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Ein wiederentdecktes Glanzstück viktorianischer Erzählkunst neu übersetzt
Es ist die berühmte Liebe auf den ersten Blick: Clotilde, schön, selbstbewußt, glutvoll, trifft in der Berliner Gesellschaft auf den großen Agitator Sigismund Alvan. In ihm, einem Mann der Tat und des unbeugsamen Willens, findet sie unversehens ihren Meister. Über den Häuptern der theatralisch Liebenden scheint ein göttliches Geschick zu walten, und doch fordert das Allzumenschliche seinen Tribut.
Wer braucht die Erde, wenn er den Himmel erobern kann? Clotilde und Sigismund sind wild entschlossen, die Welt aus den
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Produktbeschreibung
Ein wiederentdecktes Glanzstück viktorianischer Erzählkunst neu übersetzt

Es ist die berühmte Liebe auf den ersten Blick: Clotilde, schön, selbstbewußt, glutvoll, trifft in der Berliner Gesellschaft auf den großen Agitator Sigismund Alvan. In ihm, einem Mann der Tat und des unbeugsamen Willens, findet sie unversehens ihren Meister. Über den Häuptern der theatralisch Liebenden scheint ein göttliches Geschick zu walten, und doch fordert das Allzumenschliche seinen Tribut.

Wer braucht die Erde, wenn er den Himmel erobern kann? Clotilde und Sigismund sind wild entschlossen, die Welt aus den Angeln zu heben. Berauscht nicht nur von ihrer wechselseitigen Zuneigung, berauscht auch vom idealistischen Sendungsbewußtsein und der eigenen Großartigkeit, verlieren sie immer mehr den Sinn fürs Mögliche. Mit der Kraft einvernehmlichen Wollens sollen die herrschenden Verhältnisse in die Knie gezwungen werden, und alles außer deren bedingungsloser Kapitulation wäre Schmach. Genau die droht jedoch, als sich Clotildes Eltern weigern, ihre Tochter einem politischen Hasardeur zur Frau zu geben.
Der deutsch-jüdische Sozialreformer Ferdinand Lassalle gab die historische Vorlage für Merediths männlichen Helden ab, doch mischen sich allerlei faustische Züge ins Bild, und zuweilen meint man in Alvan gleichsam einen sozialistischen Zarathustra karikiert zu sehen. So ist dieser Roman weit mehr als ein Doppelporträt zweier maßlos Liebender. Es ist die satirische Studie jenes utopisch-revolutionären Phänotyps, wie er für die anbrechende Moderne so prägend werden sollte: mit abenteuerlichen Aufschwüngen, aber auch Verblendungen und heillosen Abstürzen.

Autorenporträt
Irma Wehrli, geboren 1954, ist seit 1984 freie Übersetzerin und widmet sich mit Vorliebe den Klassikern der englischen und US-amerikanischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.06.2008

Die Tat allein beweist der Liebe Kraft

Mit Knalleffekt: George Merediths Roman über das Lieben und Sterben des Arbeiterführers Ferdinand Lassalle aus dem Jahr 1880 neuer Übersetzung.

Unter den Meistern des viktorianischen Romans ist er in England der am wenigsten populäre, bei uns der unbekannteste: George Meredith (1828 bis 1909), seinem Privatmythos nach keltischer Abstammung, erzogen unter anderem bei den Herrnhuther Brüdern in Neuwied. Kein Wunder, dass ihm eine vielgelesene einheimische Literaturgeschichte bescheinigt, er sei nie so ganz Engländer gewesen. Doch ein Dichter und Romancier - Meredith war beides - kann aus solcher Exzentrik Kapital schlagen. Die Bewunderer unter seinen Kollegen sind eine Klasse für sich. Oscar Wilde gehört dazu, Virginia Woolf und natürlich Henry James, der Haupterbe von Merediths ironischer Erzählkunst.

"Die tragischen Komödianten", der 1880 erschienene Roman über Liebe und Tod des deutschen Arbeiterführers Ferdinand Lassalle, den Manesse nun in der Übersetzung von Irma Wehrli mit einem gehaltvollen Nachwort von Hajo Kesting vorlegt, gehört nicht zu den berühmten Büchern des Autors. Der vergleichsweise schmale Band stand von Anfang an im Schatten seines ausladenden, so glanzvollen wie komplexen Vorgängers "Der Egoist", bis heute der unbestrittene Höhepunkt von Merediths Romanwerk.

