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Salvatore Scibonas Das Ende ist ein literarisches Ereignis: Nachdem der Roman in den USA erschien, wurde der Autor mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, für den National Book Award nominiert und vom New Yorker zu einem der 20 wichtigsten Autoren seiner Generation gekürt. Am 15. August 1953 findet in Elephant Park, dem italienischen Viertel von Cleveland, Ohio, anlässlich des römisch-katholischen Hochfestes Mariä Himmelfahrt eine Prozession statt; ein Ereignis, bei dem sich verschiedene Schicksalsfäden kreuzen: die Fäden von Rocco LaGrassa, dem Bäcker von Elephant Park, der erfährt, dass sein…mehr

Produktbeschreibung
Salvatore Scibonas Das Ende ist ein literarisches Ereignis: Nachdem der Roman in den USA erschien, wurde der Autor mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, für den National Book Award nominiert und vom New Yorker zu einem der 20 wichtigsten Autoren seiner Generation gekürt.
Am 15. August 1953 findet in Elephant Park, dem italienischen Viertel von Cleveland, Ohio, anlässlich des römisch-katholischen Hochfestes Mariä Himmelfahrt eine Prozession statt; ein Ereignis, bei dem sich verschiedene Schicksalsfäden kreuzen: die Fäden von Rocco LaGrassa, dem Bäcker von Elephant Park, der erfährt, dass sein Sohn in einem Kriegsgefangenenlager in Korea gestorben ist; von Mrs. Marini, der Engelmacherin, von ihrer Vertrauten Lisa Mazzone und derem 15-jährigen Sohn Ciccio und von dem unheimlichen Juwelier, der sich selbst nur "der Waldläufer" nennt und ein schreckliches Geheimnis mit sich trägt.
Salvatore Scibona verdichtet die Geschichten dieser höchst unterschiedlichen Menschen zum literarischen Porträt einer Zeitenwende und stellt sich mit diesem Roman in die Tradition der europäischen Avantgarde, die mit Namen wie James Joyce, Samuel Beckett und Virginia Woolf verknüpft ist.
Das Ende ist "eine aufregende literarische Tour de force" (Publisher s Weekly),"ein Werk, das seine Leser herausfordert um sie reich zu belohnen." (KirkusReview)
Autorenporträt
Salvatore Scibona, 1975 in Cleveland geboren, ist einer der wichtigsten amerikanischen Autoren der jüngeren Generation. Scibona wuchs im großen Kreise seiner italienischstämmigen Familie auf. Vor allem seine Großeltern, von denen er viele Geschichten erzählt bekam, beeinflussten sein späteres Schreiben. Er lebt in Provincetown, Massachusetts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.03.2012

Bloomsday in Cleveland, Ohio

Der amerikanische Traum italienischer Einwanderer: Salvatore Scibona verneigt sich mit "Das Ende" vor der Romantradition der klassischen Moderne.

Von Jan Wiele

Mit amerikanischen Klappentexten ist es ein bisschen wie mit der Parabel vom Jungen, der zu oft "Wolf" ruft und dem dann keiner glaubt, als das Tier wirklich kommt: Den Lobpreis eines Werkes als literarische "tour de force" liest man so oft, dass man ihm kaum noch Glauben schenkt. Im Fall von Salvatore Scibonas Romandebüt "Das Ende", welches das besagte Prädikat vom Magazin "Publishers Weekly" erhielt, beißt der Wolf dann aber tatsächlich zu.

In der Bewusstseinsstrom-Prosa der literarischen Moderne, die vor etwa hundert Jahren bei Joyce und Woolf, Schnitzler und Döblin radikal zum Durchbruch kam, erzählt der 1975 geborene Salvatore Scibona einen Episodenroman, der auch kurz nach der Jahrhundertwende beginnt - nämlich 1913 in Cleveland, Ohio -, dessen gesamte erzählte Zeit aber vom ausgehenden neunzehnten bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts reicht und innerhalb dieser Spanne munter hin und her springt.

Die Figuren sind größtenteils italienische Einwanderer oder deren Nachkommen, die teils noch sehr befremdet auf die amerikanische Kultur schauen, teils ihre eigenen Traditionen in sie einzubringen suchen und in der Neuen Welt transformiert werden. Zu den Hauptfiguren zählen der Bäcker Rocco, dessen Sohn als amerikanischer Soldat in Kriegsgefangenschaft stirbt, der in schwieriger Entwicklung befindliche Teenager Ciccio und seine Mutter Lina, ein geheimnisvoller Juwelier und schließlich die alte Mrs. Marini, die in einem Kellerraum Abtreibungen vornimmt und deren spätes Lebensglück sich ihr wie folgt darstellt: "Sie war reich; der kläffende Hund ihres Nachbarn war an Krebs gestorben; Eisenhower hatte Stevenson gedemütigt; sogar der Geruch der Druckerschwärze, den die Zeitung verströmte, war himmlisch."

