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Frauen können nicht einparken und Männer nicht zuhören. Diese Überzeugung gehört wie viele weitere zu unserem Alltag. Die Neurowissenschaftlerin Cordelia Fine räumt unterhaltsam und scharfsinnig mit diesem Mythos auf. Vergessen Sie alles, was sie je über männliche und weibliche Gehirne gehört haben. Viele bekannte populärwissenschaftliche Bestseller behaupten auf der Basis neurowissenschaftlicher Untersuchungen: Männer und Frauen haben unterschiedliche Gehirne und daher unterschiedliche Begabungen. Vermeintliche natürliche Unterschiede werden aufgebaut und dienen als Erklärung für…mehr

Produktbeschreibung
Frauen können nicht einparken und Männer nicht zuhören. Diese Überzeugung gehört wie viele weitere zu unserem Alltag. Die Neurowissenschaftlerin Cordelia Fine räumt unterhaltsam und scharfsinnig mit diesem Mythos auf. Vergessen Sie alles, was sie je über männliche und weibliche Gehirne gehört haben.
Viele bekannte populärwissenschaftliche Bestseller behaupten auf der Basis neurowissenschaftlicher Untersuchungen: Männer und Frauen haben unterschiedliche Gehirne und daher unterschiedliche Begabungen. Vermeintliche natürliche Unterschiede werden aufgebaut und dienen als Erklärung für gesellschaftliche Rollenstereotype. Cordelia Fine entlarvt, wie unter dem Deckmantel der Wissenschaft schlampige Untersuchungen, oberflächlich gedeutete Forschung und vage Beweise zu angeblichen Tatsachen gemacht wurden. Sie zeigt, wie unser Leben als Mann und Frau stark von geschlechtertypischen Erwartungen und Vorurteilen beeinflusst wird, selbst wenn wir sie nicht gut heißen. Und welch subtile Macht Stereotype ausüben können. Das Einzige, was wissenschaftlich bewiesen ist: Es gibt eine neuronale Plastizität. Unser Gehirn entwickelt sich vor allem durch psychologische Einflüsse, Erfahrungen und Tätigkeiten. Und für Männer und Frauen gilt: Alles ist möglich! Viele bekannte populärwissenschaftliche Bestseller behaupten auf der Basis neurowissenschaftlicher Untersuchungen: Männer und Frauen haben unterschiedliche Gehirne und daher unterschiedliche Begabungen. Vermeintliche natürliche Unterschiede werden aufgebaut und dienen als Erklärung für gesellschaftliche Rollenstereotype. Cordelia Fine entlarvt, wie unter dem Deckmantel der Wissenschaft schlampige Untersuchungen, oberflächlich gedeutete Forschung und vage Beweise zu angeblichen Tatsachen gemacht wurden. Sie zeigt, wie unser Leben als Mann und Frau stark von geschlechtertypischen Erwartungen und Vorurteilen beeinflusst wird, selbst wenn wir sie nicht gut heißen. Und welch subtile Macht Stereotype ausüben können. Das Einzige, was wissenschaftlich bewiesen ist: Es gibt eine neuronale Plastizität. Unser Gehirn entwickelt sich vor allem durch psychologische Einflüsse, Erfahrungen und Tätigkeiten. Und für Männer und Frauen gilt: Alles ist möglich!
Autorenporträt
Cordelia Fine hat Experimentelle Psychologie an der Oxford University und Kriminologie an der Cambridge University studiert. Ihren Doktor in Psychologie (Kognitive Neurowissenschaften) machte sie am University College London. Zwischen 2002 und 2011 forschte und lehrte sie an der Monash University, der Australian National University und der Macquarie University in Australien. Zur Zeit ist sie ARC Future Fellow in Psychological Sciences und Assistenzprofessorin an der Melbourne Business School der University of Melbourne.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.03.2012

Wir schlüpfen alle in die Geschlechterrolle

Gibt es denn keine weiblichen Nerds? Und kennt nur ein männlicher Indianer keinen Schmerz? Cordelia Fine zeigt, wie Vorurteile über Männer und Frauen wirken.

