbstbewusstsein" ziehen sollen. Und auch hier ist Dante schon der Autor, der die Tradition, aus der er stammt, hinter sich lässt. Er spricht "von sich selbst", seinem Unglück, vor allem aber erklärt er die Philosophie, indem er seine eigene frühe Lyrik kommentiert. Nicht weniger als vierzehn Bände waren geplant, mit den vier entstandenen blieb das Projekt unvollendet: "Es war zu groß und zu originell", kommentiert der Rezensent Kurt Flasch, der von dieser Ausgabe restlos begeistert ist. Die Arbeit der beteiligten Wissenschaftler ist "von höchster Qualität", schwärmt er, die Kommentierung ergänzt auch die klassischen Ausgaben des Werks.

© Perlentaucher Medien GmbH
Die detaillierten Anmerkungen des Bandes zeichnen sich wieder durch eine profunde Sachkenntnis aus.
Manfred Lentzen im Deutschen Dante-Jahrbuch 2006