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'Die unendliche Geschichte' war ein Welterfolg und machte Michael Ende zum Star. 'Jim Knopf' und 'Momo' begeisterten als Puppenspiel, Film und Musical. Ende entdeckte die phantastische Kinder- und Jugendliteratur für Deutschland und vermochte auch erwachsene Leser zu fesseln. Aber er war nicht unumstritten. Weltflucht und Realitätsverweigerung lautete der Vorwurf. Birgit Dankert hat für diese Biographie umfangreiches Archivmaterial ausgewertet und mit Weggefährten gesprochen. Sie zeichnet Endes Leben sorgsam nach: die Kindheit in München, den Zweiten Weltkrieg, das Scheitern auf der Bühne, den…mehr

Produktbeschreibung
'Die unendliche Geschichte' war ein Welterfolg und machte Michael Ende zum Star. 'Jim Knopf' und 'Momo' begeisterten als Puppenspiel, Film und Musical. Ende entdeckte die phantastische Kinder- und Jugendliteratur für Deutschland und vermochte auch erwachsene Leser zu fesseln. Aber er war nicht unumstritten. Weltflucht und Realitätsverweigerung lautete der Vorwurf. Birgit Dankert hat für diese Biographie umfangreiches Archivmaterial ausgewertet und mit Weggefährten gesprochen. Sie zeichnet Endes Leben sorgsam nach: die Kindheit in München, den Zweiten Weltkrieg, das Scheitern auf der Bühne, den Durchbruch als Autor, Krise und Neuanfang in späten Jahren. Das Resümee ist nicht ohne Tragik. Michael Ende sah sich als Künstler, doch die ersehnte Anerkennung als Theaterautor und Regisseur blieb ihm versagt. Er bediente mit seinen weltanschaulichen Botschaften die Erwartungen der Fans und blieb gefangen in einer fremden Rolle. Birgit Dankert ist ein einfühlsames Porträt gelungen, das unsMichael Ende so nahe bringt wie nie zu vor.
Autorenporträt
Birgit Dankert, geb. 1944, war Professorin für Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Fachhochschule Hamburg und Vorsitzende des Arbeitskreises für Jugendliteratur e. V., des Vereins der Bibliothekare an Öffentlichen Bibliotheken sowie Sprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände. Sie ist freie Mitarbeiterin bei der ZEIT (Kinder- und Jugendliteratur) und Trägerin der Karl Preusker Medaille. Berufliche bzw. Forschungsschwerpunkte sind Bestandsmanagement für Bibliotheken, Bibliothekspolitik, Arbeit in Kinder- und Jugendbibliotheken, Kinder- und Jugendliteratur sowie Kulturmanagement.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.02.2016

Viel Zeit verbringt er mit Computerspielen
Als Illustrator wünschte er sich Maurice Sendak: Eine Biographie über das erstaunliche Leben von Michael Ende

Wer war Michael Ende? In der öffentlichen Wahrnehmung nahm der Erfolgsautor zuweilen fast Züge der Maus Frederick an, dem Wörter- und Farbensammler aus Leo Lionnis Kinderbuchklassiker. Wie Frederick die grauen kalten Wintertage seines kleinen Rudels mit Erzählungen aufhellte, brachte Ende mit seinen Figuren Glanz in Wohn- und Kinderzimmer weltweit - von Deutschland über Amerika bis nach Japan. Generationen wuchsen mit Jim Knopf und Momo auf, liebten die Schildkröte Kassiopeia und fürchteten die Grauen Herren, träumten mit Bastian Balthasar Bux vom Schuleschwänzen und sehnten sich nach einem Freund wie Fuchur, dem Drachen. Die Medien, in denen Endes Geschichten weitergetragen wurden, konnten in der Phantasie schon einmal durcheinandergeraten, von der Buchlektüre über die Illustration, den Kinofilm oder das Puppentheater. Der Schriftsteller Ende glich dabei, was seine Erscheinung anbetraf, zunehmend einer Idealfigur, dem gütigen Märchenerzähler mit langem Bart und Lesebrille.

Wie aber sah sich Michael Ende? Dieser Innenperspektive geht die Literaturwissenschaftlerin Birgit Dankert nach, die vor wenigen Jahren bereits die Biographie von Astrid Lindgren schrieb und sich nun mit Michael Ende einen weit weniger gut erforschten Autor vorgenommen hat. Bisher liegt zu Endes Leben nur die Biographie vor, die ein Schulfreund verfasst hat, Peter Boccarius, und die noch dazu in dem Jahr aufhört, in dem Endes Erfolg beginnt: 1960. Dankert kann ihr Buch auf gründliche Recherchen stützen, die sie etwa zu Manuskripten und Briefen im Deutschen Literaturachiv Marbach führten, zum Nachlass in der Internationalen Jugendbibliothek in München, in die Archive des Bayerischen Rundfunks und, nicht zuletzt, zu zahlreichen Weggefährten Endes, darunter auch seine zweite Ehefrau Mariko Sato-Ende.

