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Die mit einem Vorwort des Herausgebers versehene Heimann-Mitschrift von Hegels letzter Vorlesungsreihe über die Philosophie der Weltgeschichte (1830/31) wurde von Eduard Gans für seine Erstedition der Hegelschen Vorlesungen (1837) genutzt und ermöglicht somit den wichtigen Vergleich mit Gans' Kompilation, die bisherigen Deutungen zugrunde liegt.
Der in Budapest gefundene Text vermag einen neuen 'unzeitgemäßen' Blick auf Hegels Denken des menschlichen Geschehens in freiheitlicher, vernünftiger und weltbürgerlich-globaler Absicht zu öffnen, auf eine moderne Philosophie der Freiheit. Diese
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Produktbeschreibung
Die mit einem Vorwort des Herausgebers versehene Heimann-Mitschrift von Hegels letzter Vorlesungsreihe über die Philosophie der Weltgeschichte (1830/31) wurde von Eduard Gans für seine Erstedition der Hegelschen Vorlesungen (1837) genutzt und ermöglicht somit den wichtigen Vergleich mit Gans' Kompilation, die bisherigen Deutungen zugrunde liegt.

Der in Budapest gefundene Text vermag einen neuen 'unzeitgemäßen' Blick auf Hegels Denken des menschlichen Geschehens in freiheitlicher, vernünftiger und weltbürgerlich-globaler Absicht zu öffnen, auf eine moderne Philosophie der Freiheit. Diese Mitschrift belegt die außerordentliche Relevanz des Gedankens der Freiheit als dem "Angelpunkt der modernen Zeit" und verdeutlicht ein theoretisches Instrumentarium für die 'Fassung der Zeit in Gedanken', das einen Vergleich mit heutigen Konzepten nicht zu scheuen braucht.
Autorenporträt
Georg Wilhelm Friedrich Hegel, geb. am 27. August 1770 in Stuttgart, gest. am 14. November 1831 in Berlin. Er wuchs in einem pietistischen Elternhaus auf. Vermutlich ab 1776 besuchte Hegel ein Gymnasium in Stuttgart, seit 1784 das Obergymnasium. Seine Interessen waren breit gestreut. Besonderes Augenmerk widmete er der Geschichte, insbesondere der Antike und den alten Sprachen. Ein weiteres frühes Interesse bildete die Mathematik. 1788 nahm Hegel an der Tübinger Universität das Studium der Theologie auf. Im September 1790 erhielt er den Grad eines Magisters der Philosophie, 1793 wurde ihm das theologische Lizenziat verliehen. Hegel profitierte viel von dem intellektuellen Austausch mit seinen später berühmten Zimmergenossen Hölderlin und Schelling. Sie hegten große Sympathie für die revolutionären politischen Ereignisse in Frankreich. Jedoch fand später durch das Scheitern Napoleons eine politische Umorientierung bei Hegel statt. Er wurde ein Anhänger der konstitutionellen Monarchie Preußens und söhnte sich mit den politischen Gegebenheiten aus. Hegels Philosophie erhebt den Anspruch, die gesamte Wirklichkeit in der Vielfalt ihrer Erscheinungsformen einschließlich ihrer geschichtlichen Entwicklung zusammenhängend, systematisch und definitiv zu deuten. In ihrer Wirkung auf die westliche Geistesgeschichte ist sie mit dem Werk von Platon, Aristoteles und Kant vergleichbar. Sein philosophisches Werk Phänomenologie des Geistes aus dem Jahre 1807 zählt zu den wirkmächtigsten Werken der Philosophiegeschichte überhaupt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.08.2005

Herrlich aber ist die Vernunft
Georg Wilhelm Friedrich Hegels „Philosophie der Geschichte” im Wortlaut
Zu den Auffälligkeiten des neueren Philosophierens gehört die Erfahrung, dass ihm ein entspanntes Verhältnis zu Hegel nicht gelingen will. Ganz im Gegensatz zu Kant hinterließ Hegel ein Denken, das polarisiert. Eine Erklärung dafür bietet ausgerechnet Hegels Projekt der Versöhnung - der Versuch, zwischen den Vertrautheiten der Tradition und den Ansprüchen der Moderne einen vernünftigen Ausgleich zu schaffen. Durch das Vorhaben der Versöhnung verscherzte es sich Hegel mit beiden Seiten: Mit den Modernisierern, denen er die Bürde der Geschichte auferlegte, und ebenso mit den Traditionalisten, denen er die Anerkennung der Revolution und des republikanischen Freiheitsbegriffs empfahl.
