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Maupassant hat einen der berührendsten Künstlerromane der Weltliteratur geschrieben: Das Altersschicksal eines begehrten Porträtmalers der Pariser Oberschicht liest sich als psychologische Studie ebenso ergreifend wie als Meditation über die Vergänglichkeit von Jugend, Schönheit und Sinnlichkeit. Was einst als Affäre zwischen dem bürgerlichen Maler und einer verheirateten Abgeordnetengattin begonnen hatte, ist im Laufe der Jahre zu einer soliden illegalen Liebesbeziehung geworden: Olivier Bertin findet in der Verbindung mit der bildschönen Madame de Guilleroy jenen animierenden Eros, den er…mehr

Produktbeschreibung
Maupassant hat einen der berührendsten Künstlerromane der Weltliteratur geschrieben: Das Altersschicksal eines begehrten Porträtmalers der Pariser Oberschicht liest sich als psychologische Studie ebenso ergreifend wie als Meditation über die Vergänglichkeit von Jugend, Schönheit und Sinnlichkeit.
Was einst als Affäre zwischen dem bürgerlichen Maler und einer verheirateten Abgeordnetengattin begonnen hatte, ist im Laufe der Jahre zu einer soliden illegalen Liebesbeziehung geworden: Olivier Bertin findet in der Verbindung mit der bildschönen Madame de Guilleroy jenen animierenden Eros, den er für sein kreatives Schaffen benötigt, jene Geborgenheit, nach der er sich als alternder Junggeselle mehr und mehr sehnt, und die wohltuende Anerkennung seines künstlerischen Ranges. Kurzum, er darf sich für einen glücklichen Mann halten. Da soll eines Tages die Tochter seiner Freundin in die Gesellschaft eingeführt werden. Annette ist so bezaubernd schön, wie es ihre Mutter einst war. Die eigene Vergänglichkeit vor Augen, den quälenden Schmerz endlicher Liebe empfindend, scheint für Bertin mit einem Mal alles bedeutungslos zu werden, was er im Leben und in der Kunst erreicht hat.
Autorenporträt
Guy de Maupassant (1850-93) schlug nach Abbruch des Jurastudiums die Beamtenlaufbahn ein und begann unter Anleitung Flauberts zu schreiben. Innerhalb eines Jahrzehnts verfaßte er über zweihundertfünfzig Novellen und sechs Romane, die sich allesamt durch nüchterne Objektivität der Darstellung, universalen Desillusionismus und hohe stilistische Meisterschaft auszeichnen.
Guy de Maupassant ist einer der großen Romanciers Frankreichs. Existentielle Konflikte, Milieuschilderungen und psychologische Analyse machen seine seine Romane und Novellen zur auch heute noch fesselnden Lektüre.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Selten ist eine glückliche Liebe in der französischen Literatur des Fin de siecle "so zart" beschrieben worden, schreibt Rezensentin Felicitas von Lovenberg. Besonders hingerissen hat die Rezensentin an dieser Beschreibung der Liebe zwischen einem Maler und einer Gräfin, dass Maupassant das Besondere an ihrer Liaison "mal aus seiner, dann wieder aus ihrer Sicht" geschildert hat. Auch habe wohl nur Oscar Wilde im "Dorian Gray" die Schrecken des Alters und "die Sehnsucht nach Dauerhaftigkeit ähnlich eindringlich" beschrieben. Die Genauigkeit der Übersetzung sowie deren "unaufdringlich moderne Sprache" hat die Rezensentin diese "schöne und traurige" Geschichte lesen lassen, als sei sie gerade erst geschehen. Diese deutsche Fassung erlaubt es, lobt sie, Maupassants unprogrammatische Kunst "fern von Moral und Pathos" neu zu erleben.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.10.2001

Die Liebe, eine anfällige Gewohnheit
Guy de Maupassants Roman "Stark wie der Tod", neu übersetzt · Von Felicitas von Lovenberg

Als Maupassant sich im Frühjahr 1888 an die Arbeit zu "Fort comme la Mort" machte, war ihm bewußt, daß er sich etwas unerhört Schwieriges vorgenommen hatte. "Am Auge vorübergleiten" sollte dieser Roman, wie ein Sittengemälde vielleicht oder wie eine Serie von Porträts eines Menschen in den verschiedenen Stadien seines Lebens. Maupassant, der so drängende Novellen geschrieben hat wie "L'inconnu" oder "Le Horla", scheint es dieses eine Mal nicht eilig gehabt zu haben, seine Figuren dem unerbittlichen Schicksal auszuliefern. Seit dem Erfolg von "Bel Ami" (1885) war der Schriftsteller ein gemachter Mann, er konnte das verhaßte Dasein als Ministerialbeamter aufgeben und sich ganz dem Schreiben widmen. In kaum einem anderen Werk entfaltet er seinen Kosmos so behutsam wie in diesem, seinem vorletzten Roman, der nun zum ersten Mal seit den sechziger Jahren in neuer Übersetzung in der Manesse Bibliothek vorliegt.

