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Der vielleicht älteste Debütant der britischen Literatur wird in Großbritannien und den USA als Meister gefeiert, sein Held Tom Ripple mit Rabbit Angstrom von John Updike verglichen. Ein ganz normaler Mann erzählt von seinem Leben in der Londoner Vorstadt, vom Auf und Ab menschlicher Beziehungen, von seiner Sicht auf die Welt. Ein grandioses Sittengemälde Englands seit den Siebzigern, ein hochintelligentes Porträt unserer Zeit, ein weise-ironischer Blick auf die menschliche Natur.
"Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie man es anstellt, einen Roman zu schreiben, wie man Leute erfindet und
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Produktbeschreibung
Der vielleicht älteste Debütant der britischen Literatur wird in Großbritannien und den USA als Meister gefeiert, sein Held Tom Ripple mit Rabbit Angstrom von John Updike verglichen. Ein ganz normaler Mann erzählt von seinem Leben in der Londoner Vorstadt, vom Auf und Ab menschlicher Beziehungen, von seiner Sicht auf die Welt. Ein grandioses Sittengemälde Englands seit den Siebzigern, ein hochintelligentes Porträt unserer Zeit, ein weise-ironischer Blick auf die menschliche Natur.

"Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie man es anstellt, einen Roman zu schreiben, wie man Leute erfindet und ihnen Grenzen auferlegt. Wobei es unwichtig ist, wenn es nur Fiktion ist. Es ist nicht so, als müsste man wirklichen Menschen gerecht werden." Sagt Tom Ripple und beschließt, seine Gedanken und sein Leben niederzuschreiben. Das tut er dreißig Jahre lang. Tom Ripple ist ein ganz normaler Mann, den man "als letzten in einer Menge bemerken würde", der ein ganz normales Leben führt, und doch sind seine Aufzeichnungen mit das Überzeugendste, Erstaunlichste und Originellste, was die Gegenwartsliteratur zu bieten hat.

Tom Ripple, Export/Import, untere Mittelklasse, nicht gerade mit Charme oder intellektueller Neugier ausgestattet, nimmt uns mit von der Londoner Vorstadt in den Siebzigern nach Suffolk, zurück nach London und an die englische Südküste, erzählt von seiner Frau, einer selbstgerechten Sozialarbeiterin, die ihn irgendwann verlässt, von seinen beiden Kindern, denen er sich entfremdet und denen er wieder näherkommt, seinen Nachbarn und Arbeitskollegen und Freunden. Sein Mundwerk ist ebenso scharf wie seine Beobachtungsgabe, und je mehr Zeit vergeht, desto stärker wächst einem dieser Tom Ripple ans Herz. Denn seine Suche nach Bedeutung in der postmodernen, absurden, unvollkommenen Welt macht ihn erst zum ganzen Menschen, und der spröde Witz, mit dem er uns an seiner Wandlung teilhaben lässt, macht seine Geschichte ganz und gar unwiderstehlich.
Autorenporträt
Charles Chadwick, geboren 1932, hat bis 1992 als Mitarbeiter des British Council in verschiedenen afrikanischen Staaten, in Brasilien, Kanada und Polen gelebt. Mit 72 Jahren veröffentlichte er seinen ersten Roman. Charles Chadwick lebt in London.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2007

Die Nachbarschaft ist unser Schicksal
Unbarmherzige Aufklärung: Der späte Debütant Charles Chadwick und sein schwadronierender Jedermann / Von Hannes Hintermeier

Der heute vierundsiebzigjährige Charles Chadwick, der sein Beamtenleben im Dienst des englischen Staates in Afrika, Südamerika, Kanada und Polen zugebracht hat, ließ sich für sein Debüt, an dem zu schreiben er 1974 begann, lange Zeit. Herausgekommen ist die Autobiographie eines modernen Jedermann. Ein Roman, der so tut, als wolle er keiner sein. In vier Blöcken geht es durch mehr als drei Jahrzehnte englischer Gegenwart, ein Epochenroman also, der doch nur die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt.

