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Sein Schelmentum ist Legende: Selten hat in der deutschen Literatur eine Kunstfigur solche Beliebtheit erlangt wie der geniale Lügenbaron mit seinen Aufschneidereien. Feiner augenzwinkernder Humor und wahre literarische Fabulierkraft verbinden sich in den Münchhausiaden zu einer zeitlosen Originalität. Die Entstehung des Werks ist selbst geradezu ein Kapitel der Lügengeschichten, die der flunkernde Freiherr abends seinen Freunden zum besten zu geben pflegte. Ursprünglich anonym in englischer Sprache erschienen, erhielt das Buch durch den Sturm-und Drang-Dichter Gottfried August Bürger seine…mehr

Produktbeschreibung
Sein Schelmentum ist Legende: Selten hat in der deutschen Literatur eine Kunstfigur solche Beliebtheit erlangt wie der geniale Lügenbaron mit seinen Aufschneidereien. Feiner augenzwinkernder Humor und wahre literarische Fabulierkraft verbinden sich in den Münchhausiaden zu einer zeitlosen Originalität.
Die Entstehung des Werks ist selbst geradezu ein Kapitel der Lügengeschichten, die der flunkernde Freiherr abends seinen Freunden zum besten zu geben pflegte. Ursprünglich anonym in englischer Sprache erschienen, erhielt das Buch durch den Sturm-und Drang-Dichter Gottfried August Bürger seine klassische Gestalt.
Nicht nur die unglaublichen Übertreibungen sind es, die an den Münchhausiaden so amüsieren: die maßlose Prahlerei und die Ironisierung dieser Prahlerei. Es sind die bei aller Absurdität folgerichtigen und überzeugenden Bocksprünge einer ungezähmten Phantasie, es ist der Reiz, innerhalb des Unmöglichen das Mögliche zu entdecken und die Welt geistreich auf den Kopf zu st ellen. Dies alles hat die Abenteuer des Barons Münchhausen in den Rang eines Jahrhundert-Bestsellers der deutschen Literatur erhoben.
Autorenporträt
Gottfried August Bürger (1747-1794) gelangte als junger Balladendichter zu einiger Berühmtheit, mußte sich dann aber als schlecht bezahlter Amtmann und Universitätsdozent in Göttingen durchs Leben schlagen. Seine Version der Münchhausiaden, von der Kritik verrissen, wurde vom Lesepublikum begeistert aufgenommen und bescherte ihm späte Popularität.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.06.2003