Dem Maler Olivier Bertin haben Begabung und Eleganz längst Türen und Herzen der Pariser Gesellschaft geöffnet. Dieser Künstler ist kein von schöpferischen Anfällen Getriebener, sondern ein geschliffener Spiegel seiner Zeit. Der gefeierte Maler porträtiert die schönsten Damen und die wichtigsten Herren. Fast täglich führt ihn sein Weg ins Haus des Grafen de Guilleroy, zu dessen Frau er seit vielen Jahren eine Liebesbeziehung hat - seit jener Zeit, da ihm die jung verheiratete Gräfin Modell saß und er sich in sie verliebte. Nach anfänglichen Skrupeln von seiner Seite und angesichts ihrer Befürchtung, nun eine "gefallene Frau" zu sein, hatten Olivier und Any eine Liebesaffäre begonnen. Das Ungewöhnliche an dieser Beziehung ist nicht, daß es sie gibt - Maupassant war wahrlich kein Verfechter ehelicher Treue -, sondern daß sie Bestand hat. Denn für Bertin wird Anys hingebungsvolle Zärtlichkeit ebenso zur Gewohnheit, wie seine Komplimente ihr unentbehrlich werden, und so sind sie auch nach Jahren noch so innig verbunden, wie es nur möglich ist, wenn Liebe und Passion, Verehrung und Freundschaft zusammenkommen. Mit der Zeit haben sie sich mit der Heimlichkeit abgefunden, mit dem ahnungslosen Ehemann hat Bertin sogar Freundschaft geschlossen.

Selten ist eine glückliche Liebe in der französischen Literatur des Fin de siècle so zart beschrieben worden. Ausgerechnet Maupassant, der selbst nie eine engere Bindung einging, fühlt sich in die Balance der Liebe zwischen dem Maler und der Gräfin so sehr ein, daß er das Besondere ihrer Liaison einmal aus seiner und dann wieder aus ihrer Sicht schildern kann. Die erste Hälfte des Romans verweilt bei dem Paar und seinen Ritualen. Es ist eine reife Liebe, deren Schilderung auch deswegen so anrührt, weil sie viel seltener besungen wird als jugendlicher Gefühlsüberschwang: "Bei ihm hatte sich die schwärmerische Liebe der ersten Zeit in eine ruhige, tiefe Zuneigung verwandelt, eine Art verliebter Freundschaft, an die er sich gewöhnt hatte. Bei ihr hingegen wuchs die leidenschaftliche Anhänglichkeit unablässig, diese beharrliche Anhänglichkeit gewisser Frauen, die sich einem Mann ganz und gar und für immer schenken. Sie weihen sich einer einzigen Liebe, von der sie nichts abbringen kann, und sind im Ehebruch so ehrenhaft und anständig, wie sie es in der Ehe gewesen wären." Alles, was Any tut, ist nur von dem Wunsch bestimmt, Bertin zu gefallen, auch nach Jahren noch attraktiver für ihn zu sein als jede andere Frau. Dies gelingt ihr mit einer Perfektion, der jede Spontaneität fehlt, fehlen muß - was sie jedoch nicht unsympathisch erscheinen läßt. Als sie erkennt, daß Männer jederzeit Frauen treffen können, deren Anziehungskraft stärker, weil neu ist, nimmt sie Zuflucht zu anderen Mitteln, umschmeichelt und verwöhnt ihn. Er wiederum hat sich so an diese Annehmlichkeiten gewöhnt, daß andere Frauen ihn nur für kurze Zeit von Any ablenken können.