Von Melanie Mühl

Einmal angenommen, vor Ihnen liegen zwei Listen. Auf der einen Liste stehen die Wörter: fürsorglich, kinderlieb, sensibel, intuitiv und emphatisch. Auf der anderen Liste lesen Sie Begriffe wie: ehrgeizig, analytisch, aggressiv und wettbewerbsorientiert. Es besteht kein Zweifel, welche der Listen Sie unter der Rubrik weibliche Eigenschaften abheften und welche Sie mit Männlichkeit assoziieren. Aber weshalb eigentlich? Weil Sie überzeugt davon sind, dass Frauen und Männer ganz unterschiedliche Gehirne haben? Weil Frauen und Männer also determinierte Wesen sind, die, je nach Geschlecht (also Gehirn), bestimmte Eigenschaften und Begabungen aufweisen und gar nicht aus ihrer Haut können? Weil Männer demnach karrierebewusster und zum Beispiel in naturwissenschaftlichen Fächern eben besser sind als Frauen, deren Talent sich dafür auf dem Gebiet der Sprachen entfaltet?

Cordelia Fine findet solche Behauptungen absurd - sie findet sie auch höchst gefährlich. Und sie hat recht. In ihrem Buch schreibt die Neurowissenschaftlerin mit Verve gegen die Macht der Vorurteile an. Ihr Ärger über jene wissenschaftlichen Kollegen, die Bücher mit knalligen Titeln auf den Markt bringen und ihre Schwarz-weiß-Sicht bezüglich unseres Gehirns mit dubiosen Studien untermauern, ist groß. Dieser Zorn, der nie etwas Schäumendes hat, sondern mal mehr, mal weniger spürbar mitschwingt, macht Fines faktenreiches Buch mitunter zu einer amüsanten Lektüre.

Geschlechts-Stereotype sind allgegenwärtig, ohne dass wir diese Tatsache bewusst wahrnehmen würden. Sie beeinflussen unser Denken und Handeln weitaus stärker, als uns lieb sein kann. Selbst wenn wir die Welt permanent durch eine analytische Brille betrachten würden, es wäre schlicht unmöglich, sich ihnen komplett zu entziehen. Zu Beginn ihres Buchs zitiert Fine eine "Mann-zu-Frau-Transsexuelle", deren Aussage deutlich macht, wie mächtig unser Umfeld tatsächlich auf jeden Einzelnen einwirkt: "Je mehr man mich als Frau behandelte, desto mehr wurde ich eine Frau. Nolens volens passte ich mich an. Wenn man mich für unfähig hielt, ein Auto einzuparken oder eine Flasche zu öffnen, dann merkte ich, dass ich mich kurioserweise tatsächlich unfähig fühlte. Wenn vermutet wurde, dass ein Fall für mich zu schwer sei, dachte ich das unerklärlicherweise selbst."

Die Gender-Identität wird selbst dann aktiviert, wenn gar keine ausdrücklich formulierten Stereotype vorliegen. In einem Test wurden amerikanische Studenten gebeten, ihre mathematischen und sprachlichen Fähigkeiten einzuschätzen. Die eine Gruppe musste ihr Geschlecht ankreuzen, die andere ihre Nationalität angeben. "Der schlichte Vorgang, ein Kästchen anzukreuzen, hatte überraschende Auswirkungen. Europäische und amerikanische Frauen waren mehr von ihren sprachlichen Fähigkeiten überzeugt, wenn die Genderfrage eine Rolle spielte, und stuften ihre mathematischen Begabungen eher herunter, im Unterschied zu den Frauen, die sich vorweg nicht als Frauen, sondern vielmehr als Europäerinnen bzw. Amerikanerinnen klassifiziert hatten."

Offenbar schlüpfen wir je nach Situation in exakt die Rolle, von der erwartet wird, dass wir sie ausfüllen - Frauen und Mathematik, das wird Mädchen bereits häufig in der Schule suggeriert, passen höchstens in Ausnahmefällen zusammen. Es liegt auf der Hand, dass dieser Mechanismus neben unserem Verhalten in einem ganz entscheidenden Maße auch unsere Interessen steuert. Frauen, schreibt Fine, die in überwiegend männlich besetzten Berufsfeldern tätig seien, müssten häufig in einer unerfreulichen, abweisenden Atmosphäre arbeiten, die durch die Stereotyp-Bedrohung entstehe. "Angst, Beeinträchtigung des Arbeitsgedächtnisses, zurückgeschraubte Erwartungen und Enttäuschung sind die möglichen Folgen."

