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Seit der Antike ist das Verhältnis von Macht und Religion im Leben des römischen Kaisers Konstantin umstritten. Die Biographie von Klaus Rosen befragt dazu die griechische und römische Überlieferung. Zugleich bietet sie eine Geschichte des Römischen Reiches im 4. Jahrhundert an
Klaus Rosen analysiert durchgehend die umfangreiche Überlieferung und räumt mit mancher eingefahrenen Vorstellung auf, die über dem Christen Konstantin vergaß, dass er bis zum Ende seines Lebens der Machtpolitiker blieb, als der er angetreten war. Selbst der Christ schreckte nicht vor brutalen Mitteln zurück, wenn…mehr

Produktbeschreibung
Seit der Antike ist das Verhältnis von Macht und Religion im Leben des römischen Kaisers Konstantin umstritten. Die Biographie von Klaus Rosen befragt dazu die griechische und römische Überlieferung. Zugleich bietet sie eine Geschichte des Römischen Reiches im 4. Jahrhundert an

Klaus Rosen analysiert durchgehend die umfangreiche Überlieferung und räumt mit mancher eingefahrenen Vorstellung auf, die über dem Christen Konstantin vergaß, dass er bis zum Ende seines Lebens der Machtpolitiker blieb, als der er angetreten war. Selbst der Christ schreckte nicht vor brutalen Mitteln zurück, wenn seine Macht bedroht war. In der Politik und auf dem Schlachtfeld musste er kaum eine Niederlage einstecken. Doch scheiterte er so manches Mal, wenn er nach der »Konstantinischen Wende« seinen Willen im neuen Verhältnis von Kirche und Staat durchzusetzen suchte. Eine umfangreiche und spannend geschriebene Darstellung eines Machtmenschen und einer Epoche, die Europas Geschichte geprägt haben.
Autorenporträt
Klaus Rosen lehrte Alte Geschichte an der University of South Africa in Pretoria und an den Universitäten Freiburg i. Br. und Eichstätt. Seit 1988 hatte er den Lehrstuhl für Alte Geschichte an der Universität Bonn, wo er 2002 emeritiert wurde. Er ist Mitglied der Nordrhein- Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Wichtige Publikationen: Griechische Geschichte erzählt, 2000; Marc Aurel, 2004; Die Völkerwanderung, 2004.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als eindrucksvolles Alterswert bezeichnet Uwe Walter das Buch des Bonner Althistorikers Klaus Rosen. Der Emeritus hat Muße, stellt Walter fest, und das ist von Vorteil. Zum einen, da sich der Autor so der komplexen dynastischen Geschichte der konstantinischen Familie annehmen kann, zum anderen, weil er das Monstrum der Forschung gleich mal links liegen zu lassen und sich ganz auf die Quellen zu konzentrieren vermag. Wenn Rosen dazu noch einen Begriff von Kontingenz ins Spiel bringt, der als "pfadabhängige Rationalität" so manche Wende des Kaisers zu erklären hilft, besonders die zum Christentum, ist Walter überzeugt. Der Weg dorthin, das gibt er allerdings zu, ist kein leichter, keiner jedenfalls, der ohne Konzentration auf Leserseite zu erreichen wäre, auch wenn der Autor noch so klar und stilistisch makellos schreibt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.2013

Sein brennendes Verlangen nach Herrschaft

Verfolgen bringt nichts, es werden immer mehr, und das Reich braucht Frieden: Klaus Rosen deutet die Bekehrung Konstantins des Großen zum Christentum als Ergebnis kühler Berechnung.

Von Uwe Walter

Die Szene taugt für den Spielfilm: Der pensionierte Kaiser versucht, noch einmal den Thron zu besteigen, und gerät dabei mit seinem Schwiegersohn aneinander, der ebenfalls Kaiser ist. Doch die Einwohner der Stadt, in der er sich verschanzt, wollen sich nicht schlagen für einen alten, vielleicht verwirrten Mann, dessen Zeit offenbar abgelaufen ist.

An den Sieger ausgeliefert, bekommt er sein Sündenregister vorgehalten, bleibt aber am Leben. Als er später seine Tochter zum Verrat an ihrem Mann aufzustacheln sucht, geht diese zum Schein darauf ein und verspricht, nachts die Schlafzimmertür offen zu lassen. Doch sogleich berichtet sie von dem geplanten Anschlag, worauf sich ein Eunuch in das Bett ihres Mannes legen muss. Nachts schleicht sich der Alte persönlich in das Schlafzimmer und hackt dem Platzhalter den Kopf ab. Den vermeintlichen Triumph genießt er nicht lange: Der Schwiegersohn tritt ihm, geschützt durch Wachen, entgegen. Der Attentäter darf sich, letzter Ertrag seiner einstigen Stellung, die Todesart aussuchen und erhängt sich.

