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In diesem Roman erzählt Mario Bellatin die Geschichte einer Sekte, die sich um einen Guru gegründet hat. Bellatin entlarvt eine fiktive, äußerst gefährliche religiöse Bewegung, die zwar von Jahr zu Jahr immer mehr Zulauf von fanatischen Anhängern erhält, hinter deren vordergründiger Heilslehre sich in Wahrheit jedoch ein Mosaik des Grauens verbirgt - hinreißend absurd, mitreißend kaltblütig und äußerst scharfsichtig.
Mario Bellatin erzählt in seinem Buch »Der Blinde Dichter« vom Leben eines Sektengründers, des Blinden Dichters, der schon in jungen Jahren zum Mythos, zu einer prophetischen
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Produktbeschreibung
In diesem Roman erzählt Mario Bellatin die Geschichte einer Sekte, die sich um einen Guru gegründet hat. Bellatin entlarvt eine fiktive, äußerst gefährliche religiöse Bewegung, die zwar von Jahr zu Jahr immer mehr Zulauf von fanatischen Anhängern erhält, hinter deren vordergründiger Heilslehre sich in Wahrheit jedoch ein Mosaik des Grauens verbirgt - hinreißend absurd, mitreißend kaltblütig und äußerst scharfsichtig.
Mario Bellatin erzählt in seinem Buch »Der Blinde Dichter« vom Leben eines Sektengründers, des Blinden Dichters, der schon in jungen Jahren zum Mythos, zu einer prophetischen Lichtgestalt, zum Guru aufsteigt.Als Säugling angeblich auf wundersame Weise von Fischern aus einem Körbchen auf offener See gerettet, er erweckt er schon als Kind Aufmerksamkeit. Denn er ist blind und weiß Rat für die Bewohner seines Dorfes. Nach einer langen Wanderschaft kommt er in eine Stadt, wo er nach dem Vorbild der Pfadfinder, deren ebenso straffe wie simple Organisationsform er übernimmt, eine »Bruderschaft« gründet. Glaubensgrundlagen und Ordensregeln der Gemeinschaft hat er während seiner Wanderschaft in seinem KLEINEN HEFT DER SCHWER ZU ERKLÄRENDEN DINGE aufgezeichnet. Obwohl diese meist in Gedichtform gehaltenen Gedanken und Maximen an Aberwitz und Absurdität wohl nicht zu überbieten sind, wird das Heft zur »Heiligen Schrift« der Glückseligkeit verheißenden Sekte, die so zwar von Jahr zu Jahr mehr Zulauf von fanatischen Anhängern erhält und durch manipulierende Erziehungsmethoden an Macht gewinnt, vor den Augen der Leser aber fortschreitend demaskiert wird.
Autorenporträt
Mario Bellatin wurde 1960 in Mexiko geboren, wo er heute nach Stationen in Peru und Kuba lebt. Er studierte unter anderem Theologie und leitet ein literarisches und philosophisches Kolleg. Bellatin erhielt den renommierten Literaturpreis »Premio Xavier Villauratia« und weitere Auszeichnungen und gilt als einer der bedeutendsten Gegenwartsautoren Lateinamerikas. Die lateinamerikanische Presse bezeichnet ihn als »el narrador del mal«. Bellatin ist ein glänzender Stilist, der in leidenschaftsloser Härte die Krankheitssymptome unserer Epoche aufzeichnet und die Diagnose der Condition humaine stellt. 2001 erschien in der Frankfurter Verlagsanstalt sein Kurzroman »Der Schönheitssalon«, im September 2002 folgte »Der Blinde Dichter«.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.10.2002