Beide haben jedoch ein gemeinsames Thema: die Asymmetrie der Liebe zwischen Mann und Frau. Nur scheitert im späteren Text die Frau, und nicht mehr der Mann, an dieser existentiellen Prüfung. Dass jede Liebesbindung eine Feuerprobe ist, dass ein emotionales Versagen die Beteiligten lebenslang zeichnet, hatte Meredith, den seine erste Frau einer unglücklichen Liebschaft wegen verließ, am eigenen Leib erfahren. In dem schonungslos offenen, für die Zeitgenossen anstößigen Sonettzyklus "Modern Love" schrieb er sich dieses Trauma von der Seele, um es, mehr oder weniger komödiantisch temperiert, in ein Leitmotiv seines Schaffens zu verwandeln.

Wie bei "Madame Bovary" und "Effi Briest" kam der Anstoß für die "Tragischen Komödianten" von einem fait divers der Zeit, wobei freilich in diesem Fall das Opfer eines banalen Duells von hoher politischer Prominenz war. Am 31. August 1864 berichteten die Zeitungen in großer Aufmachung vom jähen Tod des berühmt-berüchtigten Agitators Ferdinand Lassalle: charismatischer Neubegründer der deutschen Arbeiterbewegung nach dem Debakel von 1848. Der jüdische Kaufmannssohn aus Breslau hatte als brillanter Jurist, Volksredner und Frauenheld Furore gemacht. Nun, knapp vierzigjährig, auf der Höhe seines Lebens, war er von einem obskuren walachischen Adligen, dem kränkelnden Verlobten seiner Geliebten, in den Schweizer Staub gestreckt worden. Karl Marx kommentierte das Ende seines misstrauisch beäugten Verbündeten und Konkurrenten makkaronisch und herzlos: "Schwer zu glauben, daß ein so geräuschvoller, stirring, pushing Mensch nun mausetot ist und altogether das Maul halten muß."

Meredith nennt den Roman, dessen Handlung seinem Publikum ähnlich vertraut war wie den Athenern die ihrer Tragödien, im Untertitel "A Study in a Well-known Story". Das Geschehen ist ihm Lehrstück und psychologisches Studienobjekt, nicht aber Gegenstand irgendwelcher Enthüllungen, wie die deutsche Fassung "Eine wohlbekannte Geschichte in neuem Licht" zu versprechen scheint. Als kundiger Dramaturg konzentriert der Autor seine Darstellung auf die letzten Monate im Leben des allzu erfolgsgewohnten Protagonisten, den er Alvan nennt, und auf Clotilde, den äußerst reizvollen, allzu unreifen Gegenstand seiner Passion. Auch sie, verwöhnte Tochter einer stockkonservativen bayerischen Adelssippe, gelangweilt von ihren Eroberungen und auf der Suche nach ihrem "Beherrscher", wurde erkennbar nach dem Leben gezeichnet. Zugleich ist sie unverkennbar eine jener bezaubernden jungen Frauen aus der Romanwerkstatt Merediths, deren Witz und Vitalität mit den einengenden Konventionen ihrer Zeit in Konflikt geraten muss. Doch, anders als im "Egoist", siegt hier der Druck der fachmännisch und bedenkenlos eingesetzten familiären Daumenschrauben über Alvans Devise "Hindernisse sind für Leute da, die nicht fliegen können": ein Bürgerlicher, ein Volksverhetzer, ein Jude als Schwiegersohn? Nie im Leben. Die zweite Romanhälfte, in der die Liebenden getrennt sind und die häusliche Gehirnwäsche zur sorgsam geschürten Empörung des Lesers immer nachhaltiger wirkt, zeigt den Helden als von unwürdigen Gegenspielern frustrierten Strategen, die Heldin im Zustand zunehmender emotionaler Verödung. Der Erzähler, dessen Reflexionen - verständnisvoll, distanziert oder schneidend - immer wieder das Geschehen deutend überlagern, blickt am Ende über das absurde Duell hinaus auf die nicht weniger absurde Wirklichkeit jenseits des Romanschlusses, in der die Dame, wieder ein wenig zum Leben erwacht, den Mörder ihres Geliebten heiraten wird, nur um ihn kurz darauf zu begraben. Wie Charles Bovary gibt sie, die Kleingläubige, alle Schuld an dem Desaster (neben ihren Eltern) dem obwaltenden Verhängnis. Also keine Tragödie von Shakespeareschen Ausmaßen, weder Romeo und Julia noch Antonius und Cleopatra, obgleich Alvan seine politische Welt (im Roman nur angedeutet) der Liebe opfert und in Clotilde seine goldgekrönte Schlange sieht; eher schon ein Samson, den es nach den Töchtern der Philister gelüstet. Aber auch der Geist der Komödie, über den Meredith einen großen Essay geschrieben hat, will nicht sein silbernes, versöhnliches Lachen anschlagen.

