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Josef Paneth (1857-1890) war einer der engsten Freunde von Sigmund Freud und ein persönlicher Gesprächspartner Friedrich Nietzsches und damit wohl das wichtigste, bislang kaum beachtete missing link zwischen beiden. Sein Nachlass lag jahrzehntelang unbemerkt in London unweit von Maresfield Gardens, Freuds letztem Domizil. Aus diesem Fund werden erstmals eine glänzend geschriebene Autobiographie, Essays und die wichtigsten Briefe Paneths veröffentlicht. Ein Sterbebericht aus der Hand seiner Frau Sophie sowie ein Brief Nietzsches nach einer Photographie des verschollenen Originals ergänzen die…mehr

Produktbeschreibung
Josef Paneth (1857-1890) war einer der engsten Freunde von Sigmund Freud und ein persönlicher Gesprächspartner Friedrich Nietzsches und damit wohl das wichtigste, bislang kaum beachtete missing link zwischen beiden. Sein Nachlass lag jahrzehntelang unbemerkt in London unweit von Maresfield Gardens, Freuds letztem Domizil. Aus diesem Fund werden erstmals eine glänzend geschriebene Autobiographie, Essays und die wichtigsten Briefe Paneths veröffentlicht. Ein Sterbebericht aus der Hand seiner Frau Sophie sowie ein Brief Nietzsches nach einer Photographie des verschollenen Originals ergänzen die ausführlich eingeleitete, wissenschaftlich kommentierte Auswahl. Damit erschließen sich für die Freud- und Nietzscheforschung, die Frage nach der Entdeckung des Unbewussten, die Rezeption Kants und Schopenhauers sowie für die Kultur- und Geistesgeschichte des ausgehenden 19. Jahrhunderts und des Wiener Judentums reiche frische Quellen.
Autorenporträt
Josef Paneth, 1857 in Wien geboren, erwarb sich als Physiologe mit der Beschreibung Enzym bildender Zellen, die seither seinen Namen tragen, bleibenden Ruhm. Aufgewachsen war er nach dem frühen Tod beider Eltern in der Obhut von Samuel Hammerschlag, des jüdischen Religionslehrers auch von Sigmund Freud. Mit Freud verband ihn lebenslang eine enge Freundschaft. Paneths wissenschaftliche Laufbahn unter Ernst Brücke und Theodor Billroth endete schon früh: Er starb 1890 in Folge einer Lungenentzündung im Alter von 32 Jahren.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.01.2008