Wer sich davon Unterhaltung verspricht, sei gewarnt: So schrecklich banal ist die Geschichte, so äußerlich unscheinbar, dass man das Buch auch als viel zu dicke Zumutung von sich weisen müsste, wenn es Chadwick nicht gelänge, des Lesers Wohlwollen damit einzufangen, dass er seinen parlierenden, gefühlskalten Alltagsphilosophen Tom Ripple nicht vorführt. Am Ausgangspunkt ist der Ich-Erzähler verheiratet, hat zwei Kinder, lebt eine durchschnittliche Existenz in einer Vorstadt im Norden Londons. Von Anfang an ist der Autor geizig mit Hinweisen auf konkrete Zeitumstände, Jahreszahlen, Modemarken, Musikbeispiele - er belässt die Sache in einem vagen Ungefähren, das Zeitlose an der Figur interessiert ihn mehr als das zeitgeschichtliche Detail: "Wir haben ein kleines Haus, einen kleinen Garten, ein kleines Auto (alles Folge meines kleinen Jobs), zwei völlig zufriedenstellende Kinder, und wir machen jedes Jahr zwei Wochen Urlaub irgendwo am Wasser. Ich habe keine Laster."

Das stimmt nicht: Denn jenseits der Stumpenraucherei hat Ripple einen Hang zum Voyeurismus, er schlägt Blumenköpfe mit dem Badminton-Schläger ab, und er ist ein notorischer Wortwitzling. Außerdem nennt er als Hobby den allabendlichen Fernsehkonsum eskapistischer Männerserien wie "Kojak" oder "Starsky und Hutch". Weil ihn das ebenso wenig ausfüllt wie das Hantieren mit Moltofill oder Gartenarbeit, hat er beschlossen, sein Leben aufzuschreiben. Die langweilige Büroarbeit lässt ihm Zeit, um "ein bisschen Selbsterkundung" zu betreiben.

Zweierlei plagt ihn: sein Chef und seine Frau. Im ersten Fall wird der Hass auf Zetteln fixiert - "Plaskett ist ein riesiges vulkanisches Arschloch" -, die Ripple dann eilends vernichtet. Die Abneigung legt sich, als Plaskett ihm zu einem Karrieresprung in den Außendienst verhilft. Er ist dafür verantwortlich, dass "die Tage meines Wohlstands" anbrechen. Im zweiten Fall liegen die Dinge komplizierter: Ripple schreibt sein Leben auf, aber seine Frau zerredet es, weil sie sich "auf dem Gipfel der moralischen Überlegenheit" wähnt. Bemerken tut er dies allerdings erst, als ihr Abschiedsbrief auf dem Kaminsims liegt. Die Ehe fortzusetzen bedeute "eine Beschneidung der Potentiale unserer jeweiligen Persönlichkeiten", diagnostiziert die Gattin nach siebzehn Jahren.

Gelegentlich am Rand des Holzschnitts, bergen diese Szenen einer weltanschaulich auseinanderdriftenden Beziehung fein gearbeitete Genrebilder: Die missionierende Sozialarbeiterin mit ihren dauererregten Vorträgen über das soziale Ungleichgewicht der "Gesellschaft" nervt schon durch ihre Lieblingswörter "bekömmlich" und "depraviert" - Letzteres eines jener Wörter, die Tom Ripple "immer mal wieder nachschlagen muss". So unterhöhlt sie die Ehefundamente, während ihr Mann mit seiner Passivität zur Erosion beiträgt: "Ich schaute meine Frau an, die eben ihre Gabel mit einem Klecks Kartoffelbrei hob, auf dem eine lange Bohne ruhte, und dachte zum ersten Mal in unserer Ehe: ,Im Prinzip hast du von nichts eine Ahnung, was?'" Ripple beschreibt sie als Meisterin der "unbarmherzigen Aufklärung". Manche ihrer Einlassungen lesen sich allerdings weniger left-wing als eher politisch korrekt; eine Seuche, die damals in England definitiv noch unbekannt war.