Die Erfahrungen, Empfindungen und Gedanken dieser Menschen werden dem Leser oft in einer durchaus rohen, ungeordneten Form zugemutet, die insbesondere an die Technik William Faulkners erinnert, wie dieser sie etwa in "Absalom. Absalom!" vorführte: Das erzählerische Rührei der sogenannten "scrambled chronology" stellt den Leser ebenso vor eine Herausforderung, wie die jeweils unvollständig bleibenden Perspektivsichten der Figuren die Handlung verrätseln.

Aus den verschiedenen, zunächst wie lose Fäden ausgelegten Handlungssträngen flicht Scibona dann langsam, aber sicher einen Plot, der um ein alle Figuren berührendes Ereignis während einer Marienprozession in Cleveland an einem Augusttag 1953 kreist - sozusagen der Bloomsday des Romans. Hier lichtet sich schließlich der Nebel über einem sich aus verschiedenen Blickwinkeln darstellenden Verbrechen, dessen Aufklärung man zunehmend gespannt verfolgt.

Das Kaleidoskop amerikanischer Alltagsgeschichte, die Scibona in leuchtenden Farben schildert, zieht einen immer wieder in seinen Bann. Durch die bestechende Genauigkeit der Beschreibung bemerkt man mitunter erst beim wiederholten Lesen, wie surreal dieser Roman häufig ist: Besonders in der Rocco-Episode scheint sich die ganze darin erzählte Welt nur für diesen zu drehen, und so wie alle ihm begegnenden Figuren über sein Leben Bescheid wissen und es kommentieren, muss einen zwangsläufig das Gefühl beschleichen, dass seine Geschichte wenn nicht einen Traum, so doch eine Art Apophänie darstellt, wie sich etwa bei der Begegnung mit einem Eisverkäufer an den Niagarafällen zeigt.

Manchmal setzt Scibona indes etwas zu offensichtlich auf den kapriziösen Ausdruck und die überkandidelte Metapher. Der Autor hat, wie schon ein britischer Kritiker beobachtete, wohl eher den perfekten Satz im Visier als das große Ganze. Umso mehr ist die übersetzerische Leistung des Lyrikers Steffen Jacobs zu würdigen, die an gewissen harten Nüssen von Sätzen wohl auch einmal verzweifelt sein muss. Gleich der erste Satz des Romans zeigt dafür auf das Schönste Scibonas großes Talent: Rocco, diesen "Mann in Form einer Glühbirne", vergisst man nicht so schnell. Und auch unterm Strich überwiegt eine Frische der Sprache und ein sprühender Einfallsreichtum der Darstellungsmittel, der auch im Deutschen beeindruckend ist.

Keine Frage, man muss sich in dieses Buch erst hineinbeißen - mit seiner Formbetontheit steht es quer zum leicht konsumierbaren Gros der Neuerscheinungen. Das ist schon deshalb zu würdigen, weil für viele Autoren heute vor allem die "gute Geschichte" zu zählen scheint und die Form darüber bedeutungslos wird. Zudem wirft das Werk eine interessante Frage auf: Nämlich warum eigentlich die erlebte Rede und der innere Monolog gar so aus der Mode gekommen sind - und manchmal auch explizit als überkommene Methoden abqualifiziert werden -, wenn sie auch nach hundert Jahren noch derart anschaulich Bewusstseinsvorgänge darzustellen vermögen.

Salvatore Scibona: "Das Ende". Roman.