Problemfrisuren
Eine Sekten-Groteske: Mario Bellatins „Der blinde Dichter”
Wer ist dieser Blinde Dichter, um den und um dessen Andenken sich fanatische Adepten scharen? Ist er einst schlafend in einer von Seehunden bewohnten Höhle aufgefunden worden, wie es die Alten Brüder behaupten? Oder soll man sich der Version der Neuen Brüder anschließen, der zufolge er auf hoher See und in einem Körbchen treibend entdeckt wurde? Sicher ist nur, dass er ein ausgeprägtes Interesse an Muttermalen und Pfadfindern zeigt, und dass sich einem der Sinn seiner Schriften und Taten nicht unmittelbar erschließt.
Wenn der Blinde Dichter in seinem „Kleinen Heft der schwer zu erklärenden Dinge” mutmaßt, Friseure hätten „immer dann ernstere Probleme mit ihren Kunden, wenn diese einen Haarschnitt verlangten, der den Rahmen des Normalen sprengte”, dann erscheint einem das als zwar durchaus einleuchtender, nicht aber unmittelbar fruchtbringender Gedanke. Was er hingegen in seinem „Traktat über den Zölibat” ausgeführt hat, hält der empirischen Überprüfung nicht stand. Tierversuche zeitigen desaströse Ergebnisse: „Einige fielen in frühe Entwicklungsstadien zurück, andere wurden unnatürlich dick.” Zudem bewegt sich der Verfasser selbst nicht immer auf der Höhe seiner theoretischen Erwägungen und wird deshalb von seiner engsten Anhängerin, der Professorin Virginia, mit einem Hammer erschlagen, als diese ihn und seine Krankenschwester beim eklatanten Verstoß gegen die zölibatären Maximen überrascht.
Nein, dieser Blinde Dichter erscheint als eine zutiefst widersprüchliche Gestalt, sofern man ihn nicht einfach für einen kolossalen Trottel hält, den alle ernst nehmen. Der Roman des 1960 in Mexiko geborenen Mario Bellatin ist eine rabenschwarze Groteske über Gurus und Sekten, über jenes zwanghafte Credo quia absurdum, das totalitäre Glaubensgemeinschaften ihren Mitgliedern abnötigen.
Nun sind wir derzeit mit Sektengeschichten wie Kenzaburo Oes „Der schwarze Ast”, Bodo Morshäusers „In seinen Armen das Kind” oder Haruki Murakamis Reportage über den „Untergrundkrieg” der Aum Shinrikyo reichlich gesegnet. Mario Bellatin aber unterläuft das realistische Erzählmuster solcher Bücher. „Der Blinde Dichter” ist eine literarische Methodologie des pseudoreligiösen Wahns und bewegt sich durchgängig auf der Ebene höheren Unsinns, absurder Doktrinen, zwangsneurotischer Rituale und spontaner Gewalttaten.
Zur satirischen Perfidie des Romans gehört, dass all das so erzählt wird, als sei es völlig selbstverständlich. Der Tonfall ist der eines beflissenen Chronisten, der alles festhält, weil es ja irgendeinen Sinn haben könnte. Selbst dem schwärzesten Humor wird dabei das Leben schwer gemacht. ULRICH BARON
MARIO BELLATIN: Der Blinde Dichter. Aus dem Spanischen von Carina von Enzenberg. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2002. 136 Seiten, 17, 90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.11.2002

Dauerwelle für das ewige Leben
Metaphysik mit Muttermal: Mario Bellatins seichte Sektenparabel

Gottgesandte haben keine Pickel. Die wahrhaft Begnadeten erkennt "Der Blinde Dichter" an ihrer Haut. Jedes Muttermal ist die Manifestation eines Himmelskörpers im Menschenkörper und bestätigt die Einheit von Makro- und Mikrokosmos. Solche und ähnliche Erkenntnisse diktiert der sehschwache Visionär dann in sein Lebenswerk, das "Kleine Heft der schwer zu erklärenden Dinge". Vielleicht läßt er sich zur Inspiration auch ausgiebig Kopftrachten aus seiner Lieblingszeitschrift "Haarschnitte und Frisuren" schildern oder verlangt nach dem Vortrag von Thomas Manns "Mario und der Zauberer".

Auch der esoterische Fundamentalismus ist mit Verspätung im Zeitalter des Eklektizismus angekommen. Ohne es so recht darauf abzusehen, hat "Der Blinde Dichter" und titelgebende Held von Mario Bellatins Roman aus einer Mischung von Hermetik, Banalität und literarischen Zitaten eine Sekte ins Leben gerufen, die an Gewaltbereitschaft und Fanatismus kaum zu übertreffen ist. Früh erkennt die selbsternannte Professorin Virginia, erste Adeptin und künftige Ehefrau des Gurus, das fanatisierende Potential der in Versform verfaßten Theorien zu Pigmentflecken, Zölibat und der wahrhaftigen Form der Haarwäsche. Aus der ungeklärten Herkunft des Dichters wird der Mythos einer von Seehunden im schwimmenden Bastkörbchen zugetragenen Lichtgestalt gezimmert, die der Menschheit den wahren Weg leuchten soll.