Unglück, Tod und Komödie
Zwischen Nietzsche und Freud: Der Mediziner Josef Paneth
Der Bericht, den Sofie Paneth von den letzten Stunden ihres Ehemanns verfasste, zählt zu den eindringlichsten Dokumenten dieses an eindringlichen Dokumenten wahrlich reichen Bandes über den Physiologen und Gelehrten Josef Paneth. Die Todesangst ist in Sofies Beschreibung zu greifen: „Er war jammervoll anzusehen mit seinem lieben, totenblassen, erschrockenen Gesicht, eiskalten Händen – wir beruhigten ihn nach Möglichkeit, aber was half das jetzt?” Schauerlich ist die Szene nicht allein wegen der Unerbittlichkeit des nahenden Todes. Schauerlich ist sie vor allem deshalb, weil sie noch im Moment des Sterbens den von Selbsthass durchzogenen Charakter Paneths offenbar werden lässt. Für einen winzigen Moment geht es ihm besser, und schon beginnt er, sich selbst anzuklagen: „nein, was habe ich denn für eine elende Komödie gespielt, von allen Abschied genommen und jetzt sterbe ich gar nicht. Mein ganzes Leben werde ich mich dieser Szene schämen – entsetzlicher Komödiant, der ich bin.”
Josef Paneth, gerade einmal 32 Jahre alt, erliegt wenige Augenblicke später seinem schweren Lungenleiden. Man schreibt den 4. Januar 1890. Der Sterbebericht ist nur eines von vielen Dokumenten, die Wilhelm W. Hemecker über das kurze Leben Josef Paneths zusammengetragen und in einer sorgfältigen Edition herausgegeben hat. Der Gewinn ist enorm. Dürfte Paneth bislang vor allem Medizinern ein Begriff gewesen sein – nach ihm sind die Zellen am Grund der Schleimhautdrüsen des Darms benannt –, so könnte Hemeckers Band dazu beitragen, dass sich nun auch Philosophen, Psychologen und Historiker vermehrt für den gebürtigen Wiener und Juden zu interessieren beginnen. Josef Paneth war mit Sigmund Freud befreundet – leider ist der Briefwechsel mit ihm nicht mehr erhalten; er war überdies mit Josef Breuer bekannt und mit Friedrich Nietzsche, der den Medizinstudenten nachhaltig faszinierte.
Trotz und Pessimismus
Im Winter 1883/84 kam es in Villefranche bei Nizza zu einer Reihe von Begegnungen mit Nietzsche, die in den Briefen Paneths an seine geliebte Frau dokumentiert sind. Darin berichtet er von den gemeinsamen Unterredungen – über Nietzsches „produktive Zustände”, über den „Zarathustra”, über den „Antisemitismus”. Die Briefe vermitteln zudem ein anschauliches Bild von Nietzsches Alltag, von seinen Sorgen, seiner angeschlagenen Gesundheit: „Dann kamen wir auf Pessimismus, und er sagte mir, er sei durch körperliche Schmerzen seinen Pessimismus losgeworden, aus Trotz, um sich nicht vom Schmerz tyrannisieren zu lassen, aus Bosheit, aus Herrschsucht. Dann meinte er auch, dass unzivilisierte Menschen viel weniger körperlich empfindlich wären als wir und dass unsere Erziehung uns sehr überempfindlich mache, was ich ihm zugeben konnte.”
Unter der anspruchsvollen, Dante zitierenden Überschrift „Vita Nuova” hat Paneth in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts sein Leben niedergeschrieben. Diese Niederschrift ist das Prunkstück der Edition, lebendige Schilderung der geistesgeschichtlichen Landschaft der Zeit und beklemmende Autobiographie eines zerrissenen Charakters. Halt gab Paneth erst Sofie Schwab, die er 1884 ehelichte. Bis zu diesem Zeitpunkt ist das Leben für den jungen Akademiker Qual. Die Schilderung seiner Erziehung unter einem strengen Vater erinnert an Kafka – den kleinen Josef treiben bereits mit sechs Jahren Selbstmordgedanken um. Der Tod der Eltern bei einem Kutschunfall wird als Befreiung empfunden: „Aber ich hatte zu meinen Eltern gar kein Verhältnis – und jetzt, nach so langer Zeit muss ich . . . das Unglück als ein Glück für mich betrachten. Ich wäre ganz zu Grunde gegangen.”
Schonungslos wie die Selbsterkundung ist auch Paneths Abrechnung mit seiner jüdischen Herkunft. „Quid faciendum” ist sie überschrieben und stammt von 1884. Paneth empfiehlt darin die christliche Taufe von Kindern jüdischer Eltern, denn „das Judentum ist in meinen Augen ein Anachronismus . . . ”. Wie alle Dokumente der Edition ist auch dieses eine kulturhistorisch bedeutsame Quelle zur Erhellung der spannungsgeladenen Gründerzeit. FLORIAN WELLE
JOSEF PANETH: Vita Nuova. Ein Gelehrtenleben zwischen Nietzsche und Freud. Autobiographie. Essays. Briefe. Herausgegeben und kommentiert von Wilhelm W. Hemecker. Leykam Buchverlag, Graz 2007. 300 Seiten, 17,50 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Florian Welle preist diese Edition von Dokumenten zu Josef Paneths Leben und Werk. Der Physiologe und Denker ist bisher nur in Medizinerkreisen als Namensgeber spezieller Zellen im Darm bekannt, informiert der Rezensent, der hofft, dass dieser Band den mit Nietzsche und Freud bekannten Gelehrten, der bereits mit 32 Jahren 1890 an einer Lungenkrankheit starb, zu mehr Beachtung verhilft. Nicht nur der Bericht von Paneths Sterben aus der Feder seiner Frau Sophie hat den Rezensenten berührt, überhaupt sei das Buch voller beeindruckender Zeugnisse eines "zerrissenen Charakters", wie es besonders die Autobiografie im Zentrum des Bandes zeige. Der Band stellt also nicht nur einen faszinierenden Menschen vor, er wirft gleichzeitig ein erhellendes Licht auf die "spannungsgeladene Gründerzeit", so Welle begeistert.

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