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Zehn Geschichten, die sich entzünden, glühen und noch lange im Raum schweben, Geschichten, die Momente der Klarheit im tiefsten Nebel suchen, die von Einsamkeit handeln, von Schuld und Verführung, von der Stille, die das Klicken eines Feuerzeugs zerbricht, von schlaflosen Nächten, die von glimmender Asche durchglüht sind, von der Suche nach einem unbekannten Halbbruder, einem ungewöhnlichen Junggesellenabschied, einem wahllos weg geschnipsten Streichholz mit unabsehbaren Folgen, einer unglücklichen Familienzusammenkunft und einer letzten Zigarette. Mit scharfem Blick für die psychischen…mehr

Produktbeschreibung
Zehn Geschichten, die sich entzünden, glühen und noch lange im Raum schweben, Geschichten, die Momente der Klarheit im tiefsten Nebel suchen, die von Einsamkeit handeln, von Schuld und Verführung, von der Stille, die das Klicken eines Feuerzeugs zerbricht, von schlaflosen Nächten, die von glimmender Asche durchglüht sind, von der Suche nach einem unbekannten Halbbruder, einem ungewöhnlichen Junggesellenabschied, einem wahllos weg geschnipsten Streichholz mit unabsehbaren Folgen, einer unglücklichen Familienzusammenkunft und einer letzten Zigarette.
Mit scharfem Blick für die psychischen Abgründe seiner Figuren, und doch mit der Wärme und Melancholie einer rauchigen Jazzballade schreibt Stuart Evans Geschichten, die mitten in das Herz der Dinge reichen. Ebenso behutsam wie entlarvend, ohne zu verletzen, aber mit unbestechlichem Blick für die Abgründe der menschlichen Natur, enthüllt Stuart Evers die Selbstsuggestionen und Lebenslügen derer, die im Leben zu kurz gekommen sind. Ein Swindon Motel, eine Luxusvilla, ein Pub in Benidorm und ein Las VegasCasino gehören zu den Settings dieser wehwehmütigen Geschichten. In zehn luziden Erzählungen umweht ein Zauber, eine lichte Melancholie, eine leise Hoffnung und ein Fünkchen Stolz diese Figuren wie warmer Rauch in einer dunklen Jazzkneipe. Die Zigarette, das Dingsymbol, das diesen Erzählreigen zusammenhält, steht für nicht weniger als das Leben selbst in seiner Coolness, flüchtigen Schönheit und abgründigen Gefahr ein fast barockes Bild für die Vergänglichkeit und die trotzige Bereitschaft, das Leben dennoch bis zum letzten Zug zu genießen.
Autorenporträt
Stuart Evers, geboren 1976, Buchhändler, Lektor und Literaturkritiker, lebt in London. »Zehn Geschichten übers Rauchen« (FVA 2011) ist seine erste Buchveröffentlichung, die in Deutschland und England große Erfolge in der Presse gefeiert hat.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.09.2011