Für den Historiker interessant ist die Geschichte wegen der beiden Hauptakteure: aus dem Ruhestand zurückgekehrter Kaiser der eine, zuvor systemwidrig selbsternannter, aber inzwischen anerkannter Kaiser der andere. Der ältere, Maximian, war Oberkaiser (Augustus) gewesen, zusammen und gleichrangig mit Diokletian, der seinerseits mehr als zwanzig Jahre zuvor den zunächst erfolgreichen Versuch unternommen hatte, dem Römischen Reich aus einer Verlegenheit herauszuhelfen: Wegen der vielen Brandherde an den langen Grenzen musste es eigentlich mehrere Kaiser geben, aber irreguläre Erhebungen und Nachfolgekämpfe waren völlig aus dem Ruder gelaufen.

Diokletian, wie Maximian selbst ein "Soldatenkaiser", etablierte die sogenannte Tetrarchie; in ihr standen den beiden Augusti zwei ernannte "Unterkaiser" (Caesares) zur Seite, die planvoll jenen zu gegebener Zeit gleichzeitig nachfolgen und ihrerseits neue Caesares ernennen sollten. Doch die ingeniöse Vernunftkonstruktion kollidierte mit dem Zufall des menschlichen Lebens und dem ehernen dynastischen Gesetz der Monarchie, wie es zumal die Soldaten verinnerlicht hatten: Wenn dem Herrscher ein vorzeigbarer Sohn geschenkt ist, hat dieser und kein anderer das Recht auf die Nachfolge.

Und hier kommt der Schwiegersohn aus dem eingangs skizzierten family plot ins Spiel. Als der 305 planmäßig zum Augustus avancierte Constantius Chlorus schon ein Jahr später in York starb, erhoben die Truppen dort seinen Sohn Konstantin zu seinem Nachfolger, obwohl dieser im tetrarchischen Automatismus gar nicht vorgesehen war.

Klaus Rosen nimmt sich Zeit, die heillos komplizierte Geschichte der Tetrarchie Schritt für Schritt zu entwickeln. Um im Chaos der dynastischen Rochaden, die bruchlos in eine ebenso blutige und unübersichtliche Ereigniskette in der konstantinischen Familie übergingen, einen roten Faden zu finden, ruft der Autor gleich zu Beginn einen antiken Gewährsmann auf, der den Sinn des Ganzen im Charakter Konstantins fand: Ein brennendes Verlangen nach Herrschaft habe seinen gewaltigen und machtvollen Geist schon im Kindesalter angetrieben. Für Rosen ist dies ein Schlüsselsatz.

Doch die historiographische Pointe des Buchs liegt in einem filigran ausgestalteten Entwurf von Kontingenz. Jeweils naheliegende Entscheidungen, gestützt von Strukturen und Traditionen, führen zu einer Pfadabhängigkeit, durch die bestimmte weitere Entscheidungen und anschließende Handlungsresultate wahrscheinlicher werden als andere - wenn die sonstigen Bedingungen es zulassen. Einem Kaiser als Sohn nachfolgen zu wollen, das aber zunächst zu verbergen, war perspektivisch vernünftig, sich in den Waffen und in der Rede auszubilden ebenso.

Das tetrarchische Nachfolgesystem musste Konstantin aus seiner Sicht unterlaufen, und um sich von dessen Frontleuten zu distanzieren, lag es für ihn nahe, sich von den Christenverfolgungen abzusetzen, die zumal Diokletian aus Überzeugung betrieben, Constantius Chlorus aber in seinem Sprengel nur halbherzig bis gar nicht exekutiert hatte.

Indem er pfadabhängige Rationalitäten herausarbeitet, kann Rosen mehrere konstantinische Wenden plausibel erklären, ohne Zuflucht zur Introspektion des unergründlichen herrscherlichen Herzens nehmen zu müssen oder den Protagonisten mit Jacob Burckhardt zum habituell kalten Machtpolitiker stempeln zu müssen. Im Zentrum der Rekonstruktion steht dabei natürlich die Religionspolitik.

Weit eher als der alten Staatsreligion, die noch einmal gewaltsam durchzusetzen so viel Unfrieden in ein an sich stabilisiertes Reich getragen hatte, schien einem Monotheismus die Zukunft zu gehören, der auch das um sich greifende Christentum integrieren zu können versprach. Völlig überzeugend verwirft Rosen die verbreitete Ansicht, Konstantin sei schon 312 im Kontext der Schlacht an der Milvischen Brücke oder sogar noch früher zum Christen geworden.