Höchst beunruhigende Eigendynamik gewinnt das skurrile Evangelium allerdings, als der blinde Dichter, in skandalösem Bruch seiner Keuschheitsgebote, beim Kopulieren mit seiner Krankenschwester ertappt wird. Ein Hammer in seine Gehirnwindungen ist für die Professorin Virginia der einzige Ausweg. Mit Hilfe des Pädagogen Boris und der erzieherischen Lehren von Rudolf Steiner, Tolstoi, dem Friseurverband und St. Augustinus strukturiert sich die Sekte neu. Eine fanatisierte Gemeinschaft der Neuen Brüder, allesamt eltern- oder orientierungslose Halbwüchsige, macht sich daran, die Orthodoxie des "Kleinen Hefts der schwer zu erklärenden Dinge" gegen sein Sprachrohr, den verstorbenen Dichter, zu verteidigen. Sämtliche Jünger der alten Bruderschaft sollen aus dem Weg geräumt werden. Und das Morden nimmt seinen Lauf.

Ein eigenartiges literarisches Zwitterwesen hat Mario Bellatin mit seinem Roman geschaffen. Mit Anspruch auf erbarmungslose Schärfe und gleichzeitig gutgelaunten Intertextualitätsspielen entwickelt er eine apokalyptische Parabel auf die Gesellschaft der Jahrtausendwende, die vom Spaßfaktor und heimlicher Erlösungssehnsucht besessen ist. Die Großstadt und das Computerzeitalter, in dem man die "Civitas Dei" online abrufen kann, mischen sich mit düster-allegorischen Orten wie der "Letzten Zitadelle" für die unheilbar Kranken. Über allem thront ein Verweisungsgeflecht, das in seiner ironischen Heterogenität von Platon über Thomas Mann bis zum Fachblatt des Friseurhandwerks wie ein literarischer Quelle-Katalog wirkt.

Erschütternd könnte diese Beliebigkeit sein, wenn die aus ihr erwachsenden Menschen in ihrer Leidens- und Leidenschaftsfähigkeit einen Aufstand gegen die Sinnlosigkeit ihres Kosmos anzettelten oder von ihm bestialisch zerstört würden. Doch irren die "personae" emotionslos durch das Buch wie ferngesteuerte Außerirdische, die man in Rollen eines neobarocken Allegoriespiels verbannte: "Der Blinde Dichter", "Der Bruder mit den dicken Brillengläsern", "Die Ausländerin", "Der Pädagoge". Menschliches Handeln ist Produkt des Zufallsgenerators. Das ist zwar aus der kalten Sicht Bellatins durchaus konsequent, läßt die Handlung jedoch, da durch keinerlei innere Notwendigkeit getrieben, reichlich angestrengt und konstruiert wirken. Wie die Geschichte ausgeht, interessiert nicht weiter, denn das Wirkliche, das laut Hofmannsthal kein Gewebe einfangen kann, ist hier von der Willkür des Autors selbst geflochten und gehorcht keinen universellen Gesetzen.

Beklemmung über die hinter metaphorischer Maske beschworene Krankheit unserer Zeit kann die vergnügliche Mischung von Dauerwelle und ewigem Leben nicht hervorrufen. Eher die Frage, wozu der ganze Zinnober dienen soll. Eine Vorliebe für Waschen und Schneiden legte der mexikanische Romancier bereits in seiner endzeitlichen Friseurlegende "Der Schönheitssalon" an den Tag, die im vergangenen Jahr auf deutsch erschien. Nach dieser Sektenparabel sträuben sich die Haare wieder, an denen die Geschichte denn wohl auch herbeigezogen ist.

FLORIAN BORCHMEYER

Mario Bellatin: "Der Blinde Dichter". Aus dem Spanischen übersetzt von Carina von Enzensberg. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2002. 136 S., geb., 21,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Cristina Nord ist eintäuscht von diesem neuen Buch des mexikanischen Autors Mario Bellatin - vor allem, weil sie sein anderes, in Deutsche übersetzte Buch ("Der Schönheitssalon") in bester Erinnerung hatte. Am "blinden Dichter" stört sie vor allem, dass das Böse, an dem sich der Autor hier abarbeitet, ein "selbstgenügsamer Exzess" ist und keine Ebene eröffnet, die darüber hinaus führt. Diese Schwäche führt in Nords Augen dazu, dass Bellatins Interesse am "Tiefdunklen" "Konstruktion bleibt, Produkt des Fabulierens". An Vorbilder wie Jorge Luis Borges oder Roberto Bolano reicht er da in Nords Augen nicht heran. Zudem findet sie die Dramaturgie und Chronologie der Erzählung wenig schlüssig: "Man bewegt sich im Buch wie in einem Film, dessen Vorführer die Spulen vertauscht hat."

© Perlentaucher Medien GmbH