Marktplatzangebote
18 Angebote ab € 0,90 €
  • Gebundenes Buch

Eine sonderbare Art von Seligkeit empfindet die 39jährige Constance Fenimore Woolson, Großnichte von James Fenimore Cooper und beliebte amerikanische Autorin, als sie sich im Winter 1879 im Hafen von New York nach Europa einschifft. Bis vor kurzem hat sie ihre Mutter gepflegt und mit dem Geld, das sie mit ihren Kurzgeschichten verdient, ihre Familie unterstützt. Nun ist sie frei. Frei für eine Zukunft, in der sie schreiben und Liebhaber haben, aber nie heiraten will. In der Tasche hat sie ein Empfehlungsschreiben an den berühmten Schriftsteller Henry James. Ihn, ihr großes Idol, wird sie…mehr

Produktbeschreibung
Eine sonderbare Art von Seligkeit empfindet die 39jährige Constance Fenimore Woolson, Großnichte von James Fenimore Cooper und beliebte amerikanische Autorin, als sie sich im Winter 1879 im Hafen von New York nach Europa einschifft. Bis vor kurzem hat sie ihre Mutter gepflegt und mit dem Geld, das sie mit ihren Kurzgeschichten verdient, ihre Familie unterstützt. Nun ist sie frei. Frei für eine Zukunft, in der sie schreiben und Liebhaber haben, aber nie heiraten will. In der Tasche hat sie ein Empfehlungsschreiben an den berühmten Schriftsteller Henry James. Ihn, ihr großes Idol, wird sie endlich kennenlernen. Das erhofft sie sich, als sie im vereisten Liverpool an Land geht.Das schillernde Verhältnis zwischen Constance Fenimore Woolson und Henry James und das tragische Ende der Schriftstellerin in Venedig hat in der Literatur immer wieder Anlaß zu Spekulationen gegeben. War es mehr als eine platonische Liebe? Die New Yorker Autorin und Verlegerin Elizabeth Maguire erzählt das Geheimnis einer über 20 Jahre währenden Freundschaft und die Geschichte einer starken, unabhängigen Frau: leicht, heiter und leidenschaftlich.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.08.2008

Starke Frau trifft schwachen weißen Wal
Neuer Blick auf Henry James: Eine Freundschaft in Amerika

Von Paul Ingendaay

Constance Fenimore Woolson (1840 bis 1894) schrieb Erzählungen und Romane, die in Amerika mehr als hundert Jahre nach ihrem Tod noch (oder wieder) im Handel sind. Die Großnichte von James Fenimore Cooper galt auch als engste Freundin des literarischen Giganten Henry James, was sie in den Augen der feministischen Nachwelt in ein Lehrbeispiel verwandelt. Wie sehr das gendertheoretisch bedingte Interesse mit der Wiederbelebung ihres Werks zu tun hat, ist schwer zu entscheiden, vielleicht auch zweitrangig. In jedem Fall destilliert die amerikanische Lektorin und Schriftstellerin Elizabeth Maguire, die diesen schmalen, anmutig übersetzten Roman noch abschließen konnte, bevor sie 2006 im Alter von siebenundvierzig Jahren starb, aus der Freundschaft von Schriftstellerin und Schriftsteller (sie nennt ihn "Harry") eine ergreifende Geschichte über Kreativität, Krankheit, Geschlechterdifferenz und den literarischen Betrieb im neunzehnten Jahrhundert.