Ich ließ das gut sein und ritt weiter
Gottfried August Bürgers „Münchhausen” in neuem Kleid
Als Verfassername steht über dem Titel „Wunderbare Reisen zu Wasser und Lande, Feldzüge und lustige Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen” in der Neuausgabe der „Manesse Bibliothek der Weltliteratur” Gottfried August Bürger, aber ganz umstandslos kann man dem Göttinger Professor die Autorschaft nicht zuschreiben. Max Lüthi gibt darüber in seinem Nachwort en detail Auskunft: Da erschienen zunächst unscheinbar und anonym in einem Berliner Journal ein paar „M-hs-nsche Geschichten”, fünf Jahre danach, wiederum anonym, 1786 mit dem Druckort Oxford ein schmales Buch in englischer Sprache unter dem Titel „Baron Munchausen’s Narrative of his marvellous travels and campaigns in Russia”.
Das Büchlein brachte es binnen weniger Jahre auf sieben Auflagen und nahm dabei an Umfang zu. Zu den „russischen” Land-Abenteuern kamen die zur See. 1786 erschien die erste deutsche Ausgabe, eine Übersetzung ziemlich freier Art, wiederum mit neuen Zusätzen versehen. Auch sie nannte keinen Verfasser, aber wir wissen, dass sie von Bürger stammt. Wir kennen auch den Autor der englischen Ausgabe: Rudolf Erich Raspe, ein deutscher Gelehrter nicht unbeträchtlichen Formats, der 1775 einer drohender Verhaftung wegen nach England flüchtete. Wahrscheinlich stammten auch die in dem Berliner Journal erschienenen „Geschichten” schon von ihm; ob auch die Erweiterungen in den englischen Neuauflagen ist ungewiss.
Ungewiss ist auch, was der Baron von Münchhausen mit dem Helden dieser Geschichten zu tun hat. Ganz sicher ist nur, dass er eine historische Person ist: Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen, hannoverscher Landedelmann zu Bodenwerder an der Weser, zeitweilig als Offizier in russischen Diensten und offenbar ein begnadeter Causeur und Erzähler. Es ist unbeantwortbar, ob auf sein Erzählen wenn auch nur die eine oder andere der Geschichten zurückgeht, die ihn unsterblich gemacht haben – wohl aber wissen die Literarhistoriker Auskunft darüber zu geben, aus welchen Quellen Raspe und Bürger geschöpft haben; denn sie sind Nacherzähler und nur in den wenigstens Fällen Erfinder.
Die eingefrorenen Töne
Der „Münchhausen” gehört zu der Sorte von Texten, in denen sich ein vorrätiges Erzählgut zum Teil sehr alter Provenienz zu einem Ganzen verbindet, dessen Bündelung mittels der Erfindung einer Träger-Figur erfolgt – man denke an „Till Eulenspiegel”. Max Lüthis Nachwort führt das an der Geschichte von den eingefrorenen und aufgetauten Tönen des Postillionhornes vor, die sich bis auf Plutarch zurückverfolgen lässt. So setzen sich Münchhausens Flunkereien zusammen aus dem sprichwörtlichen Jägerlatein, dem Garn, das die Seeleute spinnen, dem Bramarbasieren des miles gloriosus und aus den fabelhaften Reiseerzählungen, deren berühmteste, Lukians „Wahre Geschichten” aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert, ein Vorrat für die Literatur Europas wurde – „Urbild aller Voyages imaginaires” nennt sie ihr Übersetzer Wieland.
Gehört der „Münchhausen” zur Weltliteratur? Im Blick auf die literarische Qualität seiner Erweiterungen, die von Auflage zu Auflage als Seegeschichten hinzugekommen sind, mag man daran zweifeln. Jedoch in seinem ursprünglichen – „russischen” – Bestand ist der „Münchhausen” ein schlechthin klassisches Werk, dessen schwadronierender Held in Bürgers sinnlich dichter, gestischer Sprache sich zu einer unvergesslichen Gestalt befestigte. Auch die Verbreitung in vielen Sprachen spricht für die Zugehörigkeit zur Weltliteratur. Und dafür, dass der Held, wenn auch nicht gerade auf der Höhe eines Don Juan, Don Quijote oder Faust, zur sprichwörtlichen Person wurde, bedurfte es wohl mehr als nur des Formats eines unverschämt aufschneiderischen „Lügenbarons”.
Da sind die satirischen Spiegelungen des Zeitgeists, schon in der allerersten von Münchhausens Schwadronaden: Er trifft auf dem winterlichen Weg durch Polen auf einen alten, kaum bekleideten Mann und wirft ihm, ein zweiter St. Martin, seinen Mantel zu. Und dann hört er eine Stimme vom Himmel: „Hol mich der Teufel, mein Sohn, das soll dir nicht unvergolten bleiben!” Was für eine schlagende Illustration der die Theologie der Aufklärung umtreibenden Akkomodationslehre, von der Anpassung des göttlichen Wortes an den menschlichen Hörer: So und nicht anders spricht Gott, wenn er einen Münchhausen vor sich hat. Dessen eigener Kommentar dazu lautet: „Ich ließ das gut sein und ritt weiter”, worin sich ein gewisses Maß von Kongenialität ausdrückt. Gar die (aus Bürgers Erfindung stammende) Geschichte von Münchhausens Zopf, an dem er sich aus dem Morast zieht, in den er zu versinken droht, ist zu einer symbolisch-absurden Handlung erster Ordnung geworden, in der jedermann mit seinen individuellen Lebensbemühungen, ja die ganze europäische Neuzeit sich anschauen und zum Lachen und Weinen finden kann.
Die Ausgabe folgt der zweiten Auflage von Bürgers Übersetzung (1788), enthält sechzehn Federzeichnungen von Theodor Hosemann, das Nachwort Max Lüthis, Anmerkungen und eine Auswahl aus der Literatur.
KURT WÖLFEL
GOTTFRIED AUGUST BÜRGER: Wunderbare Reisen zu Wasser und Lande, Feldzüge und lustige Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen. Manesse Verlag, Zürich 2002. 255 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Kurt Wölfel zeigt sich hocherfreut von der Neuausgabe des "Münchhausen". Er wirft die Frage auf, ob die Geschichten um den Lügenbaron zur Weltliteratur gehören. Im Blick auf die literarische Qualität seiner von Ausgabe zu Ausgab dazugekommenen Erweiterungen, der "Seegeschichten", erscheint ihm das zumindest zweifelhaft. In seinem ursprünglichen Bestand jedoch sieht Wölfel im "Münchhausen", "dessen schwadronierender Held in Bürgers sinnlich dichter, gestischer Sprache sich zu einer unvergesslichen Gestalt befestigte", ein "schlechthin klassisches Werk". Dafür sprechen seines Erachtens auch die weite Verbreitung in vielen Sprachen, die Tatsache, dass aus Münchhausen eine "sprichwörtliche Person" wurde, und die "satirischen Spiegelungen des Zeitgeistes" im "Münchhausen". Ein Lob zollt Wölfel auch dem Nachworts Max Lüthis, das detailliert über die Entstehungsgeschichte des "Münchhausen" informiert. Daneben enthalte der Band noch Anmerkungen, eine Auswahl aus der Literatur und sechzehn Federzeichnungen von Theodor Hosemann.

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