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Auf dem Höhepunkt seines Ruhms reist der Dramatiker Maxim Diehl auf die Insel Porquerolles, um seine Autobiographie zu schreiben. Die mediterrane Kulisse soll ihm helfen, sich seinen Erinnerungen an die Kindheit, an den hartherzigen Vater und die verträumte Mutter zu stellen. Dabei wirft sich für ihn die existentielle Frage auf, ob man im Vergleich zu den Schicksalen des 20. Jahrhunderts heute überhaupt noch eine Biographie haben kann.
Als Diehl auf der beschaulichen Insel vor der französischen Mittelmeerküste nicht die richtigen Worte für seine Autobiographie findet, beginnt er sein ganzes
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Produktbeschreibung
Auf dem Höhepunkt seines Ruhms reist der Dramatiker Maxim Diehl auf die Insel Porquerolles, um seine Autobiographie zu schreiben. Die mediterrane Kulisse soll ihm helfen, sich seinen Erinnerungen an die Kindheit, an den hartherzigen Vater und die verträumte Mutter zu stellen. Dabei wirft sich für ihn die existentielle Frage auf, ob man im Vergleich zu den Schicksalen des 20. Jahrhunderts heute überhaupt noch eine Biographie haben kann.

Als Diehl auf der beschaulichen Insel vor der französischen Mittelmeerküste nicht die richtigen Worte für seine Autobiographie findet, beginnt er sein ganzes gehetztes Leben in Frage zu stellen. Da begegnet er dem fast doppelt so alten Amerikaner Jack Quintin, der auf einer Hotelterrasse seinen allabendlichen Cognac trinkt und mit sich im Reinen scheint. Man kommt ins Gespräch, erkundet gemeinsam die Insel, bewundert das Wohnhaus von Georges Simenon. Und Quintin fängt an zu erzählen, wie er 1944 im kriegsversehrten Europa gelandet ist, wieer in Deutschland Kriegsgefangene verhört und sich für die Reeducation von Nazis eingesetzt hat. Diehl ist fasziniert von Quintins Lebensgeschichte, die auf unheimliche Weise mit seiner eigenen verknüpft scheint. Er verwirft sein biographisches Projekt und kündigt seinem Verlag einen großartigen Roman an. Doch nach und nach wird klar, dass Jack Quintin nicht der ist, der er vorgibt zu sein. Als Diehls Exfrau nach einer Stippvisite samt Sohn wieder abreist, muss er feststellen, dass der Amerikaner ebenfalls verschwunden ist.
Autorenporträt
Goetsch, DanielDaniel Goetsch geboren 1968 in Zürich, lebt als freier Autor in Berlin. Er verfasste mehrere Romane, darunter »Herz aus Sand« und »Ben Kader«, sowie Dramen und Hörspiele. Für »Ein Niemand « erhielt er das HALMA-Stipendium des europäischen Netzwerks literarischer Zentren.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.03.2018

Wenn Mitläufer höchst bezaubernde Töchter haben
Daniel Goetsch verordnet einem Dramatiker eine Lebenskrise, schickt ihn auf eine Mittelmeerinsel und wickelt ihn dort in Anspielungen ein
Schon der alte Plutarch hats gewusst: Man müsse zwei Lebensgeschichten gegeneinander schneiden, nur so komme man dem Sinn eines Daseins auf die Spur. Ist es also sinnlos, die Biografie von Maxim Diehl zu schreiben, eines in den 1990er-Jahren höchst erfolgreichen Dramatikers, der sich kurz vor der Milleniumswende von den Klippen einer Mittelmeerinsel gestürzt hat? Das behauptet, mit Plutarch, Diehls Verleger. Der namenlose Ich-Erzähler tut es trotzdem, aber das Ergebnis gibt dem Verleger recht. Denn die Lebensbeschreibung Diehls wird zu einer Doppelbiografie. Nicht parallel, sondern ineinander verschachtelt.