Die wenigsten Schriftsteller ähneln den Figuren, die sie erfunden haben. Im Fall von Michael Ende ist der Unterschied dennoch überraschend. Dass er sich nie als Kinderbuchautor verstand, ist bekannt. Dass er sich als Märchenonkel unterschätzt fühlte, auch. Doch, um es freundlich auszudrücken, in seinem wirklichen Leben teilte er nur wenige Eigenschaften mit den aufgeräumten und gutmütigen Einzelgängern, die er seinen kindlichen Helden zur Seite stellte, wie etwa Lukas, den Lokomotivführer, oder Beppo, den Straßenkehrer. Schon deshalb stellt ihn der Erfolg, der 1960 mit der Veröffentlichung von "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" einsetzte, vor praktische Schwierigkeiten. Ende nämlich, der plötzlich zu einem gefragten Gast in Schulen, Kirchengemeinden, Buchhandlungen und Rundfunkhäusern aufstieg, musste nun, um vor seinen kleinen Lesern aufzutreten, "seinen Tagesrythmus ändern und dem kindlichen Stundenplan anpassen". Bis dahin war er vor allem ein Nachtmensch. Er trank zu viel, ging zu Prostituierten und unterhielt neben langjährigen Beziehungen zahlreiche Affären mit Frauen, die später aus seiner Fangemeinde kamen. Dankert schreibt darüber trocken, ohne kompromittierende Details, aber auch ohne den Autor zu idealisieren. Hinsichtlich seiner Bordellbesuche hält sie fest, dass "die Wirklichkeit des Autors Michael Ende in Bezug auf Liebe und Sexualität keine Verniedlichungen verträgt".

Dankert zeichnet das Bild eines Rastlosen, häufig Unzufriedenen, den aber neben Ängsten und Sehnsüchten auch eine ständige Experimentierfreude umtrieb. Zu den lustigsten Sätzen der Biographie zählt in diesem Sinne jener: "Viel Zeit verbringt er mit Computerspielen." Aus den Vereinigten Staaten ließ sich Ende Fantasy-Spiele kommen, wobei er auf Zetteln die Spielverläufe notierte, um diese für Erzählstrukturen fruchtbar zu machen. Bekannter als Endes Ausflüge in die digitale Welt ist seine langjährige Zusammenarbeit mit dem Komponisten Wilfried Hiller. Mit ihm plante er zuletzt die Oper "Mammonella", Ende wollte das Libretto schreiben. Der Tod kam ihm zuvor. Er starb 1995 nach einer Krebserkrankung in der von Anthroposophen betriebenen Filderklinik bei Stuttgart.

Dankerts Biographie führt vom München der Zwischenkriegsjahre, in die Ende 1928 geboren wurde, über den Nationalsozialismus zur deutschen Nachkriegszeit, schließlich nach Italien, wohin Ende 1970 zog. Das Buch behandelt zwei Ehen; eine zentrale Rolle spielen auch die Eltern, die Mutter, mit der er bis in die sechziger Jahre hinein zusammenlebte, der Vater und Künstler Edgar Ende. Mit großer Kenntnis widmet sich Dankert auch Endes vielseitigem Werk und lässt ihre Leser über verpasste Chancen staunen. Für "Momo" schlägt Ende seinem Verlag als Illustrator den begnadeten Maurice Sendak vor, der 1963"Wo die Wilden Kerle wohnen" veröffentlicht hatte. Der Verlag lehnt ab, aus Kostengründen.

Die große Ende-Renaissance könnte aber noch bevorstehen. Im Netz kursieren Gerüchte, der "Hobbit"-Regisseur Peter Jackson habe Pläne, die "Unendliche Geschichte" ein zweites Mal zu verfilmen. Das wäre ja was!

JULIA VOSS

Birgit Dankert: "Michael Ende. Gefangen in Phantásien"

Verlag Lambert Schneider, Darmstadt 2016. 312 S., geb., 24,95 [Euro]. Ab 16 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Julia Voss liest Birgit Dankerts für Menschen ab 16 konzipierte Biografie über Michael Ende mit Gewinn, Leben und Werk des Autors kann ihr die Autorin mit großer Kenntnis und unter Zuhilfenahme von Endes Nachlasses vermitteln. Dass sie so zu einer Innenperspektive gelangt, die für den Leser überraschende Details zu Endes Ängsten und seinem Sexualleben bereithält, ungeschönt, aber auch nicht kompromittierend, wie Voss schreibt, findet die Rezensentin bemerkenswert. Vom Märchenonkel Ende bleibt da nicht viel übrig, meint sie.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Mithilfe von insbesondere drei Menschen gelingt es Birgit Dankert, die schillernden Facetten von Endes Persönlichkeit vorurteilsfrei sichtbar zu machen.« Süddeutsche Zeitung