Um beim Mathematik-Beispiel zu bleiben, könnte eine allerdings ziemlich radikale Lösung sein, vom Mathekurs in den Englischkurs zu wechseln. "Die Stereotyp-Bedrohung schmälert nicht nur die Leistung - sie kann auch das Interesse an genderübergreifenden Aktivitäten reduzieren." Das ist eine wichtige Erklärung dafür, weshalb Frauen von vornherein bestimmte Berufe meiden, denn wer will schon mit dem Gefühl seine Arbeit verrichten, dass er im Grunde ein Fremdkörper in seinem Arbeitsumfeld sei?

Nehmen wir die Welt der Informatik, in der Frauen eine absolute Seltenheit sind. Dabei verhielt sich das einmal ganz anders. Cordelia Fine zitiert aus einer Informationsbroschüre zum Beruf des Programmierers aus dem Jahr 1967 Folgendes: "Programmieren erfordert ein Höchstmaß an Geduld, Ausdauer und einen Sinn für Genauigkeit - lauter Eigenschaften, die viele junge Frauen mitbringen." Erst in den achtziger Jahren betraten Figuren wie Bill Gates und Steve Jobs die Informatikbühne, "und erst seit dieser Zeit wurde der Terminus ,Nerd' mit technischer Intelligenz assoziiert. Filme aus dieser Zeit wie ,Revenge of the Nerds' und ,Real Genius' prägten das Bild des Computerfreaks im kulturellen Bewusstsein."

Der Anteil von Frauen, die in Amerika Informatik studieren, liegt bei etwa fünfzehn Prozent. In Armenien beträgt er beinahe fünfzig. Wie kommt dieser eklatante Unterschied zustande? Verantwortlich dafür sind offenbar die kulturellen Unterschiede in den beiden Ländern. In Amerika hat die Leidenschaft für den Beruf einen höheren Stellenwert als in Armenien, wo es stärker darauf ankommt, einen gut bezahlten Job zu bekommen. Der hohe Anteil armenischer Frauen auf dem Computersektor sei aber nur eines von mehreren Beispielen für ein höchst bemerkenswertes generelles Muster: "Die geschlechterspezifische Verteilung der beruflichen Interessen ist in den reichen, fortschrittlichen Industriegesellschaften stärker, nicht geringer ausgeprägt als in Entwicklungs- oder Schwellenländern", so Fine.

Man muss diesen Satz zweimal lesen, weil er so unfassbar klingt, dass man ihn nicht glauben mag. In Hinblick auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Wie weit dieser Weg tatsächlich ist, wird einem nach der Lektüre dieses Buches erst bewusst.

Cordelia Fine: "Die Geschlechterlüge". Die Macht der Vorurteile über Frau und Mann.

Aus dem Englischen von Susanne Held. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2012. 476 S., br., 21,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Claudia Pinl begrüßt dieses Buch der Psychologin und Neurowissenschaftlerin Cordelia Fine über die "Geschlechterlüge". Sie attestiert der Autorin eine kritische Revision von hundert Studien und deren Schlussfolgerungen im Blick auf geschlechtsspezifisches Verhalten. Dabei wird für Pinl einmal mehr eindrucksvoll deutlich, dass sich Männer und Frauen wesentlich ähnlicher sind als zahlreiche angelsächsische Autoren meinen, die seit Jahren predigen, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern seien (evolutions-)biologisch, genetisch, hormonell, neuronal bestimmt. Fine widerlegt für sie im Detail den Mythos essenzieller Männlichkeit und Weiblichkeit. Das scheint ihr manchmal fast ein wenig ermüdend. Nichtsdestoweniger hält sie es für notwendig.

© Perlentaucher Medien GmbH