Als Angelpunkt der Handlung erweist sich die große Aussprache der Liebenden im achten Kapitel, die damit genau in der Mitte der Erzählung liegt. Clotilde kommt in Alvans Hotelzimmer und erklärt sich angesichts ihrer unerbittlichen Eltern bereit, mit ihm zu fliehen. Doch aus Ritterlichkeit, Selbstüberschätzung und dem Streben nach bürgerlicher Anerkennung zwingt er der ahnungsvoll Widerstrebenden seinen Willen auf und schickt sie zurück in die elterliche Zwingburg, wo er sie nach allen Regeln der Wohlanständigkeit belagern und umwerben will. Dazu, als derber Kommentar aus dem richtigen Leben, hören wir Engels an Marx: "Der L(assalle) ist offenbar daran kaputtgegangen, daß er das Mensch nicht sofort in der Pension aufs Bett geworfen und gehörig hergenommen hat ..." Der Fortgang des Zitats sei dem Leser erspart.

Meredith dagegen ist ein Stilist von hohen Graden, den es mitunter ins Manieristische verschlägt. Verschlungene Satzgefüge, lyrische Beschreibungen und selbstgefällige Metaphern wechseln mit geschliffen aphoristischen Passagen. Aus Abneigung gegen das Klischee kapriziert sich der Autor, ohne Gnade für den eiligen Leser, auf den ungewöhnlichen Ausdruck. Obgleich die Übersetzerin auf dem Gebiet des viktorianischen Romans versiert ist, scheint sie dieser seelenzergliedernde, ausufernde Stil doch irritiert zu haben. Sie beschneidet die lexikalischen Wucherungen, jätet die Syntax, konventionalisiert das Weithergeholte, unterschlägt eigenmächtig die bewusst rhythmisierten Wortwiederholungen. Übersetzer als Bereiniger: ein überholtes Konzept, hätte man gehofft.

WERNER VON KOPPENFELS

George Meredith: "Die tragischen Komödianten". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Irma Wehrli. Nachwort von Hanjo Kesting. Manesse

Verlag, Zürich 2007. 320 S., geb. 17,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.07.2007