In dieser Harmonie wirken so starke Schwingungen, daß man unwillkürlich darauf wartet, daß sie zerbirst. Erste Mißtöne schleichen sich ein, als Anys achtzehnjährige Tochter Annette, die bei der Großmutter auf dem Land gelebt hatte, nach Paris kommt. Dem Maler fällt sofort ihre frappierende Ähnlichkeit mit der Mutter auf, sie erinnert ihn an die Frau, in die er sich einst so heftig verliebt hatte. Immer mehr ist er von dem ungekünstelten, impulsiven Mädchen fasziniert. Ohne sich selbst über seine Gefühle Rechenschaft abzulegen, verfällt er ihr in fiebrigem "amour fou". Beide Frauen verschwimmen zu einer geliebten Gestalt, und in der vertrauten Nähe Anys sucht er nun immer stärker auch die erregende Gegenwart von Annette. Lange vor ihm ahnt die kluge Any die Gefahr, während die Tochter von dem Gefühlschaos, das sie auslöst, ganz unberührt bleibt. Denn Bertin liebt nicht eigentlich das Mädchen, sondern seine eigene Jugend, an die sie ihn erinnert. Aber er ist unfähig, zwischen dem Gefühl und seinen Motiven zu unterscheiden.

Mit wachsender, weil unerfüllt bleibender Begierde verliert Bertin immer mehr die Kontrolle über sein Leben. In diese Zeit fallen die ersten verheerenden Kritiken seiner Werke, und er muß erkennen, daß ihm eine neue Generation nicht nur seinen Erfolg in der Gesellschaft und bei den Frauen, sondern auch in der Kunstwelt streitig macht. Doch kein Aufbegehren kann ihm die Jugend zurückbringen, und sein Leid teilt nur Any. "Wenn man jung ist, kann man sich über Entfernungen hinweg lieben, wohl weil man fühlt, daß das Leben noch vor einem liegt. In meinem Alter dagegen ist die Liebe eine anfällige Gewohnheit geworden. Das Herz kennt keine Rauschzustände mehr, sondern nur noch egoistische Bedürfnisse."

Bertin sieht keinen Ausweg aus seiner Qual. Letztlich, so scheint es, kann sich die ersehnte Jugendlichkeit nur für Augenblicke des Begehrens gegen Alter und Tod zur Wehr setzen. Doch wenn sich Bertin solchen Träumen überläßt, tut er es nur in seiner Phantasie - "diese Liebe ist zu etwas Unwiderstehlichem, Zerstörerischem geworden, zu etwas, das stärker ist als der Tod. Ich gehöre ihr, wie ein brennendes Haus den Flammen gehört." Für ihn gibt es keine Erfüllung mehr, weder in der Kunst noch in der Liebe. Als er über Annettes bevorstehende Hochzeit verzweifelt durch Paris irrt, wird er von einen Omnibus angefahren und stirbt an den Folgen seiner Verletzung.

Man hat Maupassant vorgeworfen, seiner Umwelt fremd gegenübergestanden zu haben. In diesem Roman, anders als noch in "Boule de suif", tritt dies kaum zutage, auch die sonst oft verletzende Boshaftigkeit fehlt fast ganz. Zwar karikiert der Dichter in humoristisch dargestellten Konversationen immer wieder die gehobene Pariser Gesellschaft, doch neben der Tragödie des Alterns, einer verbotenen Liebe und des scheiternden Künstlertums tritt all dies hier in den Hintergrund. Nur Oscar Wilde hat im "Bildnis des Dorian Gray" die Schrecken des Alters und die Sehnsucht nach Dauerhaftigkeit ähnlich eindringlich beschrieben.

Maupassant ist zu klug, um die beiden Frauengestalten gegeneinander auszuspielen. Die Mutter zweifelt trotz der Trauer über den absehbaren Verlust des Geliebten nie an ihrer Tochter. Als der tödlich getroffene Bertin sich nicht mehr zu helfen weiß und bei seiner Freundin Trost sucht, empfindet sie eher Mitgefühl als Verbitterung, während er ihr Leid nicht wahrnimmt. Sie ist allein. Wenn sie vor dem Spiegel die Spuren der Zeit an ihrem Körper bemerkt, erfährt sie einsam einen doppelten Verlust.

Man liest diese schöne und traurige Geschichte, als sei sie gerade erst geschehen. Daran hat auch Caroline Vollmanns Übersetzung ihren Anteil, die durch Genauigkeit und eine unaufdringlich moderne Sprache besticht. Diese deutsche Fassung erlaubt es, Maupassants unprogrammatische Kunst jenseits von Naturalismus oder Realismus und fern von Moral und Pathos neu zu erleben.

Guy de Maupassant: "Stark wie der Tod". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Caroline Vollmann. Mit einem Nachwort von Hermann Lindner. Manesse Verlag, Zürich 2001. 399 S., geb., 38,- DM.

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