So forderte der Kaiser auf Anweisung eines Traumgesichts vor der Schlacht - wenn es ihm tatsächlich zuteilgeworden sein sollte - die Soldaten lediglich auf, das himmlische Zeichen eines Gottes auf ihren Schilden anzubringen; jeder konnte den Gott wählen, dem er sich besonders verbunden fühlte, so auch die (noch wenigen) Christen im Heer. Erst spätere christliche Legendenbildung formte daraus ein geschlossenes Narrativ. Um die Loyalität der Christen zu gewinnen, musste der Kaiser 312 nicht Christ werden.

Geduldig zerpflückt Rosen alle Indizien, die für ein frühes Bekenntnis Konstantins angeführt werden. Als er 321 in einem nichtöffentlichen Brief an die nordafrikanischen Christen als Glaubensbruder sprach, suchte er damit primär eine zusätzliche Autorität, um endlich den innerkirchlichen Streit mit den Donatisten zu beenden. Drei Jahre später focht er im Endkampf mit Licinius einen lupenreinen Bürgerkrieg aus, seinem Wunsch nach den letzten in einer langen Kette. Nun konnte die Idee eines Reiches unter einem Kaiser und einem, dem christlichen Gott Wirklichkeit werden.

Aber sie war weder Wende noch Vision, sondern wiederum Ergebnis eines Lernens aus der Geschichte und einer rationalen Hochrechnung: Der ewige Frieden und die Einheit des Reiches setzten ein Ende der religiösen Disharmonie voraus; zugleich breitete sich das Christentum trotz zeitweiliger Verfolgung immer weiter aus. Sobald aber, so der zwingend erscheinende Schluss, alle Römer den christlichen Glauben angenommen haben würden, konnte es nie wieder einen Bürgerkrieg geben. Das würde dauern, aber die alte Religion schien bankrott.

Subtil stellt Rosen das gedanklich zentrale Kapitel über die Idee eines religiös einheitlichen und damit befriedeten Reiches vor die Schilderung von Konstantins Versuch, zwischen Arianern und Katholiken zu vermitteln. In diesem Konflikt zeigte sich nämlich, woher die nächsten, mindestens ebenso gravierenden Spaltungen kommen sollten: aus einer strukturell partikularen Kirche, deren Spaltungen aus ihrem neuen Status als einheitsfixierte Reichskirche resultierten.

Kontingenz ist vom Nebeneinander von Erfolg und Scheitern her zu denken. Der Rest des Buches ist folgerichtig den Mühen der Ebene gewidmet, die Konstantin in den dreizehn ihm verbleibenden Jahren als Alleinherrscher und Oberkaiser von am Ende drei für die Nachfolge vorgesehenen Söhnen zu durchmessen hatte. Als knapp dreißig Jahre später mit Julian, dem der Autor bereits eine große Biographie gewidmet hat, der letzte Spross der konstantinischen Dynastie den Tod gefunden hatte, bilanzierte ein Redner und Philosoph, "eine so große und vielköpfige Familie" habe sich "aus dem Drang nach Alleinherrschaft selbst zugrunde gerichtet".

Damit ist die Brücke zum Anfang des Buches geschlagen. Es folgt noch ein Epilog zum Attribut "der Große", für den Autor charakteristisch in Form einer genauen Befragung der Zeugen, von den Zeitgenossen bis zur Karolingerzeit. Die Rezeptions- und Deutungsgeschichte bleibt hier, anders als im "Julian", außen vor. Das liegt in der Ökonomie des vorliegenden Werkes: Dem Kampf mit dem tausendäugigen Monster der Konstantin-Forschung entgeht der Bonner Emeritus, indem er sein Buch ganz aus den Quellen aufbaut und diese ausführlich zu Wort kommen lässt.

Das daraus entstehende Stimmengewirr ist nicht leicht zu durchdringen, und sosehr der Autor sich auch bemüht, zu gruppieren und anachronistische Umdeutungen Schicht um Schicht abzutragen, wird dem Leser über vierhundert Seiten Text doch einige Konzentration abverlangt. Aber er wird entschädigt durch eine klare, reife und stilistisch makellose Prosa, die dieses in vielerlei Hinsicht eindrucksvolle Alterswerk auszeichnet.

Klaus Rosen: "Konstantin der Große". Kaiser zwischen Machtpolitik und Religion.

Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2013. 495 S., Abb., geb., 26,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Rosen hat ein Werk geschaffen, das seinen Platz in der trotz allem überschaubaren Zahl der gelungenen und lesenswerten Konstantinsbiografien finden wird.« Raphael Brendel, Das Historisch-Politische Buch, Juli 2016 »Rosens Werk ist mehr als nur eine Biografie, in dem auch die komplexe dynastische Geschichte der konstantinischen Familie aufgedröselt wird, sondern erweist sich als profunde wie umfangreiche Darstellung des Geschichte des Römischen Reiches im 4. Jahrhundert.« C. Ruf, Dresdner Neuste Nachrichten, 22.4.2014