Alte Geschichte, ewig neu
George Meredith’ Lassalle-Roman „Die tragischen Komödianten”
Wie schön! In Liebesromanen gibt es die Liebe auf den ersten Blick. Die Liebenden stürzen in einen langgedehnten Liebesaugenblick, mit funkelnden Augen und heiligen Schwüren. Sie wirft ihm ihr Herz zu und er ihr seines. Sie verfallen einander auf immer und ewig, und ein Märchenland wird für sie Wirklichkeit. Bei George Meredith tragen die beiden Liebenden nicht eben unscheinbare Namen: Sigismund Alvan und Clotilde von Rüdiger. Denn der Schauplatz ihrer Liebe ist eines der „Zentren eleganter Barbarei, die man aristokratische Zirkel nennt”. Er ist ein notorischer Herzensbrecher, „schlau wie der Teufel persönlich”, lebt drei Leben in einem, ist Redner, Schriftsteller, Rhetoriker und führt eine Partei an. Und er ist Jude. Von seinen Anhängern verehrt, von seinen Feinden gehasst, steht er vor einer großen Karriere. Niemand kann sein Potential bestreiten. Er ist ein Held.
Und sie, Clotilde von Rüdiger – „drei Viertel Biest und ein Viertel Göttin” – , taucht regelmäßig aus ihrem Goldfischteich auf und träumt von Größe. „Dichter, Fürsten, Kriegsherren und Potentaten zogen an ihrem inneren Auge vorbei und wurden abgewiesen”. Sigismund Alvan ist ihr Traum in Menschengestalt. Er tanzt sie aus ihrem Gleichgewicht, und sie ist willens, ihm wie sein Schatten zu folgen. Sie sind einander ein Schicksal, und mit dem Schicksal lässt sich nicht spaßen, wie wir sogleich erfahren werden. Denn die Wirklichkeit stellt sich gegen die beiden, es kursieren Gerüchte: „Dieb, Schurke und Galgenvogel”, „ein berüchtigter jüdischer Demokrat”. Ihre Eltern bekämpfen die Verbindung und verabreichen ihr eine „heilsame Portion Tyrannei”. Sie wird beschimpft und gedemütigt und sagt sich unter dem Druck ihrer Eltern von dem Geliebten los.
Von nun an sollen sie Fremde sein. Und dann ist es mit der Würde vorbei. Die Zeit zieht sich auf einen einzigen Punkt im Inneren zusammen, die Außenwelt verschwindet, Missverständnis folgt auf Missverständnis, der Held leidet Liebesqualen, fordert zum Duell und stirbt jung – durch den zufällig wohlgezielten Schuss eines jämmerlichen Gegners, dem unscheinbaren Verlobten der Angebeteten. Am Schluss hören wir das ungläubige Gelächter der tragischen Komödiantin, die in dieser Welt weiterleben muss.
So endet der Roman wie viele der großen literarischen Liebesgeschichten – tragisch. Doch halt! Hier handelt es sich nicht um eine phantastische Liebesphantasie, sondern um ein historisches Rätsel aus dem Jahr 1864. Die Figuren gehören zur Geschichte, und „sie atmeten dichtere Luft als rein erfundene”. Der englische Schriftsteller George Meredith erzählt die letzten zwölf Monate der Liebesgeschichte zwischen dem deutschen Arbeiterführer und Ahnherrn der Sozialdemokratie Ferdinand Lassalle und seiner Geliebten Helene von Dönniges. Der Untertitel kündigt es an: „Eine wohlbekannte Geschichte in neuem Licht”. Für Meredith stellten diese beiden Liebenden „berühmte Paare der Geschichte unseres Planeten in den Schatten”, und ihre Leidenschaft war ihm im Jahr 1880, als der Roman erschien, wahrhaftig genug, um erzählt werden zu dürfen. Seine Figuren schienen ihm von einer solch komplexen Beschaffenheit, dass der Erzähler zwei Musen braucht, um sie zu erfassen.
Meredith, der wohl letzte Vertreter der viktorianischen Epoche, lebte von 1828 bis 1909. Er hatte manche Freunde und Anhänger unter den Modernen, wie Virginia Woolf oder Oscar Wilde, der seinen Stil als „Chaos” bezeichnete, „von zuckenden Blitzen erhellt”. Wildes Diktum gilt auch für diese wilde Liebesgeschichte. Alles pulsiert hier, bis zum Ende hin, doch das Rätsel der misslingenden Liebe wird nicht gelöst, und so bleibt der Roman eine Hommage an den Traum von der großen Liebe, ganz im Sinne Ferdinand Lassalles, der in einem Brief geschrieben hat: „Wo keine vernünftigen Wege mehr sind, bleiben nur noch die romanhaften übrig”. YVONNE GEBAUER
GEORGE MEREDITH: Die tragischen Komödianten. Eine wohlbekannte Geschichte in neuem Licht. Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Irma Wehrli. Mit einem Nachwort von Hanjo Kesting. Manesse Verlag. Zürich 2007. 320 Seiten, 17,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Yvonne Bauer erzählt genüsslich die wild-leidenschaftliche Liebesgeschichte von Sigismund Alvan und Clotilde von Rüdiger nach, die am Widerstand ihrer Eltern scheitern und den Angebeteten tragisch im Duell mit seinem kümmerlichen Nachfolger sterben lässt, um erst am Ende ihrer Kritik zu enthüllen, dass es sich bei dem Roman des viktorianischen Autors George Meredith um eine historisch belegte Geschichte handelt. Das "Rätsel" der scheiternden Liebesbeziehung löst auch der Autor trotz des Versprechens, "neues Licht" auf die Sache zu werfen, nicht, dafür gelingt es ihm, den Wirbel der Leidenschaften dieses außergewöhnlichen Paares einzufangen, so die Rezensentin fasziniert.

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