Nämlich so: Diehl, vom Theaterbetrieb angeödet, ausgeschrieben, tablettenabhängig, künstlerisch und privat in einer Sackgasse, hat sich auf die Insel Porquerolles zurückgezogen, mit einem autobiografischen Schreibvorhaben. Eine Bilanz, ein „Fazit“ soll es werden. Aber das eigene Leben langweilt ihn in der Rückschau schnell, obwohl es mit dem Ausbruch aus dem Provinzmief des Schweizer Mittellandes, mit wilden Bohemejahren inklusive „Züri brännt“, mit einer vor allem die Verdauung schwer belastenden Mexiko-Reise und der fulminanten Theaterkarriere doch einiges zu bieten hat.
Aber dann lernt Diehl den Amerikaner Jack Quintin kennen, der ihm auf nächtlichen Spaziergängen und zwischen etlichen Cognacs Spannenderes zu erzählen hat. Quintin war Teil einer aus Emigranten zusammengestellten Spezialtruppe, der „Richie Boys“, die 1945 in Deutschland Nazis verhören und „Reeducation“ betreiben sollte. Was Quintin erzählt, schreibt Diehl wie im Fieber auf, in der festen Überzeugung, „aus diesem Material würde er etwas Großartiges schaffen“.
Was er geschafft hat, lesen wir in Schreibmaschinenschrift, typografisch abgesetzt von dem, was der Biograf über Diehl sonst zusammengetragen hat – durch Gespräche mit dessen Mutter, einem Studienfreund und der großen Liebe Viv. Etwas Großartiges ist es aber nicht, allenfalls eine Vorlage, die nie ausgearbeitet wurde. Da begegnet Quintin die „höchst bezaubernde“ Tochter eines Mitläufers, der er „vom ersten Augenblick an verfallen“ ist – derartigen Kitsch hätte ein erfolgreicher Dramatiker wohl kaum stehen lassen. Verständlich wird indes, was Diehl an Quintins Geschichte fasziniert: ein biografisches Paradox. Quintin hatte erzählt, 1945 einen 15-jährigen Hitlerjungen erschossen zu haben. Und durch Diehls Familie geistert die Legende vom mutigen Vater, der als 15-jähriger Hitlerjunge einen Amerikaner getötet habe. Bei jeder Version der Geschichte wäre einer der beiden Gesprächspartner tot – weshalb sie beide ins Reich der Legende gehören.
Ohne dieses Paradox wird es noch unplausibler, dass ein berserkerhafter Dramatiker, der jede politische Botschaft verachtet, plötzlich auf ein Leben abfährt, das den Kampf des Guten gegen das Böse verkörpere. Aber wenn auch die Konstruktion und Erzähllogik im sechsten Roman des in Berlin lebenden Schweizers Daniel Goetsch (einen Auszug las er, ohne Lorbeeren zu ernten, letztes Jahr in Klagenfurt) gehörig knirschen, seine Figuren kaum überzeugen und seine Sprache nicht wirklich verzaubert, dann lässt man sich wenigstens das Spiel mit Anspielungen und Anklängen gern gefallen.
Wer will, kann beim Theaterverlag „Volkart & Reinhart“ oder beim Starregisseur „Tembrock“ nach Ähnlichkeiten mit wirklichen Verlagen oder Personen suchen. Den „Hal Fly“, Quintins Kameraden bei den „Richie Boys“, hat es tatsächlich gegeben, es ist der spätere DDR-Schriftsteller Stefan Heym. Einmal treibt es Daniel Goetsch dann aber doch zu weit: Die junge Paula, eben jene „höchst bezaubernde“ Geliebte, schreibt Gedichte, in denen „die Wahrheit dem Menschen zumutbar ist“. Ingeborg Bachmann in nuce und in spe? Das dann doch bitte nicht.
MARTIN EBEL
Daniel Goetsch: Fünfers Schatten. Roman. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2018. 270 Seiten, 21 Euro.
E-Book 16,99 Euro.
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»"Fünfers Schatten", ein kluger Roman, ein Buch über Biographien, Lebensentwürfe und den Versuch ihrer Realisation.[...] Hochgradig gute Schweizer Literatur mit dem Zeug für das grosse Bild.« Gallus Frei-Tonic, Literaturblatt, 19.04.2018