Ob Bundeskanzler Konrad Adenauer oder der Schriftsteller Emile Zola, ob Friedrich I. Barbarossa oder der Boxer Rocky Marciano - Leben und Werk der Großen aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft und Sport liest sich im "Harenberg Anekdotenlexikon" anders als in anderen Büchern. Was macht ein Schriftsteller, der sich darüber ärgert, dass seine Themen und Texte von einem Konkurrenten gnadenlos kopiert werden? Ernest Hemingway fand ein einfaches Rezept: "Ich habe zwei Jahre nichts geschrieben, da war der Mann pleite." Auf fast 1000 Seiten hat der Harenberg Verlag, der für seine ungewöhnlichen Ideen im Bereich der Nachschlagewerke bekannt ist, eines der amüsantesten Lexika der letzten Jahre herausgebracht. Aufgeschrieben sind Anekdoten und Pointen, schlagfertige Kommentare und skurrile Reaktionen von und über mehr als 1000 Persönlichkeiten. Entstanden ist ein dickleibiges Kompendium menschlicher Schwächen und humorvollen Schabernacks. Man kann in diesem Anekdoten- Lexikon gezielt nach Stichwörtern im Register oder nach Personen suchen, die größte Freude macht es jedoch, eine beliebige Seite aufzuschlagen und schmökernd der alphabetischen Ordnung zu folgen. So geht Johannes Brahms Marlon Brando voraus, von Erich Kästner führt die Lektüre zu Katharina der Großen, Richelieu und der berühmte österreichische Dirigent Hans Richter werden zu Nachbarn im Buche, Rainer Maria Rilke teilt sich eine Seite mit Joachim Ringelnatz - jeweils vereint durch köstliche Geschichten. Aber Harenberg wäre nicht Harenberg, hätte er nur Anekdoten gesammelt und sie zu einem Buch zusammengestellt. Wie in diesem Verlag üblich, gibt es zu allen Persönlichkeiten, von denen die über 3000 Anekdoten handeln, auch biographische Daten, eine kurze Einführung in Leben und Werk, außerdem Zitate und fast 800 sorgfältig ausgewählte Fotos. Die Bilder im "Harenberg Anekdotenlexikon" sind es für sich genommen wert, das Buch in einem Zug von vorne bis hinten durchzublättern . Sie erzählen eigene Geschichten und werden durch kluge Bildtexte zu einem opulenten Streifzug durch die Welt der Zwischentöne ergänzt.
Ein Lexikon mit 3868 Anekdoten
Natürlich kann man nicht nachzählen, ob die Zahl stimmt. Aber unterm Strich bleibt veritables Vergnügen, auch wenn viele Stories gute Bekannte sind – dann testet man eben die Pointensicherheit des Erzählers. Unbrauchbar ist leider das Register, zu poetisch freizügig, um praktisch brauchbar zu sein – was macht man mit Stichworten wie Nagelprobe, Kainsmerkmal . . . Kein Hand-, ein Lesebuch also. Nehmen wir Picasso, Stichwort Courage: „Picasso wurde nach dem Einmarsch der Deutschen in Paris zu seiner eigenen und zur Überraschung seiner Freunde völlig unbehelligt gelassen, wohl weil das Reichspropagandaministerium aus dieser Tatsache im Ausland Kapital zu schlagen hoffte. Offiziere und Soldaten der Wehrmacht waren in der Folgezeit häufige Besucher von Picassos Atelier. Jeder dieser ungebetenen Gäste wurde stumm empfangen, stumm herumgeführt und erhielt zum Abschied eine Reproduktion des Gemäldes Guernica, das die Zerstörung der baskischen Stadt durch die deutsche Legion Condor darstellt. Erst dann sprach Picasso ein Wort, und immer nur das eine: ,Souvenir!‘ Eines Tages stattete ihm ein Beamter der Geheimen Staatspolizei einen Besuch ab, wies eine solche Reproduktion vor und fragte: ,Haben Sie das gemacht?‘ ,Nein‘, entgegnete der Maler selbstbewusst, ,das haben Sie gemacht. ‘”
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Harenberg Anekdotenlexikon. 3868 pointierte Kurzgeschichten über mehr als 1150 Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Gesellschaft. Aufgeschrieben von Maurus Pacher. Harenberg Lexikon Verlag, Dortmund 2000. 960 S. , 98 Mark.
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