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Fabrizia Ramondino erzählt die leidvolle Geschichte ihrer Depression während eines Aufenthalts auf der Insel Ventotene im Golf von Neapel. Von der Römerzeit bis in die sechziger Jahre war das Eiland eine Gefangeneninsel. Im Schatten der Ausgestoßenen und Verbannten durchleidet die neapolitanische Schriftstellerin, selbst depressiv, alkohol- und tablettenabhängig, einen Sommer und einen Herbst. Die Autorin webt ein Netz von Assoziationen und zeichnet ein schonungsloses Selbstbildnis.

Produktbeschreibung
Fabrizia Ramondino erzählt die leidvolle Geschichte ihrer Depression während eines Aufenthalts auf der Insel Ventotene im Golf von Neapel. Von der Römerzeit bis in die sechziger Jahre war das Eiland eine Gefangeneninsel. Im Schatten der Ausgestoßenen und Verbannten durchleidet die neapolitanische Schriftstellerin, selbst depressiv, alkohol- und tablettenabhängig, einen Sommer und einen Herbst. Die Autorin webt ein Netz von Assoziationen und zeichnet ein schonungsloses Selbstbildnis.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.01.2000

Aufbruch vom wüsten Ort
Fabrizia Ramondinos Bericht „Im Spiegel einer Insel”
„Alle Inseln blicken in einen Spiegel”: Diesen Satz hat Sigismund von Radecki vor fast vierzig Jahren im Rahmen eines Essays mit dem Anspruch einer kleinen Insel-Phänomenologie in dieser Zeitung geschrieben. Die italienische Autorin Fabrizia Ramondino belegt mit ihrem neuen Buch, dass auch die Umkehrung stimmt: Für die gebürtige Neapolitanerin erfüllt Ventotene, eine der Pontinischen Inseln, die Funktion eines Spiegels, der nicht nur die Schicksale von Einsiedlern, Piraten und politischen Gefangenen, sondern auch das Porträt einer Frau reflektiert, die sich in eine freiwillige Verbannung begeben hat.
Schon die ersten Seiten dieses Versuchs, eine auswegslos scheinende Situation schreibend zu überwinden, weisen auf ein lebensbedrohendes Trauma hin, auf eine nicht näher kommentierte Existenzkrise, die zu einer Flucht vor sich selbst und den Nächsten führt. Die Spiegelungen, die Fabrizia Ramondino in realen und imaginären Gesprächen mit Lebenden und Toten auf der Insel findet, sind für sie zumindest ein Fingerzeig; die Wiederholung einer Leidensgeschichte nimmt deren Meisterung vorweg.
Wer etwas überträgt, wird auch etwas los. So ist Fabrizia Ramondinos Insel-Buch primär die Geschichte einer Verdrängung: Indem die Protagonistin das Motiv ihrer Flucht nur vage andeutet, lenkt sie das Interesse des Lesers auf die Reflexionen, die sich aus der Vertiefung in Geschichte und Gegenwart von Ventotene und Santo Stefano, der beiden ehemaligen Gefängnisinseln, ergeben.
„Ich habe nur Ehrfurcht vor der Erinnerung an die jüngste Geschichte”: Auch Fabrizia Ramondinos jüngstes Erzählwerk Im Spiegel einer Insel” hat – nach der Veröffentlichtung von autobiografisch orientierter Prosa wie Althénopis” (1986) und Die Vögel des Narcís” (1987) – alle Merkmale eines Gedenkbuches. Die Autorin – einst eine aktive Vertreterin der Neuen Linken – bleibt dem Geist einer Resistenza verpflichtet, die sich nicht nur aus den Partisanen des Zweiten Weltkriegs, sondern auch aus der Opposition gegen einen menschenfeindlichen Fortschritt zusammensetzt. Auf Santo Stefano und Ventotene nimmt Fabrizia Ramondino Bilder einer Dritten Welt wahr, die als Visionen einer archaischen Zeit Anspruch auf eine eigene Wirklichkeit haben. Die Grenzen zwischen dem geträumten Leben und dem gelebten Traum erweisen sich als fließend.
Im Spiegel einer Insel” ist ein Buch der Muße. Die Erzählerin greift nie ein, sondern beschränkt sich auf die Rolle einer Augenzeugin; so genügt ihr ein alter Sessel in der von ihr bevorzugten Bar, um als Zuschauerin an einem theatrum mundi teilzunehmen. Ihre Aufzeichnungen halten Augenblicke fest.
Es sind diese Momente, die sich dem Leser einprägen, nicht die Summe von Einzelwahrnehmungen. Die Geste, mit der eine junge Mutter ihr Baby den Armen der Besucherin anvertraut, und deren Reaktion auf diese Zuwendung: Wenn Fabrizia Ramondino in Berufung auf diesen ganz und gar unspektakulären Vorgang von einem „Zauberkreis” spricht, verwendet sie ein Wort, das nicht nur auf diese Begegnung in der Bar zutrifft. Der Mythos der Insel ist allgegenwärtig in einem Buch, das den „Spuren der Vergangenheit” verpflichtet ist. Ventotene, dieser „wüste Ort”, wird in Fabrizia Ramondinos Krankheits- und Genesungsgeschichte zum Schauplatz und Zeichen eines Aufbruchs zu neuen Ufern. Im Spiegel einer Insel” schließt mit den Worten „geh weiter und hoffe”.
HANSJÖRG GRAF
FABRIZIA RAMONDINO: Im Spiegel einer Insel. Aus dem Italienischen von Maja Pflug. Arche Verlag, Zürich und Hamburg 1999. 240 Seiten, 38 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Gabriele Killert ist eine Bewunderin der Bücher von Fabrizia Ramondino, deren Bücher seit Jahren regelmäßig im Arche Verlag und von Maja Pflug "einfühlsam übersetzt" erscheinen. Ein großes Thema der neapolitanischen Schriftstellerin sei stets dieKindheit gewesen oder vielmehr die skandalöse Vertreibung daraus; nun habt die Autorin, so Killert, ein neuer Skandal erwischt: der Prozeß des Älterwerdens, der sie in eine Krise manoevriert hat, aus der sie schreibend wieder auftaucht. Ihr Zufluchtsort sei die Insel Ventotene, wo früher Verbannte gehaust haben, Piraten, Anarchisten, mythische Gestalten jedenfalls, in deren Geschichten Romandino "unauffällig", wie Gabriele Killert meint, und "in fragmentierter Erzählform" ihre eigene aufgehen läßt. Der Rezensentin hat es gefallen.

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