Es ist der Berühmtere von beiden, der darin menschlich die schwächere Rolle spielt; schön also, die Sache einmal aus Sicht der Frau geschildert zu bekommen. Ein Empfehlungsschreiben verschafft der drei Jahre Älteren im Frühjahr 1880 die Bekanntschaft des bewunderten Schriftstellers. Sie, auf einem Ohr taub, leidet an Depressionen und erträgt Menschen nur in Ausnahmefällen. Das ist nach James' Geschmack, denn diese Freundin kann er ganz für sich haben. In Briefen an seine Familie spielt er ihr Verhältnis allerdings herunter, als hätte er wirklich etwas zu verbergen; er fürchtet, man könne es für mehr halten, als es ist. Überhaupt sorgt er sich ständig darum, was andere über ihn denken könnten. Sie, die Geradlinigere der beiden, dürfte auch die Ehrlichere gewesen sein. Zu einer Abkühlung kommt es, als sie den Freund auf seine Homosexualität anspricht. James, an Etikette gefesselt, weist das Eindringen in seine Intimsphäre schroff zurück.

Die Szene ist wohl erfunden, doch sie klingt plausibel. Elizabeth Maguire hat sich durch die Quellen gelesen und erzählt "Fenimore" konsequent aus der Innensicht einer wachen, ironischen, durch und durch modernen Künstlerin. Auch der Ire Colm Tóibín hat in seinem großartigen Roman "Porträt des Meisters in mittleren Jahren" (deutsch 2005) die Leerstellen im Leben von Henry James durch die Einfühlung der Fiktion gefüllt. In knappen, impressionistischen Bilden zeigt Elizabeth Maguire, welchen Preis schöpferischer Eigensinn fordert, wenn die Umgebung in Konventionen erstarrt.

Constance Fenimore Woolson war eine jener "scribbling women", die von der Leserschaft geliebt und vom männlichen kulturellen Establishment eher verachtet wurden. Was sie tat, verstand sich für sie von selbst: der Familie den Rücken zu kehren, weil sie ihre literarische Karriere für wichtiger hielt; auf eigene Rechnung zu leben, zu fühlen und zu denken. In diesem Licht kommt James einem ziemlich pompös und manchmal auch schäbig vor. Der (reale) Essay, den er über das Werk seiner Freundin schrieb, dosiert das Lob so vorsichtig, dass daraus eine besondere Form der Herablassung wird. Doch Elizabeth Maguire widersteht der Versuchung, im Namen der vernachlässigten Frau mit einem der großen weißen Wale der amerikanischen Literatur abzurechnen.

Bis heute ist nicht geklärt, ob die schwer erkrankte Constance Fenimore Woolson Selbstmord beging. James wollte daran glauben, war entsprechend schockiert und weigerte sich, zu ihrem Begräbnis zu reisen. Als sich die larmoyante Szene ereignet - James' Briefe bezeugen sie, und nicht zu seinem Vorteil -, ist der Vorhang des Romans "Fenimore" lange gefallen.

- Elizabeth Maguire: "Fenimore". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Christel Dormagen. Arche Verlag, Hamburg 2008. 256 S., geb. 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die früh verstorbene Elizabeth Maguire erzählt hier die Geschichte der Freundschaft zwischen der beim Publikum beliebten, in der Literaturgeschichte freilich eher marginalen Autorin Constance Fenimore Woolson und dem zu Lebzeiten und bis heute hoch berühmten Schriftsteller Henry James. Im Jahr 1880 lernen sie sich kennen, das Verhältnis ist eng, kühlt aber ab, als Fenimore ihren Freund Harry allzu direkt auf seine Homosexualität anspricht. Überhaupt, stellt der Rezensent Paul Ingendaay fest, sieht James in diesem Roman, der darin der Wirklichkeit treu bleibt, nicht sonderlich gut aus. So schreibt er über die Bücher der Freundin mit ziemlicher Herablassung. Und Elizabeth Maguire lässt Fenimore, ohne dass, so Ingendaay, eine Abrechnung mit Henry James daraus wird, Gerechtigkeit widerfahren. Der Rezensent hat den Roman gerne gelesen und lobt insbesondere die "knappen, impressionistischen Bilder", in denen die Autorin die fiktiven Szenen aus dem Leben von James und Fenimore entfaltet.

© Perlentaucher Medien GmbH