Möge der Husten nicht die letzte Zigarette verderben
Die Verschwörung der Lasterhaften: Stuart Evers hält in zehn Geschichten den Rauchern die Stange
Es mag ja sein, dass die westliche Menschheit gesünder lebt, seit sie sich insgesamt entschlossen hat, das Rauchen aufzugeben und die hartnäckigen Exemplare, die trotzdem unbedingt weitermachen wollen, zu Parias zu stempeln, die bei Wind und Regen vor der Tür bleiben müssen wie die Hunde vorm Supermarkt. Aber sie zahlt dafür einen hohen Preis, auch wenn sie davon nichts zu wissen scheint. All die kleinen Gesten, die selbstbezogenen wie die sozialen, welche freundlich und doch unaufdringlich sich dem Gegenüber öffnen, dieser eingespielte Kreis aus schlanken Bewegungen, Zücken, Anbieten, Schnorren, Feuergeben, Einsaugen, Ausstoßen, Aschen, Ausdrücken – weit und breit zeichnet sich nichts ab, was ihn ersetzen könnte. Ein Raucher hat immer schon Fasson; ein Nichtraucher muss darum erst ringen (und wird des öfteren scheitern).
Geist und stilistische Sicherheit solcher Gestik trägt das Buch von Stuart Evers (sein erstes) „Zehn Geschichten vom Rauchen“. Das heißt, es weiß sich angemessen knapp zu fassen, ohne dem dummen und angeberischen Lakonismus zu verfallen, den man bei angelsächsischen Short stories immer zu befürchten hat. Evers ist mit dem ersten Satz bei der Sache: „Er sitzt auf dem Balkon des Hotels ‚Raised Star‘ in Reno, frisch verheiratet, wird bald sterben und will seine letzte Zigarette rauchen. Er weiß, dass es seine letzte ist, und er hofft, dass der Husten sie ihm nicht verdirbt.“
Diesem alten Herrn steht ersichtlich nicht mehr viel Schönes bevor; aber er schöpft das Leben restlos aus mit einer Art von heroischem Epikureismus, dem man die Bewunderung nicht versagen kann, selbst wenn man ihn (wie seine Familie es tut) missbilligt.
Kaum jemanden in diesen Erzählungen würde man glücklich nennen, es gibt darin viel missratendes Schicksal; aber die Protagonisten wissen ihre Würde zu wahren, wenn diese sich auch manchmal ganz in ein weißes Stäbchen zusammenzieht. Was kann ein alter britischer Berufssoldat tun, der jetzt verrentet in der spanischen Sonne sitzt und über den Tod seiner Kameraden im Falkland-Krieg nicht hinwegkommt? Er setzt sich an die Bar, zündet sechs Zigaretten an, legt sie im Aschenbecher ab und zieht abwechselnd an jeder von ihnen: eine für ihn, eine für Charlie, eine für Davy, eine für Butchers, eine für Damo und eine für Steve. Das hat Klasse ohne Pathos, es hält ihn aufrecht und gibt dennoch die Trauer nicht preis. Linda wird wohl nichts übrig bleiben, als doch in der Familie ihres erfolgreichen Bruders als eine Art Kindermädchen anzufangen; aber der völligen Vereinnahmung durch die herablassende Schwägerin entzieht sie sich, indem sie zum Entsetzen dieser Öko-Fanatikerin sich erst mal eine ansteckt. Im arrogant geheimen Club des Kalten Krieges, wo die Mitglieder das Cocktailparty-Wesen der Fünfziger nachstellen, treibt sich ein abgehalfterter Kunstraucher herum, der immer noch aus gespitzten Lippen vielfältige Qualmfiguren entlässt, einen ganzen virtuosen Zoo, wenngleich es ihm keiner mehr dankt . .  . Er gleicht Kafkas Hungerkünstler.
Dass freilich aus der Wiederbegegnung von Angela und Marty nach all den Jahren nichts werden kann, begreift man nach der folgenden Szene:
„,Du riechst – keine Ahnung, irgendwie falsch‘, sagte sie und schnupperte an meiner Haut.
‚Wie, rieche ich etwa schlecht?‘
‚Nein. Nur nicht wie du.‘ Einen Moment wirkte sie ratlos, dann warf sie einen kurzen Blick auf den Nachttisch.
‚Hast du aufgehört zu rauchen?‘, fragte sie, als wäre es ein Vorwurf. Ich lachte.
‚Ist schon fast fünf Jahre her.‘
‚Aufgehört? Das hätte ich nie bei dir gedacht. Im Leben nicht.‘ (. . . )
Ich legte die Hand auf ihre Hüfte, und sie sah mich an, als hätte ich sie in die Irre geführt.“
Wie die Helden dem Rauchen in schwerer Zeit, so bleibt der Erzähler seinen Helden treu. Er hält ihnen die Stange in trüben, ja absurden Situationen; darum fühlt auch der Leser Sympathie mit diesen Sonderlingen und Pechvögeln. Der Plot verläuft zumeist ohne eigentliche Höhepunkte, nicht spannend im engeren Sinn; und doch ist er ausnahmslos originell, gut ausgedacht und gut durchgeführt, sodass man wissen will, wie es weiter geht. Bei aller Unscheinbarkeit haben diese Erzählungen eine ungemein fesselnde Qualität.
Nur eines sollte man diesem Buch nicht durchgehen lassen: Dass es ein „Roman“ wäre, wie es auf dem Titel heißt, stellt eine Falschmeldung dar. Die zehn Geschichten weisen miteinander weder in der Fabel noch im Personal die mindeste Überschneidung auf. Nur geraucht wird eben in allen. (Aber das genügt ja heute schon, um eine unausdrückliche Verschwörung der Lasterhaften zu stiften.) In schmaler Packung warten sie, wie zehn elegante Filterzigaretten, auf den, der sie hervorholt, inhaliert und genießt. Und das ist ein Debüt? Man darf sehr gespannt sein, wie es weitergeht!
BURKHARD MÜLLER
STUART EVERS: Zehn Geschichten übers Rauchen. Aus dem Englischen von Andrea Fischer. Frankfurter Verlagsanstalt 2011. 192 Seiten, 19.90 Euro.
„,Du riechst – keine Ahnung,
irgendwie falsch‘, sagte sie
und schnupperte an meiner Haut“
Als der Mensch noch in die Freiheit geworfen war, Asche abzustreifen: Die Hände von Jean Paul Sartre bei einer Veranstaltung in München, 1974. Foto: Gerd Pfeiffer
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2011