In den Mittelpunkt seiner Versöhnungsarbeit stellte Hegel neben der Praktischen Philosophie die „Philosophie der Geschichte”. Allein in den letzten zehn Jahren seines Lebens las er fünfmal über Geschichtsphilosophie, immer werktags eine Stunde. Neben Hegels eigenhändigem Vorlesungsmanuskript haben sich auch die Mitschriften von Zuhörern erhalten, auf deren Basis erstmals 1837 eine Kompilation der Geschichtsphilosophie erschien. Während Hegel seine eigenen Publikationspläne nicht mehr wahrmachen konnte - er starb 61-jährig am 14. November 1831 -, kamen mit der Zeit immer weitere Schriftfassungen ans Licht, die in der Zusammenschau jenes Bild ergeben, das wir heute von Hegels Philosophie der Geschichte haben.
Die Mitschrift eines gewissen Dr. Heimann gehört diesem Textkorpus zu und ist jetzt, in der Edition des Jenaer Hegel-Forschers Karl Vieweg, erstmals der Öffentlichkeit zugänglich. Der Text lag bereits den ersten Hegel-Herausgebern der späten dreißiger Jahre vor und lässt erkennen, wie und nach welchen Prinzipien ihr Kompilatorenwerk vonstatten ging. Die offenbar recht zuverlässigen Protokolle zeigen Hegel als zupackenden Formulierer, der auch diesmal all die Sätze aufsagt, die in der Folgezeit dafür gesorgt haben, dass man den vormaligen Rektor der Berliner Universität erst einmal als unliebsam beschwieg und, wie Marx schreibt, kurzerhand wie einen „toten Hund” behandelte.
Getreu dem Konzept der Versöhnung will Hegel vor allem ausgleichen: zwischen Gegenwart und Geschichte, zwischen Geist und Natur, zwischen Staat und Freiheit, zwischen Empirie und Vernunft. Zu diesem Zweck soll die Philosophie und soll insbesondere die Geschichtsphilosophie den Nachweis führen, dass, wie Hegel sagt, „die Vernunft herrscht, daß es also auch in der Geschichte vernünftig zugegangen ist”.
Der Schwärmer am Katheder
Hegel, das bestätigt die Heimann-Mitschrift, konnte schwärmen, und so begeistert er sich gleich zu Anfang dieser Wintervorlesung des Jahres 1830 für die „Herrlichkeit der Vernunft”, die im Durchlauf der Geschichte zur Wirklichkeit dränge. Bei Hegel findet sich jedoch nicht nur die Vernunft auf die Wirklichkeit verwiesen, sondern auch die Realgeschichte auf den Geist. Die Weltgeschichte, kann Hegel deshalb sagen, „ist die Erziehung des Menschengeschlechts”.