Aus dem Amerikanischen von Steffen Jacobs. Arche Verlag, Zürich 2012. 350 S., geb., 22,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.03.2012

Karussell
der Stimmen
Ein Roman aus Italy, Ohio
Wo dieses Land wohl liegt? Seine Bewohner sprechen Italienisch, mit verschiedenen regionalen Einschlägen, die ihre Herkunft aus dem Süden verraten: von der sizilianischen Küste, aus kalabresischen Dörfern oder Kleinstädten im Latium. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts landeten Leute wie Rocco, Carmelina Montanero, Enzo Mazzone oder Costanza Marini in Cleveland/ Ohio und bevölkern seither die Straßen am Elephant Park. Hier geht es mindestens ebenso italienisch zu wie in der Heimat. Die Familien sind groß, auf den Tisch kommen Spaghetti, Kaninchen oder Mortadella, und der wichtigste Feiertag ist ferragosto, Mariä Himmelfahrt am 15. August. Und wenn unvermutet ein Großvater aus Neapel auftaucht, kann sich auch sein Enkel im Dialekt mit ihm unterhalten.
Salvatore Scibona, 1975 in Cleveland geboren, vom New Yorker zum vielversprechenden Nachwuchsautor gekürt, ist in einer italienischen Community aufgewachsen, die sich ihre Eigenarten bis in die achtziger Jahre bewahrt haben muss. Sein Debüt „Das Ende“ ist ein vielschichtiges Porträt der italo-amerikanischen Wirklichkeit. Dabei verfällt er weder in Pizza-Mandoline-O-Sole-mio-Folklore, noch greift er auf das überstrapazierte Schema der Familien-Saga oder das schmissige Mafia-Genre zurück.
Der dickleibige Roman setzt am 15. August 1953 ein. Der Feiertag bündelt sämtliche Erzählstränge, die bis nach Italien ins Jahr 1873 zurückreichen und den Alltag in den 50ern ebenso zum Gegenstand haben wie die Prohibitionszeit und die Jahrhundertwende. Geschickt inszeniert Scibona eine Art Stimmen-Karussell, bei dem kapitelweise seine Hauptfiguren in den Blick geraten und immer wieder in innere Monologe gleiten. Der erste ist der Bäcker Rocco, eine armselige Existenz, Vater dreier Söhne, für die er täglich um vier Uhr früh aufstand und ganz Elephant Park mit Brot, Brötchen, Kuchen versorgte. Aber Frau und Kinder kamen ihm irgendwann abhanden.
An jenem glühend heißen 15. August erreicht Rocco die Nachricht, dass sein mittlerer Sohn in Korea gefallen sei. Bevor er seine Autofahrt zur Beerdigung gen Norden antritt, ist er zu Gast bei der 93-jährigen, wohlhabenden Witwe Costanza Merini. Als Engelmacherin ist sie das geheime Zentrum die Frauenwelt. Die belesene Witwe, die nicht aus Not sondern wegen eines Mannes Italien verließ, verkörpert das Bindeglied zur Neuen Welt. Das Gewebe der Geschichten wird immer dichter, die Schicksalsfäden kreuzen und verknäulen sich. Nie läuft Scibona Gefahr, sein Little Italy in ein sentimentales Licht zu tauchen; allzu genau schildert er die zerbrechenden patriarchalen Strukturen und den haarsträubenden Rassismus den Schwarzen gegenüber. Dass der Roman seine Spannkraft meistens beibehält, liegt vor allem an der farbenprächtigen Sprache. Von Steffen Jacobs einfallsreich ins Deutsche übertragen, entsteht ein Chor aus lauter Stimmen. Wer genau hinhört, vernimmt immer wieder sizilianische, neapolitanische und kalabresischen Obertöne.
MAIKE ALBATH
Salvatore Scibona
Das Ende
Roman. Aus dem Englischen von Steffen Jacobs. Arche Verlag, Zürich und Hamburg 2012. 350 Seiten, 22,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Leicht ist dieser Roman nicht zu haben, warnt Jan Wiele vor: In Salvatore Scibonas im Stil der modernen Literatur des frühen 20. Jahrhunderts gehaltene "Bewusstseinsstrom-Prosa" über die Erfahrungen der ersten italienischen Einwanderer in die USA muss man sich "erst hineinbeißen". Dies selten anzutreffende Formbewusstsein erfreut den Rezensent schon einmal per se, auch wenn für den Leser auf dem Weg zum literarischen Genuss einige von der unchronologischen Erzählweise und den "unvollständig bleibenden Perspektivsichten" aufgegebene Rätsel zu lösen seien. Dies belohne den Leser zwar mit mancher surrealen Passage und einer beeindruckenden Spannbreite erzählerischer Einfälle, doch zeigt sich der Rezensent auch leicht genervt von Scibonas Überprivilegierung des "perfekten Satzes" im Verhältnis zum "großen Ganzen". Dennoch kratzt sich dieser am Ende der Lektüre doch verwundert am Kopf, wie es nur dazu kommen konnte, dass der Stil der literarischen Moderne heute so in Misskredit stehe.

© Perlentaucher Medien GmbH