Komm, rauch mit mir

In seinen Erzählungen weiht Stuart Evers Nichtraucher in die Geheimnisse des blauen Dunstes ein. Sie sind aufregender, als man sich träumen lässt.

Von Melanie Mühl

Die Welt des Rauchers bleibt dem Nichtraucher verschlossen. Während der Raucher an seiner Zigarette zieht, ein paar Kringel in die Luft bläst, Asche auf den Boden schnippt und sich mit halb geschlossenen Augen fortträumt, fragt sich der Nichtraucher, ob er den Raucher nicht in Wahrheit um seinen unverkennbaren Glückszustand beneiden sollte und ob all die Gedanken daran, dass Rauchen schrecklich ungesund ist und irrsinnig viel Geld kostet, sobald man es leidenschaftlich betreibt, nicht in erster Linie nur dazu dienen, sich über die eigene Ausgeschlossenheit hinwegzutrösten. Stuart Evers Debüt "Zehn Geschichten übers Rauchen" verstärkt dieses Gefühl, was nicht heißt, dass man als Nichtraucher unbedingt mit dem Rauchen anfangen sollte. Es heißt nur, dass man dieses Buch lesen muss, um dem Raucherkosmos auf die Spur zu kommen.

Die Funktionen des Rauchens sind dabei so vielfältig, dass die reine Sucht in den Hintergrund tritt. Dem britischen Erzähler dient es als Erinnerungs- und Rettungsanker, als Selbstverstümmelungs- und Glücksinstrument, es ruft Erinnerungen wach und zerstört Illusionen. Es täuscht, verführt, schafft Erlebnis- und Fluchträume. Es trennt und verbindet Menschen. Manchmal hält das Rauchen die Zeit an.

"Du hattest die Theorie, dass das Paradies die ständige Wiederholung des glücklichsten Moments im Leben ist. Für dich war das die Busfahrt zu deinem ersten Freund; ein älterer Mann mit Frau und kleiner Tochter (. . .). Für mich war es der Morgen, nachdem wir uns kennenlernten. Du schliefst, und ich sah zu, wie die Dämmerung ein dunkles, brennendes Orange über das East End zog. Ich war in deinem Wohnzimmer, im fünfzehnten Stock eines maroden Mietblocks aus den Sechzigern, und auf dem Plattenteller lief Angie von den Rolling Stones. Das Fenster war geöffnet, es wehte ein warmer Wind, und als ich auf den kleinen Balkon trat, rauchte ich eine deiner importierten amerikanischen Zigaretten."

Evers, 1976 geboren, ist kein selbstverliebter Sprachakrobat, er überfrachtet seine Sätze nicht mit Metaphern, er erzählt in einem klaren, dahinfließenden Ton. Seine Geschichten durchzieht er mit einer feinen Melancholie. Die Poesie, die Evers sucht, findet er in der Einfachheit.