Was aber macht das Leben aus? Man wohnt, und damit hat man unvermeidlich Nachbarn. Zu Beginn der Aufzeichnungen sind es auf der einen Seite die Webbs, auf der anderen die Hambles. Webb entpuppt sich als Pädophiler, der sich an Ripples Sohn Adrian heranmacht; Mrs. Hamble stirbt an Krebs, was seine Tochter Virginia aus der Bahn wirft. Aber dann zieht seine Frau mit den Kindern zu einem anderen Mann - Zeit für Ripple, sich ebenfalls eine neue Nachbarschaft zu suchen. Trotzdem stimmt er das Mantra an, dem er bis ans Ende treu bleibt: "Wir waren eine glückliche Familie in jenen Tagen."

Das Verhältnis zur Tochter erkaltet, sie taucht nur auf, um ihren Vater um Geld zu bitten - wenn ihr Verlierermann mal wieder seinen Job verloren hat. Adrian outet sich als Schwuler, heiratet aber trotzdem, eine beeindruckende Frau, die Ripple ins Herz schließt. Materiell unabhängig, verliert er nach der Trennung den Anschluss an sich selbst, während England mit der ersten Regierungschefin seiner Geschichte Erfahrungen sammelt. Als Frührentner zieht Ripple mit Anfang fünfzig und nach siebenundzwanzig Jahren im Import-Export-Geschäft in ein Dorf nach Suffolk.

Warum das Meer? "Das hat etwas mit diesen Familienurlauben vor so vielen Jahren zu tun." Das ereignislose Dorfleben, die wenigen Bekannten, die Langeweile unter dem leeren grauen Himmel East Anglias überträgt sich unmittelbar auf den Leser. Diverse Binnengeschichten - wie die zermürbende Affäre mit einer Matrone namens Maureen - verdeutlichen die Ziellosigkeit dieser Existenz. Der Hallraum Ripple ist abhängig von der Qualität seiner Nachbarschaft.

Das Wort "ripple" hat im Englischen mehrere Bedeutungsvarianten. Es bezeichnet die leichte Bewegung, das Plätschernde einer kleinen Welle, eine Kräuselung; im figürlichen Sinn kann es aber auch das Dahinrieseln einer Konversation bedeuten; "to cause a ripple" heißt ein kleines Aufsehen erregen. Aus dem Plätschern wird in der zweiten Lebenshälfte eine immer stärkere Ausdifferenzierung der Figur. Am Anfang schreibt Ripple Sätze wie: "Nach dem wenigen, was ich über Religion weiß, ist das Anschleimen aus Angst ein herausragender Teil von ihr." Aber so, wie er im reiferen Alter die klassische Musik entdeckt, kann er den Fragen der Religion immer weniger ausweichen. Nur in seinen Lektüregewohnheiten bleibt er sich treu: Entdeckerbiographien, Krimis und ab und zu ein Gedicht von Philip Larkin.

Noch einmal kehrt Ripple in die große Stadt zurück. Die Nachbarn sind diesmal anspruchsvoller: ein Afrika-Heimkehrer, ein polnisches Emigrantenpaar und zwei Balletttänzerinnen. Weltgeschichte weht herein, die Kolonien, das Empire, der Holocaust. Noch einmal kehrt Ripple ans Meer zurück, in einer Küstenstadt verwandelt er sich vom Schwadroneur zum ehemaligen Oxford-Professor - weil die Nachbarn es partout glauben wollen.

Je mehr ihm sein Leben entgleitet, desto präziser analysiert er es. Sein Selbstbewusstsein wächst über das bloße Verlangen nach Normalität, das der Originaltitel "It's All Right Now" suggeriert, hinaus. Chadwick findet für seinen Selbsterforscher einen überzeugenden Ton, die Erzählökonomie hat er darüber freilich aus den Augen verloren. Langatmige Abbildung von Wirklichkeit reicht heutzutage nicht, um in der Weltliteratur aufs Treppchen zu kommen. Dennoch ist Charles Chadwick mit seiner Figur Tom Ripple eines gelungen - er hat ein kleines, respektables Aufsehen erregt.

Charles Chadwick: "Ein unauffälliger Mann". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Klaus Berr. Luchterhand Literaturverlag, München 2007. 928 S., geb., 24,95 [Euro].