Es ist dieses Phrasen-Gedröhn - dass das Wahrhafte wirklich sei; dass die Vernunft die Welt regiere; dass die „List der Vernunft” sich der einzelnen Interessen als ihrer „Werkzeuge” bediene -, das die Hegelgegnerschaft zu allen Zeiten mit billiger Munition versorgt hat. Dass diese Kritik, wie im Falle Poppers, zuweilen ins Hysterische hinüberspielte und bloß die Weigerung kundtat, sich ernsthaft mit Hegel auseinander zu setzen, dürfte kaum zu bestreiten sein. Um so mehr überrascht nun der Versuch des Herausgebers, sich auf die Ebene der Kämpfe zu begeben und uns Hegel als Denker der Freiheit zu präsentieren, der dem Staat lediglich habe geben wollen, was nun einmal des Staates sei. Der Zweck des modernen Staates, paraphrasiert Vieweg ohne erkennbare Distanz, sei die Realisation des freien Willens, und selbstverständlich dürften wir auf Hegel als einen Verbündeten vertrauen, wenn wir heutzutage gegen Diskriminierung und Hunger aufbegehren, gegen Unterentwicklung, Terror und Krieg.
Es ist ja richtig und vollkommen in Ordnung, wenn Vieweg für einen neuen Blick auf Hegel wirbt. Er selbst wiederholt jedoch allzu gern die Grobheiten, mit denen schon der Verewigte um sich geworfen hat - so gegen Ranke, so gegen Fries. Vor allem, und irrigerweise, mag Vieweg nicht anerkennen, dass Hegels Versöhnungsgeste das Wagnis einging, unmittelbar auf dem Boden der säkularisierten Moderne den Ausgleich herstellen zu wollen zwischen Vorsehung und Realgeschichte, zwischen Gott und Welt. Auch die Heimann-Mitschrift überliefert Hegels hymnisches Bekenntnis zu einer Weltgeschichte als Theodizee - ein Bekenntnis im übrigen, auf das der Systematiker Hegel nicht verzichten konnte. „Die Aussöhnung des Geistes”, so der Originalton der echt hegelschen Kompaktprosa, „kann nur durch die Erkenntnis erreicht werden, was der Endzweck der Welt sei, und daß er, nur er, nicht das Böse verwirklicht ist; sondern das Böse hat sich nicht geltend gemacht, nur das Affirmative hat sich verwirklicht.” Es sind die Erfahrungen der Realgeschichte selbst, die es uns inzwischen schwer machen, solche Zusicherungen nicht als zynisch zu empfinden.
RALF KONERSMANN
GEORG WILHELM FRIEDRICH HEGEL: Die Philosophie der Geschichte. Vorlesungsmitschrift Heimann. Hg. v. Klaus Vieweg. Wilhelm Fink Verlag, München 2005. 246 Seiten, 29,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Als Projekt, das in der Folgezeit immer wieder stark polarisierte, betrachtet Ralf Konersmann die Geschichtsphilosophie Georg Wilhelm Friedrich Hegels. Die von Klaus Vieweg herausgegebene Vorlesungsmitschrift eines gewissen Dr. Heimann, die Konersmann als "recht zuverlässig" bewertet, präsentiere Hegel als einen "zupackenden Formulierer" zahlreicher umstrittener Thesen. Etwa der, dass das Wahrhafte wirklich sei; dass die Vernunft die Welt regiere; dass die "List der Vernunft" sich der einzelnen Interessen als ihrer "Werkzeuge" bediene. Äußerungen wie diese haben laut Konersmann die Hegelgegnerschaft zu allen Zeiten mit "billiger Munition" versorgt. Er tadelt den Versuch des Herausgebers, "sich auf die Ebene der Kämpfe zu begeben und uns Hegel als Denker der Freiheit zu präsentieren, der dem Staat lediglich habe geben wollen, was nun einmal des Staates sei". Zwar findet er es völlig in Ordnung, wenn Vieweg für einen neuen Blick auf Hegel wirbt, hält ihm aber vor, zum einen allzu gern die Grobheiten, mit denen Hegel um sich geworfen hat, zu wiederholen, zum anderen, nicht anzuerkennen, dass Hegel das Wagnis einging, unmittelbar auf dem Boden der säkularisierten Moderne den Ausgleich herstellen zu wollen zwischen Vorsehung und Realgeschichte, zwischen Gott und Welt.

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