Wer meinte, in diesem Buch abgebrühten Rauchern zu begegnen, Typen, die nie den Boden unter den Füßen verlieren, hat sich geirrt. Das Gegenteil ist der Fall: Da sind Träumer und Gestrandete, Suchende und Zweifelnde, Menschen, die im Regen stehen und nicht recht wissen, wie sie je wieder zurück ins Trockene finden sollen. Das Cover, gemalt von dem jungen Künstler Florian Heinke, ist deshalb so phantastisch, weil es sämtliche Bedeutungsebenen des Buches in einem einzigen Bild vereint. Es zeigt einen Mann mit Jackett, Hemd, Fliege, der aussieht, als hätte ihm eben jemand einen Eimer Wasser über den Kopf geschüttet, im Mundwinkel eine Zigarette, die den Guss kaum unbeschadet überstanden haben dürfte. Und darum geht es ja letztendlich, ob man später, wenn man Bilanz zieht - und die letzte Zigarette raucht - zu den Leicht- oder Schwerverletzten des Lebens zählt.

Die meisten von Evers' Protagonisten haben Glück und müssen darüber noch nicht nachgrübeln. Ihnen bleibt Zeit für anderes. Einer reist in den Südwesten Englands, nach Swindon, wohin ihn eine einstige Liebe bestellt hat, als sei er ein Kurier. Ihre gemeinsame Zeit liegt weit zurück, Anfang zwanzig waren er und Angela damals, sie lebten in einer winzigen Wohnung und waren einander genug. "Wir kannten niemanden sonst in Wigan und legten keinen Wert darauf, uns mit anderen Leuten zu treffen (. . . ). Stattdessen saßen wir in unserer verrauchten Einzimmerwohnung und unterhielten uns, stritten gelegentlich und liebten uns abends. (. . .) Wie wir diese Isolation so lange aushielten, ist schwer zu sagen. Heute vermute ich, dass wir es irgendwie romantisch fanden, so ein schäbiges, abgeschottetes Leben zu führen."

Der Einbruch der Wirklichkeit markierte irgendwann das Ende der Intimität. Seine exzessiv gelebte Nähe hatte das Liebespaar direkt in die Hölle geführt. Am Ende ist ihnen füreinander nicht mehr geblieben als Verachtung. Nun soll das Treffen in Swindon ein Gefühl wiederbeleben, das sich nicht wiederbeleben lässt. Eine tote Liebe bleibt eine tote Liebe. Die zwei schlafen in einem sterilen Hotelzimmer miteinander, ohne wirklich beieinander zu sein. Als es vorbei ist, sagt Angela: ",Du riechst . . . keine Ahnung, irgendwie falsch.' - ,Wie rieche ich, etwa schlecht?' - ,Nein, nur nicht wie du.' Einen Moment wirkte sie ratlos, dann warf sie einen kurzen Blick auf den Nachttisch. ,Hast du aufgehört zu rauchen?', fragte sie, als wäre es ein Vorwurf. Ich lachte. ,Ist schon fast fünf Jahre her.'"

Und in diesem Augenblick erinnert man sich an eine Frage, die einem unlängst gestellt wurde und die in die Gegenrichtung zielte: die Frage nämlich, ob man auch rauche. Sie war der Anfang. Vielleicht sollte man es wagen, zumindest dieses eine Mal.

Stuart Evers: "Zehn Geschichten übers Rauchen".

Aus dem Englischen von Andrea Fischer. Frankfurter Verlags-Anstalt, Frankfurt am Main 2011. 192 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Sicher, viel spricht fürs Nichtrauchen. Aber nicht alles, wie Stuart Evers' Debüt "Zehn Geschichten übers Rauchen" für Burkhard Müller zeigt. Zum Beispiel gehen dem Nichtraucher die schlanken Bewegungen und die kleinen Gesten ab: "Ein Raucher hat immer schon Fasson; ein Nichtraucher muss darum erst ringen." In den Geschichten geht es u.a. um einen Falklandkrieg-Veteran, der an der Bar rauchend um seine gefallenen Kameraden trauert, um einen alten Herrn, der gerade geheiratet hat und weiß, dass er bald sterben wird, oder auch um einen Rauchkünstler: Figuren, die in Müllers Augen "Sonderlinge" und "Pechvögel" sind, aber für die er als Leser viel Sympathie übrig hat. Und auch die Geschichten selbst findet er so originell, dass er jetzt schon gespannt auf das nächste Buch des Autors ist.

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