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"Witzig, bewegend, klug - und nebenbei auch noch großartig." Benjamin Kunkel

"Ein grandioses Sittengemälde Englands seit den Siebzigern, ein hochintelligentes Porträt unserer Zeit, ein weise-ironischer Blick auf die menschliche Natur." Österreich Magazin

"Dieser Roman ist nicht nur sehr umfangreich, sondern auch ungeheuer ehrgeizig, klug und gefühlvoll." Jonathan Safran Foer

"'Ein unauffälliger Mann' ist, wie sein Erzähler, radikal originell. Er erfindet den Roman nicht neu, er findet ihn im Nichts. So haben es die Meister gemacht. Und machen es immer noch." Newsweek

"Das Bemerkenswerteste an diesem außergewöhnlichen Debüt ist das Risiko, das Chadwick eingeht, denn er meistert es mit Chuzpe, Können und Ernsthaftigkeit: die Metamorphose eines hohlen, seelenlosen Mannes in einen Helden unserer Zeit." Publishers Weekly

"Alles sehr lebensnah: Es passiert nicht viel, aber das mit elegischer Eleganz, voll frostigem Mißvergnügen. Reif, weise und sehr gut gemacht." Kirkus Reviews

"Chadwicks erster Roman wurde bereits ein Jahr vor Erscheinen als Meisterwerk gefeiert." The Guardian

"Tom Ripples Reise zu folgen mag mehr Durchhaltevermögen fordern, als einige Leser aufbringen können, aber am Ende hat man, wie im wahren Leben, eine Geschichte vollendet, die zugleich alltäglich und einzigartig ist." The New Yorker

"Ein unauffälliger Mann, aber ein auffallend geniales Buch." Kleine Zritung - Graz

"So monoton das Leben des Protagonisten, so monoton die Darstellung - vielleicht ein Kunstgriff." Kieler Nachrichten

"Darin liegt die Kunst des Charles Chadwick: dass ihm mit seinem nur scheinbar x-beliebigen Helden eine Art Jedermann geglückt ist, der uns die Sensationen des Gewöhnlichen auf bisweilen wunderbar kauzige Weise offenbar werden lässt." Focus

"Die überaus gelungene Autobiographie eines modernen Jedermann." Sonntagspost

"Ein Roman für Menschen mit viel Zeit, die Lust an ausgedehnten Geschichten haben und Spaß an einem eigenwilligen Porträt Englands seit den 70er Jahren." Main-Echo

"Der Roman ... scheitert an seiner Länge und seinen unüberzeugenden Protagonisten und zeigt, dass es aussergewöhnliche literarische Begabung braucht, um das Gewöhnliche gewöhnlich wirken zu lassen." Der Bund
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Hannes Hintermeier sinniert in seiner Besprechung vor allem darüber, dass die diversen Umzüge des Protagonisten Mr.Ripple ihn jeweils mit neuen Nachbarn ausstatten, und dass deren Existenz und die sich im Nachbarschaftlichen ergebenden Beziehungen jeweils das Drama oder die Langeweile der Lektüre ausmachen. Er lobt, dass Mr. Ripple, obwohl vor allem ein großer Langweiler, von seinem Autor "nicht vorgeführt" werde. Aber die langatmige Nacherzählung eines offensichtlich langatmigen Romans lässt die lobenden Worte Hintermeiers beim Lesen der Rezension gleich wieder versickern. Weder die Hauptfigur Mr. Ripple noch irgendwelche anderen Figuren werden dem Leser der Rezension besonders schmackhaft gemacht. Die Rezension hinterlässt kaum einen Eindruck von diesem Buch, das nur von der uneitlen Selbstbeobachtung und -analyse eines "schwadronierenden Jedermann" zu handeln scheint. Vielleicht hat Hintermeier vor allem beeindruckt, dass hier ein Vierundsiebzigjähriger seinen ersten Roman geschrieben hat, und vielleicht hat er auch nur deshalb den Übersetzer Klaus Berr zu erwähnen vergessen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein Sprache gewordener Lebensfilm und ein literarischer Solitär, so banal und packend und so wunderbar alltäglich wie das Leben selbst." Die Zeit